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Ferenc Szisz

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Beitrag Montag, 13. August 2007

Beiträge: 45703
Beim Rennen der Formel-World Series by Renault in Ungarn fuhr Zsolt Baumgartner Demorunden im Formel-1 Boliden von Renault. Doch Baumgartner ist nicht der erste Ungar in einem GP-Renner des französischen Automobilgiganten. Denn der Grand Prix Sport begann mit einem ungarischen Sieger – auf einem Renault: Ferenc (Francois) Szisz gewann den ersten Grand Prix der Geschichte: Den Frankreich GP 1906. Ab der 3. Runde übernahm Szisz mit seinem Renault die Führung und gewann das Rennen vor dem Fiat-Pilot Felice Nazzaro und Albert Clément (Clément Bayard).

Geboren wurde Ferenc Szisz am 20. September 1873 im ungarischen Szeghalom. Szisz ist Ungar, aber mit einigen Wurzeln in andere Länder: Während seiner Rennfahrerzeit lebte er in Frankreich (nach dem er im 1. Weltkrieg für Frankreich kämpfte, bekam er auch die französische Staatsangehörigkeit), zu seiner Zeit war Ungarn eine Doppelmonarchie mit Österreich unter Franz Josef I, Szisz könnte also auch als Österreicher durchgehen, und nebenher stammten seine Familie von den Siebenbürger Sachsen ab, eine deutschsprachige Minderheit in Rumänien. Nebenher reiste Szisz nach seiner Tätigkeit als Schmid und Kupferschmelzer in einige Städte wie München, Wien oder Paris, um seiner Faszination Rennsport nachgehen zu können.

In Paris wurde er fündig: Er heuerte bei der französischen Marke Renault an und wurde Leiter der Testabteilung. Bald begleitete er die Gebrüder Louis und Marcel Renault auch zu den Motorsportevents und wurde bald Beifahrer von Marcel Renault bei den Stadt-zu-Stadt Rennen, die als Vorgängerrennen der Grand Prix Rennen gelten. Wie auch später noch bei den ersten GP-Rennen waren Beifahrer, so genannte mitfahrende Mechaniker, noch Pflicht. Damals musste jegliche Arbeiten, also Reparaturen, Reifenwechsel oder Nachtanken von den 2 Fahrern erledigt werden. Von einer Boxencrew wie heute, die bestens organisiert war, konnten die Fahrer nur träumen.

Das erste Stadt-zu-Stadtrennen von Szisz als rechte Hand von Louis Renault fand 1902 statt, nämlich das Rennen Paris Wien. Beide fuhren bei dem Rennen, das vom 26. bis 28. Juni 1902 stattfand und über 990 Rennkilometer ging (in der Schweiz wurde das Rennen unterbrochen, weil Motorsport dort nicht erlaubt war, wie auch bis noch kürzlich, allerdings nach der Katastrophe beim 24 Stundenrennen von Le Mans 1955), überraschend den Sieg ein. Dabei fuhren sie mit einem Renault nach dem Voiturette Reglement, also der kleinen Rennwagenklasse, heute gut zu vergleichen mit der GP2. Die Rennwagen waren gegenüber dem großen Boliden, später als Grand Prix Boliden bezeichnet, vor allem im Gebirge leichter zu handeln. Renault gewann mit dem Renault vor Henri Farman, der mit einem Renner einer der ältesten Automobilhersteller der Welt fuhr, mit einem Panhard & Levassor.

Auch beim Skandalrennen von Paris-Madrid 1903 war Szisz mit Renault am Start und beide wurden 2, hinter Fernand Gabriel (der 12. des Frankreich GP 1908 fuhr mit einem Mors). Doch das Rennen wurde nach einigen tödlichen Unfällen abgebrochen, es war eine Rennveranstaltung, die mit dem GP-Wochenende von Imola 1994 gut zu vergleichen war. Nach dem Rennen verbot man die Stadt-zu-Stadtrennen und konzentrierte sich auf Rundstreckenrennen und bald darauf war der Grand Prix Sport geboren. Einer der tödlich verunglückten damals war damals Marcel Renault. Der Crash passierte in der Nähe von Payré, 17 Kilometer nach der Durchfahrt von Vivonne, verlor Renault die Kontrolle über seinen Renault und krachte gegen einen Baum. Im Gegensatz zum Beifahrer Vauthier überlebte er den Crash nicht.

Nach dem Unfall seines Bruders Marcel, zog sich Louis vom Rennsport zurück und damit geriet auch die weitere Karriere von Ferenc Szisz ins Stocken. Als sich jedoch Renault 1905 entschloss, wieder einen Rennwagen zu bauen, war Szisz die erste Wahl in der Fahrerfrage. Beim Vanderbilt Cup 1905 wurde Szisz so 5. Und schließlich gewann er 1906 den ersten GP, obwohl er in einem – nach PS-Zahlen beurteilt – schwächeren Rennwagen saß. Doch eine neuartige Erfindung beim Reifenwechseln bei Reifenhersteller von Michelin, ermöglichten Szisz unerwartet kurze Boxenstopps und so gewann er mit einer beeindruckenden Manier das Rennen.

Felice Nazzaro pochte für den Frankreich GP 1907 auf eine Revanche und die bekam und gewann er. Dieses Mal drehte der Italiener das Rennresultat um und siegte vor Szisz. Nach dem Szisz beim Frankreich GP 1908 mit Reifenschaden ausfiel, zog sich der Ungar aus dem Rennsport zurück. Er baute seine eigene Werkstadt auf, gab jedoch 1914 beim Frankreich GP sein Comeback. Dabei heuerte Szisz bei Fernand Charron und dessen maroden Alda-Team an. Charron ist ein bekannter französischer Rennfahrer und Teambesitzer, der seine Karriere im Radrennsport begann! Mit dem Alda-Rennwagen konnte Szisz keine Bäume ausreisen, denn er war unzuverlässig und nicht flott genug. Mit anderen Worten: Szisz fiel bald der Renndistanz zum Opfer. Der Alda war eine von der von Charron, Carl Voigt und Leonce Giradot gegründeten CGV-Team gezeichnete Konstruktion.

Das endgültige Aus im Motorsport war damit besiegelt. Er wechselte zum Flugzeughersteller Breguet und wurde dort bis zum Ruhestand 1930 Mitarbeiter. Am 21. Februar 1944 verstarb Szisz unbemerkt der Medien im französischen Auffargis. Kein Wunder, dass manchmal als Sterbejahr von Ferenc Szisz das Jahr 1970 angegeben wird: In den 50er Jahren tauchte ein Witzbold auf, der sich als Ferenc Szisz ausgab, Interviews zu „seiner“ Rennkarriere gab und eben 1970 verstarb.

Beitrag Dienstag, 14. August 2007

Beiträge: 4406
Gottlob, haben wir Österreicher einen H.Prüller,
der uns solche geschichten nahebringt.
bin ja leider noch nicht so lange im Forum & erst seit Sep.'70 F1-Fan.
Aber trozdem toll wieder mal so alte geschichten,
so ausfürlich detaliert lesen zu dürfen.

ein großes Dankeschön an MichaelZ!
Bin nicht weg ... aber auch nicht da.

Beitrag Dienstag, 14. August 2007

Beiträge: 45703
Gern geschehen.

Weil Szisz halt der Sieger des ersten GP war, ist sein Lebenslauf sehr detailliert bekannt. Deshalb war es nicht schwer, die Infos zu bekommen.

Beitrag Dienstag, 14. August 2007

Beiträge: 4406
Das weiß ich, trotzdem toll mal was über längst vergessene Fahrer zu lesen(schreiben) & nicht nur `brocken´ wie bei H.Prüller serviert zu bekommen.
Bin nicht weg ... aber auch nicht da.


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