Ein bisschen Allgemeinwissen zu ATS, nachdem ja hier schon auf die Rennaktivitäten eingegangen wurde:
Die Gründung der Marke ATS hatte ihren Ursprung in einem der bei Ferrarl in den fünfziger und sechziger Jahren regelmäßig auftretenden Hauskräche: So verließen im Herbst 1961 der Konstrukteur Carlo Chiti, Rennleiter Romolo Tavoni und der kaufmännische Direktor Girolamo Gardini im Streit Maranello. Sie wurden sofort von Graf Volpi für die Scuderia Serenissima engagiert. Mit einem Kapital von rund 60 Millionen Lire, das von dem italienischen Industriellen Giorgio Billi und dem argentinischen Zinkmagnaten Jaime Ortiz Patino kam, gründete man im Februar 1962 die ATS Serenissima.
Hauptziel der neuen Firma war der Bau eines Formel-1-Wagens sowie einer modernen Sportwagenfabrik, für die man zehn Kilometer vor Bologna ein 50.000 qm großes Gelände erwarb. Zur Grundsteinlegung des Gebäudes, in dem Werkstätten, Montageband, eine eigene Gießerei, Rennabteilung und Büros untergebracht werden sollten, kam sogar Juan Fangio. Das Projekt schien vielversprechend.
Der ATS bei seinem Debüt 1963 in Spa - viel Arbeit sollte noch nötig sein - die Resultate blieben mager.
In kürzester Zeit realisierte Chiti einen neuen V8-Motor mit 1.494-ccm und 190 PS, der in dem zierlichen ATS-Monoposto bereits Ende 1962 vorgestellt wurde. Als Fahrer waren Phil Hill und Glancarlo Baghetti vorgesehen. Schon zu diesem Zeitpunkt trennte sich Graf Volpi nach Differenzen mit den Kapitaleignern von der Marke, um unter der Bezeichnung Serenissima eigene Fahrzeuge zu bauen. Der Firmenname des jungen Unternehmens wurde daraufhin in ATS - Automobili Turismo Sport geändert.
Auf dem Genfer Salon im März 1963 präsentierte man bereits den ersten Gran-Turismo-Wagen, den 2500 GT mit Allemano-Karosserie. Der V8 mit 2.467-ccm und 220 PS (anfangs wurden 210 PS genannt) bei 7.700 U/min war als Mittelmotor angeordnet und besaß zwei obenliegende Nockenwellen. Das 5-Gang-Getriebe der Zahnradfabrik Friedrichshafen war mit der Hinterachse verblockt, die Coupé-Karosse hatte man auf einem Rohrrahmen mit Einzelradaufhöngung aufgebaut. Gleichzeitig wurde eine leistungsfähigere Version 2500 GTS mit 245 PS angekündigt, die über vier obenliegende Nockenwellen verfügte. Der GTS sollte im Gegensatz zur Stahlblechkarosserie der Normalversion eine ultraleichte Haut aus Aluminium erhalten und über 250 km/h schnell sein!
Der Formel-1-Rennwagen wurde erstmals beim Großen Preis von Belgien am 9. Juni 1963 eingesetzt, Hill und Baghetti kamen allerdings nicht ins Ziel. Der Wechsel von Weber-Vergasern zur Lucas-Benzineinspritzung brachte aber auch keine besseren Resultate - in Holland, USA und Mexiko fielen die schlanken Monoposti aus. Lediglich in Monza konnten sich Phil Hill auf dem 11. und Baghetti auf dem 15. Platz klassieren. Das Ende des Projektes. Sportliche Einsätze gab es aber weiterhin: 1964 traten zwei ATS 2500 am Start zur Targa Florio an - die Teams Zeccoli/Gardi und Bandini/Frescobaldi fielen hier jedoch ebenso aus wie der Portugiese Cabral beim letzten Formel-1-Start der Marke in Monza - der Einsatz lief allerdings bereits unter der Leitung von Alf Francis (übrigens ein Presudonym - Francis war tatsächlich ein Pole mit Namen Kovaleski), wobei das eh schon kleine Auto noch mal um 15 cm im Radstand gekürzt wurde - muss verheerende Fahreigenschaften in Monza an den Tag gelegt haben...
The end of the line: der letzte 'offizielle' Einsatz eines ATS 1963 in Mexiko - in den wenigen Rennen in denen diese Autos gefahren wurden machte sie eine erstaunliche Metamorphose durch.
Das ATS, bzw. Derrington-Francis Team 1964 in Monza - da haben wir ja alle wichtigen Leute: Links der dicke Carlo Chiti, im Auto hockt der legendäre Alf Francis himself und hinter dem Auto steht Pilot Mario Cabral.
1964, nach Beendigung der offiziellen Rennaktivitäten des Hauses ATS, übernahm der langjähriger Chef-Meckaniker von Stirling Moss und Rob Walker (und bereits für einige F1-Konstruktionen verantwortlich) gemeinsam mit der Tuningfirma Vic Derrington das Formel-1-Projekt. Später versuchte Francis den 298 PS starken ATS-Motor in der 3-Liter-Formel 1 einzusetzen, der Cooper-Formel-1 von 1965 mit Derrington-Francis-Motor wurde für den Schweizer Fritz Baumann gebaut. Einsätze mit Roberto Bussinello 1966 und Silvio Moser 1967 brachten indessen keine einzige Plazierung, Jo Bonnier hatte den Wagen 1966 in Reims ebenfalls erprobt, startete dann aber lieber mit seinem Brabham. Auf dem Genfer Salon 1969 stand der GB-ATS 1000 von Giacomo Bianco - der kleine Rennsportwagen war mit einem 1.000-ccm-V8 (kein Witz!!) mit 142 PS bei 10.500 U/min ausgerüstet. Das war der Schwanengesang dieser mit viel Optimismus gegründeten Marke. Die Reste der liquidierten Firma ATS übernahm 1970 Moreno Baldi - ein trauriges Ende für ein mit interessanten Entwürfen und großen Ambitionen angegangenes Projekt.
Silvio Mosers gestrippter Cooper-ATS, 1967 beim GP von England - der wenige bekannte Schwanengesang für ATS...