torino hat geschrieben:
Hat dieser Motor
unten im Bild mit dem obigen etwas zu tun?
Außer dem Prinzip V12 und dem daran beteiligten Konstrukteur Harry Weslake eigentlich nicht.
Ich gehe das ganze mal rückwärts an, weil der Ford V12 eigentlich gar nicht zu 'unserer' F1-Geschichte gehört - ich sage absichtlich eigentlich, weil er nie ein Rennen fuhr. Tatsächlich waren seinem Ambition aber mit Sicherheit auf die Formel 1 ausgerichtet - und es gab auch Tests. Aber der Reihe nach.
Der von Ford, dem britischen GKN-Konzern und Harry Weslake entwickelte Zwölfzylinder (mit der Typenbezeichnung 190), nicht als Ersatz für den Cosworth DFV V8, sondern für Sportwageneinsätze geplant. Kurz zur technischen Seite:
Hubraum und Hauptabmessungen (31,75 x 56,5 mm) ließen Spielraum für beträchtliche Vermehrung. Vier ohc mit Zahnradantrieb über 48 Tassenstößeln und steil zueinander hängenden Ventilen. Die Kurbelwelle ist siebenfach im Leichtmetallblock gelagert, der dünnwandige trockene Zylinderlaufbüchsen trägt. Das Steuerrädergehäuse und sämtliche Deckel bestehen aus Magnesiumguß. Die Wasserpumpe ist unten rechts zu erkennen, daneben die beiderseits angeflanschten Öl- und Kraftstoffpumpen. Die Einlaßnockenwellen treiben den Verteiler der Transistorzündung und die Dosierpumpe der Lucas-Einspritzung. Ausgangsleistung (angeblich) 455 PS bei 10500 U/min, Motorgewicht (mit Schwungrad und Anlasser) knapp 177 kg (1972/73). Einen ähnlichen Motor hatte Weslake, wie im Text erwähnt, schon 1966 für das AAR-Team gebaut.
Es gab viele Gerüchte, wer den nun diesen Motor fahren sollte (das damals noch ziemlich marode Williams-Team wurde immer wieder genannt), getestet wurde er aber (wahrscheinlich - genaue Unterlagen finde ich leider nicht) nur vom John Wyer-Team in einem Gulf-Mirage (für den Sportwagensektor) und dann von Graham Hill Ende 1972 in einem speziell 'umgestrickten' Brabham, dem BT39, einer Weiterentwicklung eines Formel 2-BT38 (obwohl es aussah wie eine Kreuzung aus BT34 und BT37). Die breiten Seitenteile waren nötig, weil der V12 sich als sehr durstig entpuppte; sie enthielten Zusatztanks. Hier ein Bild:
Da das Auto (und speziell der Motor) im Test in Silverstone (kurz vor dem Monza-GP) aber einen schwächlichen Eindruck hinterließ, legte Teamchef Bernie Ecclestone das ganze gleich wieder zu den Akten. Danach ist der Motor nie mehr ernstlich irgendwo aufgetaucht.
Der Weslake V12 von 1966 wurde bekannt durch seinen Einsatz in Dan Gurneys AAR-Team. Die beiden ehemaligen Le Mans-Sieger Dan Gurney und Carroll Shelby (uch bekannt als Schöpfer des legendären Ford Cobra, aber Shelby steigt sehr schnell wieder aus dem Projekt aus) gründeten 1965 ein Team namens All American Racers, mit dem sie zunächst ausschließlich die 500 Meilen von Indianapolis ins Visier nahmen. Doch Gurney bis 1965 für Brabham auch in der Formel 1 aktiv, strebte mit dem Beginn der Dreiliter-Formel auch in die Grand Prix-Szene. Viele Experten für sein Projekt kamen zwar aus England (aber was soll's), das Gesamtprojekt lief unter amerikanischer Flagge. Harry Weslake hatte die Aufgabe übernommen, einen geeigneten Motor entsprechend den neuen Bestimmungen zu entwickeln, den der ehemalige BRM-Mann Aubrey Woods konzipiert hatte.
Wie immer erst mal etwas Technik: Es war eine elegante Konstruktion, gleich mit Vierventilzylinderkopf und günstiger Brennraumform, was sich auch an der hohen Verdichtung von 12:1 zeigte. Es war der erste richtige Vierventilmotor für die neue Dreiliter-Formel. Der Motor hatte für einen hochdrehenden Rennmotor recht viel Hub, so daß die Kolbengeschwindigkeit mit 21,1 m/s einen für damalige Begriffe sensationellen Wert erreichte. Die Ursache dafür lag in dem kleinen Zylinderabstand (Abstand von Zylindermitte zu Zylindermitte), den man gewählt hatte, um den Motor trotz der zwölf Zylinder nicht allzu lang werden zu lassen. Der Zylinderabstand bestimmt letztendlich den maximalen Zylinderdurchmesser, weil die Wandstärken, die man zwischen den Zylindern zur einwandfreien Abdichtung braucht, immer gleich sind. Mit der Bohrung 72,8 mm und dem Hub 60,3 mm war und blieb der Weslake-Motor das Triebwerk mit der kleinsten Bohrung und dem längsten Hub. Zum Vergleich hatte der Ferrari Zwölfzylinder 80 mm Bohrung und nur 49,6 mm Hub. Entsprechend niedriger lag hier bei gleicher Drehzahl die Kolbengeschwindigkeit. Positiv drückten sich die gewählten Hauptabmessungen in der Länge und in der Breite aus. So war der Weslake-Motor mit 67,4 cm zwar immer noch um 12,4 cm länger als der Cosworth, aber unter den Zwölfzylindern war er mit Abstand der kürzeste und kompakteste. Mit einer Breite von 48,3 cm war er um nicht weniger als 20 cm schmäler als sein berühmter V8-Konkurrent. Hier wirkte sich der V-Winkel von 60 Grad zusammen mit den schmalen Zylinderköpfen vorteilhaft aus. Freilich nahm die kunstvoll geschlungene und hochgezogene Auspuffanlage zusätzliche Breite in Anspruch.
Der Motor hatte 1966 große Anlaufprobleme und kam erst 1967 richtig zum Einsatz. In dieser Saison erreichte er einen Grand Prix-Sieg, der aber auch der letzte sein sollte. Nachdem Konstrukteur Harry Weslake das Team verlassen hatte, wurde der Motor ohne sonstige Änderung in Eagle Mk.1A umgetauft. 1968 konnte er kein einziges Rennen mehr durchstehen und nahm im darauffolgenden Jahr nicht mehr an der Formel 1 teil.
Ein wunderschönes Auto & ein wunderschönes Triebwerk war das aber allemal - wahrscheinlich eines der schönsten überhaupt! Und für mich als glühenden Dan Gurney-Verehrer sowieso...