So, weiter geht's...
Hier mal kurz die Geschichte der Vanderwell-Ferraris, von denen es ingesamt 4, bzw. 5 gab. Bekannt wurden die grünen Renner unter den Namen "Thin Wall Special" - ich nenne sie hier der Einfachheit halbe "TWS". Besonders das letzte Modell war wohl der höchstentwickete Saugmotor-Ferrari der ersten Generation und den Werkswagen wahrscheinlich deutlich überlegen - dummerweise wurde zu der Zeit die Fahrerweltmeisterschaft in der F1 ausgetragen und die Fahrzeuge waren praktisch nutzlos.
TWS 1:
Vandervell's erster Ferrari "TWS 1" war höchstwahrscheinlich der Prototyp #02C (also der erste F1-Ferrari überhaupt), der im Winter 1948/49 neu eingekleidet wurde. Mit welcher Chassis-Nummer das Teildann verkauft wurde, ist unbekannt, Vandervell ging davon aus, ein neues Auto erstanden zu haben, was wohl NICHT der Fall war. Nach einem mehr als unglücklichen Einsatz beim 1949er Silverstone GP wurde die Karre von der BRM-Mannschaft auseinandergenommen und analysiert, denn der eigentliche Grund für den Kauf war die Verwendung als Studienobjekt für den BRM, vor allem was die Verwendung von Vandervell's Lagerschalen in Rennmotoren anging. Dabei wurde nicht nur festgestellt, dass das Teil älter als behauptet war, sondern auch, dass es mit der hochgelobten Ferrari-Qualität nicht weit her war, vor allem der Motor muss schludrig und schlampig zusammengebacken gewesen sein. Vanderwell war stinksauer und schrieb einen bösen Brief an Enzo Ferrari. Der befand sich nun in einer Art Zwickmühle, zum einen brauchte er die Thinwall-Lagerschalen von Vandervell (seit den 50er Jahren Standard im Automobilbau, aber damals noch brandneu und patentgeschützt), aber zum anderen wollte er bei BRM nicht unbedingt die Hose runterlassen. Und richtig schön Geld gab's von Vandervell ja auch noch, und davon brauchte Ferrari damals wirklich jede Lira. Er sagte zu, den "TWS 1" zurückzunehmen, und dafür als Ersatz ein anderes - moderneres - Auto zu liefern.
Ein seltenes Farbbild des (hellgrünen) ersten "TWS" - gefahren von Raymond Mays 1949 in Silverstone beim britischen GP. Es war der einzige Einsatz dieses 'missglückten' Fahrzeugs.
TWS 2:
Aber damit liess er sich Zeit. Die ersten beiden 125-GP49 mit Zweistufenkompressor brauchte man erst mal im eigenen Rennstall, und der dritte wurde erst im Mai 1950 fertig, gerade rechtzeitig zum GP Schweiz in Bern. Und erst im August bekam Vandervell seinen "TWS 2", zur International Trophy in Silverstone (womit für Vandwell faktisch fast das ganze Jahr Flöten war). Und wieder konnte Ferrari es nicht lassen, Vandervell zu besch.....! Er lieferte zwar ein Auto mit 2-Stufen-Kompressor, aber der war mittlerweile Schnee von gestern, nachdem der neue nicht aufgeladene Tipo 340 kurz vorher in Genf seine Feuerprobe bestanden hatte. Die Zukunft gehörte dem Lampredi-V12, also sollte Vandervell ruhig seinen Tipo 125 haben. Und neu war der definitiv auch nicht, die Chassis-No. 125-C-01 zeigt deutlich, dass es sich um einen der beiden Werkswagen gehandelt haben muss, die ein Jahr früher in Monza ihr Debüt hatten. Von der Optik sah "TWS 2" aber eher aus wie der im Juni 1950 in Bern vorgestellte 125-C-03, nur hatte der bereits eine DeDion-Hinterachse und den kürzeren Radstand des späteren 340/375...! Beides hat man Vandervell natürlich vorenthalten, und was man wirklich geliefert hatte dürfte im Dunstschleier der Geschichte verschwunden sein. Gipfel der Genüsse war wohl dass Ferrari für das fahren dieses Gefährts in Silverstone sogar seinen #1-Werksfahrer Ascari abgestellt hatte - der ganze 7 Runden durchielt!
Aber dem "TWS 2" waren alle Thin Wall Specials dunkelgrün - hier das Fahrzeug mit Alberto Ascari am Steuer bei der International Trophy 1950 in Silverstone. Auch dieser Wagen war ein Fiasko.
TWS 3:
Und wieder erfolgte nach dem Rennen Demontage und Untersuchung, und dieser Motor muss innen noch fürchterlicher als der des Vorjahres ausgesehen haben. Dementsprechend sauer war Vandervell natürlich, auch weil er wieder einen ausgedienten Werkswagen bekommen hatte, und die Scuderia Ferrari selbst mittlerweile mit DeDion-Achse und Lampredi-V12 unterwegs war. Und wieder wurde ein "Kulanz-Deal" vereinbart, zurück nach Maranello, und Umrüstung auf die aktuelle Spezifikation.
Wieder lief die bekannte italienische Verzögerungs-Taktik, geliefert wurde erst zur nächstjährigen International Trophy in Silverstone, die allerdings schon im Mai 1951 stattfand. "TWS 3" war immer noch dasselbe Auto mit der C/N 125-C-02, allerdings jetzt mit DeDion-Transaxle und 375er Motor, aber immer noch nicht voll identisch mit den aktuellen Ferrari 375.
Der umgebaute "TWS 2" - mit anderer Maschine und Hinterachse - kann als unser "TWS 3" gelten. Dieses Fahreug kam sogar auf ein paar GP Einsätze, hier z.B. in Frankreich 1951 mit Reg Parnell und darunter mit in England 1951 mit Peter Whitehead.
TWS 4:
"TWS 4" schliesslich war ein normaler Tipo 375 (# 10), aber den konnte Enzo für 1952 leichten Herzens rausrücken, da die WM ja doch mit F2-Autos ausgefahren wurde. Den genauen Zeitpunkt des Verkaufs kenne ich nicht, aber wahrscheinlich wusste Ferrari da bereits von der F2-Regelung, und Vandervell nicht...! Ab diesem Zeitpunkt fing man dann bei Vanderwell an, an den Autos selbst massiv herumzubasteln. Leider wurden ab 1952 kaum noch F1 Rennen gefahren, 1953 gab es (obwohl die Formel offiziell noch existierte) nur noch eine Hand voll-Rennen, aber 1954 taugten die Vanderwell Specials nur noch für die Formula Libre.
Der "TWS 4" - massiv umgebaut - hatte mit den ursprünglichen 375er so gut wie nichts mehr gemein. Er war ein sehr gutes und starkes Auto und gewann eine Reihe von FL-Rennen. Leider gab es für ihn keine passende Formel mehr! Hier mit Altmeister Nino Farina am Steuer 1952 in Goodwood beim Woodcote Cup.
TWS 5:
Und dann gab es da noch den TWS 5, der Ferrari der gar kein Ferrari war! Es war der fünfte 'Special' Vanderwell's mit dem Namen "Vanwall Special". Das Chassis wurde bei Cooper in Auftrag gegeben mit der Auflage, Aufhängungen von Ferrari zu kopieren. Auch das Getriebe stellte eine 1:1-Kopie von Ferrari dar, der Motor war aber letztlich Vanderwells eigene Entwicklung. Ab 1955 waren Vanderwells Konstruktionen dann reine Vanwalls und der Anhang "Special" wurde fallengelassen - aber das ist dann eine andere Geschichte...
Peter Collins mit dem Vanwall Special beim spanischen GP 1954.