Ralf Schumacher (Jordan Peugeot; Jordan Mugen Honda) 1997/1998
Michael Schumachers Bruder Ralf Schumacher war dann 1997 der nächste Deutsche bei Jordan. Ralf Schumacher kam als McLaren Mercedes Testfahrer zu Jordan Peugeot. McLaren warf in den Jahren auf Druck von Mercedes, die einen Deutschen im Cockpit haben wollten, ein Auge auf Schumacher. Neben Schumacher bewarben sich für das Cockpit eine Reihe von anderen Fahrern, Rubens Barrichello, Martin Brundle, Giancarlo Fisichella, Mika Häkkinen, Jos Verstappen, Mike Salo, Jean Alesi, aber auch ein anderer Deutscher, nämlich Heinz-Harald Frentzen. Der Vertrag zwischen Schumacher und Jordan Peugeot lief eigentlich für 3 Jahre, also für 1997, 1998 und 1999. Doch bereits für 1998 wurde Ralf Schumacher mit anderen Teams in Verbindung gebracht, für die Saison 1999 ersetzte er den bei Williams enttäuschenden Heinz-Harald Frentzen und wurde Rubens Barrichello und Juan Pablo Montoya als Teamkollege von Alessandro Zanardi vorgezogen. Der Hintergrund war, dass BMW ab der Saison 2000 zu Williams hinzustieß und Williams dadurch einen deutschen Fahrer wollte. Frentzen und Williams – das passte einfach nicht mehr. Nach den 2 Jahren bei Williams stand die Karriere von Frentzen bereits vor dem Aus. Er hatte für 1999 schon einen unterschriftsreifen Vertrag beim Rahal-Team in der ChampCar, doch dort kam kurzfristig noch Massimiliano Papis unter, der Mitte der 90er Jahre für Arrows in der Formel-1 war. Jordan zeigte an Frentzen zunächst wenig Interesse, viel mehr kamen Montoya und Ricardo Zonta als Schumacher-Ersatz in Frage. Auch Frentzens ehemaliger Arbeitgeber Sauber wollte ihn nicht zurück. Also orientierte sich Frentzen weiter in der ChampCar und stellte sich bei Chip Ganassi Racing und Patrick Racing vor. Doch völlig überraschend gab es dann den Cockpittausch zwischen Schumacher und Frentzen, Frentzen kam also 1999 zu Jordan Mugen Honda.
Ralf Schumacher aber kam 1997 ins Jordan-Team, als der britische Rennstall sich gerade im Aufwärtstrend befand. Mit Giancarlo Fisichella, dem heutigen Renault-Pilot, hatte der Deutsche jedoch einen Teamkollegen, der flott unterwegs war und es dem Neuling Schumacher nicht einfach machte. Schumacher hatte zudem den Druck des Namens, schließlich war er Bruder eines zum damaligen Zeitpunkt zweifachen Formel-1 Weltmeisters. Bereits im 3. Saisonrennen zeigte Schumacher aber, wozu er im Jordan Peugeot in der Lage war: Hinter Williams Renault Pilot Jacques Villeneuve und Ferrari-Fahrer Eddie Irvine lief Schumacher als 3. ein und fuhr damit sein erstes Podium ein. Freilich profitierte er dabei von Ausfällen einiger Topstars, wie Bruder Michael, oder Frentzen, doch die Fahrt war beeindruckend. Immerhin hatte er Glück, dass er noch im Rennen blieb, denn er kollidierte mit Teamkollegen Fisichella. Fisichella und Schumacher gerieten 1997 noch öfter an einander. Beim Luxemburg GP am Nürburgring lösten die beiden mit eine Startkollision aus, in der auch Michael Schumacher verwickelt wurde. Der erste Bruderzwist ließ nicht lange auf sich warten, das Ende vom Lied: Beide gaben Fisichella die Schuld.
Ebenfalls erwähnenswert: Beim Kanada GP hatte Schumacher einen schweren Unfall, war beim darauffolgenden Rennen in Frankreich aber wieder topp in Schuss: Startplatz 3 spricht für sich alleine. Damals zeigten Schumi II und Fisico aber immer öfter, wie stark der Jordan-Renner war, denn beim Deutschland GP stand Fisichella sogar in der ersten Startreihe auf Startplatz 2! Das zeigt auch, wie sich die beiden Fahrer zu Höchstleistungen anstachelten, aber meist war Fisichella derjenige, der noch ein Stückchen drauflegen konnte und gewann das Duell mit Schumacher sowohl nach Punkten, als auch in der Qualileistung. Über die gesamte Saison verteilt, stand Fisichella 5 Startplätze vor Schumacher, gewann das Qualiduell mit 11:7.
Für die Saison 1998 wartete auf Schumacher bei Jordan Mugen Honda die nächste große Aufgabe: Er bekam einen Weltmeister ins Team, wenn auch nur einen ehemaligen, nämlich Damon Hill, der 2 Jahre zuvor mit Williams Renault den F1-Titel holte und nun bei Jordan seine Karriere ausklingen lassen wollte. Schumacher musste schneller als der Formel-1 Opa sein. Für die Medienwelt war die Fahrerpaarung Schumacher/Hill natürlich ein gefundenes Fressen, denn Hill duellierte sich jahrelang mit Bruder Michael. Ralf Schumacher und Hill fuhren auf vergleichbaren Niveau, nach Punkten war Hill besser, doch Schumacher-Fans werfen ein: Hätte Jordan beim fabelhaften Belgien GP 1998 keine Stallorder angewandt, würde sich die Tabellensituation der beiden Fahrer drehen, dann wäre Schumacher vor Hill.
Der Belgien GP war Kurios: Nach dem größten Massencrash der Formel-1 Geschichte, einigen unglaublichen Aus- und Unfälle im Regen und anderen chaotischen Zwischenfällen fanden sich die beiden Jordan-Piloten in Führung. Hill vor Schumacher. Die Situation war haarig: Über weiten Teilen des Rennens war Hill der schnellere Mann, Ralf jedoch besonders gegen Ende der Schnellere, weil er auf ein Regensetup gesetzt hat, im Gegensatz zum Briten. Eine Safety Car Phase brachte die beiden dann ins direkte Duell. Teamchef Eddie Jordan pfiff Schumacher zurück, die beiden sollten die Positionen halten. Jordan erinnert sich: „Ralf hatte das schnellere Auto, und er wusste das. Damon andererseits hatte die ganze Arbeit verrichtet. In einem Grand Prix geht es nicht nur darum, was in den 2 Stunden im Rennen passiert, sondern auch in der Vorbereitungsphase ab Freitag, wenn es mit dem Training los geht. So gesehen hatte Damon den Sieg mehr verdient als Ralf. Wir hatten keine Nummer 1 und Nummer 2, aber um Zwischenfälle wie die Kollision zwischen Ralf und Giancarlo in Argentinien 1997 zu verhindern, also einigten wir uns, dass derjenige vorne bleiben soll, der ein paar Runden vor Schluss in Führung liegt. Wir baten die Fahrer, die Positionen zu halten. Im Gegensatz zu heute, Stallregie ist inzwischen verboten, konnte das Thema damals noch ganz offen via Funk diskutiert werden und zunächst meldete sich Hill zu Wort: „Haltet Ralf bitte zurück, zwingt mich nicht etwas Dummes zu tun.“ Der damalige Renningenieur von Ralf Schumacher, Sam Michael (heute Technischer Direktor von Williams Toyota), ordnete an: „Ralf, Positionen halten, greif Damon bitte nicht an.“ Doch der Deutsche, der damals noch keinen GP-Sieg auf dem Konto hatte und deshalb vor Ehrgeiz strotzte, beugte sich der Aufforderung nur widerwillig. „Ralf antwortete nicht,“ schildert Jordan. „Damon meldete sich wieder und sagte, wir sollen eingreifen, sonst könne das in Tränen enden. Also sagte Sam Michael zu Ralf, er solle nicht attackieren, lediglich den 2. Platz gegen Jean Alesi absichern. Es kam wieder keine Antwort. Sam wiederholte und sagte es sei ein Befehl. Stille. Dann bat Sam Ralf eine Antwort zu geben. Nach einer kurzen Pause sagte er dann, ja ich höre euch. Mehr kam nicht.“ Es war der erste Sieg in der Formel-1 für den Jordan-Rennstall und der 8. Sieg überhaupt, der erste seit dem Sieg von Eddie Irvine beim Formel-3000 Rennen in Hockenheim 1990. In Spa konnte Jordan zuvor ebenfalls schon triumphieren: 1989 holte Jean Alesi, in Belgien 1998 auf Sauber Petronas 3., auf einem Reynard Cosworth in der F3000 den Sieg für Jordan, vor Eric Comas (DAMS – Lola Mugen) und Marco Apicella (First – Reynard Judd). Ralf verpasste die Chance und musste noch ein paar Jahre warten, nachdem er auch beim Europa GP 1999 auf Williams Supertec aufgrund eines platten Reifens um alle Siegchancen gebracht wurde.
Ralf Schumacher zeigte nach dem Rennen in Spa in seinen letzten GP-Läufen für Jordan Mugen Honda noch ein starkes Race in Italien. Hinter den beiden Ferrari-Piloten Michael Schumacher und Eddie Irvine, beendete Ralf den Großen Preis von Italien als starker 3. Es war das erste Rennen, in dem beide Schumacher-Brüder gemeinsam auf dem Podium standen.