Serie: Britische F1-Champions: 1. Wieso Großbritannien zur Nummer eins wurde
Vor dem Zweiten Weltkrieg dominierten die Automobilhersteller den Rennsport, richtige Rennteams gab es erst so nach und nach – aus Großbritannien nur ganz wenige. Hersteller aus Großbritannien gibt es nicht viele, daher überrascht es auch nicht, dass die Insel vor dem Zweiten Weltkrieg im GP-Sport nur eine untergeordnete Rolle spielte. Die führenden Nationen waren anfangs vor allem Frankreich – hier fand 1906 auch der erste Grand Prix statt – und die USA, später auch Italien und Deutschland.
Heute aber werden fast alle Nationenstatistiken von Großbritannien angeführt. Bei den GP-Siegen seit 1906 sind das die besten zehn Nationen: Großbritannien (322), Deutschland (204), Italien (171), Frankreich (159), Brasilien (104), Argentinien (59), Australien (52), Finnland (48), USA (44), Österreich (43). Mit Mike Hawthorn, Graham Hill, Jim Clark, John Surtees, Jackie Stewart, James Hunt, Nigel Mansell, Damon Hill, Lewis Hamilton und Jenson Button kamen zehn der 32 F1-Champions aus Großbritannien. Und auch acht der elf F1-Rennställe haben ihre Basis – im Umkreis weniger Kilometer – in England!
Was für ein Triumphzug für Großbritannien! Aber wie kam der zustande? Die Zeit des Aufstiegs der Briten im GP-Sport war Mitte der 40er Jahre, also nach dem Zweiten Weltkrieg. Nationen wie Deutschland und Italien hatten den Krieg verloren und hatten daher natürlich andere Sorgen und Nöte als den Rennsport. Deutschland, die dominierende Nation der 30er Jahre in der GP-Szene, wurde vom Rennsport sogar ausgeschlossen.
Konzentration auf Chassis
In Großbritannien legte man auch die richtigen Trends: Viele Flugplätze aus dem Krieg wurden zu Rennstrecken umfunktioniert. Auch der Kurs in Silverstone, der noch heute Heimat des Großbritannien-GP ist, befindet sich auf dem Gelände eines alten Flugplatzes. Mit vielen weiteren Strecken wie Brands Hatch, Donington oder den Oulton Park hat Großbritannien eine herausragende Rennsportinfrastruktur im eigenen Land geschaffen.
Zudem kamen in den 50er Jahren verstärkt Garagisten aus England auf, wie Ken Tyrrell, John Cooper oder Colin Chapman – in den 60er Jahren auch Frank Williams – die eine neue Philosophie im Rennsport verfolgten: Sie bauten unabhängig von den Automobilherstellern, die bis dahin die Herren über die GP-Szene waren, eigene Rennunternehmen auf, die sich vor allem auf den Bau der Chassis spezialisierten. Die Motoren spielten keine große Rolle, die wurden von Herstellern dazu gekauft. Durch die immer kleineren und daher auch kurvenreicheren und langsameren Rennstrecken waren kleine, leichte und wendige Rennautos wichtiger als die schiere Motorenkraft. Das verstärkte sich auch noch mit der Einführung des 1,5-Liter-Reglements in der F1-Saison 1961 – die sorgte für den endgültigen Durchbruch der Briten!
Darüber hinaus war Großbritannien mit dem gesamten Königreich eine Weltmacht, nur von Amerika und Russland überboten. In Russland entwickelte sich aber erst später eine Rennszene auf wesentlich amateurhafterem Niveau und Amerika kochte sein eigenes Süppchen. Noch heute ist die Rennsportphilosophie in Amerika eine andere. Großbritannien wurde in vielen Bereichen wie der Medizin, der Wissenschaft aber eben auch dem Sport zu einer Spitzen-Nation – davon profitierte auch der Rennsport. Und im Schlepptau waren auch viele weitere Länder des Königsreichs, wie Neuseeland.
Nur ein Brite 2015?
Schließlich war es auch von großem Vorteil, dass die zahlreichen Rennen auf den britischen Kursen zumeist von den Tageszeitungen gesponsert wurden – wie es in der Steinzeit des Rennsports üblich war. Das hatte den angenehmen Effekt, dass zahlreiche Leser über die Rennszene informiert wurden.
Obwohl Großbritannien die Nummer eins ist, obwohl in der GP2 mit Jolyon Palmer und in der GP3 mit Alex Lynn ein Brite Meister wurde, ist es denkbar, dass die Saison 2015 in der Formel-1 nur mit einem Briten (Weltmeister Lewis Hamilton) über die Bühne geht. Jenson Button muss bei McLaren um sein Cockpit und damit um seine F1-Zukunft bangen. Max Chilton ist wegen der Pleite von Marussia auch (erst einmal) raus aus der Formel-1. Will Stevens könnte eine Chance haben, wenn das Caterham-Team wirklich verkauft wird. Palmer hofft immerhin auf einen Testfahrerposten bei Force India.
Es wäre nicht das erste Mal, dass nur ein Brite am Start stünde: Die Saison 1980 begann auch nur mit John Watson (McLaren), im Laufe der Saison kamen aber auch noch Geoff Lees (RAM, Shadow, Ensign), Stephen South (McLaren), Nigel Mansell (Lotus), Tiff Needell (Ensign) und Rupert Keegan (RAM) hinzu. Insgesamt 146 Briten standen bis heute bei mindestens einem WM-Rennen auch am Start. Die meisten gab es 1952 beim Großbritannien-GP (17), die meisten Briten über eine Saison hinweg 1959/’60 (26).
Hamilton mit Rekorden
Lewis Hamilton fuhr in Brasilien den 600. Podestplatz eines britischen F1-Fahrers in der WM ein, dazu übernahm er auch die Tabellenführung bei den meisten Siegen eines Briten im Rahmen der Weltmeisterschaft.
Meiste Siege
1. Lewis Hamilton 33
2. Nigel Mansell 31
3. Jackie Stewart 27
4. Jim Clark 25
5. Damon Hill 22
6. Stirling Moss 16
7. Jenson Button 15
8. Graham Hill 14
9. David Coulthard 13
10. James Hunt 10
Meiste Podestplätze
1. Lewis Hamilton 70
2. David Coulthard 62
3. Nigel Mansell 59
4. Jenson Button 50
5. Jackie Stewart 43
6. Damon Hill 42
7. Graham Hill 35
8. Jim Clark 32
9. Eddie Irvine 26
10. John Surtees 24