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Fahren mit Verletzung früher und heute, wieso?

Das Formel 1 Forum früherer Tage...

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Wir haben ja einen Thread über Tazio Nuvolari, in dem einige Rennen aufgelistet sind, bei denen er verletzt gefahren ist. Der Thread findet sich hier:

yesterday-f7/tazio-nuvolari-eine-harte-nuss-t18031.html

Aber Nuvolari war nicht der einzige Fahrer, der damals trotz Verletzungen gefahren ist: Herrmann Lang brach sich während des Deutschland GP 1936 den Finger, wurde kurz von den Ärzten behandelt und fuhr weiter.

Manfred von Brauchitsch musste beim Schweiz GP ins Auto gehoben werden, nachdem er sich bei einem Unfall ein paar Wochen zuvor mehrere Rippen brach. Er fuhr mit Kissen als Stabilisator trotzdem.

Beim Tschechoslowakei GP 1935 führte Hans Stuck, bevor ihm ein Vogel ins Gesicht flog. Die Ärzte behandelten kurz sein blutiges Auge, danach fuhr er weiter.


Ich denke, die Liste kann man hier unendlich fortführen. Vielleicht kann ja jemand noch ein paar solche skurrilen Geschichten nennen.

Mich würde aber mehr erinnern: Gab's sowas auch nach 1950 noch? Wenn ja, wann? Und nach 1970/1980?

Heute haben die Fahrer ein bisschen Kopfweh und starten nicht mehr zum Rennen. Freilich: Heute schreiten auch die Ärzte ein und verbieten einfach den Start. Aber wieso waren die Fahrer damals nicht so verweichlicht und fuhren trotzdem? Ich mein heute gibt es noch dazu eine WM und es ist wichtig, bei jedem GP zu starten, damals gab es ja nicht einmal eine Meisterschaft (okay die EM, aber sowas passierte ja auch abseits der EM). Also wieso fuhren die damals doch?

Und kann es sein, dass die Formel-1 da noch mehr verweichlicht ist, als andere Serien? Als Valentino Rossi vor wenigen Wochen nach seinem schweren Unfall wieder sein Comeback gab, lief er auch nur mit Krücken und musste auf seine Yamaha gehoben werden. Wieso geht sowas da, nicht aber in der Formel-1?

0ph 0ph

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Früher gings denke ich mal auch ums Preisgeld ;)

Wenn die heute nicht fahren, juckt die das finanziell ja gar nicht :roll: :x


Beiträge: 4564
Also in den ganzen Motorrad-Meisterschaften gibt es heute noch genügend Leute die mit gebrochenen Knochen trotzdem antreten (besonders "beliebt": gebrochenes Schlüsselbein).


Vielleicht hat es aber auch viel mit den Versicherungen zu tun. Wenn du "Kopfschmerzen" hast (vielleicht von einem vorherigen Unfall), trotzdem zum Rennen antrittst und dann etwas passiert, werden dir die Versicherungen daraus sicher einen Strick drehen. Deshalb wird das wohl heute kein F1ler mehr machen.

Schließlich geht es da um ´ne ganze Stange Geld.
Tippspiel-Teams:
F1: Seifenkistel Roadrunners
Rallye: Ricola Rot Weiss Alpenteam Ilmor WRC
DTM: Speedpflicht DTM Team
MotoGP: Agostini MV Augusta


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Da passt auch eine Story von Hans Stuck, die ich gerade in einer Bio gelesen habe.

1929 prallte Stuck mit seinem Austro Daimler bei der Targa Mugello gegen einen Brückenpfeiler und wurde dabei ins Bachbett geschleudert.
Im Lautsprecher an der Strecke wurde verkündet, dass das Rennen zu Ehren des soeben tödlich verunglückten Rennfahrers Hans Stuck abgesagt wird. Sein Mechaniker fand Stuck aufgebahrt in einem Schulgebäude unter einem weißen Laken mit Blumenstrauß oben auf.
Er erkannte jedoch dass Stuck zwar ohne Bewußtsein war, aber noch atmete. Er brachte ihn ins Krankenhaus, wo eine Gehirnerschütterung, Prellungen und Rippenbrüche festgestellt wurden.
13 Tage später startete er mit einem Stützkorsett bei einem Rennen in Baden Baden.

Im gleichen Jahr flog er nochmals - beim Freiburger Schauinsland Rennen - von der Piste. Resultat: Gehirnerschütterung, Rippenbruch, Nasenbeinbruch. Nach 12 Tagen war er aus der Uni-Klinik in Freiburg geflohen und belegte beim Klausenpass-Rennen den zweiten Platz hinter Chiron. Seit der Zeit trug er zur Stützung seines zurtrümmerten Nasenbeins zeitlebens ein Stück Elfenbein in seiner Nase!


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MichaelZ hat geschrieben:
Und kann es sein, dass die Formel-1 da noch mehr verweichlicht ist, als andere Serien? Als Valentino Rossi vor wenigen Wochen nach seinem schweren Unfall wieder sein Comeback gab, lief er auch nur mit Krücken und musste auf seine Yamaha gehoben werden. Wieso geht sowas da, nicht aber in der Formel-1?


weil aufn motorrad nix ist mit querbeschleunigung.

dürfte auch der unterschied von damals (vor 1950) zu heute sein: bei den heuer bis zu 5g in kurven kann man mit gewissen verletzungen einfach gar nicht fahren.

mit weichei hat das mMn nix zu tun, ich galube nicht, das die aktuellen f1-fahrer sich da was zu denen von früher oder zu motorradfahrern nehmen.


Beiträge: 945
Emerson Fittipaldi hatte 1973 beim Training zum Holland-GP einen schweren Unfall, als er mit seinem Lotus bei nahezu 200 km/h wegen einer gebrochenen Vorderradfelge bei der Zieleingangskurve in die Leitplanken krachte und sein Auto völlig zerstörte. Hailwood und Hill befreiten Fittipaldi aus seinem zerstörten Wagen. Sein linker Fuß war im zerstörten Cockpit eingeklemmt. Mit stark verstauchtem Fußgelenk ging er Tags darauf dennoch an den Start, mußte aber nach wenigen Runden wegen starker Schmerzen aufgeben (aber er hat es zumindest versucht!)


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Bleimula66 hat geschrieben:
Da passt auch eine Story von Hans Stuck, die ich gerade in einer Bio gelesen habe.

1929 prallte Stuck mit seinem Austro Daimler bei der Targa Mugello gegen einen Brückenpfeiler und wurde dabei ins Bachbett geschleudert.
Im Lautsprecher an der Strecke wurde verkündet, dass das Rennen zu Ehren des soeben tödlich verunglückten Rennfahrers Hans Stuck abgesagt wird. Sein Mechaniker fand Stuck aufgebahrt in einem Schulgebäude unter einem weißen Laken mit Blumenstrauß oben auf.
Er erkannte jedoch dass Stuck zwar ohne Bewußtsein war, aber noch atmete. Er brachte ihn ins Krankenhaus, wo eine Gehirnerschütterung, Prellungen und Rippenbrüche festgestellt wurden.
13 Tage später startete er mit einem Stützkorsett bei einem Rennen in Baden Baden.

Im gleichen Jahr flog er nochmals - beim Freiburger Schauinsland Rennen - von der Piste. Resultat: Gehirnerschütterung, Rippenbruch, Nasenbeinbruch. Nach 12 Tagen war er aus der Uni-Klinik in Freiburg geflohen und belegte beim Klausenpass-Rennen den zweiten Platz hinter Chiron. Seit der Zeit trug er zur Stützung seines zurtrümmerten Nasenbeins zeitlebens ein Stück Elfenbein in seiner Nase!


Unglaubliche Geschichte! Danke für diese Anekdote.

Dabei fällt mir grad eine andere Geschichte ein. Auch Niki Lauda wurde mal für totgeglaubt, am Rande des GP in Jerez 1989. Ich zitierte Helmut Zwickl aus der MSa vom 4. Oktober 1989:

"Ein furchtbares Gerücht kursierte Donnerstagabend in Jerez: Niki Lauda sei tot! Es geisterte durch Hotels, verbreitete sich in Windeseile durch Restaurants, alle waren geschockt. Das Gerücht besagte: Niki Lauda hätte sich in der Schweiz erschossen.
Als Gerhard Berger die Nachricht hörte, war er zunächst starr, dann fasste er sich: "Ich dachte mir, das muss ein blöder Witz sein. Ein Niki Lauda erschießt sich nicht..."
Die Gerüchte kamen aus der Schweiz: Niki Lauda hätte sich wegen finanzieller Schwierigkeiten umgebracht. Gerhard Berger ließ die Sache keine Ruhe, er versuchte, Niki zu erreichen.
"Und ich erwischte ihn am Telefon in Wien. Niki wusste noch nichts, und er hat herzlich gelacht. Er sagte, wer setzt so einen Blödsinn in die Welt, dass ich mich wegen finanzieller Schwierigkeiten umbringe? Ich bin am Sprung in die USA, um meine zweite Boeing abzuholen."
Aber selbst Freitagfrüh hielt sich im Formel-1-Zirkus das Gerücht des totgesagten Lauda. Immer wieder kamen Rennfahrer zu Gerhard Berger und verlangten Auskunft. Nelson Piquet hat Niki ebenfalls telefonisch erreicht, doch es dauerte einen halben Tag lang, bis die Horrormeldung aus der Welt geschafft war.
Gerhard Berger erzählte: "Der Niki meinte, dass ich in Estoril mein bestes Rennen gefahren bin. Ich aber glaube, Adelaide 1987 war mein bestes Rennen."
Berger im Nachsatz: "Ich hätte den Niki gar nicht anrufen brauchen, um das Gerücht als Gerücht zu entlarven. Denn wer wir Jahre Ferrari ausgehalten hat, der begeht danach kein Selbstmord mehr..."


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Noch einer:

Belgien GP 1937: Während die meisten Topfahrer eine Woche zuvor in Amerika unterwegs waren, war der Belgien GP unterhaltsam. Das Rennen war absolut hart, ständig fielen neue Rundenrekorde, von den verschiedensten Fahrern. Rudolf Hasse konnte dabei den Auto-Union-Star Hans Stuck schlagen, weil er sanfter mit seinen Reifen umging und deshalb nur einen Boxenstopp machen musste. Für Aufsehen sorgte auch Manfred von Brauchitsch, der im Training verunfallte, wobei sich sein Mercedes Benz überschlug und auf einer Wiese neben einigen Bäumen zum Stehen kam. Zwar zog sich Von Brauchitsch nur kleinere Verletzungen zu, dennoch rieten ihm die Ärzte von einem Rennstart ab. Aber Von Brauchitsch startete trotzdem, schied aber aufgrund technischer Probleme aus.


Beiträge: 0
Johnny Herbert war 1989 als er seine ersten F1 Rennen bestritt aussehalb des Cockpits mit Krücken unterwegs, weil er noch nicht ganz Fit war nach seinem Horrorunfall 1988 in Brands Hatch. Einen nicht mehr so stabilen Fuss hat er ja bis heute noch.


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Gibts dazu vielleicht auch ein Bild von Herbert mit Krücke?


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Noch einer:

Frankreich GP 1939: Am Start übernahm Tazio Nuvolari im Auto Union die Führung, doch direkt dahinter fuhr Hermann Lang im Mercedes Benz und setzte den Italiener unter Druck. Das Duell war knochenhart, letztlich setzte sich Lang durch. Doch Nuvolari blieb ihm auf der Schliche, bis sein Getriebe die Tortur nicht mehr mitmachte. Es schien ein einsames Rennen für Lang zu sein, doch nach den Boxenstopps ging sein Motor hoch. Herrmann P. Müller profitierte und gewann das Rennen vor seinem Auto-Union-Teamkollegen Georg Meier. Meier hatte beim Boxenstopp eine Schrecksekunde, als sein Auto in Feuer aufging, nachdem die Mechaniker Benzin verschütteten. Meier fuhr weiter, obschon sein Arm total verbrannt war. Den verbrannten Arm hielt Meier in den Fahrtwind, mit dem anderen steuerte er seinen Auto Union auf den zweiten Platz, vor Talbot-Pilot René Le Bègue.


Beiträge: 3812
OT: Hey, danke! Lese gerne diese Anekdoten.
Will nur zum Ausdruck bringen, das auch ich hier stets ins Yesterday schaue. Nicht das ihr denkt, ach, der blöde Kowoop macht seine DTM-Ecke oder treibt sich nur in der Fun-Ecke rum und bastelt seine verfluchte "Welt"... :D


Beiträge: 45812
Na dann bastel dir doch aus diesen Anekdoten mal deine Welt... :wink:


Beiträge: 38
Caracciola ließ sich nach seinem schweren Unfall in Monaco 1933 bei den ersten Rennen nach der "Genesung" ins Cockpit heben und muß fürchterliche Schmerzen gehabt haben.
So erzählt Alfred Neubauer in seinen Memoiren.

"Der rechte Oberschenkelhalsknochen war zertrümmert und sein Bein blieb fünf Zentimeter kürzer."
Quelle


Beiträge: 14
Caracciola war der Schmerzensmann schlechthin.
Hat 1927 auf dem Nürburgring im Mercedes 680 S gewonnen, trotz ausgekugeltem Arm.
Im Monaco Chrash, zertrümmerte er sich nicht nur die Hüfte, sondern blieb Zeit seines Lebens ohne Verbindung zwischen Hüfte und Oberschenkel, da das Gelenk nicht mehr vorhanden war. Gab nur noch muskulären Zusammenhalt.
1934 kam seine Frau bei einem Lawinenungläck ums Leben und dann wird er 3 mal Europameister


Beiträge: 45812
Herzlich willkommen erstmal bei Yesterday! Toll nun schon das zweite fachkundige Mitglied innerhalb weniger Wochen gewonnen zu haben!


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