Das neue Turbo-Reglement hat die Spreu vom Weizen getrennt: Mercedes hat mit Abstand das beste Antriebspaket konstruiert, Renault hat Probleme an allen Ecken und Enden. Deswegen intensiviert man die Zusammenarbeit mit Red Bull – und geht eine Partnerschaft mit Ilmor ein. Die Motorenschmiede von Mario Illien hat eine jahrzehntelange Tradition in der Formel-1.
Ironischerweise ist Mercedes High Performance Engines in Brixworth die ursprüngliche Ilmor-Fabrik. Von 2002 bis ’04 kaufte Daimler Chrysler schrittweise Ilmor auf. 2005 erstanden Mario Illien und Roger Penske lediglich die Namensrechte an Ilmor, sowie die Abteilung für Sonderrechte von Daimler Chrysler zurück. Man stampfte daraufhin Ilmor Engineering aus dem Boden, das unter anderem die aktuellen Chevrolet-Triebwerke in der IndyCar konstruiert oder 2006 sogar ein eigenes Moto-GP-Bike auf Kiel legte.
Heutiges Mercedes ist früheres Ilmor
Mercedes High Performance Engines ist heute also im Besitz von Daimler Benz, war ursprünglich aber die Ilmor-Schmiede. Noch heute ist ein Teil der Belegschaft jene aus den alten Ilmor-Tagen. Die ersten zehn Jahre ließ Mercedes die F1-Motoren von Illien bei Ilmor fertigen. Dass man sich schließlich die Fabrik zu Eigen machte lag an der Performance- und vor allem Zuverlässigkeitsschwäche ab der Saison 2002. Ein Jahr zuvor wurde der giftige und krebsfördernde Stoff Beryllium zur Herstellung von F1-Motoren verboten – das traf Ilmor schwer.
Ursprünglich sollte Ilmor für eine andere Marke einen F1-Motor entwickeln.1988 erwog General Motors ein F1-Projekt und wollte bei Ilmor einen V12-Motor in Auftrag geben. Das Projekt versandete und so stieg Ilmor als unabhängiger Motorbauer in die Formel-1 ein. 1991 rückte Leyton-House erstmals mit einem Ilmor-Motor aus, 1992 dann auch das Tyrrell-Team. 1993 spannte Mercedes mit Ilmor zusammen und stieg mit Sauber in die Formel-1 ein. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte: 1995 wechselte Mercedes zu McLaren, 1998 und ‘99 feierte Mika Häkkinen den WM-Titel. Konstrukteur des Rennwagens war damals Adrian Newey, der jetzt für Red Bull die F1-Chassis designt. Das Erfolgsgespann um Newey und Illien erfährt jetzt bei Red Bull und Renault eine Renaissance.
Projekt mit General Motors
Dass General Motors übrigens bei Ilmor den F1-Motor bauen lassen wollte, liegt daran, dass Ilmor in der IndyCar-Serie angefangen hat. Mario Illien und Paul Morgan waren zwei F1-Motorentechniker, die zuvor bei Cosworth gearbeitet haben. Beide begannen Anfang der 70er Jahre in der Formel-1, Morgan sofort bei Cosworth, Illien zunächst als F1-Mechaniker von Jo Bonnier. Bei Cosworth entwickelten die beiden den Cosworth DFY als Nachfolger des legendären Cosworth DFV. Michele Alboreto (Tyrrell) gewann damit im ersten Jahr 1983 auch ein WM-Rennen, aber zu der Zeit übernahmen immer mehr die Turbo-Motoren die Herrschaft in der GP-Szene.
Illien und Morgen taten sich 1984 zu Ilmor zusammen, der große amerikanische Rennstallbesitzer Roger Penske war Mitbegründer und ließ sich zusammen mit Chevrolet von Ilmor einen IndyCar-Motor bauen. 1988 gewann Ilmor erstmals beim Indy-500.
Besonders legendär war der Mercedes-Motor von 1994, der auch bei Ilmor entstand und mehr als 1000 PS leistete. Man machte sich dabei ein Schlupfloch im Reglement zunutze, denn das Indy-500 wurde nach wie vor von der USAC organisiert, nicht von der CART, die ansonsten die IndyCar-Meisterschaft austrugen. Für das Rennen in Indianapolis rückte Mercedes daher mit einem Aggregat aus, dessen Ventile von zentralen Nockenwellen angetrieben wurden. Eigentlich ist das ein konzeptioneller Nachteil, denn es erlaubt weniger hohe Drehzahlen. Mercedes bekam als Ausgleich dafür aber einen größeren Hubraum (3,43 statt 2,65 Liter), sowie einen höheren Ladedruck (1,86 statt 1,52 bar). Das Resultat: Penske mit Emerson Fittipaldi, Al Unser jr. und Paul Tracy dominierte den Indy-Monat Mai. Die Fahrer gaben zu Protokoll, dass sie wegen der hohen Leistung des Motors vor den Kurven erstmals bremsen mussten!
Die Geschichte von Ilmor ist also in der IndyCar wie in der Formel-1 eine Erfolgsstory. Auch deswegen setzt Renault nun auf die Zusammenarbeit mit Ilmor.