Jenson Button (GBR)
Die F1-Saison 2014 wird eine Übergangssaison für McLaren. Offiziell gibt man natürlich eine andere Parole aus: Ein weiteres Desaster-Jahr wie 2013 will und kann sich McLaren nicht leisten. Aber man kommt nicht drum herum, die Saison 2014 wie eine Brücke in eine neue Ära aussehen zu lassen. Mit Kevin Magnussen hat man einen Neuling an Bord geholt, von Mercedes wird man sich nach 20 Jahren Partnerschaft verabschieden.
Welche Rolle spielt da Jenson Button in der neuen McLaren-Zukunft? Der Brite ist 34 Jahre alt, er ist mit 247 Rennen der GP-Opa im Fahrerfeld. Kein britischer Rennfahrer fuhr bisher so viele WM-Rennen wie Button. Gerade weil sich Button mit Triathlons und Marathons in Form hält, sind mit 34 Jahren locker noch eine Hand voll F1-Jahre drin. Doch es ist auch der Tod seines Vaters John Button, der ihn vor wenigen Monaten den Boden unter den Füßen wegzog und der Button vielleicht zum Umdenken lenkt.
Jenson Button und Vater John Button – das war schon immer eine Einheit. 246 seiner 247 F1-Rennen war John Button als wichtige Stütze mit vor Ort. John wusste genau, was Jenson benötigte, schließlich war er selbst schon Rennfahrer. Button Senior wurde 1976 britischer Rallye-Cross-Meister, ausgerechnet in dem Jahr, in dem der lebenslustige James Hunt F1-Champion wurde. Auch John Button war ein fröhlicher Mensch, er rannte mit einem breiten Grinsen und einer wohltuenden Ausgeglichenheit durchs Fahrerlager. Und damit war John Button ein mitreisendes Heimatgefühl rund um den Welt, ein wichtiger Ruhepol im Haifischbecken Formel-1. Genauso wie auch Jenson Buttons Freundin, das Foto-Model Jessica Michibata.
Nach dem Tod seines Vaters dachte Button sogar kurze Zeit an einen sofortigen F1-Rücktritt. Solche Gedanken sind längst wieder in Vergessenheit geraten, trotzdem schließt Button das Ende seiner Karriere inzwischen nicht mehr aus. Er will es auch ein bisschen von seiner Leistung abhängig machen. Mit dem Rookie Magnussen hat Button die nächste Aufgabe. Doch solchen hat sich Button schon immer mutig gestellt: 2010 wechselte er als amtierender Weltmeister zu McLaren und wurde Stallgefährte von Lewis Hamilton.
Dieser Wechsel war mehr als eine Herausforderung, es hätte leicht der sportliche Selbstmord werden können. Hamilton wurde von McLaren über Jahre geschult und gefördert, das Team bildete mit Hamilton eine Einheit. Hamilton lernte bereits in seinem Debütjahr 2007 dem damals amtierenden Doppel-Weltmeister Fernando Alonso das Fürchten und beendete die Saison als Vizemeister sogar vor Alonso! Button musste damit rechnen, dass die Prognosen der Experten eintreffen und sich die Geschichte von Alonso mit Button wiederholen würde. Denn Buttons Titelgewinn 2009 wurde mehrheitlich eher als Erfolg des Brawn-Rennstalls gewertet, denn Buttons fahrerische Klasse hin oder her – aber der Brawn Mercedes war ein technisches Wunderwerk in einer für den Rennstall lebensbedrohlichen Situation.
Wir erinnern uns: Das Jahr 2008 brachte im Herbst den Beginn einer unvorstellbaren Finanzkrise. Betroffen war vor allem auch der Automobilsektor. Honda, die sich in den beiden Jahren zuvor sogar die Schmach geben mussten, vom B-Rennstall Super Aguri hin und wieder besiegt zu werden, zog als erstes der in der Formel-1 agierenden Werke den Stecker: Die Erfolge waren nicht da, die Krise war hart, das Investitionskapital für die Formel-1 zu hoch (teilweise war von 400 Millionen US-Dollar die Rede) – in harten Zeiten konnte man sich den teuren F1-Spaß nicht mehr leisten, vor allem nicht wenn die Resultate wie bei Honda eine Blamage waren. Toyota und BMW folgten dem Beispiel Honda und zogen sich ebenfalls aus der Formel-1 zurück.
Die F1-Karriere von Button schien mit dem Rückzug des Honda-Teams quasi beendet. Doch die Japaner beweisen immer wieder ihre Fairness und ihre Verantwortung. Nachdem sich kein Käufer des Rennstalls fand, wurde im März das Team an den damaligen Honda-Teamchef Ross Brawn und anderen Personen aus dem Management des Teams verkauft. Für einen symbolischen Preis von einem Dollar und mit einer gewissen Mitgift für eine Übergangsaison 2009. Wegen den miesen Resultaten in den beiden Jahren davor, aber auch, weil das Brawn-Team einige Tests auslassen musste, hatte eigentlich kaum jemand das Team auf der Rechnung. Ein japanischer Ingenieur verabschiedete sich damals aber mit einer hervorragenden Idee: Den Doppeldiffusor. Dieser Technik-Kniff machte den Brawn Mercedes in den ersten Rennen fast unschlagbar. Button gewann Rennen für Rennen, er baute sich einen Vorsprung auf, von dem er anschließend bis zum Titelgewinn zehren konnte. Ein wahres Sport-Märchen damals.
Nach einem Jahr verkaufte Brawn das Team wieder, Mercedes wollte endlich ein eigenes Werksteam und griff zu. Button verließ die Mannschaft dennoch und ging zu McLaren. Ein mutiger Schritt, der aber Buttons Ruf noch mehr schärfte und seinen Marktwert steigerte, wie der WM-Titel. Denn wider Erwarten konnte sich Button hervorragend gegen Hamilton behaupten. Zwar war Hamilton flotter, aber die schnell abbauenden Pirelli-Reifen forderten eine gewisse Renn-Cleverness – und die bewies Button im Laufe seiner Karriere immer wieder. Nach drei Jahren lag Button unterm Strich vor Hamilton!
Als Hamilton dann zum Mercedes-Werksteam übersiedelte, wurde Button bei McLaren 2013 die Nummer eins. Doch die Saison war eine sportliche Talfahrt, Button fuhr nur unter ferner liefen mit. Spätestens mit Honda 2015 soll es wieder aufwärts gehen. Die Japaner kehren zurück und wegen der gemeinsamen Vergangenheit wäre Button der ideale Pilot eines McLaren Hondas. Immerhin gewann Button 2006 den Ungarn GP, was sein erster Sieg und Hondas einziger Werkssieg im 21. Jahrhundert war.
Doch immer wieder heißt es, Honda würde gerne einen richtigen Star-Piloten im Cockpit haben. Trotz Buttons WM-Titels und trotz seines gewonnen Duells gegen Hamilton, gelten Fahrer wie Fernando Alonso noch immer als Piloten einer anderen Klasse. Der Spanier ist der Wunsch-Pilot von Honda, auch wenn er vertraglich an Ferrari gebunden ist. Doch die Beziehung zwischen Alonso und Ferrari kriselt, eine Rückkehr zu McLaren ist daher durchaus denkbar. Er würde Button ersetzen – was ein weiterer Grund für einen F1-Rücktritt wäre.
Was wäre unterm Strich die Bilanz? Button ist Weltmeister, Button gewann 15 Rennen, Button wurde am Ende seinen Vorschusslorbeeren doch noch gerecht. Es gibt aber kaum einen F1-Fahrer, der das sportliche Auf und Ab im Rennsport so sehr am eigenen Leib mitgemacht hat wie Button. Schon nach zwei Jahren in der britischen Formel-Ford (Meister) und britischen Formel-3 (Dritter) stieg Button in die Formel-1 auf. Erst testete er für das Prost-Team, aber auch Williams zeigte Interesse – weil Button als so viel versprechend galt.
Nach nur einem Jahr kam bei Williams – das war vorher schon fix – Juan-Pablo Montoya und Button wurde an Benetton ausgeliehen. 2003 wechselte er dann ins BAR-Team, wo er den ehemaligen Weltmeister Jacques Villeneuve in die Schranken wies. Doch Buttons Vorschusslorbeeren waren immer mehr aufgebraucht. Sein damaliger Benetton-Teamchef Flavio Briatore betitelte ihn als faul, Button war zudem in zwei unangenehme Transfer-Schachs verstrickt. 2005 wollte er zu Williams zurückkehren, obschon er nach wie vor einen gültigen Vertrag mit BAR hatte. Er musste bei BAR bleiben, unterschrieb aber dann für 2006 einen Deal mit Williams.
Doch die Vorzeichen hatten sich geändert. Während Williams mit BMW den Werkspartner verlor, kaufte sich Honda den BAR-Rennstall. Nun wollte Button bei BAR bleiben. Ein unschönes Hin und Her, bei dem man sich aber letztlich einigen konnte. Die ersten Honda-Jahre waren abgesehen vom Sieg 2006 in Budapest aber eine Katastrophe. Daher stand seine Laufbahn 2008 wirklich knapp vor dem Aus – doch Button blieb und erlebte nun seine erfolgreichen Jahre.
Eine Geschichte mit Happy-End? Noch ist das Ende dieser Karriere nicht geschrieben, Rücktrittsgedanken hin oder her. Zumindest 2014 fährt er noch mit. Button hat dabei die bärenstarken Mercedes-Motoren, die ihn nochmal zu Siegen beflügeln könnten. Seine Entscheidung bei der frei wählbaren Startnummer ist jedenfalls ein deutliches Signal: Die #22, mit der er 2009 Weltmeister wurde!