Aber wir sind hier natürlich schon wieder stark in der Gegenwart. Um mal wieder die Kurve zu kratzen und ins Yesterday zurückzukommen:
Gibt es keine Einigung oder kein Gerichtsentscheid, so werden 2011 zwei Lotus-Teams an den Start gehen – allerdings mit unterschiedlichen Besitzern. Das wird zu Irritationen führen, weil beide gleichzeitig auch noch mit Renault-Motoren fahren. Schon jetzt haben vor allem Journalisten Mühe bei Artikeln um Lotus (ja genau: Welches Lotus?) auch für jedermann nachvollziehbar auf den Punkt zu bringen, um welches Team es sich handelt. Zumindest bleibt den Zuschauern und Journalisten erspart, das beide auch noch mit der gleichen schwarz-goldenen Lackierung antreten, denn das Lotus-Team (ja genau: Welches Lotus?), also das von Tony Fernandes, soll bei der grünen Lackierung bleiben, die man auch schon 2010 verwendete.
Die zweite Frage: Wie führt man die Statistik? Gegründet wurde das Lotus-Team in den 50er Jahren von Colin Chapman. Bis 1994 blieb es am Start, danach ging es Pleite. Die Überreste des F1-Teams fusionierte mit dem Pacific-Team, das Ende 1995 verschwand, den Namen Team Lotus hat sich David Hunt gesichert und vor wenigen Monaten an Fernandes verkauft, die meisten GP-Boliden blieben im Besitz der Familie Chapman und Chapmans Sohn Clive Chapman gründete das Lotus Team Classic, das die Boliden bei historischen Rennen und Veranstaltungen an den Start bringt, und die Sportwagenmarke Lotus (Lotus Cars) wurde vom malaysischen Autohersteller Proton geschluckt. 2010 kehrte das Lotus-Team in die Formel-1 zurück, als Fernandes das Projekt von Litespeed vollendete und in die Formel-1 brachte. Unterstützung bekam er sowohl von Clive Chapman, als auch von Proton. Clive Chapman stimmte zu, dass der Rennstall von Lotus der Nachfolgerennstall des Teams seines Vaters sein wird, die Rennen 2010 wurden also auf die von 1994 aufaddiert. Tatsächlich hat das Team von heute mit dem damaligen nichts mehr gemeinsam. Schon eher das neue Lotus-Team der Lotus-Gruppe, dass sich jetzt das Renault-Team unter den Nagel gerissen hat. Bloß wie zählt man deren Statistik zum anderen Lotus-Team dazu, oder wie oder was?
Sollen die Meldungen weiter unter dem Renault-Werksteam weitergeführt werden? Auch hier gibt es ja bereits Ungereimtheiten, weil das Renault-Team seit 2002 nicht das Renault-Team aus den 70er ist. Damals wurde ein reinrassiges Renault-Team gegründet, 2002 kaufte sich Renault lediglich das Benetton-Team, das wiederum aus dem Toleman hervorging. Die Lotus-Gruppe besitzt also nun ein Team, das Ted Toleman in den 70er Jahren gegründet hat und zunächst in der Formel-2 an den Start gebracht hat. Später kämpfte das Toleman-Team unter anderem gegen das Lotus-Team in der F1-WM, sowohl auf der Strecke, als auch neben der Strecke. So gab es Mitte der 80er Jahre einen Streit um die Dienste des Ausnahmetalents Ayrton Senna. Der Brasilianer debütierte 1984 im Toleman Hart, doch trotz eines Zweijahresvertrags mit Toleman wechselte er 1985 zu Lotus. Jetzt ist Toleman Lotus, zumindest ein Lotus (welches Lotus geht hoffentlich aus dem Kontext hervor).
Zwei F1-Teams mit dem gleichen Namen – wer denkt, dass das in der Geschichte einmalig ist, der irrt: In der ewigen F1-Datenbank finden sich beispielsweise zwei ATS-Teams. Eines aus Italien, das einige unzufriedene Mechaniker auf die Beine gestellt haben, und eines aus Deutschland von einem Felgenhersteller. Verwirrungen gab es aber nur wenig: Die Italiener fuhren in den 60er Jahren Formel-1, die Deutschen in den 80er. Auch Lotus-Teams gab es schon mehrere, aber alle hatten den gleichen Besitzer und fuhren in verschiedenen Rennserien. Matra nannte in der F2-EM 1969 zwei Matra-Teams, Matra Sport und Matra International.
Heute gibt es zwei Red-Bull-Teams in der Formel-1, auch mit dem gleichen Besitzer. Um Irritationen zu vermeiden, heißt das eine Red Bull Racing und das andere italienisch Scuderia Toro Rosso. Die Lackierungen sind ähnlich gestaltet, aber doch etwas anders. Bei Red Bull funktioniert das alles aufgrund der kleinen, aber feinen Unterschiede. Bei Lotus wird das aber eine Farce werden.
Zwei Teams mit dem gleichen Namen, aber unterschiedlichen Besitzern, die auch noch zeitgleich unterwegs waren, gab es schon: Minardi. Nachdem das Minardi-Team Ende 2005 von Red Bull gekauft wurde und damit aus der Formel-1 verschwand, machte Minardi gleich doppelt weiter: Giancarlo Minardi, der das Team in den 70er Jahren gegründet hat, kaufte sich mit seinem Sohn Giovanni in das italienische GP-Racing-Team ein und fuhr als Minardi GP Racing in der europäischen Formel-3000, der heutigen Auto-GP-Serie. Zusammen fusionierte man 2007 mit dem GP2-Team Piquet und nannte sich für eine Saison Minardi Piquet Sports. Parallel dazu führte auch Paul Stoddart seine Rennambitionen unter dem Minardi-Banner fort. Der Australier kaufte sich 2001 das F1-Team von Minardi und nannte es auch weiter Minardi. 2007 kaufte er sich für eine Saison in das HVM-IndyCar-Team von Keith Wiggins und nannte es in Minardi um. Damit fuhren 2007 zwei verschiedene Minardi-Teams, allerdings eben in zwei verschiedenen Serien. Darum funktionierte das. Streitereien um die Namensrechte gab es nicht. Inzwischen gibt es gar kein Minardi-Team mehr, auch wenn Giovanni Minardi daran arbeitet, 2011 ein Minardi-Team in der Formel-Superleague an den Start zu bringen.