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Ferrari: 60 Jahre nach Gonzalez

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Beitrag Dienstag, 12. Juli 2011

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Der Sieg von Fernando Alonso beim Großbritannien GP schmeckte Ferrari besonders gut, nicht weil es der erste Sieg der Saison war oder weil es ein Rekordsieg war, denn wann immer Ferrari in den letzten Jahren ein F1-WM-Rennen gewonnen hat, hat man einen neuen Rekord aufgestellt. Ferrari hat so viele Siege erreicht, wie kein anderes Team zuvor in der Geschichte der WM. Ob Ferrari das Rennen nun wegen des Zwischengasverbotes gewonnen hat, oder weil man mit neuen Teilen endlich den Anschluss an Red Bull gefunden hat, wird sich beim Deutschland GP herausstellen, denn dann ist das Zwischengas wohl doch wieder erlaubt. Viele Technikexperten glauben, das Zwischengasverbot sei auf einem flotten Kurs wie in Silverstone eigentlich kaum von Bedeutung, oder zumindest nicht so stark wie auf anderen Strecken.

Der Sieg war jedenfalls historisch, nicht des Rekordes wegen. Sondern weil es genau 60 Jahre nach dem ersten F1-Sieg von Ferrari in der WM passierte, denn 1951 hat José-Froilán Gonzalez beim Großbritannien GP in Silverstone den ersten Sieg geholt. GP-Siege feierte Ferrari davor schon zuhauf, immerhin leitete man in den 30er Jahren recht erfolgreich die Einsätze von Alfa Romeo. Wann immer Mercedes oder Auto Union nicht gewinnen konnte, holte sich meistens einer der von Enzo Ferraris Team eingesetzten Alfa Romeo den Sieg. Nach dem Krieg, Ende der 40er Jahre, baute Ferrari dann auch erste eigene Rennwagen, Giuseppe Farina holte 1948 den ersten GP-Sieg für Ferrari. 1950 dann wurde die Fahrermeisterschaft ins Leben gerufen, die heutige F1-Weltmeisterschaft.

Es dauerte noch bis zum Großbritannien GP 1951, bis Ferrari den ersten Grand Prix in der Fahrermeisterschaft für sich entscheiden konnte. Ausgerechnet jenes Rennen war das erste, an dem auch das britische Werksteam BRM teilgenommen hat. Doch gegen die italienische Übermacht von Alfas Romeo und eben Ferrari konnte BRM nichts ausrichten. Das blieb auch erstmal so für britische Rennteams. José-Froilán Gonzalez war neu im Team von Ferrari. Der Argentinier war eher Feldfüller, die Topstars bei Ferrari waren Alberto Ascari und Luigi Villoresi. Groll hegte Gonzalez deswegen nicht, er war froh überhaupt in einem Toprennstall in der höchsten Rennsportserie an den Start gehen zu dürfen. Gonzalez kutschierte einen etwas älteren Ferrari, den Ferrari 375. Der war aber ähnlich schnell wie die neuen Boliden von Ascari und Villoresi – und letztlich eben sogar der siegreiche Wagen.

Das gesamte Rennen über duellierte sich Gonzalez mit Landsmann Juan-Manuel Fangio, der für Alfa Romeo startete. Fünf Mal wurde Fangio Weltmeister, Gonzalez wurde nur einmal Vizemeister. Hätte Gonzalez nicht den ersten Sieg für Ferrari in der F1-WM geholt, er wäre heute wohl nur eine Fußnote in der großen F1-Geschichte. Gonzalez stand klar im Schatten von Fangio. Gonzalez selbst wäre ohne Fangio wohl nicht so weit gekommen.

Die Motorsportgeschichte der Familie Gonzalez beginnt schon mit seinem Onkel, Julio Perez. Der fuhr vor allem mit Chevrolet-Rennwagen einige Langstreckenrennen in Argentinien. Auch Gonzalez’ Vater hatte sehr gute Kontakte zu Chevrolet. Gonzalez selbst wurde als Beruf ebenfalls Fahrer, aber LKW-Fahrer. Das Geld für eine Rennkarriere war nicht da, sportlich aber war Gonzalez durchaus. Wegen seines sehr muskulösen Körpers wurde Gonzalez oft als Pummelchen oder dergleichen bezeichnet. Verglichen mit den hart trainierten Rennfahrern von heute sieht Gonzalez sich und die Fahrer seiner Ära trotzdem als Amateure.

Eines Tages, wir befinden uns bereits in den 40er Jahren, stand in Argentinien ein Maserati zum Verkauf. Gonzalez verkaufte nahezu sein gesamtes Hab und Gut, aber es reichte nicht. Da griff ihn Fangio finanziell unter die Arme. Die Leistungen von Gonzalez auf der Rennstrecke stimmten, gleichzeitig wurde der Motorsport in Argentinien immer bedeutender. Die Temporada-Series wurde aus dem Boden gestampft, eine Formel-Rennserie, die im europäischen Winter stattgefunden hat. Deshalb kamen auch immer mehr europäische Rennstars nach Argentinien, um sich über dem Winter fitt zu halten. Darunter war auch Achille Varzi, einer der GP-Größen der 30er Jahre. Er wollte den Spieß auch einmal umdrehen, wollte die argentinischen Fahrer nach Europa holen. Erst Ende der 40er Jahre kamen Fangio und Konsorten deshalb über den Großen Teich nach Europa.

Varzi selbst verstarb 1948. Bis dato hatte es aber bereits viel Bewegung gegeben. Der argentinische Automobilclub kam in den Besitz mehrerer Rennwagen, die auch in Europa eingesetzt werden sollten. Varzis Vater bot eine Niederlassung bei sich zu Hause an, die Scuderia Achille Varzi war geboren – zum Andenken seines Sohnes. Technischer Leiter wurde Varzis ehemaliger Chefmechaniker Amedeo Bignami. Mit der Scuderia Achille Varzi kam auch Gonzalez mit nach Europa, wieder hatte auch hier Fangio die Finger im Spiel. Beim Monaco GP 1950 gab Gonzalez sein Debüt in der Fahrermeisterschaft der Formel-1, auf einem Maserati der Scuderia Achille Varzi. Gonzalez wurde aber in den Massenunfall ausgangs des Tunnels verstrickt.

1951 setzte er zunächst unter Eigenregie einen Talbot-Lago ein, dann kam er bereits erwähnte Wechsel zu Ferrari – mit dem Sieg in Silverstone als Krönung seiner bisherigen Karriere. Immer wieder plagten Gonzalez aber Geldsorgen. Dieses Mal unterstützte ihn Enzo Ferrari finanziell, in dem er ihm einen Wagen gab, den er in Argentinien erfolgreich einsetzen konnte. Mit den gewonnenen Preisgeldern kam Gonzalez über die Runden, aber für die kommenden Jahre brauchte er mehr Geld. Also ging er zu Maserati, wieder dank Fangio. 1952 bestritt er nur den Italien GP, in dem er Zweiter wurde. 1953 waren es mehr Rennen, aber auch nur zwei Podestplätze. Dann kam das Comeback 1954 bei Ferrari. Wieder gewann er den Großbritannien GP, Gonzalez war an der Spitze seiner Karriere. Er wurde Vizemeister und gewann nebenbei auch das 24-Stundenrennen von Le Mans gemeinsam mit Maurice Trintignant.

Bei einem Nicht-WM-Rennen verletzte sich Gonzalez, danach fuhr er nur noch sporadisch Rennen. Tauchte bis 1960 noch einige Male, meist zu seinem Heim-GP in Argentinien auf. Mit Rennwagen von Ferrari, Maserati und Vanwall. Nach 26 WM-Rennen war aber Schluss, zu Buche stehen zwei Siege, drei Pole Positions, sechs Schnellste Rennrunden und 77,643 WM-Zähler.

Gonzalez blieb dem Rennsport aber erhalten, rückte immer wieder bei historischen Events aus, freilich vorwiegend mit seinem Ferrari 375, der Gonzalez legendär gemacht hat. 2005 kümmerte er sich um seinen Landsmann Juan Cruz Alvarez, der es bis in die GP2 schaffte. Das Campos-Team war damals aber noch nicht für starke Platzierungen gut, Alvarez verschwand wieder von der internationalen Bühne. Auf der Beerdigung Fangios weinte Gonzalez bittere Tränen.

Auch in Silverstone sollte der 88-Jährige anreisen und mit dem Ferrari 375 zum 60-jährigen Jubiläum Demorunden fahren. Doch er ist geschwächt, seit sein Sohn Julio César Gonzalez beim Sporttauchen verstarb und Gonzalez daraufhin Herzprobleme bekam. Also pilotierte Fernando Alonso den Ferrari 375 – der historische Auftakt zu einem historischen Sieg.

Beitrag Dienstag, 12. Juli 2011
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Die Scuderia hat so viele F1 Siege eingefahren ,das sie selbst nicht mehr weiss wie viele es waren . In silverstone holte die Scuderia angeblich lt. Presseerklärung ihren 216ten F1 WM Sieg in der Teamgeschichte und als man Luca erklärte das man sich um mindestens 14 verzählt habe ,guckte der ziemlich betröpfelt drein .

Beitrag Dienstag, 12. Juli 2011

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Ich komme auf 215. Also in der Fahrermeisterschaft, der heutigen WM halt.

Hat die Motorsport aktuell auch falsch geschrieben, "GP-Siege", da hat Ferrari natürlich viele mehr.

Aber was solls, Motorsport aktuell und Speedweek sind diese Woche eh mal wieder derbe schlecht, schlechter geht es nicht. Da kann man sich nur auf die Pitwalk am Freitag freuen. Naja wir weichen ab.

Beitrag Mittwoch, 13. Juli 2011

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also ich habe mir die pitwalk einmal gegeben und fand sie gräßlich. erinnerte mich etwas an die f1 racing magazine, die ich mir in den 90ern ab und an mal gegönnt habe, weil die fotos darin von recht guter qualität waren.

aber um beim thema zu bleiben, wie kam er auf ,643 punkte? einmal mit mehreren fahrern ein auto geteilt?

Beitrag Mittwoch, 13. Juli 2011

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wieso gräßlich?

müsst ich nachschaun, aber deutet eher daraufhin, sich mal ne schnellste Rennrunde mit anderen Fahrern geteilt zu haben.

Beitrag Mittwoch, 13. Juli 2011
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offiziell hat Gonzalez 77,64 WM Punkte aus 31 Meldungen und 26 Starts zu einem WM Lauf geholt .

Einige allseits bekannte Fehler - ähhhhh Datenbanken ,sow wie unsrige kommen lustigerweise auf 72.14 Pkt.

Gonzales holte "unrunde" Punkte in Italien 52 ( 6,50 Pkt ) ,
England 53 (3,50 Pkt.(, Belgien 54 ( 1,50 Pkt. und das berühmte
Rennen in England 54 wo gleich 7 Piloten die schnellste Runde fuhren und somit jeder dafür 0,14 Pkt. kassierte .Dort hatte er mit insgesamt 8.14 Pkt. auch sein insgesamt bestes Ergebniss .

Beitrag Freitag, 15. Juli 2011

Beiträge: 1679
MichaelZ hat geschrieben:
wieso gräßlich?


naja, zum teil lauwarm präsentierter geschichtlicher inhalt, welcher jedoch teilweise schlampig recherchiert und dann nur oberflächlich wiedergegeben wird zu einem recht stolzen preis, bei dem sich, bei wirklichem interesse zum thema, der gedanke an die anschaffung von richtiger literatur eher lohnt.

wobei ich sagen muss, dass ich kürzlich mal, nach fast einem jahrzehnt, mal wieder eine msa in den händen hielt und diese präsentierte sich auch anders, als ich es in erinnerung habe. vermutlich hat sich die motorsport medienlandschaft in deutschland einfach sehr zur trivialität gewandelt in den letzten jahren.


bei gonzalez machten mich eben diese 0,14 punkte stutzig und ich wusste nichts davon, habe mich aber mit ihm auch nie auseinandergesetzt.


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