Hier ein Auschnitt aus Prüller 1978 (ich weiss das ist irgendwie Boulevard-journalismus)
Was inzwischen mit Peterson geschehen ist, empört Montag abend
Millionen Fernsehzuschauer in ganz Europa: Die italienischen TV-
Kameras filmen Ronnie im Spital, auf dem Weg in den Operations-
saal — mit ekliger Publicitygeilheit tritt der Arzt zur Seite, zeigt auf
Ronnies rechten Fuß, der übel zugerichtet ist.
Eine Zeitlang sieht es bös aus um die Blutversorgung. Die Ärzte
überlegen eine Amputation, beschließen aber dann: „Der Fuß bleibt
dran." Die sechs Frakturen des linken Beins sind kein Problem: alles
gerade Brüche. Und der Feuerhölle ist Peterson fast ungezeichnet ent-
ronnen: mimmale Brandwunden am rechten Arm — sonst nichts. Die
Gefahr, daß Ronnie stirbt: laut ärztlicher Auskunft nur 2 bis 4 Pro-
zent. „In fünf, sechs Monaten kann er wieder Rennen fahren."
Ronnies Manager Stefan Svenby telefoniert Barbro nach Monte Carlo:
„Keine Lebensgefahr, es genügt, wenn du morgen kommst." Fitti-
paldi-Arzt Dr. Grajales verläßt um 23 Uhr beruhigt das „Niguarda"-
Spital: „Ronnie ist in Ordnung, alles wird gut." Ein grausamer Irr-
tum. Peterson hat nicht das Glück wie Lauda 1976 am Nürburgring,
als Niki (erheblicher verletzt) gleich in die richtigen Hände kam, als
die deutschen Ärzte vier Tage lang die Brandwunden negierten, den
Patienten nur am Leben hielten — und erst dann operierten: Zuerst
der Anästhesist, dann der Chirurg. Für Lauda, aber nicht für Peterson.
Ab 23 Uhr wird Ronnie zu Tode operiert. Sechs Stunden lang, unter
stärkster Narkose. Im Morgengrauen kommt der Schock — und
binnen Sekunden bricht der Kreislauf zusammen. Die Pupillen werden
starr, das Atmen fällt immer schwerer. Ronnie stirbt den Ärzten
förmlich unter den Händen weg: an Schocklunge und Nierenversagen.
Schocklunge — wie im Zweiten Weltkrieg, für die moderne Intensiv-
medizin aber längst ein Fremdwort. Für die Mailänder Ärzte offen-
sichtlich nicht.
Chapman und Andretti haben das Spital nach Mitternacht verlassen.
Lauda erhält einen alarmierenden Anruf von Parmalat-Chef Tanzi:
„Ronnie ist klinisch tot." Fittipaldi ist noch bei ihm. Als Andretti mit
seiner Frau ins „Niguarda"-Spital kommt, kommt er zu spät.
Peterson stirbt im gleichen Spital, in dem man 1970 Jochen Rindt auf
dem Gang stehengelassen hat. Ich habe Ronnies Gesicht noch gesehen:
ohne Brandwunden, der Feuerhölle von Hunt ungezeichnet entrissen;
friedlich, als würde er nur schlafen.
Jetzt sind nur noch drei aus der Rindt-Ära dabei: Fittipaldi, Regaz-
zoni und Andretti.
Die Reaktionen auf die Todesnachricht sind verschieden. Lauda er-
kennt: „Am wichtigsten ist, einen eigenen Anästhesisten zu den Ren-
nen mitzunehmen." Depaiiller: „Wer weiß, vielleicht ist Ronnie ein
lebenslanges Siechtum im Rollstuhl erspart geblieben." Und Andretti:
„Ronnies Pech war, daß er kein normaler Mensch mit einem normalen
Beruf war. In diesem Fall hätten die Ärzte ein Bein amputiert — so
aber versuchten sie, sein Bein und seine Karriere zu retten ... und
haben alles verloren."
Vittorio Brambilla schwebt tagelang in Lebensgefahr. Vorm Spitals-
tor prügelt sich sein Bruder Ernesto mit lästigen italienischen Foto-
reportern. Brambilla überlebt — mit einer Hirnprellung, dem so-
genannten Boxerschaden. Als ihm langsam die Wahrheit über Monza
dämmert, macht sich Vittorio unbegründet bittere Vorwürfe: „Ich hab
Ronnie getötet, denn ich bin ihm ja reingefahren."
Dieses Bild (und ca 15 andere Bilder von Ronnie) habe ich am Samstag nachmittag in Monza aufgenommen. Ich war damals für ca.1/2 Stunde in allernächster Nähe zu Ronnie, die Todesnachricht traff mich damals sehr hart.