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EXOTEN

Das Formel 1 Forum früherer Tage...

Beitrag Sonntag, 16. Dezember 2001

Beiträge: 37
Wer kennt sie nicht, die ausgefallenen Ideen der letzten 30 Jahre. Wer meint, daß mit dem Wechsel des Motors von vorn nach hinten der Meilenstein bzw. der Stein der Weisen gefunden sei, der irrt; denn da gab es doch die Flügel, die Hummernase ( BT 34 ), das Tablett ( march 711 ), den 4-Rad-antrieb ( Matra MS 80 als einziger mit WM-Punkten ), die Turbine ( Lotus 56 B ), die 6-Rädler ( Williams u. Tyrrell ), den Staubsauger ( BT 46) sowie diverse andere Exoten, die sich alle durch eins auszeichneten, nämlich dem fehlenden Durchbruch an die Spitze.

Daneben gab es aber auch kleine und kleinste Schrauber, die in Garagen oder Wohnanhängerhallen gebaut wurden, mit viel Optimismus, wenig Geld aber immer mit dem Mut, das Ergebnis auf die Piste zu bringen. Zu jenen Zeiten hatte man nämlich noch die Möglichkeit, nach einer "technischen" Abnahme an der Rennstrecke am Training teilzunehmen. Heute braucht man Millionen von € Eintrittsgeld und das Wohlwollen von Bürokraten, die nur noch Einschaltquoten und ihr eigenes Ego im Sinn haben. Den Sport jedenfalls nicht.
Damals jedoch gab es sie noch, die Erfinder, Konstrukteure und Fahrer von FI-Rennern wie Apollon, Amon, Bellasi, de Thomaso, Khausen, Kojima, Modena-Lambo, LEC, Life, Lyncar, Maki, Martini, McGuire, Merzario ( genau der, ohne den Niki Lauda damals am 'ring gegrillt worden wäre), Rebaque, Token, Trojan, usw. Deren Geschichte müßte endlich auch einmal geschrieben werden. Denn in der letzten Reihe der Startaufstellung stehen oft die, die mit dem Herzen bei der sache sind und nicht mit dem gefüllten Sponsorentopf.

In diesem Sinn

"start your engines"

colin[br]----------------[br]

Beitrag Montag, 17. Dezember 2001

Beiträge: 1477
Ich glaube, ich habe diesen Link bereits vor einiger Zeit schon einmal gepostet, aber ich möchte Colins Beitrag nutzen, die URL noch einmal aufzugeben.
http://www.f1test.com/columns/f1conn1.html
Es handelt sich um die Geschichte des Connew-F1-Teams, welches 1972 kurzzeitig auf der Bühne erschien. Geschrieben hat das Ganze Barry Boor, der damals selber dabei war. Ist in englisch, aber ich gehe davon aus, dass das für die meisten kein Problem darstellt. Ich habe schon lange vor, Barry zu fragen, mir das Copyright für eine deutsche Übersetzung zu geben, aber aus Zeitgründen werde ich das wohl fürs Rentenalter zurückstellen müssen. Trotzdem, lesen lohnt sich, Barrys trockener Humor ist einmalig, und die Jüngeren unter uns, die diese Zeit nicht selbst miterlebt haben, werden nicht glauben können, dass es so etwas wirklich gegeben hat.

Beitrag Dienstag, 18. Dezember 2001

Beiträge: 1477
Kann es mir doch nicht verkneifen, einige Worte zu den von Colin angesprochenen “Underdogs” zu schreiben. Die „Kleinen“ von heute, also Teams wie Minardi, Arrrows und Prost, möchte ich ausklammern, denn bei denen geht es genauso ums Geld wie bei den Grossen auch. Wenn Tom Walkinshaw heute einen Sponsor mit $ 20 Mio an Land zieht, so wird er davon nicht mehr als max. $ 18 Mio in Arrows investieren, und sehen, dass er 2 Mio in die eigene Tasche steckt. Das ist legitim, denn die Teams von heutzutage sind ganz normale Unternehmen, deren Hauptzweck darin besteht, Erträge zu erwirtschaften. Auch die Zeit vor dem Auftauchen der „rollenden Litfaßsäulen“ möchte ich hier aussen vor lassen, damals zählten ganz andere Kriterien, die ich bereits an anderer Stelle versucht habe zu erläutern. Es geht eigentlich um die wilde Zeit der „Garagisten“, die vor allem die 70er Jahre nachhaltend beeinflusst haben.

Was führte zu dieser Situation? Nun, zum einen die Ende der 60er Jahre aufkommende Methode, Motorsport durch Werbe-Sponsoren finanzieren zu lassen, und zum anderen der Ford-Cosworth-DFV-Motor. Die F1-Renner dieser Zeit waren technisch recht einfach gestrickt, und bei weitem nicht vergleichbar mit den heutigen High-Tech-Autos. Die wesentlichen Bestandteile wie Motor, Getriebe, Räder, Lenkung, Stossdämpfer, Kühler, Tanks, usw. konnten von der Stange gekauft werden (was auch die grossen Teams machten), das Monocoque wurde aus Aluminiumblechen zusammengenietet, und das eigentliche Fahrwerk nach dem Standard-Lehrbuch für Automobilingenieure konstruiert. Die Karosserie bestand aus einfachem GFK-Fiberglas, und wurde mit Hilfe von primitiven Holzformen hergestellt. Wie einfach es damals war, einen F1 auf die Räder zu stellen, zeigt das Connew-Beispiel, keiner der Jungs war Ingenieur, und ausreichende Erfahrung hatte auch niemand. Die technischen Grundzüge eines F1 waren fest zementiert, weniger durch die Regeln, sondern durch die akzeptierten Realitäten. Spielraum blieb eigentlich nur bei der Karosserie, und die technischen Errungenschaften dieser Zeit kann man auch fast nur dort finden, es wurde alles ausprobiert, von den verrücktesten Spoilerkreationen über gewaltige Lufthutzen bis hin zu Wing Cars.

Das hatte zur Folge, dass ein F1-Rennwagen mit relativ geringem finanziellen Aufwand entstehen konnte. Hauptkostenfaktor war natürlich der Motor, aber mit $ 5000 - nach heutigem Geldwert ca. DM 80.000 - trotzdem ein Schnäppchen. Mit viel Eigenarbeit konnte man ein fertiges Auto für ca. $ 15.000 zusammenschrauben, also nach heutigem Geld ungefähr DM 240.000. Dafür bekommt man heutzutage so gerade mal einen Formel 3!

Und auch von der heutigen Glitzerwelt des F1-Circus war man meilenwelt entfernt. Die F1 war zwar auch in den 70ern etwas besonderes im Motorsport, aber auch nicht andeutungsweise vergleichbar mit heute. Selbst die Top-Teams beschränkten sich personell auf das notwendigste, Fahrer, Team-Manager, Sekretärin, ein Ingenieur pro Auto, und eben die unverzichtbare Crew der Schrauber. Pressesprecher und Koch waren da schon pure Extravaganz. Sicher, auch damals gab es unter den Spitzenfahrern schon Grossverdiener, die magische Zahl lag bei $ 3 Mio im Jahr, denn dafür gab es einen gebrauchten Lear Jet, aber dafür musste man schon Weltmeister sein.

Der harte Kern der Top-Teams Mitte der 70er Jahre war nicht allzu gross, Ferrari, Lotus, McLaren, Tyrrell, und Brabham - das war’s eigentlich schon. BRM träumte von vergangenen Zeiten, und der ganze Rest gehörte mehr oder weniger zu den „Emporkömmlingen“ der 70er. Manche Fahrer wie Brabham und McLaren hatten bereits in den 60er Jahren ihr eigenes Team gegründet, andere wie Surtees, Hill, Amon, Fittipaldi, Merzario, Kauhsen, und Rebaque folgten nun deren Beispiel. Matra, Lola, March und Williams waren zwar recht professionell, aber es fehlte das Geld für wirklich gute Autos oder Spitzenfahrer. Und dann die endlose Liste der Kleinen und Kleinsten - Bellasi, Connew, Eifelland, Tecno, Ensign, Shadow, Hesketh, Lyncar, Maki, Parnelli, Penske, Token, Trojan, Kojima, Ligier, LEC, Wolf, ATS, Martini, und Theodore. Überlebt haben nur wenige, Ferrari natürlich, McLaren und Williams, und - unter neuem Namen - Ligier (Prost).

Was führte zu dieser Flut von teilweise skurrilen Konstruktionen? Nun, wie schon gesagt, zum einen war es relativ einfach und preisgünstig einen eigenen Wagen auf die Räder zu stellen, und zum anderen waren es die Sponsormillionen, die scheinbar auf der Strasse lagen, und zu einer Art Goldgräberstimmung führten. Manche Konstrukteure und Fahrer wollten ganz einfach ein grösseres Stück vom Kuchen abhaben, und glaubten deshalb, mit eigenen Konstruktionen Sponsormillionen scheffeln zu können. Auf der anderen Seite gab es Firmen, die unbedingt ihr Geld loswerden wollten, wie Eifelland (Wohnwagen), LEC (Kühlschränke), und Kojima (Bananenimporteur), oder gelangweilte Millionäre mit Geltungsbedürfnis wie Walter Wolf, Teddy Yip, und Lord Hesketh.

Nicht vergessen wollen wir aber auch die endlose Zahl der Privatteams, die nicht mit eigenen Konstruktionen, sondern mit - meist älteren - Autos anderer Konstrukteure an den Start gingen. Alles in allem ein buntgemischtes Völkchen aus Profis und Amateuren, knallharten Geschäftsleuten und Idealisten, Millionären und Habenichtsen, begnadeten Konstrukteuren und smarten Werbemanagern - eben die Formel 1 der 70er Jahre.

Beitrag Donnerstag, 20. Dezember 2001

Beiträge: 8
Michaels zweite Anmerkung spricht mir - und wahrscheinlich den Liebhabern der FI der 70-er auch - aus ganzem Herzen. Es war eine verrückte Welt der Habenichtse, Träumer, Selbstverwirklicher, Egomanen, Machos und Geschäftsleute. Alle zusammen haben die bunte Truppe umfaßt, die man damals Formel I nannte. Alles wurde da ausgelebt, was in den prüden 60-ern nicht offen ausgesprochen bzw. zugegeben werden konnte. Nur ein Beispiel sei erlaubt: Über Jim Clark und seine "Beziehungen" sprach man nicht, jeder wußte es, wo er in Paris lebte, aber keiner machte eine "story" daraus.

Im Grunde waren die 70-er die Konsolidierungsphase in ökonomischer und gesellschaftlicher Hinsicht zu einem "brand name", perfekt inszeniert von Herren wie Ecclestone und Konsorten.

Zwar bleibt der Sport indes Wortes wahrster Bedeutung dabei auf der Strecke, aber nur in diesen Dimensionen kann man eine Sportart zu Wletgeltung bringen. Deshalb verfolge ich diese Entwicklung mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Was mir und allen anderen bleibt, ist die Erinnerung an die "wilden" und "freien" Zeiten der 60-er und 70-er, als die Bandbreite z.B. der Trainingszeiten noch unreglementiert war und nicht von 1xx %-Bandbreiten festgelegt war. Damals genügte ein Gespräch des technischen Kommissars - am 'Ring selbst erlebt - mit dem Bewerber, um ein Team zum selbstgewählten Rückzug aus technischen Gründen zu bewegen.

Good old days of FI-Racing


gummikuh

Beitrag Sonntag, 27. Februar 2011

Beiträge: 45834
Ich denke das hier wäre der ideale Thread für den im Quizthread vorgeschlagenen Themas der skurrilsten und exotischsten Konstruktionen, wie dem ReAlpha RE1 Alfa...

Beitrag Samstag, 19. März 2011

Beiträge: 52
Hallo,

hier hätte ich einen Exoten, es ist der Maki F101C gefahren von
Tony Trimmer am Nürburgring 1975. Das Modell ist im Maßstab 1/20
von Wolf Kits.

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Hatte das Glück 1975 das Auto live am N-Ring zu sehen.

John-w

Beitrag Samstag, 19. März 2011
AWE AWE

Beiträge: 13287
hmmmmmmmmm wie immer absolut geil

Das orginal kannst du übrigens auch heute noch live sehen .
Der Maki FC 101 C /002 der in Detuschland 1975 am Start war ,gehört Joop Rauwers und wird in der historischen F1 gefahren -

Beitrag Sonntag, 15. Mai 2011

Beiträge: 45834
Carlo Felice Trossi soll 1935 mit Augusto Monaco einen GP-Wagen entwickelt haben, den Trossi-Monaco. Das muss auch ein recht exotischer Wagen gewesen sein. Kann sich jemand dazu etwas ausführlich äußern?


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