Ich denke die Jahre bis zum Zweiten Weltkrieg hat Michael_Mueller ganz gut beschrieben. Ich mach mal den Rest:
Epoche 3: Staatssportler und Nationalfanatiker (1933-1939)
Manche würden Epochen vielleicht auch nach Erfolgen einteilen. So gibt es ja die Schumacher-Ära zu Beginn des aktuellen Jahrtausends. Die Epoche von 1921-1932 wurde vor allem von französischen Werken dominiert. 1927 gewann Robert Benoist alle wichtigen GP-Rennen des Jahres mit seinem Delage, später war auch Bugatti ein Sieggarant.
Und diese französische Dominanz, begründet dadurch, dass in Frankreich auch der Motorsport erfunden wurde, fand in den 30er Jahren ein Ende. Denn dann begann eine andere Epoche, die Ära der Silberpfeile. Diese Epoche ist nicht wegen den herausragenden Erfolgen von Mercedes Benz und Auto Union charakteristisch, denn diese beiden deutschen Teams dominierten damals den GP-Sport. Es ist eine eigene Epoche, weil hinter den Einsätzen der Auto Union und Mercedes Benz auch die Politik stand. Es ist die Epoche der Politiker, der Staatssportler, der Nationalfanatiker.
Die Politiker benutzten den Sport zur Machtdemonstration. Dafür prädestiniert war natürlich der Rennsport, denn dabei ging es nicht nur um die Sportler, sondern auch um die Technik, um den Fortschritt – mit dem Automobil als Symbol. Eine Macht im Rennsport sollte die Macht des Landes demonstrieren, das war sicher ein entscheidender Grund, wieso die deutschen Erfolge in diesem Maß möglich waren. Es ist nur eine recht kurze Epoche, denn dann brach der Zweite Weltkrieg aus.
Epoche 4: Wiederaufbau des Rennsports (1945-1949)
Hat der Erste Weltkrieg den Rennsport in gewisser Weise beflügelt, so war der Zweite für den Motorsport eine Vollkatastrophe. Denn die meisten Länder hatten nach dem Krieg erst einmal ganz andere Probleme, als den Rennsport. Deutschland, die Rennsportnation der 30er Jahre, wurde außerdem vom Motorsport ausgeschlossen. Die Entwicklung des Rennsports verlief damals in Zeitlupe, und es war kein Fortschritt, sondern eher eine Rückkehr zur alten Stärke. Denn die meisten Fahrer, Teams und Hersteller jener Zeit griffen auf das Material aus den 30er Jahren zurück. Das geht sogar soweit, dass beim ersten Grand Prix, der zur heutigen F1-Weltmeisterschaft zählte, ein Großteil des Starterfeldes Vorkriegsmaterial war, auch der Siegerwagen von Alfa Romeo.
Epoche 5: Die Formel-1 ist geboren (1950-1965)
Nicht nur die meisten GP-Boliden jener Zeit stammten aus einer Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, sondern auch die meisten Fahrer von damals verdienten sich ihre Sponsoren bereits in den 30er Jahren. Deshalb waren die Rennfahrer dieser Periode oftmals auch recht alt. Die meisten Altersrekorde in der F1-WM wurden in den 50er Jahren aufgestellt. Es gab viele Fahrer, die so alt waren, wie das Jahrzehnt. Nur nach und nach kamen auch eigene Stars nach oben, wie zum Beispiel Juan-Manuel Fangio. Es war vielleicht auch deshalb etwas leichter für den Argentinier, den GP-Sport in den 50er Jahren derart zu dominieren.
Von den Fahrern und Teams sind zumindest die ersten Jahre der 50er Jahre nicht anders als die Nachkriegszeit seit 1945. Aber mit dem Beginn der Fahrermeisterschaft 1950, die ja heute oft als Geburtsstunde der Formel-1 gilt, ist ein Meilenstein gemacht worden. Die Idee, mehrere wichtige GP-Rennen des Jahres zu einer Meisterschaft zusammen zu fassen, gab es schon vor dem Krieg. Bereits in den 20er Jahren gab es eine Marken-WM, in den 30er Jahren dann die EM für Fahrer, quasi gleichbedeutend mit dem heutigen F1-WM-Titel.
In den 50er Jahren hatte die Meisterschaft aber noch nicht eine so große Bedeutung wie heute die WM. Heute wird auch gerne ein zweiter Platz eingefahren, weil das ja mehr Punkte sind als ein Ausfall. Damals stand das Einzelevent durchaus noch im Fokus. Das lag daran, dass die Finanzierung des Rennsports noch immer über Start- und Preisgelder funktionierte. Abgesehen von den großen Teams, und viele Hersteller beteiligten sich gar nicht mehr, zumindest nicht zur gleichen Zeit, mussten die Privatiers und kleinen Teams also die Kosten so gering wie möglich halten. Man fuhr deshalb nur bei Meisterschaftsrennen mit, die im eigenen Land, oder in den Nachbarländern stattgefunden haben, um die Reisekosten möglichst gering zu halten. Und wenn ein GP-Rennen an einem Termin stattfand, an dem es auch ein nationales Rennen mit höheren Preisgeldern gab, dann wurde der Grand Prix ausgelassen. Die Veranstalter konnten so mit höheren Start- und Preisgelder auch bessere Fahrer und Teams locken, oftmals entstand mit den Teams eigene Vereinbarungen, also zahlten die Veranstalter für Topteams mehr, als für unbekannte Fahrer. So brachten die Veranstalter wiederum mehr Zuschauer an die Strecke. Ein System, das eigentlich recht gut funktionierte.
Es entstanden aber schon richtige Rennfahrer, die neben Formel-1 also auch zahlreiche andere Rennen fuhren, Formel-2, Sportwagen und so weiter – eben wegen den Geldern. Auch die Teams nahmen nicht nur an der Formel-1 teil, die Autos unterschieden sich deshalb immer noch nicht so arg voneinander. Und wie unbedeutend die Fahrermeisterschaft damals war, zeigt, dass man auch das Indy 500 dazuzählte, eigentlich ein IndyCar, statt ein F1-Rennen. Nicht viele F1-Fahrer versuchten sich damals in Indianapolis in der amerikanischen Formel-1, aber just, als Indy nicht mehr zur F1-WM gerechnet wurde, siegte beispielsweise 1965 mit Jim Clark im Lotus ein F1-Pilot!
Epoche 6: Die Wilden Hunde (1966-1977)
Die Rennfahrer der 50er Jahren waren Gentleman-Rennfahrer. Beinharte Duelle auf der Strecke waren eher Mangelware, Kollisionen noch viel mehr. Die meisten Unfälle hatten technische Gründe, oder lagen einem Fahrfehler zugrunde. Natürlich gab es damals auch Ausnahmen, wie Giuseppe Farina, der F1-Meister von 1950. Er war knallhart, hatte einen fast schon mörderischen Fahrstil.
Die Charaktere von Rennfahrern ist durchaus auch ein Kriterium, den Rennsport in eine Epoche einzuteilen. Und die Zeit von 1966 bis 1977 ist eine solche Epoche, die sich durch eigene Fahrercharaktere auszeichnet. Es war die Hippie-Zeit der Formel-1. James Hunt, der F1-Weltmeister von 1976 symbolisierte diese Fahrergeneration natürlich wie kein anderer. Er bezeichnete seine Epoche als eine Zeit, „in der Rennfahren noch gefährlich war und Sex sicher, jetzt ist es umgekehrt.“ Hunt tobte sich neben der Strecke, wie auf der Strecke aus. Er verband den Rennsport mit schönen Frauen, eine Menge Bier und Zigaretten. Hunt und Konsorten waren damals auch abseits der Strecke auf der Suche nach der Ideallinie, der Idealkurven. Heute diskutieren Fahrer über G-Kräfte, damals über G-Punkte.
Ein James Hunt soll besoffen Testfahrten gefahren sein, ein Innes Ireland wurde nachgesagt, auf Journalisten geschossen zu haben. Zwar war das harmloser, aber es charakterisiert die Zeit. Nelson Piquet wurde innerhalb von zwei Wochen zwei Mal Vater – die Fahrer lebten, als gäbe es kein Morgen, weil es für viele auch kein Morgen gab. Sie lebten so, dass sie ja nichts verpassen würden. Mike Hailwood war ebenfalls ein solcher Typ und er sagte einmal: „Rennen fahren zu müssen ist eine schreckliche Krankheit. Meine Freunde sind alle tot. Aber was soll ich machen? Ich habe nichts gelernt und außerdem komme ich herum und verdiene Geld, ohne viel dafür tun zu müssen.“
Ansonsten zogen sich die Entwicklungen im Rennsport auch durch diese Epoche. Die Autos bekamen Flügel, auf Chassis wurde immer mehr Wert gelegt. Die Fahrer machten sich auch erstmals Gedanken um die Sicherheit, die Fahrervereinigung GPDA wurde gegründet, machte sich gegen unsichere Rennstrecken wie Barcelona oder dem Nürburgring stark. Aber die Sicherheitsbestrebungen kamen erst nach dem Tod von Ayrton Senna 1994 zum Höhepunkt.
Epoche 7: Die Turboära (1978-1986)
Die Zeit der Wilden Hunde, der richtigen Männer war dann Ende, irgendwo in der Ära Niki Lauda. Den Grund beschrieb Achim Schlang einst in seinem Werk „Die Formel-1-Asse unserer Zeit“: „Von einer Strecke wie Le Castellet muss sich zwangsläufig ein ganz anderer Menschenschlag angezogen fühlen, als vom Circuit Charade bei Clermont-Ferrand, genauso wie wir unter Hochgebirgsbergsteigern andere „Typen“ antreffen, als in der Gemeinde der Badmintonspieler. Diese Aussage soll keineswegs als Werturteil missverstanden werden, nur als nüchterne Feststellung, dass unterschiedliche Sportarten unterschiedliche Charaktere in ihren Bann ziehen.“ Schlang sieht einer der Ursachen also in den Strecken. Denn die Strecken wurden immer mehr geplant. Pisten wie die Nordschleife des Nürburgrings, die einfach in die Landschaft gebettet wird, gibt es nicht mehr. Der Streckenverlauf wird genau geplant – und genau so lässt es sich auf Rennen dort hinarbeiten. Immer mehr mussten Fahrer trainieren, immer mehr konnten sie aber auch trainieren. Man brauchte nicht mehr ganz so viel Mut zu haben, man musste die Autos auch nicht mehr mit aller Härte bändigen, größere und stärkere Rennfahrer hatten damit ihre Zeit.
Natürlich war der Übergang fließend. Fahrer wie Ayrton Senna und Nigel Mansell wird man auch heute noch als Charaktere bezeichnen, doch auch heute gibt es natürlich noch ganz individuelle Rennfahrer, wenn man nur mal an den coolen Kimi Räikkönen denkt, dem temperamentvollen Juan-Pablo Montoya oder die Politikfiguren Michael Schumacher und Fernando Alonso. Doch immer mehr schauen die Fahrer aus wie Teenager, weil sie auch noch solche sind. Vor dieser Epoche waren Rennfahrer richtige Männer – und so sahen sie auch aus.
Die Fahrer gerieten aber auch immer mehr in den Hintergrund, die Autos wurden immer wichtiger. Man brauchte schon immer ein gutes Material, um GP-Rennen zu gewinnen, aber mit Errungenschaften wie dem Ground-Effect oder später den Turbomotoren wurde das Material immer bedeutender. Wenn ein Sauger-Motor sich gegen einen Turbo wehren konnte, dann wurde der Fahrer gefeiert – aber auch deswegen, weil das so oft nicht passierte. Keke Rosberg schaffte das immer wieder Mal, und trotzdem gilt er heute vielleicht fälschlicherweise als einer der eher schlechteren Weltmeister, den die Formel-1 bisher hatte. Die Turboära hatte Ende der 80er Jahren ihr Ende.
Epoche 8: Regulierungs- und Sicherheitsära (1987-2001)
Ende der 80er Jahre bis Ende der 90er Jahre veränderte sich das Gesicht der Formel-1. Es war die Zeit, in der das Reglement in der Formel-1 eine Inflation erlebte, die so bis heute anhält. Los ging es damit, dass die Turbomotoren verbannt wurden. Bei über 1000 PS vielleicht noch nachvollziehbar. Immer mehr Motorenformate wurden verboten, letztlich sogar mehr oder weniger ein Einheitsmotor vorgeschrieben. Auch an Fahrzeugen wurde immer mehr gemacht, Nase runter, Nase rauf, Autos schmäler, Reifen mit Rillen – und so weiter.
Viele Regeländerungen wurden mit Sicherheitsaspekten begründet und tatsächlich wurde die Formel-1 in dieser Ära so sicher, wie nie zuvor. Heute fahren Fahrer mit 300 gegen die Mauer oder fliegen wie Segelflugzeuge in einem Tropensturm durch die Luft – die Fahrer steigen meistens beinahe unversehrt wieder aus. Diese Entwicklung ist natürlich grundsätzlich zu begrüßen, aber vor allem nach dem Tod des unvergessenen Ayrton Senna gab es auch eine gewisse Hysterie. Schikanen, die auf Strecken aufgestellt wurden, die Angst stand den Funktionären auf der Stirn geschrieben. Es wurde viel reglementiert, was vielleicht auch der falsche Weg war. Aber beim Thema Sicherheit hat man garantiert einen absolut perfekten Job gemacht.
Es war eine Ära voller Veränderungen, das zeigte auch das Starterfeld: Teams kamen und gingen wie Passagiere am Drehkreuz eines Flughafens. Ende der 80er Jahre, Anfang der 90er Jahre meldeten sich bei bestimmten GP-Rennen bis zu 40 Bewerber! Ende der 90er Jahre gab es nur noch elf Teams. Die kleinen Teams hatten es immer schwieriger, aber das hatte auch den Grund, weil die nächste Epoche längst schon ihre Fühler ausgestreckt hatte.
Epoche 9: Hersteller-Ära (2002-heute)
Bereits in den 90er Jahren begann die Ära der Hersteller, mit denen auch alles begann. Doch das Engagement der Hersteller 1906 und dem von dieser Ära sind so gut vergleichbar wie Birnen und Äpfel. Denn jetzt ist die Formel-1 eine Mega-Plattform für Sponsoren, Marketing und Werbung. Jährlich werden mit der Formel-1 Milliarden umgesetzt. Hersteller kauften sich ganze Rennteams und trieben die Budgets in die Höhe: Toyota soll bis zu 400 Millionen Euro pro Jahr als Budget zur Verfügung gehabt haben – der Einstieg der Japaner 2002 ist deshalb hier der Beginn dieser Epoche, die allerdings wie bereits erwähnt ihre Fühler schon in den 90er Jahren ausgestreckt hat.
Kleine Privatteams konnten sich das finanzielle Wettrüsten nicht mehr leisten – oder fuhren hinterher. Denn das Geld wurde in die Forschung gesteckt. Immer mehr dominierte an den GP-Boliden die Aerodynamik. Heute ist Red Bull vorne, weil es das aerodynamisch perfekteste Auto ist. Die Motorleistung rückt in den Hintergrund, F1-Fahrzeuge sind fahrende Flugzeuge. Es geht um Abtrieb, Widerstand und Luftströmung, statt um Mechanik und Motorkraft. Kleinere Teams konnten da nicht mehr mithalten. Teams wie Lotus, Arrows, Brabham, Tyrrell verschwanden, andere wie Jordan, Minardi oder Williams überlebten nur, weil sie verkauft wurden oder mit Herstellern zusammengearbeitet haben. Käufer waren oft Steinreihe und exotische Milliardäre, wie Alexander Shnaider, Dietrich Mateschitz, Tony Fernandes oder Vijay Mallya – oder eben Investmentgesellschaften wie Thesan Capital, Genii Capital und dergleichen. Das sind die Teambesitzer von heute.
Die Fahrer wiederum sind nur noch Marionetten der Hersteller oder Sponsoren. PR-Termin jagt dem nächsten, Interviews, Kameras, Autogramme – jedes F1-Rennen ist zu einem millionenteuren Show-Event geworden, an denen die Protagonisten im Mediengetummel untergehen. Fahrer werden vom Kartsport herangezüchtet, die Arbeit mit den Medien ist die wirkliche Beschäftigung. Das Rennenfahren ist im Hintergrund angestellt. Formel-1 ist Perfektion auch im Sportler, fünf bis sieben Stunden täglich im Fitnessstudio, davor, danach, dazwischen Interviews und Sponsorentermine.
Der Sport freilich leidet darunter. Und die Werbung ist nur dann gut, wenn auch die Erfolge stimmen. Und so ist diese Epoche längst zu Ende, denn wenn die Erfolglosigkeit dann auch noch mit der Weltwirtschaftskrise crasht, dann steigen die Hersteller wieder aus. Erst Honda, dann BMW und Toyota. Nur noch drei Hersteller sind in der Formel-1, die Ära ist zu Ende, es gibt Sparkurse und Sparmaßnahmen überall. Doch die Formel-1 bleibt nach wie vor ein Milliardengeschäft mit noch immer höchst unvernünftigen Summen. Diese Epoche ist deswegen noch nicht ganz vorbei. Wie immer sind die Übergänge fließend und Auswirkungen dessen wird es wohl auch noch in der Öko-Ära ab 2014 geben. Und die wird auch erst recht langsam in Gang kommen. Derzeit wirbt die Formel-1 wieder um Hersteller wie Volkswagen oder Hyundai. Aber ein Engagement, wie es Renault derzeit betreibt – nur als Motorenhersteller. Das ist gut für die Kassen, zumindest der Teams. Der Werbeeffekt für die Hersteller selbst dürfte wieder schrumpfen.