Ferrari-Antis können jetzt gleich abschalten - aber weil wir gerade das Thema hatten, habe ich mal zusammengeschrieben was ich über Ferraris ungewöhnliches Engagement in der Gr. 7 weiß - über die Big Bangers, über die größten Ferraris aller Zeiten. Ich bin mit Sicherheit kein Ferrari-Profi - und ein Ferrari-Sportwagen-Profis schon gar nicht - deshalb würde ich mich über Ergänzungen und Korrekturen sehr freuen - denn meine Quellen in der Beziehung sind begrenzt - und ebenso mein Bildmaterial. So - genug Vorrede - los geht's mit 1967. Ich mache einfach mal Jahr für Jahr:
Kurz zur Vorgeschichte warum sich Ferrari überhaupt zu dem für sie untypischen Schritt in die CanAm-Serie entschloss: Nach den 24 Stunden von Le Mans 1967 wurde das Hubraumlimit der in der Gr. 6 eingestuften Prototypen von der Internationale Sportkommission (CSI) für 1968 auf 3-l herabgesetzt, und die in der Gruppe 4 homologierten Sportwagen durften einen 5-l-Motor nur unter der Voraussetzung erhalten, dass mindestens 50 Fahrzeuge vom gleichen Typ gebaut wurden. Ob diese Entscheidung einstimmig von den Veranstaltern und von den Herstellern verurteilte Bestimmung den Rennverzicht Fords verursacht hatte, oder ob sie erst als Folge der Abwesenheit Fords erlassen wurde, bleibt ungeklärt - aber mit Sicherheit kann man sagen, dass damit die Rückkehr von Aston-Martin und Jaguar vereitelt wurde, wo man gerade einen 5-l-V12 entwickelte. Sicher ist auch, dass Ferrari sofort seinen Entschluss bekannt gab, während der Saison 1968 weder in der Gr. 6 noch in der Gr. 4 zu bauen, sondern sozusagen ein 'Sabbatical' einzulegen...
Aber ganz untätig blieb man in der Beziehung natürlich doch nicht: wahrscheinlich auf Grund der Anregung des ebenso sportbegeisterten wie ideenreichen Ferrari-Importeurs für Amerika, Luigi Chinetti, versuchte sich Ferrari - denn mehr als ein Versuch war es nicht - mit den amerikanischen Rennen, ein von den amerikanischen Kunden und Freunden Maranellos bereits lang erwarteter Versuch.
Das Urmodell - der 1967 vom N.A.R.T. in Le Mans eingesetzte 330 P3/P4 mit 4-l-Hubraum und Pedro Rodriguez/Giancarlo Baghetti am Steuer.
Chris Amon testet den umgebauten N.A.R.T.-Canada - der Typ links neben ihm ist Gaetane Florini ('Assistenza Clienti' - wunderschöne Bezeichnung, oder...?). Aufgenommen in Modena Ende 1967.
Luigi Chinetti beabsichtigte, aus seiner weißen Berlinetta 412P (#0844), die noch an den 24 Stunden von Le Mans teilgenommen hatte und infolge des neuen, für die sogenannten 'europäischen' Rennen erlassenen Reglements arbeitslos geworden war, auch weiterhin Nutzen zu ziehen. Seine Idee bestand darin, den Gr. 6-Wagen in einen Gr. 7-Wagen umzubauen. Die 1965 im Anhang J des Internationalen Sportgesetzes in der Homologationskategorie 7 eingestuften, zweisitzigen Sportwagen ohne Hubraumbegrenzung und ohne die Auflage einer Mindestproduktion erfreuten sich in Amerika schon immer großer Beliebtheit, und die Gründung des finanziell sehr attraktiven "Canadian American Challenge Cup" besser bekannt unter der Abkürzung CanAm hatte diese Tendenz noch verstärkt. Der 412P (#0844) wurde daher kurz nach den 24 Stunden von Le Mans zur Überarbeitung nach Modena geschickt, und im September konnte man bereits das von Chris Amon und Jonathan Williams getestete und abgestimmte Modell unter der Bezeichnung N.A.R.T.-'Canada' auf dem Modaneser Autodrom seine Runden drehen sehen.
Der Unterbau des 412P war fast unverändert geblieben, aber die Front war länger und schmaler geworden, was die neue Position des im Heck über dem Getriebe angebrachten Ölkühlers ermöglicht hatte. Merkwürdigerweise hatte man die beiden Scheinwerfer unter einer kleineren Transparentverkleidung beibehalten - merkwürig deshalb, weil man in CanAm grundsätzlich ohne die empflichen und gewichtigen Scheinwerfer fuhr. Das Heck war ohne das Reserverad und dem in der Gruppe 6 obligatorischen Gepäckraum kürzer geworden - hier passte man sich völlig der simplen CanAm an. Den Dachaufbau hatte man einfach weggelassen und ihn durch einen transparenten, seitlich bis zum Heck verlängerten Windschutz, sowie einen schlichten, hinter dem Sturzhelm des Piloten befestigten Rohr-Überrollbügel ersetzt. Das ursprüngliche fast-back-Heck hatte einer flachen Heckklappe Platz gemacht, aus der nur die von einer Luftführung verdeckten Vergasertrichter hervorragten. Der technische Aufbau war fast unverändert geblieben, der gesamte Arbeitsaufwand betraf eine größtmögliche Gewichtsreduzierung. Bei CanAm zählte nur Power und Gewicht.
So aufgemacht, startete der Gr. 7-N.A.R.T.-'Canada' am 17. September in Bridgehampton zum zweiten Lauf der CanAm-Serie 1967.
Im Grunde ist das Konstruktionsprinzip der CanAm-Wagen völlig simpel: Ein möglichst großer Motor amerikanischen Fabrikats (der 5,9-l-V8 von Chevrolet eignete sich glänzend dazu) mit einer Leistung von 500 PS und eine ultraleichte, meist in England hergestellte Chassis-Karosserie, die nicht mehr als 700 kg wiegen darf, sind das ganze Geheimnis. Wahrscheinlich war das Rezept für die im Hinblick auf längere Wettbewerbe als die 300 Kilometer der CanAm-Rennen konzipierten 412P zu einfach! Ludovico Scarfiotti sollte in Bridgehampton diese frustierende Erfahrung machen: Trotz aller Bemühungen konnte er, nur mit zwei Runden Rückstand hinter dem führenden McLaren-Chevy unter Denny Hulme, den 7. Platz belegen. Noch nicht herausfinden konnte, warum ausgerechnet Werkspilot Scarfiotti diese Ehre zuteil wurde - aber vielleicht wollte man den der F1 müden Scarfiotti in Amerika eine Regeneration gönnen... wer weiss, wer weiss...
Im nächsten Rennen, nur eine Woche später in Mosport, besetzte Scarfiotti mit dem N.A.R.T.-Canada die Startposition 11 von insgesamt 29 Konkurrenten, aber eine Reifenpanne machte dem Rennen - und gleichzeitig der Rennsaison des N.A.R.T.-'Canada' - ein frühzeitiges Ende.
Ferraris Eigenentwicklung wird ausgepackt...
Immerhin befanden sich zwei Ferrari vierzehn Tage später am Start zum nächsten Ereignis, denn inzwischen hatte Maranello selbst Geschmack an der Sache bekommen. Zwei 330 P4 (#0858 und #0860 - aber nagelt mich jetzt bitte nicht mit Ferrari-Chassisnummern fest!!) waren vom Werk ebenfalls einer Gr. 7-Abmagerungskur unterzogen worden, aus der sie mit beträchtlich reduziertem Gewicht hervorgegangen waren. Die Karosserie, für die der Basisentwurf des P4 beibehalten worden war, unterschied sich nur wenig von der des N.A.R.T.-'Canada'. Man bemerkte die fehlenden Scheinwerfer, einen überarbeiteten Heckspoiler und zwei, merkwürdig geformte, platte Luftführungen über den Lufttrichtern.
Der Hubraum des 4-l-12-Zylinders hatte mit einer auf 79 mm erweiterten Bohrung 4.176-ccm erreicht und mit einer leicht erhöhten Verdichtung (11:1 gegen 10,5:1) war ein Leistungszuwachs von 30 PS erzielt worden (480 PS bei 8.500 U/min), allerdings wog der 350 CanAm mit seinen 750 kg noch viel zuviel im Vergleich zu den leichteren Rivalen.
Die beiden mit einem blau-weiß-roten Längsstreifen verzierten 350 CanAm wurden nach Amerika geschickt, wo Bill Harrah, der berühmte Automobilsammler aus Reno/Nevada, gleichzeitig Ferrari-Importeur für den Westen der Vereinigten Staaten, mit ihrem Einsatz betraut wurde. Trotzdem war Ingenieur Forghieri höchstpersönlich zur Stelle, und die beiden Piloten gehörten ja auch zum offiziellen 'Bestand' Maranellos: Es handelte sich um Chris Amon und Jonathan Williams, welche die beiden 350 CanAm am 16. Oktober in Laguna Seca zum vierten Rennen der Serie 1967 starteten. Amon wurde beim Training 15. von 31 Konkurrenten, und aber Platz 5 (und damit die einzigen Ferrari-Punkte der Saison) mit vier Runden Rückstand hinter dem Siegerwagen McLaren-Chevrolet unter McLaren, und Williams wurde 8. mit dem 350, der den unveränderten 4-l-Motor beibehalten hatte.
Für das vorletzte Rennen am 29. Oktober in Riverside hatten beide Modelle den 4,2-l-Motor erhalten, aber Williams mußte nach einem Zusammenstoß mit einem gebrochenen Auspuffrohr ausscheiden, und Amon konnte nur infolge zahlreicher Ausfälle den achten Platz belegen.
Erfrischung für Chris Amon auf seinem Weg zum 5. Platz in Laguna Seca.
Jonathan Williams mit einem der 350er, 1967 in Laguna Seca.
Auch im "final round", dem in Las Vegas ausgetragenen "Stardust Grand Prix" änderte sich das Glück nicht : Williams wurde schon in der ersten Runde in einen Zusammenstoß verwickelt, der drei Konkurrenten auf einmal ausschaltete, und in den letzten Runden verlor auch Amon seinen sechsten Platz in einer Karambolage.
In Kürze geht's weiter mit 1968...
Einer der 350er landete später beim Paul Hawkins/Gunston Team in Südafrika - hier bei einem formelfreien Lauf in Magny-Cours 1969 (jawoll - da wurde damals schon gefahren) mit Mike Hailwood am Steuer. Hailwood gewann das Rennen.