Das Portrait ist schon etwas älter.
James Hunt (GBR)
Das WM-Duell zwischen Niki Lauda und James Hunt 1976 ist wohl bis heute das legendärste der Geschichte. Inzwischen hat Hollywood die Geschichte verfilmt, den besten Stoff für Regisseure bietet nun mal der Sport. Der Film „Rush“ wurde zum Kassenschlager. In Form der Söhne von Lauda und Hunt gibt es in der aktuell laufenden MRF-Challenge (eine indische Meisterschaft mit F3-Fahrzeugen) eine Neuauflage. Derzeit liegt Mathias Lauda auf Rang fünf in der Tabelle, Freddie Hunt auf Platz 15.
Über die Saison 1976 wurde so viel geschrieben, noch mehr diskutiert und das Wesentliche auch schon verfilmt. Es war ein einmaliges Jahr, in dem so viel passierte: Disqualifikationen, der Feuerunfall von Niki Lauda auf dem Nürburgring, sein sensationelles Comeback, die Aufgabe im strömenden Regen von Fuji, die Hunt durch Platz drei zum Weltmeister machte.
Schon die Geschehnisse 1976 machen diese Weltmeisterschaft zu etwas ganz Besonderem. Und dann kommen noch diese beiden Charaktere hinzu. Lauda, heute Aufsichtsratvorsitzender des Mercedes-F1-Teams, als akribischer Arbeiter, der aber kein Drückeberger war, wenn es um Spaß und Trinkfestigkeit ging. Und auf der anderen Seite James Hunt. Ein absoluter Lebemann, der das auch offen kundtat. Einer, der sich nicht wie ein Musterbürger gibt, wird ja gerne einmal nachgesagt, viel zu rauchen, noch mehr zu trinken und keiner Frau widerstehen zu können. Oft stimmt das vielleicht im Kern, aber auf Hunt trifft das voll zu, ohne Wenn und Aber, ohne Einschränkung, ohne Übertreibung.
Der langjährige F1-Kommentator Murray Walker verdeutlichte es einst so: „Hunt soff im Übermaß, er rauchte im Übermaß und hatte Frauen im Über-Übermaß.“ Vorweg, folgende Zahlen sind natürlich nicht wissenschaftlich belegt, aber nähern wir uns dem Lebensstil des James Hunt doch einfach mal in Statistiken: Mit über 5000 Frauen soll er laut eigenen Angaben Sex gehabt haben, darunter auch mit 33 Stewardessen rund um die WM-Entscheidung 1976 in Japan. Auf seinen Rennoverall klebte er sich den Schriftzug „Sex ist das Frühstück der Champions.“
Was sein Alkoholkonsum betrifft, brachte es Hans-Joachim Stuck einmal auf den Punkt: „Zehn bis 15 Dosen Bier pro Tag waren sein Mindestquantum. Dabei spielte es keine Rolle, ob das Rennen noch bevorstand oder schon vorbei war.“ Was seinen Zigarettenverschleiß betrifft, sollen es in etwa 40 pro Tag gewesen sein. Aber wen interessiert schon die eine Kippe mehr oder weniger, es ist jedenfalls kein Wunder, dass Tabakmarken wie Marlboro sich besonders gerne mit James Hunt präsentierten.
Was sagt eigentlich Niki Lauda über seinen WM-Kontrahenten? „Es machte mir nichts aus, von ihm überholt zu werden. James war der einzige, der mich schlagen durfte, weil ich diesen Kerl mochte.“ Gerade als Hunt seinen Lebensstil wandelte, rächte sich die Vergangenheit: Finanziell am Ende, sagte sich Hunt dem Tabak und dem Alkohol ab und machte seiner Liebe Helen Dyson einen Heiratsantrag. Einen Tag später war er tot. Mit nur 45 Jahren erlag er einem Herzinfarkt.
Blicken wir noch auf seine Rennkarriere zurück: Die Erfolge in den Nachwuchsserien wie der Formel-Ford, Formel-3 und Formel-2 waren eigentlich überschaubar, als er 1973 in die Formel-1 kam. Er stieg mit der als lustigen Partytruppe um Lord Alexander Hesketh bekannten Mannschaft in die Königsklasse des Rennsports ein. Heskeths Argumentation: „Die Formel-1 kostet nicht viel mehr als die Formel-2, warum also gehen wir nicht gleich da hin?“ Hunt und Hesketh – das passte wie die Faust aufs Auge.
Beim Großen Preis der Niederlande 1975 gewannen sie den ersten Grand Prix. Es war auch das erste richtige F1-Duell mit Niki Lauda. Nachdem sich Hunt auf abtrocknender Strecke früher als Lauda die Slicks aufschnallte, führte er im Hesketh Ford. Lauda holte im Ferrari in Siebenmeilenstiefel auf. 15 Runden lang duellierten sie sich an der Spitze, Hunt konnte Lauda aber hinter sich halten und gewinnen.
Es war auch der Zeitpunkt, an dem die Topteams Interesse an Hunt zeigten. So zum Beispiel Lotus. Teamchef Colin Chapman wollte Hunt gerne für 1976 unter Vertrag nehmen, aber „er verlangte Geld wie ein Weltmeister, bevor er ein Weltmeister war“, erinnerte er sich später einmal an die Gründe des Scheiterns der Zusammenarbeit. Für Hunt war das auch gut. Relativ spontan tat sich noch die Chance bei McLaren auf, als Emerson Fittipaldi völlig überraschend in den Rennstall seines Bruders Wilson Fittipaldi wechselte. Hunt dockte an und wurde Weltmeister.
Danach kam allerdings nicht mehr viel: 1977 und ’78 stieg McLaren ins Mittelfeld ab. Hunt wechselte 1979 zu Wolff, verhandelte zuvor auch mit Ferrari. Nach dem Monaco-GP erklärte Hunt noch während der Saison seinen Rücktritt nach 92 WM-Rennen, zehn Siegen, 14 Pole-Positions, acht Schnellsten Rennrunden und 179 WM-Punkten.
Es gab noch mehrere Comeback-Versuche: 1980 beim Grand Prix in Long Beach fiel McLaren-Pilot Alain Prost verletzungsbedingt aus. McLaren bot Hunt eine Million Dollar als Ersatz. Er lehnte aber ab. Zudem wollte er einige Rennen mit einem privat eingesetzten Ligier Ford bestreiten, aber auch dazu kam es nicht. Der damalige Brabham-Teamchef Bernie Ecclestone versuchte Hunt 1982 mit rund zwei Millionen US-Dollar Gage zum Comeback zu überzeugen. Erst als Hunt Ende der 80er Jahre finanziell am Ende gewesen sein soll, wollte er es nochmals in der Formel-1 versuchen. 1989 gab es erste F3000-Tests für Pacific, 1990 in Le Castellet dann sogar nochmal einen F1-Test für Williams. Aber zur sensationellen Rückkehr kam es leider nicht mehr.
Auch sein Bruder David Hunt war Rennfahrer, schaffte es 1988 sogar zum F1-Testfahrer bei Benetton. Anfang der 90er Jahre mischte er dann im Lotus-Team mit, kaufte sich nach dem Lotus-Aus 1994 sogar die Namensrechte und versuchte das Team immer wieder zurückzubringen. Vergeblich.