Serie: F1-Fahrerinnen: 6. Sie hatten das Zeug zur F1
Fünf Frauen gab es also, die es zumindest mal versuchten, an einem WM-Rennen teilzunehmen. Aber damit sind noch längst nicht alle talentierte Frauen im Rennsport aufgezählt. Jutta Kleinschmidt gewann 2001 die Rallye Paris-Dakar, Danica Patrick siegte 2008 in Motegi bei einem IndyCar-Rennen und so gab es noch viele weitere weibliche Meilensteine. Es gab natürlich auch die Vorkriegs-Fahrerinnen, die teilweise sogar GP-Rennen fuhren, aber damals gab es eben noch keine Weltmeister (sie wurde erst 1950 eingeführt). Manche Frauen kamen der Formel-1 auch sehr nahe oder hatten zumindest das Zeug dazu. Hier sind einige Beispiele:
1. Kay Petre – GP-Test für Auto Union
In Kanada geboren, wanderte sie in den 20er Jahren nach England aus und heiratete dort den Flieger Henry Petre. Der hatte auch in Brooklands zu tun und so kam Kay über Umwegen zum Rennsport. In den 30er Jahren stellte sie dann einige Klassenrekorde in Brooklands auf. Man muss sich das einmal vorstellen: Die zierliche und hübsche Dame bewegte damals Rennwagen mit mehr als zehn Litern Hubraum, etwa den Delage-GP-Rennwagen von 1924, der immerhin über 10,5 Liter verfügte! Gemeinsam mit Dorothy Champney bildete sie 1934 beim 24-Stundenrennen von Le Mans ein Damenteam. Mit ihrem Riley beendeten sie das Rennen als 13. 1937 bestritt sie den Südafrika-GP und lernte dort das deutsche Aushängeschild Bernd Rosemeyer kennen. Sofort keimten Gerüchte über eine Affäre der beiden auf, die allerdings von Rosemeyers Lebensgefährtin Elly Beinhorn vehement dementiert wurden. Wie dem auch sei, Petre bekam eine Testfahrt für Auto Union. Aus der ganz großen GP-Karriere wurde dann aber nichts mehr, nachdem sie sich 1937 in Brooklands bei einem Crash schwere Kopfverletzungen zuzog, hing sie den Helm an den berühmt berüchtigten Nagel.
2. Elisabeth Junek – Fast ein Sieg bei der Targa Florio
Eigentlich schien sie Bankangestelltin in ihrer Heimatstadt Prag zu werden, aber dann hatte das Schicksal doch einen anderen Weg für sie eingeplant: Sie verliebte sich in ihren Chef Cenek Junek und heiratete diesen. Der Bankier fuhr in den frühen 20er Jahren erste Rennen und nahm 1924 erstmals seine Frau als Beifahrerin mit. Vom Rausch der Geschwindigkeit wurde sie sofort gepackt und bestritt fortan selbst Rennen mit Bugatti-Boliden. Obwohl das Ehepaar sich nur als Amateurrennfahrer bezeichnete, waren sie richtig schnell. Schon 1927 hinderte die beiden nur ein Defekt am Sieg bei der Targa Florio, einem der populärsten Rennen der damaligen Zeit, auch 1928 entzückte Elisabeth Junek die Fans im Kampf mit den Stars der Rennszene wie Tazio Nuvolari. Sie hatte eindeutig das Talent für eine große Karriere, aber nach dem Unfalltod ihres Mannes 1928 beendete sie ihre aktive Karriere. Sie war anschließend aber noch Organisatorin des Brünn-GP.
3. Hélène van Zuylen – Die erste internationale Rennfahrerin
Die heutige F1-WM besteht aus GP-Rennen und die gibt es seit 1906. Die Vorgänger davon waren der Gordon-Bennett-Cup und die Stadt-zu-Stadt-Rennen, die im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts aufkamen. Davon gab es nationale Events, aber auch internationale Veranstaltungen, die nachträglich auch zu Grand-Prix-Rennen deklariert wurden. Beim Rennen von Paris nach Nizza 1898 war mit einer Madame Laumaillé erstmals eine Frau am Start einer Rennsportveranstaltung, im selben Jahr fuhr Hélène van Zuylen beim Rennen Paris-Amsterdam-Paris (nachträglich als dritter Grand Prix eingestuft) mit. Ihr Mann, Baron van Zuylen aus einer niederländischen Adelsfamilie, war damals Präsident des französischen Automobilverbandes, der das internationale Rennen veranstaltete.
4. Anne Cécile Rose-Itier – Podestplatz bei GP-Rennen
Der charmanten und hübschen Französin wurde eine Liebschaft mit dem späteren Porsche-Rennleiter Huschke von Hanstein nachgesagt. Besonders bei Bergrennen war sie eine wettbewerbsfähige Mitstreiterin, sie fuhr aber auch etliche Rennen in der Voiturette-Klasse, der zweiten Liga des GP-Sports, vergleichbar mit der heutigen GP2-Meisterschaft. Auch bei großen GP-Läufen stand sie am Start, beim Frontiers-GP in Belgien wurde sie 1935 und ’36 mit ihrem Bugatti jeweils Dritte. 1935 fuhr beim Lorraine-GP mit Eileen Ellison eine weitere Rennfahrerin in der GP-Szene mit. Lucy O’Reilly und ihr Mann Harry Schell ließen sich bei Delahaye in jener Zeit ebenfalls einen GP-Rennwagen für GP-Rennen auf Kiel legen.
5. Hannelore Werner – Ihr Mann hatte ein F1-Team
Sie hatte wohl wirklich das Zeug zur Formel-1: Hannelore Werner. 1970 stellte sie das eindrucksvoll unter Beweis, als sie beim F2-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife sensationell Zweite wurde. Es verwundert daher nicht, dass Matra für den gesperrten Jean-Pierre Beltoise auch Werner als Ersatz ins Auge fasste. Zwar wurde daraus nichts Konkretes, aber es tat sich noch eine zweite F1-Chance auf, als nämlich Günther Hennerici 1972 das Eifelland-Team in die Königsklasse hievte. Werner fuhr für Eifelland schon in der Formel-3 und in der Formel-2 und begann eine Liebschaft mit Hennerici, die auch in der Eheschließung mündete. Doch Werner dementiert, dass Eifelland – das Projekt wurde nach acht Rennen schon wieder begraben – auch dazu dienen sollte, ihr eine F1-Plattform zu bieten. 1973 hing sie ohnehin den Helm an den Nagel: Sie brachte stattdessen drei Kinder zur Welt.
6. Janet Guthrie – Erste Frau im Indy-500
Noch heute heißt es: In Amerika fahren noch richtige Typen, richtige Kerle, richtige Männer. Genauso heißt es: Die Amerikaner fahren alle noch mit Hubraum-Monstern auf den Straßen und messen dem Benzinverbrauch keiner Bedeutung bei. Die Realität sieht anders aus. Frauen sind in der IndyCar inzwischen nicht mehr ungewöhnlich, ja sogar schon etabliert. Es dauerte aber viel länger als in der Formel-1, bis die erste Frau beim Indy-500 mitmischte. Und als Janet Guthrie 1976 im Coyote Ford auch noch die Qualifikation fürs Rennen verpasste, wurde das auch auf ihr Geschlecht zurückgeführt. Aber die gelernte Ingenieurin aus Iowa gab nicht nach: 1977 schaffte sie es im Lightning Offenhauser in die Startaufstellung, 1978 wurde sie im Wildcat DGS sogar Neunte. Ihr bestes IndyCar-Rennen war ihr letztes: In Cleveland 1979 kam sie im Lola Ford auf Rang fünf ins Ziel. Mit Lyn St. James, Sarah Fisher, Danica Patrick, Milka Duno, Simona de Silvestro, Ana Beatriz, Pippa Mann und Katherine Legge haben inzwischen acht weitere Frauen am Indy-500 teilgenommen. Patrick gewann in Motegi 2008 sogar ein IndyCar-Rennen und wurde auch immer wieder mit der Formel-1 in Verbindung gebracht, auch für 2016 mit dem neuen Haas-Team. De Silvestro war 2014 Sauber-Testfahrerin in der Formel-1 und auch Fisher (2002 McLaren Mercedes) und Legge (2005 Minardi Cosworth) testeten schon einen GP-Renner.
7. Cathy Muller – Ihr Bruder wurde WTCC-Meister
Nur wenige wissen, dass der viermalige Tourenwagen-Weltmeister Yvan Muller eine ältere Schwester hat, die ebenfalls Rennfahrerin war: Cathy Muller. Dabei war sie zumindest bis in die Formel-3 hinein äußerst viel versprechend unterwegs. Sie bestritt Rennen in der europäischen, französischen, britischen, deutschen und italienischen Formel-3 und siegte 1984 auch bei einem Lauf zur französischen F3. 1986 stieg sie in die Formel-3000 auf und war damit schon auf der letzten Stufe unterhalb der Formel-1. Doch in der F3000 bekam sie keinen Stammplatz, sie fuhr fünf Rennen für drei verschiedene Teams (Hotz-Horag, ORECA, Gethin). Als es mit der Formel-1 nicht klappte, ging sie nach Amerika und fuhr zwei Jahre in der Indy-Lights-Meisterschaft. Auch beim 24-Stundenrennen von Le Mans war sie 1991 mit einem Spice Cosworth und einem Frauenteam am Start. Mit Desiré Wilson und Lyn St. James konnte sie das Rennen aber nicht beenden.
8. Claudia Hürtgen – Macau-Crash beendet alle Hoffnungen
Auch wenn die Resultate nicht besonders spektakulär sind, aber Claudia Hürtgen galt in den frühen 90er Jahren als hoffnungsvolles Talent – und das ausgerechnet als Deutsche, wo doch Deutschland dank Michael Schumacher einen wahren F1-Boom erlebte. Wovon auch Hürtgen profitieren hätte können. 1991 wurde sie Vizemeisterin in der deutschen Formel-Ford, dann fuhr sie beachtliche Ergebnisse für die Teams von Helmut Marko und Willi Weber in der deutschen Formel-3 ein. Sie war 1993 auch beim F3-Klassiker in Macau gemeldet, aber bei einem Unfall zog sie sich schwere Handverletzungen zu und musste damit alle Zukunftshoffnungen begraben. Aber nur in Hinblick auf die Formel-1, denn noch heute ist die 43-Jährige richtig flott unterwegs: 2014 wurde sie Gesamt-Vierte in der ADAC-GT-Masters-Meisterschaft in einem BMW von Schubert.
9. Natacha Gachnang – Ihr Cousin fuhr Formel-1
Natacha Gachnang kommt aus einer Rennfahrerfamilie. Ihr Vater Georges und dessen Bruder fuhren ebenfalls schon F1-Rennen außerhalb der WM, mit einer Cegga-Eigenkonstruktion. Ihr Cousin Sébastien Buemi fuhr ebenfalls F1-Läufe und ist auch in den kommenden zwei Jahren als Red-Bull-Testfahrer unter Vertrag. Natacha Gachnang hätte aber die erste Frau der Familie in der Formel-1 werden können. In der Formel-3 waren ihre Leistungen noch viel versprechend (Podiumsplatzierungen in der deutschen Formel-3 2006, Gesamt-Dritter in der spanischen Formel-3 2008), aber in der Formel-2 2009 und der Auto-GP 2010 kam einfach nicht mehr genug nach. Zuletzt fuhr sie 2013 mit einem Morgan Judd beim 24-Stundenrennen von Le Mans mit (Platz 13 gemeinsam mit Franck Mailleux und Olivier Lombard).
10. Sarah Kavanagh – Sie fuhr auch schon F1-Boliden
Es gibt natürlich schon viele Frauen, die F1-Rennwagen auch bei Veranstaltungen bewegt haben. Meistens bei historischen Events. Sarah Kavanagh versuchte Ende der 90er Jahre, nachdem ihre Karriere in der Formel-Nippon und der britischen Formel-2 ins Stocken geriet, einen ungewöhnlichen Weg zu gehen: Drei Jahre lang fuhr sie unter anderem mit einem F1-Jordan Cosworth in der europäischen Formel-Boss-Serie. Dann versuchte die Irländerin in die Formel-3000 zu kommen, was ihr aber schon nicht mehr gelang.