Ich habe zunächst Mal einige Daten zum Copersucar/Fittipaldi-Team zusammengetragen, gleichzeitig dient das auch schon für die Karriere von Emerson Fittipaldi von 1976 bis zu seinem Fahrerkarriereende. Quellen sind mein F1-Archiv, die Datenbank von motorsport-total, oldracingcars.com und wikipedia.
Bereits im Oktober 1973 startete Wilson Fittipaldi das Projekt Grand Prix Team. Dafür hatte er finanzielle Unterstützung aus Brasilien, in Form der Zuckermarke Copersucar. Als Designer verpflichtete er Richard Divila. Divila arbeitete schon zuvor mit den Fittipaldis zusammen und baute für die unter anderen Formel-Vee Renner in Brasilien. Nach seinem Job bei Copersucar in der Formel-1 ging er zu PMC in die Formel-3 und Formel-3000. Zuvor war er noch in Amerika in der südamerikanischen Formel-2 und in der ChampCar beschäftigt. Nach einem Jahr bei Eddie Jordan Racing 1986 in der Formel-3000 wechselte er zu FIRST Racing und baute den Formel-1 Rennwagen von FIRST. Das Team startete jedoch nie in der Formel-1. Von 1988 bis 1991 arbeitete er für Ligier in der F1, 1991 für Fondmetal. Nach 2 Jahren bei Minardi, ging er zurück in die Formel-3000. Später arbeitete er bei den Sportwagen und bei Rosberg, dem Team von Ex-F1-Champion Keke Rosberg. Das Fittipaldi-Team, meist als Fittipaldi Automotive benannt, war das bislang letzte brasilianische Formel-1 Team. Insgesamt gab es 3 Teams aus Brasilien, in Wirklichkeit jedoch nur 2, denn Chico Landi meldete sich bei einigen WM-Rennen auch als Entrant, war also praktisch Privatfahrer. Das 2. Team neben dem von Wilson Fittipaldi war Escuderia Bandeirantes. Das Team tauchte bei insgesamt 6 F1-WM Rennen auf, mit meist 2 Fahrern. Eingesetzt wurde ein Maserati-Renner. Gegründet wurde das Team von Eitel Cantoni aus Uruguay. Fittipaldi bleibt aber das einzige brasilianische Team, dass eigene F1-Renner baute. Mutig von Fittipaldi war, die Teamfabrik zunächst auch in Brasilien zu stationieren (in São Paulo).
Schnell erkannte man das Problem: Die meisten Rennen fanden auf an deren Kontinenten statt. Noch 1974 zog Fittipaldi Automotiv nach England um, nach Reading in Berkshire. Die Zutaten für ein Formel-1 Team waren vorhanden, denn Motoren von Ford Cosworth und Getriebe von Hewland konnte sich in den 70er Jahren praktisch jeder preiswert kaufen. Als Teammanager kam der Mexikaner Jo Ramirez an Bord, inzwischen eine GP-Legende. 1966 begann er in der Formel-1 im Eagle-Team von Dan Gurney. Nachdem das Team die Formel-1 verließ, arbeitete er für Eagle weiter in Amerika, also ChampCar, CanAm, TransAm. 1971 kehrte Ramirez nach Großbritannien zurück und wurde Chefmechaniker im Gulf Porsche Sportwagenteam von John Wyer. Von 1972-1975 arbeitete Ramirez beim Tyrrell-F1-Team, ehe er das Angebot bei Fittipaldi annahm. Nach den Stationen Shadow, ATS und Theodore wurde er 18 Jahre lang (bis 2001) Teammanager von McLaren. Divila hatte den ersten F1-Copersucar 1974 fertig, im Oktober 1974 gab es die Jungfernfahrt des Copersucar Ford. Benannt wurde er FD01, das FD setzt sich zusammen aus Fittipaldi und den Designer Divila. Die ersten Testrunden in Brasilien wurden sogar vom brasilianischen Präsident (1974-1979) Ernesto Geisel beobachtet. In der Saison 1975 ging es dann los für das Fittipaldi-Team. Wilson Fittipaldi fuhr zunächst selbst für das Team. Gleich beim ersten Rennen in Argentinien zerstörte Fittipaldi das Auto total. Beim Heimrennen in Brasilien musste der FD02 her, mit dem er solider 13. wurde.
Der weitere Saisonverlauf war durchwachsen: 2-mal konnte sich Fittipaldi nicht qualifizieren, beim Spanien GP schloss sich Fittipaldi jenen Fahrer an, die wegen dem schlechten Sicherheitszustand der Strecke auf den Rennstart verzichteten und streikten. Beim Österreich GP konnte Wilson Fittipaldi nicht starten, weil er sich bei einem Unfall im Training in der Hand 2 Knochenbrüche (Mittelhandknochen) und einen Schock zugezogen hatte. In der Rindt-Kurve brach ihm am linken Vorderrad ein Querlenker durch, der Wagen wurde in die Fangzäune geschleudert und fast restlos zerstört. Auch beim Grand Prix in Italien konnte er verletzungsbedingt noch nicht antreten. Er begab sich auf Fahrersuche. Schnell war ein Ersatz gefunden: Der Lokalmatador Arturo Merzario, der zu Saisonbeginn ein paar Rennen für Williams Ford bestritt. Für das Saisonfinale in den Vereinigten Staaten von Amerika war Fittipaldi wieder hergestellt und prompt fuhr er mit Rang 10 das bislang beste Ergebnis der Teamgeschichte ein. Doch der viel größere Triumph kam im Winter: Völlig überraschend kam Emerson Fittipaldi vom Topteam McLaren ins Team. Die F1-Welt konnte diesen Schritt nicht nachvollziehen, auch wenn Emerson im eigenen Team natürlich mehr Geld verdiente. Doch Emerson Fittipaldi hatte ehrgeizige Ziele: „Wir wollen mit dem Team in Zukunft Weltmeisterschaften gewinnen.“ Bald stellte sich heraus, dass diese Ankündigung nicht mehr als nur Wunschdenken war. Wilson Fittipaldi konnte sich mit der Verpflichtung des Bruders seinen Helm an den Nagel hängen und sich ganz auf den Job des Teamchefs konzentrieren.
Als Testfahrer nahm das Team auch die brasilianische Hoffnung Ingo Hoffman unter Vertrag. Er fungierte als Testfahrer, durfte aber auch insgesamt 4 Rennen in der Saison 1976 bestreiten. Hoffman wurde später übrigens 12-Mal brasilianischer Stockcarmeister! 1976 gab es für das Fittipaldi-Team erstmals Punkte. Beim USA West GP erreichte Emerson Fittipaldi den 6. Platz, was den ersten WM-Punkt des Teams bedeutete. In Monaco und Großbritannien wiederholte er dieses Kunststück. Hoffman erwies sich zunächst als keine große Hoffnung. Nur beim Heimrennen in Brasilien konnte er sich qualifizieren und wurde im Rennen auch 11. Damit war er vor Fittipaldi platziert, der jedoch im Rennen einige Probleme hatte. Startplatz 5 zeigte das wahre Potenzial von Fittipaldi. Die restlichen 3 Rennen schaffte es Hoffman nicht mal in die Startaufstellung. 1977 ging es noch etwas mehr aufwärts. Die ersten beiden Rennen setzte man auch einen Copersucar Ford für Hoffman ein, danach war dessen F1-Karriere aber beendet. In beiden Rennen holte Emerson Fittipaldi jeweils einen 4. Platz, beim Holland GP wurde er ebenfalls 4. Copersucar wurde so 9. in der Konstrukteurswertung. 1978 war das beste Jahr für das Team. Beim Brasilien GP wurde Emerson Fittipaldi hinter Ferrari-Pilot Carlos Reutemann sogar starker 2. Es war die beste Platzierung des Teams in der Geschichte. Insgesamt wurde das Team WM-7. Der Absturz kam ein Jahr später: Viele Ausfälle, nur ein WM-Punkt (Emerson Fittipaldi mit Platz 6 beim Argentinien GP). Bei den letzten beiden Rennen gab man dem Brasilianer Alex Ribeiro noch eine Chance, aber beide Male konnte er sich nicht für das Rennen qualifizieren. Ribeiro fuhr bei 10 WM-Rennen für Hesketh Ford und March Ford.
Im Jahre 1980 begann ein neues Kapitel in der Geschichte des Teams. Copersucar trennte sich vom Team, die Leitung wurde von Emerson Fittipaldi übernommen – und das Wichtigste: Das Team kauft die Überreste des Wolf-Teams, samt Autos und dem Fahrer Keke Rosberg, der bereits 2 Jahre später mit Williams Ford Formel-1 Weltmeister wurde. Rosberg forderte Fittipaldi fahrerisch heraus, beide landeten jeweils einmal auf dem Podium, Rosberg als 3. beim Großen Preis von Argentinien, Fittipaldi beim USA-West GP. Fittipaldi hing am Ende der Saison den Helm an den berühmt berüchtigten Nagel, als Ersatz kam der Brasilianer Chico Serra, der später insgesamt 3-mal die brasilianische Stockcar-Meisterschaft gewinnen konnte und 1979 mit einem March Toyota von Project Four britischer Formel-3 Meister wurde. Daneben fuhr weiterhin Rosberg. Doch die Saison wurde zum Abhacken: Bestes Resultat war ein 7. Platz von Serra beim Saisonauftakt in USA-West. Meist konnte das Team bereits nach dem Qualifying wieder abreisen, weil man es nicht schaffte, sich zu qualifizieren. Das Gleiche setzte sich auch in der letzten F1-Saison 1982 fort, mit einem Höhepunkt: Rang 6 beim Belgien Grand Prix. Serra war der einzige Fahrer des Teams.
Formel-1 WM Statistik: Fittipaldi-Team
103 Rennen (Rang 24)
44 WM-Punkte (Rang 33)
32 Nichtqualifikationen (Rang 32)
5-mal knapp außerhalb der Punkteränge (Rang 33)
3 Podestplätze (Rang 33)
Durchschnittliche Startposition: 17,878 (Rang 237)
Durchschnittlicher Rückstand auf Pole Position: 4,602% (Rang 66)
Ausfallquote: 42,623% (Rang 51)
Fahrer mit meisten GP für Fittipaldi
1. Emerson Fittipaldi (1976-’80): 74 GP
2. Keke Rosberg (1980/’81): 20 GP
3. Chico Serra (1981/’82): 14 GP
4. Wilson Fittipaldi (1975): 11 GP
5. Ingo Hoffman (1976/’77): 3 GP
6. Arturo Merzario (1975): 1 GP
Fahrer mit den meisten Punkte für Fittipaldi
1. Emerson Fittipaldi: 37
2. Keke Rosberg: 6
3. Chico Serra: 1
Fittipaldi-Rennwagen außerhalb der F1-WM:
Die Fittipaldi-Rennwagen tauchten auch bei anderen Formel-1 Rennen auf, außerhalb der Weltmeisterschaft. 1975 fuhr bei der International Trophy Wilson Fittipaldi mit dem Fittipaldi Ford FD02, fiel jedoch aus. Stärker dagegen der Auftritt beim gleichen Rennen 1978 mit dem Fittipaldi Ford FD5A/2 und Emerson Fittipaldi: Hinter dem späteren Fittipaldi-Fahrer Keke Rosberg (Theodore Ford) erreichte Fittipaldi Platz 2. Der FD5A/2 landete übrigens 1979 in der Auroraserie, in den Händen von Bernard de Dryver, der für das Mopra Ultramar Racing Team fuhr. Er wurde Gesamt-4. in der Meisterschaft, mit zwei 2. Plätzen. Der Rennwagen wanderte weiter zu Val Musetti, der ihn sporadisch bei ein paar Rennen in der Auroraserie 1980 einsetzte. Bestes Resultat mit diesem Rennwagen war Rang 4 in Brands Hatch 1980, hinter den 3 besten Emilio de Villota (Williams Ford), Kevin Kogan (Wolf Ford) und Giacomo Agostini (Williams Ford). Danach tauchte der FD5A/2 noch bei 2 historischen Rennen 1984 in Großbritannien auf, gefahren von Graham Williams. Guy Edwards, 1979 Teamkollege von De Dryver in der Auroraserie fuhr mit dem Fittipaldi FA5/3. Er wurde Gesamt-5., mit einem 2. Platz im Oulton Park hinter Wolf Ford Fahrer David Kennedy. Edwards fuhr damit auch noch 1980 bei einem Rennen zur australischen Formel-5000 Serie, das er auch auf dem 2. Platz beendete. Nach tauchte der F5A/3 noch bei 4 Rennen der Auroraserie 1980 auf. Ein Rennen fuhr damit der Spanier Emilio de Villota (fuhr für das RAM-Team, nebenher auch einen Williams Ford), der auch Meister wurde, die restlichen 3 Rennen Musetti. Der Spanien GP 1980 zählte nicht zur Weltmeisterschaft. Keke Rosberg startete dort mit seinem Fittipaldi Ford F7/1, Emerson Fittipaldi mit dem F7/2. Der Fittipaldi Ford F8/2 landete in der britischen F1-Serie, mit Tony Trimmer, der dort Vizemeister wurde. Das Rennen in Oulton Park konnte der Brite sogar vor dem Shadow Ford Fahrer Warren Booth gewinnen. Tiff Needell steuerte den gleichen Renner auch noch 1983 beim British Open Race im Oulton Park, fiel jedoch aus. Der Fittipaldi Ford F8C/3 wurde von Rosberg 1981 auch beim Cesare Palace GP pilotiert. Der Finne wurde 10. Val Musetti fuhr von 1980 bis 1982 übrigens auch mit einem Fittipaldi Ford in der britischen Formel-Libre. 1981 wurde er damit auch Meister. 1984 fuhr Russell Spence ebenfalls mit einem Fittipaldi in dieser Serie, im Team von Graham Williams.