Den ersten GP-Sieg gab es 1908 als Christian Lautenschlager den Frankreich GP gewann. Genau wie Nico Rosberg heute fuhr Lautenschlager damals in Dieppe an der nordfranzösischen Küste einen Mercedes-Boliden. Aber damit hören die Gemeinsamkeiten schon auf. Die Automobiltechnik steckte 1908 noch in den Kinderschuhen und das wurde auch beim Frankreich GP mehr als deutlich.
Bei nur vier Herstellern darf man sich 2015 durchaus über einen gewissen Motorenmangel erzürnen, 1908 war das noch ganz anders: Nicht weniger als 17 verschiedene Hersteller gingen an den Start, denn damals waren Erfolge bei Rennveranstaltungen für die wie Pilze aus dem Boden sprießenden Automobilhersteller überlebensnotwenig. Siegen am Sonntag, Verkaufen am Montag – nie mehr traf der Spruch so treffend zu wie zu dieser Pionierzeit. Denn damals kleideten sich die Menschen erst nach und nach mit Fahrzeugen ein. Leisten konnten sich ohnehin nur wohlhabende Menschen solche Autos, daher stand die Leistung im direkten Vergleich natürlich hoch im Kurs. Heute geht es eher um Komfort, Kosten und Kraftstoffverbrauch. Wer den vergangenen Grand Prix gewonnen hat, spielt beim Kauf von Fahrzeugen eher eine zweitrangige Rolle.
17 Hersteller am Start!
Die 17 Hersteller damals waren: Austin, Benz, Brasier, Clément-Bayard, Fiat, Germain, Itala, Lorraine-Dietrich, Mercedes, Mors, Motobloc, Opel, Panhard-Lavassor, Porthos, Renault, Thomas und Weigel. Thomas war damals der einzige Hersteller aus Amerika, denn die französischen Veranstalter hatten die GP-Formel verändert und diese unterschied sich nun von den Regelungen bei amerikanischen Rennen. Vorgegeben war nun kein Benzin-Verbrauchslimit mehr, sondern ein Mindestgewicht von 1100 Kilogramm, sowie eine nach Zylinderanzahl spezifische Maximalbohrung der Zylinderköpfe.
Der siegreiche Mercedes-GP-Bolide war ein Vierzylinder, mit einer maximalen Bohrung von 155 Millimeter. Das Triebwerk wurde von Wilhelm Maybach entwickelt, der später eine eigene Automobilmarke gründete. Der Hubraum betrug stolze 12,8 Liter und drehte in der Spitze 1400 Umdrehungen pro Minute. Damit konnten 135 PS gewonnen werden, der Bolide brachte es in der Spitze auf über 160 Stundenkilometer. Bei seinem Sieg war Christian Lautenschlager im Schnitt 111,117 km/h schnell, aber sein deutscher Teamkollege Otto Salzer fuhr bei seiner Schnellsten Rennrunde im Schnitt sogar 126 km/h. Rosberg war bei seinem Sieg in Melbourne im Durchschnitt 195,059 km/h flott.
Nicht nur die Rennwagen waren damals aber noch nicht auf dem Stand von heute, sondern zum Beispiel auch die Strecke. Die Straßen waren ja ursprünglich für Pferdefuhrwerke geschaffen worden, nun rasten aber die Rennmonster über Schotter und Steine. Die Schlaglöcher machten den Reifen immer wieder Probleme, Lautenschlager brauchte für die 769,889 Kilometer lange Renndistanz nicht weniger als 22 Reifen. Es gab ja auch keine richtigen Rennreifen, die Holzspeichenräder damals waren noch immer sehr dünn und für die Kraftentfaltung der GP-Boliden zu schwach.
Start um sechs Uhr morgens!
Hinzu kam, dass Reifenwechsel damals ausschließlich vom Fahrer und vom Beifahrer betätigt werden durften und daher auch seine Zeit brauchten. Beide Fahrer mussten zusammen mindestens 120 Kilogramm auf die Waage bringen – heute würden sich viele F1-Fahrer ein solches Mindestgewicht für Piloten wünschen. Gerade wegen den neuen schweren Turbomotoren hungern sich viele Fahrer ab. Wer weniger Gewicht hat, der ist im Vorteil, weil die Teams dann verstärkt mit Ballastgewichten für eine bessere Balance arbeiten können.
Das Rennen wurde damals bereits um sechs Uhr morgens gestartet – damit auch die langsamsten zumindest die Chance hatten, noch bei Tageslicht das Ziel zu erreichen. Zehn Runden mussten absolviert werden. Losgefahren sind die Fahrer übrigens nacheinander, gemeinsam und stehend gestartet wurde erst Jahre später, die erste Startaufstellung, die nicht nach Los, sondern nach Trainingszeiten entschieden wurde, gab es beim Monaco GP 1934.
Trotz des frühen Rennstarts sollen bis zu 300.000 Zuschauer dem Spektakel beigewohnt haben. Leider mussten sie auch miterleben, wie es zum ersten tödlichen Unfall im GP-Sport kam. Henri Cissac, ein früherer französischer Motorradmeister, verlor ein Rad, worauf sein Panhard-Lavassor ins Schlingern kam und sich überschlug. Dabei fanden er und sein Beifahrer Jules Schaube den Tod. Im Training verunglückte bereits Renault-Fahrer Ernest Hall-Watt tödlich.
Am Ende gewann Christian Lautenschlager nach sechs Stunden und 55 Minuten rund neun Minuten vor Victor Hémery, der einen Benz fuhr. Mercedes und Benz fusionierten erst 1926, davor waren sie Konkurrenten in Deutschland. Nach der Fusion dominierte Mercedes Benz und Konkurrent Auto Union den GP-Sport in den 30er Jahren. Viele deutsche Fahrer wie Rudolf Caracciola und Bernd Rosemeyer kamen so zu zahlreichen GP-Siegen.