Graham Hill (GBR)
Es gibt eine schauderhafte Gemeinsamkeit zwischen dem ersten und dem zweiten britischen F1-Champion. Beide starben nur kurz nach dem sie ihren Helm an den Nagel gehängt haben. Dabei fuhren beide in einer Epoche des Rennsports, die brutal gefährlich war. Im Internet kursiert eine Statistik, wonach 41 Fahrer in den Rennen ihr Leben lassen mussten, in denen Graham Hill unterwegs war.
Und auch er selbst wurde Opfer eines bösen Unfalls, 1969 in Watkins Glen. Damals zog er sich schwere Beinbrüche zu. Man brauchte eine Portion Galgenhumor als Fahrer, um die Angst vor der eigenen Berufung zu besiegen. Und den legte Hill definitiv an den Tag: „Sag meiner Frau nur, ich könnte zwei Wochen nicht mehr tanzen.“ Graham Hill war bei diesem Unfall bereits 40 Jahre alt – und trotzdem biss er sich durch das Reha-Programm zurück ins F1-Cockpit. Graham Hill war ein GP-Nimmersatt.
Er kam ja auch erst sehr spät zum Rennsport. Sogar den Führerschein machte er gerade mal im Alter von 24 Jahren! Ein Jahr später fuhr er sein erstes F3-Rennen, dann aber musste er erst einmal Geld verdienen und zwar als F1-Mechaniker bei Lotus! Hill wurde dort vom Mechaniker zum F1-Fahrer – und zum Weltmeister.
Und noch zu vielem mehr. Schon seine Statistik lässt sich sehen: Von 1958 bis ’75 absolvierte er 175 WM-Rennen und gewann davon 14, stand 13 Mal auf der Pole, drehte zehn Mal die Schnellste Rennrunde und sammelte 289 Punkte. Wenn man die F1-Rennen außerhalb der Weltmeisterschaft dazu rechnet, dann gewann Hill sogar 19 Grand Prix.
Soweit die F1-Statistik, aber das verrät noch nicht alles über Graham Hill. In Wirklichkeit fuhr er in zahlreichen Disziplinen und Meisterschaften, wie der Formel-2 oder der Tasman-Serie. Hill scheute sich auch nicht vor der Konkurrenz in Amerika oder in Le Mans. 1966 siegte er als erster Rookie seit Ron Flockhart 1926 und als letzter bis Juan-Pablo Montoya 2000 beim Indy-500, in einem von Mecom eingesetzten Lola Ford. Nachdem er 1972 gemeinsam mit Henri Pescarolo in einem Matra das 24-Stundenrennen von Le Mans für sich entschied, wurde er zum bisher einzigen Fahrer, der die Triple Crown des Motorsports aus F1-WM-Titel, Siegen beim Indy-500 sowie 24-Stundenrennen von Le Mans, gewann.
Wenn wir schon bei Ausnahmeleistungen sind: Graham Hill und sein Sohn Damon Hill sind bis heute das einzige Vater-Sohn-Gespann, dass jeweils Weltmeister wurde. Nico Rosberg verpasste es 2014 durch die Niederlage gegen Lewis Hamilton mit Damon Hill (Weltmeister 1996) gleichzuziehen. Beinahe hätte es auch die dritte Hill-Generation in die Formel-1 geschafft: Letztes Jahr erklärte aber Damons Sohn Joshua Hill den Rücktritt vom Rennsport. Zu dem Zeitpunkt fuhr er bereits in der F3-Europameisterschaft.
Damon und Joshua Hill fuhren übrigens mit demselben Helmdesign wie Graham. Das heißt ein schwarzes Grunddesign, mit weißen Ruderstrichen. Graham Hill entschied sich dafür, weil er vor dem Rennsport ein begeisterter Ruderer gewesen war.
Wer an Graham Hill denkt, der denkt zwangsläufig auch an den Monaco-GP. Dort war er lange Zeit der wahre Prinz im Fürstentum. Fünf Siege bei dem Klassiker waren nicht ohne, erst Ayrton Senna konnte das mit einem sechsten Sieg überbieten. Zwei Mal wurde er außerdem F1-Weltmeister, 1962 im BRM und 1968 im Lotus Ford.
Graham Hill selbst wusste um seine Fahrkünste und betrachtete sie auch als solche: „Ich bin ein Künstler, die Strecke ist meine Leinwand, der Wagen mein Pinsel.“ Die Lieblingsleinwand war Monaco. Als er sich 1975 beim Monaco-GP nicht mehr qualifizieren konnte, nahm er das als 46-Jähriger zum Anlass, den Helm endgültig an den berühmt berüchtigten Nagel zu hängen. Erfolge gab es für ihn in der Formel-1 zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr. Hill gründete 1973 nämlich sein eigenes F1-Team, das zunächst mit Kundenfahrzeugen von Shadow und Lola an den Start rollte, 1975 dann aber ein eigenes Chassis auf Kiel legte. Alan Jones brachte es so beim Deutschland-GP immerhin auf Rang fünf.
Ende 1975 dann die Tragödie: Hill stürzte mit jener Piper Aztec ab, die er sich vom Indy-500-Preisgeld 1966 kaufte und die er auch selbst flog. Mit ihm starben beim Unglück auch fünf weitere Teammitglieder, darunter die britische F1-Nachwuchshoffnung Tony Brise. Der Absturz bedeutete natürlich zudem das Ende des Rennstalls. Seine Frau Bette und die drei Kinder wurden in tiefster Trauer und mit hohen Schulden zurückgelassen. Es ist das traurige Ende einer eindrucksvollen Karriere.