Ich bin wirklich überrascht, dass keiner die Lösung gefunden hat, zum einen gehört das gesuchte Auto zu den Meilensteinen in der F1-Geschichte, und zum anderen waren alle Details im Soundfile herauszuhören. Wer allerdings einmal den Motorsound dieses Rennwagens in Natura gehört hat, wird ihn niemals vergessen, wie der zitierte Anwohner von Goodwood, der den Klang gehört hatte, angelaufen kam, und nach über 50 Jahren ohne jeglichen Zweifel sagte „it’s a V16 BRM, isn’t it?“.
Und damit haben wir auch die Lösung - es war der BRM P15 von 1950/51, 1.5 Liter mit Kompressor in V16-Anordnung, 460 PS, was einer Literleistung von 307 PS entspricht. Eigentlich hätte ich die Frage auch auf die Nach-Turbo-Ära ausdehnen können, denn selbst die aktuellen F1 reichen an diese Literleistung nicht heran.
2 der 3 BRM P15 gibt es noch, einer steht in Tom Wheatcroft’s Museum in Donington, der andere gehört Nick Mason, dem Drummer von Pink Floyd, und genau die sind auf dem Soundfile zu hören - der BRM und auch Nick. Ich weiss nicht, ob es bekannt ist, aber Nick Mason hat bereits vor vielen Jahren - als die Autos noch einigermassen erschwinglich waren - angefangen, sich eine hochkarätige Sammlung von historischen Rennwagen anzulegen. Und was ihn in meinen Augen besonders sympathisch macht, die Autos stehen nicht rum, sondern werden alle auch gefahren, und zwar so wie es sich gehört - am Limit! Wer einmal gesehen hat, wie Nick Mason seine Autos bei historischen Rennen quer um die Kurven prügelt, der wird das so schnell nicht wieder vergessen.
Aber zurück zum BRM P15. Wir erinnern uns - die für 1941 geplante neue Grand-Prix-Formel - 1.5 Ltr Kompressor und 4.5 Liter Sauger - kam aus den bekannten Gründen nicht zum Tragen, aber nach dem Krieg wurde inoffiziell nach dieser Formel gefahren, und ab 1948 war sie dann offiziell, erst Formel A, und ab 1949 dann Formel 1. Raymond Mays war ein bekannter Fahrer und Konstrukteur im England der 30 Jahre, unter anderem sind die ERA-Rennwagen auf seinem Reissbrett und in seiner Werkstatt entstanden. Zusammen mit seinem Partner Peter Berthon, mit dem er bereits seit 1931 zusammen arbeitete, machte er bereits während des Krieges erste Pläne für einen Nachfolger des ERA, wobei man sich die Mercedes W154 und W165 als Vorbild nahm. Sofort nach Kriegsende nach das Projekt Formen an. Man wusste, dass man auf privater Basis keine Chance hatte, und gründete BRM (British Racing Motors) als Gemeinschaftsprojekt der britischen Industrie, mit dem Ziel, einen „nationalen Grand-Prix-Rennwagen“ zu bauen. Bereits 1946 hatte man über 100 Firmen im Pool, die entweder mit Finanz- oder mit Sachleistungen das Projekt unterstützten. Aber ähnlich wie bei dem vergleichbaren französischen SEFAC-Projekt der Vorkriegszeit erwies sich die Bürokratie als grösstes Hindernis. Es gab ein 11-köpfiges Hauptkomitee, ein Produktions-Komitee, ein Finanz- und Planungskomitee, und ein Komitee für Öffentlichkeitsarbeit, während die eigentliche Arbeit von einer Handvoll Leuten in May’s Scheune in Bourne erledigt wurde.
Die anfängliche Planung ging von einer notwendigen Leistung von 300 PS aus, basierend auf dem Mercedes W165 und der Alfetta 158 von 1939, die bei 260-280 PS lagen. Man musste allerdings zur Kennntis nehmen, dass die Alfetta in den ersten Nachkriegsjahren durch immer höhere Kompressordrücke auch immer stärker wurde, so dass die - geplante - Leistung des BRM ebenfalls wuchs. 1949 war man bei sagenhaften 600 PS angelangt, wohlgemerkt, ausschliesslich in den Köpfen der Konstrukteure. Dieses Ziel wurde dann auf 550 PS und später 500 PS heruntergeschraubt, aber auch diese Zahl wurde in der Praxis nie erreicht, die besten Werte lagen später bei 460 PS.
Die technische Gigantomanie machte sich auch in der Zylinderzahl bemerkbar, 16 Töpfe in einer 135° V-Anordnung. Mit einem normalen Roots-Flügel-Kompressor war die angestrebte Leistung nicht erreichbar, man wählte deshalb einen Zentrifugal-Kompressor, wie er auch bei Flugzeugmotoren und bei Indy-Cars üblich war. Der Nachteil dieses Kompressors ist allerdings, dass er seine Leistung nur bei hohen Drehzahlen entwickelt, bei Flugzeugen und Oval-Rennwagen ist das kein Problem, wenn die einmal auf Touren sind, dann bleiben die auch meistens in diesem Drehzahlbereich, aber ein Grand-Prix-Rennwagen muss auch im unteren Drehzahlbereich Leistung haben. Der P15 erreichte seine maximale Leistung bei unglaublichen 12.000 RPM, und das zu einer Zeit, als selbst bei Ferrari bei 8.000 Touren Feierabend war. Allerdings spielte sich unter 10.000 auch relativ wenig ab ...!
Bereits 1947 war ein weiteres französisches Staatsprojekt, der CTA-Arsenal, kläglich gescheitert. Mit grossem Tam-Tam vorgestellt, kam der CTA-Arsenal beim französischen Grand Prix in Lyon mit Raymond Sommer am Steuer keinen einzigen Meter weit - Kupplungsschaden!
Die Häme in der britischen Presse war gross, und niemand konnte sich vorstellen, dass in „Good Old England“ etwas ähnliches passieren konnte. Durch die bereits erwähnte Bürokratie kam das Projekt nur sehr langsam vorwärts, und auch Geld fehlte an allen Ecken und Enden. Trotzdem wurde der Druck immer grösser, von innen durch die Pool-Firmen, und von aussen durch die Presse, und obwohl der P15 noch nicht vollständig ausgereift und getestet war, brachte man ihn am 28. August 1950 zur BRDC International Trophy in Silverstone an den Start. Ausgerechnet Raymond Sommer, der Pechvogel von Lyon 1947, hatte die Ehre des ersten Startes, und über den Start kam man auch nicht hinaus - das Kraft des Motors beim Einkuppeln zerbröselte die Hinterachse, und nach wenigen Metern stand der BRM P15 wieder. Und das ausgerechnet in Silverstone, und vor der versammelten englischen Presse und Vertretern der am Pool beteiligten Firmen!
Aber während der CTA-Arsenal nach seinem missglückten Auftritt in Lyon in der Versenkung verschwand, machte man bei BRM weiter. Denn so schlecht wie der erste Auftritt war der Wagen sicherlich nicht. Er war allerdings sehr schwer zu fahren, vor allem die unangenehme Leistungskurve und der urplötzlich einsetzende Kompressor bei ca. 10.000 RPM machten das Fahren zu einem Roulettespiel, wenn der Kompressor in einer Kurve „kam“, war man raus, selbst der beste Fahrer hatte da kaum eine Chance. Auch die komplizierte und diffizile Technik forderte ihren Tribut, Ausfälle waren an der Tagesordnung. Aber der P15 konnte auch gewinnen - wenn er nicht ausfiel, einen Monat später siegte Reg Parnell bei der Goodwood Trophy, allerdings ohne die Konkurrenz von Alfa-Romeo und Ferrari.
Man entwickelte den P15 weiter, und versuchte ihn standfest zu machen, aber beim Penya Rhin Grand Prix in Barcelona fielen beide Wagen aus. In 1951 entschloss man sich nur für einen einzigen Einsatz, den Home-GP in Silverstone, aber gegen die ausgereifte Alfetta 159 und die neuen 4.5-Liter-Ferrari war kein Kraut gewachsen, Platz 5 für Reg Parnell und Platz 7 für Peter Walker, mehr war nicht drin.
Man reiste zum Italien-GP nach Monza an, aber in Anbetracht der von der Konkurrenz vorgelegten Zeiten kniff man den Schwanz ein, und verzichtete auf einen Start.
Wie war wissen, wurde 1952 und 1953 die Fahrer-Weltmeisterschaft für F2-Wagen ausgeschrieben, die Zeit des P15 war also zu Ende, bevor er überhaupt die Chance bekam, zu zeigen was er wirklich kann. Bis 1954 wurden die 3 Wagen noch bei vielen Formula-Libre-Rennen eingesetzt, meistens mit Reg Parnell und Ken Wharton,
aber sporadisch auch mit Weltklassefahrern wie Fangio und Gonzalez, und wenn sie nicht ausfielen, gewannen sie meistens auch.
Bereits Ende 1952 zerfiel das ganze hochfliegende Projekt eines „nationalen britischen Grand-Prix-Rennwagens“, weil sich fast alle beteiligten Partner wegen der fehlenden Erfolge zurückzogen, und die Überreste wurden von Afred Owen übernommen. Und wie wir wissen, war BRM nicht tot, sie kamen wieder, und dann auch erfolgreicher.