Natürlich hat dieser Südafrika-Einsatz eine Vorgeschichte. Klaus-Detlev von Oertzen, Verkaufsleiter von Auto-Union, hatte eine jüdische Frau, und emigrierte deshalb 1935 nach Südafrika, indem er die örtliche AU-Vertretung übernahm. Durch seine alten Beziehungen arrangierte er die beiden C-Modelle zusammen mit Bernd Rosemeyer und Ernst von Delius zu diesem Gastspiel. Diese überwältigende Vorstellung von deutscher Ingenieurskunst führte dazu, dass sich die DKW-Modelle F5 und F7 von da ab wie warme Semmeln verkauften.
Ich habe zwar Ergebnislisten von beiden Rennen, aber leider keine Starterliste, so dass ich die endgültige Antwort schuldig bleiben muss. Beide Rennen waren wie gesagt Handicap-Rennen, bei denen nach einer komplizierten Formel die einzelnen Autos in Zeitabständen gestartet wurden. Diese Handicaps waren eine typisch britische Angelegenheit (Südafrika gehörte zum Commonwealth), die Regeln sind ähnlich jenen beim Golf, wo ja auch ein schlechter Spieler gegen einen Profi gewinnen kann (gehe davon aus, dass das Prinzip des Golf-Handicaps bekannt ist). Man erreichte hiermit zum einen ein spannendes Rennen, denn die starken Wagen mussten ja erst mal ihr Zeithandicap einholen, und erfüllte zum anderen die Regeln der britischen Fairness. An einem typischen Rennwochenende in Brooklands war ja alles vertreten, vom kleinen Austin 7 bis hin zum Napier-Railton mit Flugzeugmotor, wenn man ein solches Starterfeld gemeinsam auf die Strecke schickte, stand der Sieger von vornherein fest. Auch eine Aufteilung in diverse Klassen und damit verbunden viele Einzelrennen mit jeweils nur wenigen Teilnehmern wurde dadurch vermieden. Die Idee ist nicht schlecht, man stelle sich folgendes vor: Die 3 besten aus allen deutschen Automobilsportserien treffen sich zum Saisonende auf dem Nürburgring, und ihre jeweils besten Qualifyingzeiten des laufenden Jahres auf dem Ring werden als Startzeit herangezogen. Wenn z.B. ein DTM-Auto 3 sec schneller war als ein F3, muss es also - bei z.B. 50 Runden - 2,5 min später losfahren. Es gäbe jede Menge Überholmanöver, und die letzten 5 Runden wären wahrscheinlich extrem spannend!
Aber zurück nach Südafrika. In Cape Town beim Grosvenor Grand Prix starteten die beiden AU knapp 40 Minuten nach den ersten, und nach 2 ½ Stunden hatte man trotz einiger Boxenstops alles überholt. Rosemeyer war minimal schneller als von Delius, war aber als letzter gestartet, so dass der Sieg letztendlich an von Delius ging. Man darf jetzt aber nicht denken, dass die anderen Fahrer nur Nasenbohrer mit Seifenkisten waren. Taruffi und Reusch waren mit Alfa-Romeo 8C-35 dabei, und Lord Howe und Pat Fairfield mit tierisch schnellen ERA’s. Auch Kay Petres „White Riley“ darf man nicht unterschätzen, genausowenig wie die Dame selbst. Der White Riley war Raymond May’s Gesellenstück, die Meisterprüfung legte er ja dann mit den ERAs und BRMs ab. Barrie Gillies, der englische Riley-Spezialist, hat ihn bis vor einigen Jahren bei historischen Rennen eingesetzt, bis er aus Altersgründen damit aufhörte. Nach eigenen Aussagen hat Barrie mindestens 10 Pfund Metall in Form von Nägeln und Platten im Körper, denn Überschläge waren bei seiner Fahrweise immer drin. Aber wenn Barrie am Start war, hatte kein einziger der stärkeren ERA auch nur den Hauch einer Chance ...!
Diese Südafrika-Reise machte durchaus Sinn, fand sie doch im Januar - dem Hochsommer in der südlichen Hemisphere - statt. Hans Stucks Trip nach Brasilien zum Rio-de-Janeiro-GP am 6. Juni 1937 passt hingegen nicht so ins Bild. Dieser - unübliche - Termin für das Gavea-Rennen fiel mitten in die Saison, und Stuck verpasste dadurch 2 der wichtigen Heimrennen, AVUS und Eifelrennen. Man hatte auch nicht gerade Fahrer im Überfluss, Varzi hatte man wegen seiner Drogenabhängigkeit an die Luft gesetzt, Lang liess sich als Ur-Schwabe nicht von Mercedes wegholen, und der daraufhin abgeworbene Fagioli hatte keine grosse Lust mehr (immer musste ein Deutscher gewinnen!), und feierte den grössten Teil der Saison krank. Man hatte also nur Rosemeyer und Stuck als Hauptfahrer, Ernst von Delius und Rudolf Hasse als Junioren, und HP Müller als Reserve.
Die Hintergründe für den Brasilien-Einsatz sind unklar, die Idee wird Hans Stuck zugeschrieben, aber zu diesem Zeitpunkt war seine Position im Team bereits ohne grossen Einfluss. Stuck konnte allerdings gut mit Adolf, ich vermute deshalb, dass er ihm diesen Trip als wichtige Propaganda verkauft hat, und Auto-Union dann eine Order von oben bekam. Das Ganze ging allerdings in die Hose, aus dem fest eingeplanten Start-Ziel-Sieg wurde nichts, weil die Scuderia Ferrari im letzen Moment auch 2 Wagen nach Rio verschiffte, einen Alfa 8C-35 für Carlo Pintacuda, und einen 12C-36 für Antonio Brivio-Sforza. Der kurvenreiche Gavea-Kurs war nicht besonders gut für den Auto-Union geeignet, und Pintacuda auf dem alten 3,8-Liter-Alfa gewann vor Stuck. Dieser Reinfall wird auch dazu beigetragen haben, dass man Hans Stuck später fallen liess.