In den Jahren von 1971 bis 1990 fand der französische Grand Prix insgesammt 14 mal auf dem
Circuit Paul Ricard (FRA) statt. Viele Motorsport-Fans kennen den Kurs auch unter dem Namen
"Le Castellet". Der französische "Pastis" (Spirituosen) Hersteller Paul Ricard kaufte 1962 ein rund 1000 Hektar großes Land zwischen Toulon und Marseille, um darauf einen Privatflugplatz zu bauen. 1969 entschloss er sich direkt neben dem Flugplatz eine Rennstrecke bauen zu lassen. Dazu holte man die beiden F1-Piloten Jean-Pierre Beltoise und Henri Pescarolo ins Boot, damit sie bei der Planung und beim Aufbau des Kurses eine Beraterposition einehmen konnten.
In nur 10 Monaten wurde die Strecke geplant und fertiggestellt. Die 5,81 km lange Rennstrecke hatte zwei ganz besondere Passagen. Man hatte mit der "Mistral"-Geraden eine 1,6 Km lange Gerade gebaut. Solch lange Hochgeschwindigkeitsgeraden kannte man bisher nur aus Le Mans und Reims. Dieser Teil erhielt durch die "Signes"-Kurve ganz besondere Brisanz. Man konnte nämlich die hohe Geschwindigkeit aus der Mistral-Geraden mitnehmen und die Signes "voll" fahren. Damit hatte man eine der berühmtesten Mutkurven überhaupt geschaffen.
Am 19.April wurde der Kurs mit einem Sportwagenrennen feierlich eröffnet. Das erste F1-Rennen fand 1971 statt. Der Sieger hieß Jackie Stewart auf Tyrrell-Ford. Die Strecke galt und gilt auch heute noch als besonders sicher. Paul Ricard war eine der ersten Strecke, die auf weitläufige Auslaufzonen und die damals noch seltenen Curbs setzte. Allerdings gab es auch in Paul Ricard schlimme Unfälle. Trauriger Höhepunkt war der Unfalltod des Italieners Elio de Angelis im Mai 1986. Bei Testfahrten mit dem Brabham-BMW brach in der schnellen Kurvenkombination "Esses de la Verrerie" der Heckflügel des Brabham ab. Der Wagen hob ab und überschlug sich bei knapp 290 Km/h. Als der Wagen in die Leitplanken einschlug, fing er Feuer. Da man bei Testfahrten nur sehr wenige Streckenposten einsetzte, konnte man nicht schnell genug helfen. Der Italiener konnte sich nicht selbst befreien und erlitt zudem noch einem Herzinfarkt. 29 Stunden nach dem Unfall erklärte man Elio de Angelis im Krankenhaus für Hirntod. Die einzigen Zeugen dieses Horror-Crashs waren zwei Benetton Mechaniker.
Als Folge des Unfalls, wurde dieser Streckenteil nicht mehr gefahren. Man kürzte den Kurs ab und fuhr die 3,8 Km lange Variante. Die Mistral-Gerade verkürzte sich damit auf knapp einen Kilometer. Schon 2 Monate später wurde dieses Layout beim GP von Frankreich gefahren.
Die "Winfield Racing School" war ein wichtiger Bestandteil der Strecke. Hier wurden spätere F1-Stars wie Patrick Tambay, Didier Pironi, Alain Prost (PR-Rekord-Sieger: 4x), Jean Alesi und Olivier Panis entdeckt und ausgebildet.
Auch einige Renn-Teams fanden auf dem Kurs von Le Castellet ihr Zuhause. Larrousse (F1) und Oreca (u.a. Le Mans) waren hier heimisch. Und auch Toyota betrachtet Paul Ricard als Heimstrecke.
1999 verkauften die Erben von Paul Ricard (†1997) das ganze Areal für rund 11 Mio US-Dollar an ein Konsortium, das zur Unternehmensgruppe von Bernie Ecclestone gehört. Dieser verbündete sich mit dem Toyota-F1-Team und modernisierte das ganze Gebiet. Man schuf eine der modernsten Teststrecken der Welt. Man hat jetzt 180 Streckenvarianten zur Auswahl und kann die Länge des Kurses damit varieren (zwischen 6,1 Km und 826 Meter !!!). Toyota baute ausserdem auf dem Gelände der Rennstrecke ein eigenes Testzentrum.
Seit 2002 steht dieser Kurs sämtlichen Teams für testfahrten zur Verfügung. Vorrausgesetzt sind natürlich 30.000 € Miete pro Testtag. Allerdings erhält man dafür optimale Testbedingungen. Und das nutzen nicht nur die Teams der F1. Auch die Teilnehmer der 24 Stunden von Le Mans schätzen diesen Kurs als Hochwertige Teststrecke.
Nachdem Paul Ricard sieben Jahre lang für öffentliche Rennen gesperrt war, fand dort im August 2006 erstmals wieder ein internationales Event statt. Zirka 1000 Zuschauer durften beim Lauf zur FIA-GT anwesend sein.
Homepage: http://www.circuitpaulricard.com/home/home.php?lang=en
Zum Tod von Elio de Angelis: http://www.research-racing.de/elio06-1.htm