Gute Anwärter für den "Versager des Jahres" waren auch immer die sogenannten "Nationalrennwagen". Ob in Frankreich oder England, immer ging es darum, einer überlegenen ausländischen Konkurrenz mit "Patriotismus" etwas entgegenzusetzen, weil die eigene Automobilindustrie sich nicht ernsthaft engagieren wollte oder konnte.
Der erste solche Versuch war wohl 1935 der französische SEFAC, der sogar von der damaligen französischen Regierung initiiert wurde, um die Dominanz der deutschen Silberpfeile zu brechen. Für die Finanzierung des Projekts wurde erstmal ein Kommittee eingerichtet, das dann u.a. landesweit Anstecknadeln verkauft hat. Außerdem hat man eigens eine neue Fabrik gegründet, in der das Auto gebaut wurde. Allerdings wie so oft wenn die Politik involviert ist, ist gut gemeint das Gegenteil von gut gemacht, und von dem eingesammelten Geld ist das Wenigste wirklich bei SEFAC angekommen. Entsprechend mühsam ist die Sache vorangekommen und als das Auto aus Prestigegründen unbedingt zum Heim GP 1935 antreten musste, war es nicht nur hoffnungslos zu langsam, sondern auch weit über dem geltenden Gewichtslimit und wurde deswegen nicht einmal fürs Rennen zugelassen!
So schnell haben die Franzosen aber noch nicht aufgegeben und haben den nationalen Rennwagen-Fonds weiter mit einer Sondergebühr für alle Führerscheinbesitzer gefüllt und sollte 1938 zu Beginn der neuen Grand-Prix-Formel an die aussichtsreichsten französischen Teams verteilt werden. Da ist auch der SEFAC wieder aus der Versenkung aufgetaucht und im GP immerhin zwei Runden weit gekommen. Im nächsten Jahr hat das Auto dann sogar eine ganze Weile gehalten bis es dann mit leerem Tank stehengeblieben ist. Damals war Nachtanken ja erlaubt, das sagt also einiges über das Team aus.
Nach dem Krieg gab es dann nochmal den Versuch, das Auto als "Dommartin" in umkonstruierter Form noch einmal wiederzubeleben, aber daraus ist letztendlich nichts geworden. Allerdings hat es da schon einen würdigen Nachfolger gegeben in Form des "CTA-Arsenal". Auch bei diesem Projekt wurden wieder staatliche Fördergelder locker gemacht, diesmal um die roten Rennwagen aus Italien zu schlagen. Obwohl hinter dem Projekt mit Raymond Sommer ein Fahrer mit viel Erfahrung und mit Albert Lory der Schöpfer der legendären Delage Grand Prix Wagen von 1937 geteckt haben, war das Ergebnis aber im Endeffekt beinahe das selbe wie beim SEFAC: Der Motor war zu schwach, das Auto zu schwer und die Fahreigenschaften waren wegen grundlegender Konstruktionsfehler abenteuerlich. Trotzdem wurde natürlich wieder Druck gemacht, das Auto zum Heim GP 1947 an den Start zu bringen. Dementsprechend war dann auch das Ergebnis, schon im Training hat auf die Spitze eine halbe Ewigkeit gefehlt, und das obwohl die damals dominanten Alfettas noch nicht mal angetreten waren. Zwar ist das Auto dann trotzdem zum Start erchienen, von einem "Rennen" kann aber nicht die Rede sein, denn noch am Start ist die Kupplung kaputt gegangen und Sommer ist nicht einmal von der Startlinie weggekommen.
Damit hatten die Franzosen aber offenbar immer noch nicht genug Peinlichkeit gehabt, denn auch 1948 wurde der CTA-Arsenal nocheinmal gemeldet. Nach einem weiteren schwachen Auftritt im Training war dann aber endgültig Schluss und das Auto wurde zurückgezogen.
Aber auch die Briten haben wie gesagt schon so ihre Erfahrungen mit dem Thema Nationalrennwagen gemacht, wenn auch nicht ganz so bodenlos wie die Franzosen. Mit dem ERA war man anfangs vernünftigerweise in den 1930ern nur in die Voiturette-Klasse eingestiegen und hat dort den bis dahin dominierenden Maseratis auch richtig Beine gemacht. Aber dann kam der Ehrgeiz und mit dem Typ E wollte man dann irgendwann auch in der höchsten Kategorie im Grand Prix Sport mitmischen. Immerhin hat man dafür wenigstens nur private Gelder verwendet, aber das war zu wenig, um einen geeigneten Motor zu entwickeln, der den Silberpfeilen gewachsen gewesen wäre. Deswegen hat man in das Auto dann doch wieder den bewährten 1,5 Liter Motor aus den Voituretteklasse gesetzt, aber bevor es richtig ans Laufen gekommen ist, ist dann der Krieg dazwischen gekommen.
Nach dem Krieg hat Leslie Johnson die Restbestände des Teams samt der Fabrik erworben und seinen E-Type dann regelmäßig in der Formel 1 an den Start gebracht. Die neue Formel war ja so angepasst worden, dass die Autos der ehemaligen Voituretteklasse genau gepasst haben. Doch obwohl der E-Type ja eigentlich das moderenere Auto sein sollte, hat es Johnson nicht geschafft, die Fahrer der noch viel älteren A-, B-, C- und D-Typen zu schlagen und außerdem war das Auto katastrophal unzuverlässig. Einen letzten Versuch gab es dann nochmal mit dem ungemein hässlichen G-Typ mit Bristol-Motor, der auch mehr wie ein Sportwagen gewirkt hat, und der 1952 trotz eines Stirling Moss am Steuer in der Formel 2 auch nichts mehr gerissen hat.
Ähnlich wie in Frankreich gab es aber auch in Großbritannien zu diesem Zeitpunkt schon wieder einen Nachfolger in Form von BRM. Wieder drei Buchstaben und wieder war Raymond Mays maßgeblich mit beteiligt. Das Konzept war, die britische Industrie auf breiter Basis am Bau eines neuen Rennwagens zu beteiligen, um die italienische Dominanz zu brechen. Obwohl das Team letztendlich sogar 1962 die WM gewinnen konnte, war das Unternehmen aber viele Jahre von Rückschlägen geprägt. Die ganzen 1950er Jahre hindurch war es für das Team charakteristisch, dass es eigentlich immer zu spät dran war. Der V16 hatte 1950/51 nur sehr sporadische Auftritte und ist erst 1952/53 so richtig ans Laufen gekommen, als man die Formel 1 aus Angst vor der Ferrari Dominanz international bereits auf Eis gelegt hatte. Hätte man 1951 vielleicht ein wenig mehr Flagge gezeigt, vielleicht hätte sich die FIA noch umentschieden.
Und auch der P25 für die ab 1954 geltende 2,5 Liter Formel ist erst viel zu spät gekommen. Erst 1955 gab es erste sporadische Starts, meistens aber wurden die Meldungen wieder zurückgenommen, weil das Auto angeblich noch nicht fertig war. Die Jahre 1956 und 1957 wurden als "Probejahre" deklariert und erst 1958, also nach vier Jahren Entwicklungszeit ist man erstmals ernsthaft in der WM angetreten. Da war aber die Zeit der Frontmotor-Rennwagen aber beinahe schon wieder vorbei. Immerhin hat man mit dem P48 dann 1960 etwas schneller auf diesen Trend reagiert und konnte wie gesagt 1962 mit Graham Hill und vor allem dank des erstklassigen eigenen V8 Motors den WM-Titel erringen.
Das ist es aber dann auch praktisch schon wieder gewesen. 1966/67 ist man in der neuen 3 Liter Formel mit dem H16 wieder grandios auf die Nase gefallen. Der Motor war im Wesentlichen eine Kombination aus zwei der so erfolgreichen 1,5 Liter Motoren, aber in dieser Konfiguration wiederum viel zu schwer, komplex und anfällig. Trotz einiger Erfolge mit dem V12 Motor war der Niedergang des Teams danach irgendwie nicht mehr aufzuhalten. Vermutlich war es in den Zeiten, als man einen Cosworth V8 einfach kauefen und damit erfolgreich sein konnte, einfach zu aufwendig, eine eigene Motorenenwtcklung zu betreiben. Dazu kamen immer wieder mal unglückliche Modelle, wie der P180 mit dem Lenkrad durch die Frontscheibe, der aber nicht einmal seinen Vorgänger überlebt hat.
Das Ende des Teams war dann ähnlich niederschmetternd wie der Anfang, in der letzten Saison konnte man zu einem Überseerennen gar nicht antreten, weil der wieder einmal viel zu schwere P207 nicht in die Transportkiste fürs Flugzeug gepasst hat...