Im Winter wurde bekannt, dass Dean Stoneman an Hodenkrebs erkrankt ist. Der Brite hatte sein ISR-Cockpit für die Formel-World-Series-by-Renault 2011 bereits sicher in der Tasche. Dann wurde beim F2-Meister die Diagnose erstellt. Die Ärzte sind zuversichtlich, weil der Krebs noch in einem recht frühen Stadium erkannt wurde. Im Internetlexikon Wikipedia steht, dass in Deutschland von 4000 Diagnosen, die jährlich gestellt werden, etwa 200 Personen sterben. Das ist sicher beängstigend, für einen bösartigen Tumor aber durchaus eine recht solide Heilungschance.
Weniger Glück hatte Gunnar Nilsson, als Ende 1977 bei ihm Hodenkrebs festgestellt wurde. Der Schwede konnte immerhin einen Grand Prix gewinnen. Der Aufstieg des extrovertierten Fahrers begann zügig: 1972 fuhr er erste internationale Rennen, bereits 1975 wurde er mit March Meister der britischen Formel-3 – als erster Schwede. Stefan Johansson war 1980 der einzige Landsmann, der es Nilsson gleichmachte. Spätestens jetzt war klar: Vom Chef eines Transportunternehmens wurde er jetzt Profi-Rennfahrer. Es folgten noch ein paar Auftritte in der Formel-2 und der Formel-Atlantik, bevor er 1976 sein F1-Debüt bei Lotus gab.
Nilsson galt damals obschon seines F3-Titels nicht als künftiger GP-Star. Williams machte ihm nach ersten F1-Tests im Oktober 1975 ein Angebot, letztlich schlug aber Lotus zu. Immer wieder griff Lotus bei den Nachwuchsfahrern ins Klo. Und tatsächlich liefen die ersten Rennen auch alles andere als rund. Erst beim Spanien GP platzte der Knoten und er steuerte seinen Lotus Ford auf Rang drei. Diese Platzierung wiederholte er in der Saison 1976 nur noch einmal: In Österreich.
Nilsson war ein künstlerischer Charmeur, der nur bei seiner Mutter mit den Zähnen auf Granit biss. Sie war strickt gegen eine Rennfahrer-Karriere ihres Sohnes. Frederik Petersons, ein schwedischer F1-Journalist, der ausgezeichnete Kontakte zu Nilsson pflegte, beschrieb einst in einem F1-Magazin Nilsson als unpünktlicher Mensch, der es hasste, morgens aus dem Bett zu müssen. Zumindest zu den F1-Rennen 1977 schaffte er es aber immer pünktlich. Und beim Belgien GP war er auch überpünktlich im Ziel: Er gewann. Es war ein Chaos-Rennen, in dem viele Favoriten strauchelten. Die Zuschauer sahen ein Rennen auf wechselnden Asphaltbedingungen und einen Nilsson, der gegen Ende des Rennens bei wieder leicht einsetzendem Regen mit Trockenreifen talentiert an die Spitze fuhr. Dabei lag Nilsson zwischenzeitlich bereits 1,34 Minuten hinter der Spitze! Am Schluss setzte er sich aber unter anderem gegen Niki Lauda durch.
Gegen Mitte der Saison wurden seine Leistungen aber immer unkonstanter: Die Qualifikationsplätze ab dem Deutschland GP: 9, 16, 5, 19, 12, 4, 14 – Nilsson wurde die Unkonstanz in Person. Immer öfter klagte er über Rücken- und Kopfschmerzen. Er glaubte erst, sein Helm sei zu klein, weshalb er sich auch deutlich kürzere Haare zulegte. Petersons schreibt: „Nach der Saison ging er zu einem befreundeten Arzt, der nicht lange brauchte, um Krebs zu diagnostizieren.“
Beim Saisonstart 1978 fehlte er. Dass er dem Lotus-Team den Rücken zuwenden würde, das war schon länger bekannt, auch vor seiner Erkrankung. Geplant war dann aber der Einsatz eines privaten Lotus-Renners, finanziert von einer amerikanischen Fluggesellschaft. Dann aber gab es eine Übereinkunft und einen Vertrag mit dem Arrows-Team, den Nilsson aber nie antreten konnte. In Brands Hatch tauchte er zwar auf, aber nur als Zuschauer. Er wirkte glücklich und kämpferisch und wähnte sich bereits als Sieger im Kampf mit dem Krebs. Sein Zustand aber verschlechterte sich wieder. Im September trug er seinen Landsmann und GP-Sieger Ronnie Peterson zu Grabe, der beim Italien GP tödlich verunglückte. Im Oktober dann erlag er selbst dem Krebs – einen Monat vor seinem 30. Geburtstag.
Nilsson fuhr 31 WM-Rennen, holte genauso viele Punkte und einen F1-Sieg. 1979 sollte es in Donington ein Rennen zu Ehren Nilssons geben, das nicht zur WM zählte. Es war aber nur eine Art Qualifying. Die Chancen stehen gut, dass Stoneman das alles erspart bleibt.