Die ersten Kompressoren im Motorenbau wurden von Daimler im 1. Weltkrieg bei Flugmotoren verwendet. Es handelte sich hierbei um sogenannte Roots- oder auch Flügel-Kompressoren:
Dieses Prinzip kann aber nur funktionieren, wenn die Flügel schneckenförmig angeordnet sind:
Der Kompressor wurde von der Kurbelwelle angetrieben und verdichtet die Ansaugluft, damit wurde erreicht, dass die Flugmotoren selbst in grosser Höhe noch ausreichend Verbrennungsluft bekommen.
Es dauerte nicht lange, bis man dieses Prinzip auch für Fahrzeugmotoren verwendete. Die erreichten Leistungssteigerungen lagen aber nur bei 20-30 %, u.a. auch weil der Antrieb des Kompressors wiederum Leistung kostet. Es gab Druck- und Saugversionen, bei der ersten saugte der Kompressor Frischluft und drückte diese in den Vergaser, bei der zweiten saugte der Kompressor Gemisch vom Vergaser an und drückte es in die Zylinder. Beide Versionen hatten Vor- und Nachteile.
Die Rennformeln der 20er Jahre machten keinen Unterschied zwischen Saug- und Kompressormotoren, somit war es nur logisch, dass fast alle Rennwagen nach und nach die Kompressortechnik nutzten. Erst mit der 3-Liter-Formel von 1938/39 wurde eine Differenzierung gemacht, nichtaufgeladene Motoren durften 50 % mehr Hubraum haben, also 4.5 Liter.
Diese 50 % entsprachen allerdings nicht mehr der Realität, die Leistungssteigerung der Kompressoren lag bereits viel höher, vor allem beim Kompressorspezialisten Mercedes-Benz. Dieses wurde u.a. durch sehr hochoktanige Kraftstoffe erreicht, die sehr hohe Verdichtungen erlaubten.
Die neue Rennformel für 1941 trug der rasanten technischen Entwicklung Rechnung, während die Saugmotoren weiterhin 4.5 Liter haben durften wurden die aufgeladen Motoren auf 1.5 Liter limitiert. Durch den Krieg kam diese Regelung allerdings erst ab 1946 zum Tragen. Ein typischer Sauger dieser Periode war der Talbot-Lago T26 mit ca. 260 PS aus 4.5 Litern, also 58 PS/Liter. Der stärkste Gegner bei den Kompressorautos war die Alfetta 158 mit ca. 240 PS, also 160 PS/Liter. Das 1:3-Verhältnis war also einigermassen realistisch. Allerdings war es wesentlich einfacher, den Kompressormotor weiter zu entwickeln, man musste nur immer grössere Lader nehmen, und der Typ 159 hatte sogar einen Doppelkompressor. Parallel dazu musste natürlich auch der komplette Motor immer wieder angepasst werden, und auch der Treibstoff wurde immer klopffester. 1951 hatte die finale Version der Alfetta ca. 425 PS, während die T26 gerade mal auf 280 PS kamen, das Verhältnis hatte sich also auf 1:4,5 verschoben.
Eine noch höhere Leistung als die Alfetta hatte der BRM P15, es wird von bis zu 600 PS geredet. Im Gegensatz zum Alfa hatte der BRM allerdings einen Zentrifugalkompressor, der eine andere Arbeitsweise als der Flügelkompressor hat.
Der Zentrifugallader konnte höhere Drücke erzeugen, allerdings auch nur bei hohen Drehzahlen, während der Roots-Kompressor seine Leistung kontinuierlich über das ganze Drehzahlband entwickelte. Zentrifugalkompressoren wurden bereits in den 20er Jahren bei den Indianapolis-Rennwagen, wie. z.B. Miller, eingesetzt, logisch, denn bei den Ovalrennen wurde fast immer nur mit hoher Drehzahl gefahren. Für europäische Rennstrecken war ein Zentrifugalkompressor allerdings weniger geeignet.
Wer übrigens wissen will, wie sich ein BRM V16 anhört, der kann sich hier einen MP3 File downloaden:
http://www.home.zonnet.nl/patver/brmV16.mp3
Allerdings war der Talbot-Motor nicht gerade auf der Höhe der Zeit, da sollte man besser in Richtung Ferrari schauen. Deren 2-Liter-F2-Motor leistete ca. 170 PS, hochgerechnet auf 4.5 Liter ergab das theoretische 380 PS. Der eigene Kompressormotor kam nur auf ca. 320 PS, also gab man diese Technik auf und konzentrierte sich auf Saugmotoren, die 380 PS wurden auch tatsächlich erreicht. Die fehlenden PS zu den Alfas wurden durch den höheren Spritverbrauch der Alfetta ausgeglichen, denn mehr Verbrauch heisst entweder grössere Tanks und damit mehr Gewicht, oder mehr Tankstops.
Man kann also mit Stand 1951 von einem realistischen Verhältnis Sauger zu Kompressormotoren von ca. 3,35 ausgehen.
Für die F2 (und damit auch die Periode 1952/53) wurde bereits 1948 ein Verhältnis 1:4 festgelegt, ernsthaft hat niemand versucht einen 500 ccm Kompressormotor für die F2 zu bauen.
Die F1 ab 1954 erlaubte 2,5 Liter Saugmotoren und 750-ccm-Kompressormotoren, also ein Verhältnis von 1:3,33, was dem technischen Stand von 1951 entsprach. Allerdings ist die Entwicklung nicht stehen geblieben, während die Literleistung von Saugmotoren 1951 noch bei ca. 85 PS lag stieg sie bis 1954 auf ca. 110 (Mercedes). Daimler-Benz stellte Berechnungen an, nach denen man mit einem 750-ccm-Kompressormotor tatsächlich 280 PS erreicht hätte, aber ein solcher Motor hätte kaum Drehmoment gehabt, und wäre unfahrbar gewesen. Deshalb blieb die 2.5-Liter-Formel bis 1960 ohne ernstzunehmende Kompressorkonstruktionen.
1961 begann die 1.5-Liter-Formel, eine aufgeladene Alternative gab es nicht mehr. Die Literleistungen hatten mittlerweile auch bereits einen Wert von ca. 125 erreicht. Erst die 3-Liter-Formel ab 1966 beinhaltete wieder eine Aufladungsalternative, der Faktor lag bei 1:2, also 1.5 Liter für Kompressormotoren. Warum dieser Rückgang von 3,33 auf 2,0? Je ausgereitzter die Saugmotoren waren, desto schwieriger war eine Erhöhung der Leistung durch Aufladung. Aber was noch wichtiger war, Kompressormotoren bringen ihre volle Leistung nur mit hochoktanigem Treibstoff wie z.B. Methanol, und das war nicht mehr zugelassen. Selbst der Faktor 2,0 war mit der aktuellen Technik und dem zugelassenen Kraftstoff nicht zu erreichen, aus diesem Grund gab es nur noch Saugmotoren.
Das änderte sich, als Renault die Lücke im Reglement erkannte und 1977 die ersten Turbomotoren einsetzte. Warum Lücke? Nun, die 1:2-Formel basierte auf Kompressormotoren, geschrieben stand im Reglement allerdings "Aufladung". Das Turboprinzip war Mitte der 60er Jahre bei Benzinmotoren noch unbekannt, also rechnete niemand mit dem Einsatz dieser Technik. Erst Anfang der 70er Jahre gibt es bei BMW und Porsche erste Schritte in diese Richtung, wobei die Ergebnisse aber noch bei einem Leistungszuwachs von nur ca. 40 % lagen, also weit weg von den benötigten 100 %.
Das Turboprinzip wurde weiter oben ja bereits beschrieben, im Prinzip handelt es sich um einen Zentrifugalkompressor, der allerdings nicht vom Motor selber angetrieben wird, sondern von den Abgasen. Dem Motor wird also keine Leistung für den Antrieb entzogen. Hinzu kommt, dass eine Turboaufladung über den Ladedruck geregelt werden kann, und zwar bis hin zu Drücken die zum Kollaps führen. Der starre Antrieb der Kompressoren hatte diese Flexibilität nicht. Vor allem die Möglichkeit der kurzfristigen Leistungserhöhung der Turbomotoren durch den Fahrer führte zu ihrem Siegeszug, im Qualifying hiess es "Pole Position oder Motorschaden", und wenn man einen Saugmotorwagen auf der Geraden überholen wollte, dann brauchte man nur mal kurz am "Dampfrad" zu drehen und hatte schlagartig 100 oder 200 PS mehr. Vor allem aber führten neue Erkenntniss beim Kraftstoff zu den gigantischen PS-Zahlen der Turbomotoren.