Weiter geht's - diesmal die eigentliche Geschichte des Ganassi Racing Teams:
Ende 1989 bricht eine unerwartete Krise über das erfolgreiche Team Patrick-Ganassi Team herein. Topfahrer 'Emmo' ist mitsamt Sponsor Marlboro zu Penske gewechselt. Zwar besitzt Ganassi nun faktisch das Patrick-Team (auch wenn man nur relativ selten den Namen Patrick-Ganassi liest), aber er sitzt ohne Fahrer mit einem alten Chassis 'rum, das kaum mehr konkurrenzfähig ist, denn die CART hatte die Aerodynamik für 1990 ziemlich beschnitten (besonders im Bereich der aerodynamisch geformten Seitenkästen.
Deshalb splittet sich das Patrick-Team
1990 auf.
Ein Teil der Belegschaft macht (unter dem alten Namen Pat Patrick Racing) als Alfa Romeo-Werksteam weiter. Fiat, seit Enzo Ferraris Tod 1988 kompletter Eigentümer von Ferrari, transferiert den für Indy entwickelten V8-turbo an seine Tochter Alfa Romeo und guckt sich als Werksteam das gerade Fahrer- und sponsorlose Pat Patrick-Team aus.
Ganassi ist dieses Projekt (wie wir heute wissen zu Recht!) suspekt. Während sich also das 'Rest-Patrick' Team auf die Kooperation mit Alfa Romeo und March einlässt sich den Ferrari V8 ins Heck pflanzt, startet Ganassi sein 1-Fahrer-Team unter dem Namen Target (nach seinem Hauptsponsor Target Stores). Überraschend fällt die Fahrerwahl auf ausgedienten F1-Piloten Eddie Cheever, sein Dienstfahrzeug ist der Penske Jahreswagen von Pat Patrick (und zwar den Fittipaldi-Siegerwagen von Indy mit der Nummer PC 18-89), der Motor kommt von Chevrolet. Alles in allem nichts ungewöhnliches. Mit von der Partie ist auch ex-Fittipaldi Crew-Chief Tom Anderson als Teammanager, den er von Pat Patrick quasi übernimmt. Das Team übernimmt auch die Garage von Pat Patrick im Nordwesten von Indianapolis.
Nach wenigen Rennen legt man sich einen aktuellen Lola zu, der 1990 State-of-the-art ist. Das junge Team schlägt sich recht gut, bereits im fünften Rennen kann Cheever das Podium besteigen, in der Endabrechnung wird er 9. und kann sich mit den Titel 'Rookie of the Year' schmücken (was auch immer das für einen 12 Jahren alten F1-Veteranen bedeuten mag).
Der erste 'echte' Ganssi-Wagen, noch weitgehend sponsorenfrei, sieht von der Lackierung den aktuellen Toyotas recht ähnlich. Oben der in den ersten Rennen eingesetzte Vorjahres Penske (Bild von seinem letzten Rennen, dem Michigan 500), darunter der '90 er Lola beim vorletzten Rennen in Nazareth.
1991 macht man größtenteils unverändert weiter. Das Team bewegt sich etwa auf Vorjahresniveau - man wird abermals 9. in der Endabrechnung. Als neuen Hauptsponsor kann man die Fa. Scotch gewinnen. Ein weiterer großer Gewinn für das Team ist der aus der Formel 1 bekannte 'Mo' Nunn, den Ganassi noch von seiner Zeit bei Pat Patrick kennt. Nunn war 1990 mit zum Alfa Romeo-Projekt gewechselt - kehrt aber nun reumütig zu seinem alten 'Chef' zurück.
Der '91er Lola von Ganassi, aufgenommen in Mid Ohio, wo Cheever 8. wird. Das typische rot-schwarze Erscheinungsbild ist in den Grundzügen schon vorhanden...
1992 wechselt man die Antriebsquelle zu einem Ford XB. In Phoenix kommt Cheever recht knapp an den Sieg heran und kommt hinter Rahal als 2. ein. Auch in Indy fährt er großartig, liegt im ersten Renndrittel ständig in der Spitzengruppe und führt 9 Runden lang das Feld an. Letztlich wird er mit 10 Sekunden Rückstand Vierter.
Nach einigen Rennen setzt Ganassi endlich auch einen zweiten Wagen ein. In Indy fährt Arie Luyendyk leihweise einen '92er Lola, in weiteren Rennen kommt der ungestümen Nachwuchsfahrer Robby Gordon zum Einsatz, der sich allerdings mit einem (meist sponsor-losen) Vorjahreswagen begnügen muss. Das Geld reicht nicht für die ganze Saison, ab Mid-Ohio ist Cheever wieder auf sich alleine gestellt.
Das Ganassi Line-up von 1992; oben Stammpilot Cheever, neben der Piste in Mid Ohio, mitte Arie Luyendyk bei seinem einzigen Einsatz in diesem Jahr in Indy, unten der ungesponsorte Vorjahreswagen mit Neuling Robby Gordon.
1993 rüstet Ganassi weiter auf und holt sich den Oval-Spezialisten Arie Luyendyk (immerhin Indy Sieger von 1990 und im Vorjahr schon mal für ihn recht vielversprechend unterwegs) ins Team. Doch die Rechnung geht nicht auf, obwohl Luyendyk um ein Haar das Indy 500 (von der Pole-Position!) gewonnen hätte, wenn er nicht beim Re-Start kurz vor Schluss hinter Mansell eingeklemmt gewesen werde und ihn Fittipaldi überrumpeln konnte. So ist der 2. Platz das einzige Highlight des Jahres.
Auf den Einsatz eines zweiten Wagens wird 1993 verzichtet.
Elegante Erscheinung; der '93er Ganassi-Lola mit Arie Luyendyk beim Michigan 500. Luyendyk wird 3.
1994 reicht die Kohle endlich für ein 2-Mann-Team. Er übernimmt den in der Formel 1 durch die Qualitätssicherung gefallenen Michael Andretti, dessen Dienste er bereits eine Woche nach seinem McLaren-Rauswurf im September 1993 'gesichert' hatte. Zweiter Mann wird ein weiterer F1-Flüchtling; Mauricio Gugelmin. Den nimmt er allerdings eher wegen der Mitgift seines brasilianischen Tabak-Sponsors Hollywood als wegen seiner Fahrkünste. Das Auto fällt optisch etwas aus dem Rahmen und sieht nicht wie ein echter 'Ganassi' aus - aber in US-Rennserien sind zwei unterschiedlich lackierte Teamfahrzeuge durchaus nichts ungewöhnliches...
Beim Chassis geht das Team volles Risiko und setzt auf den CART-Neueinsteiger Reynard - und landet einen Volltreffer; bereits das erste Rennen wird von Andretti gewonnen (wofür ihn sogar sein ex-Teamkollege Ayrton Senna gratuliert). Auch in Toronto gelingt ihm ein Sieg. Als äußerst attraktiv erweist sich nun Ganassis Vertrag als Generalvetreiber für Reynard-Chassis in den USA, denn binnen weniger Monate rennen ihm die Interessenten förmlich die Bude ein - und Reynard dominiert die Serie bald nach Belieben.
Die Fahrer-/Auto-Kombination für 1994; oben Michael Andretti in Mid Ohio, unten der mit Hollywood-Lackierung ausgestattete Wagen von Maurico Gugelmin in Michigan. Wie sehr die verschiedenen Flügel (klassischer Rundkurs, bzw. Oval) doch die Optik eines Autos verändern können...
Nachdem Andretti seinen Ruf in den USA bei Ganassi wieder aufpolieren hat, verlässt er ihn im Folgejahr
1995 schon wieder - und man muss sich einen neuen Spitzen-Mann suchen. Doch diesmal geht man einen anderen Weg: Erster Mann wird der '93er Indy Lights Champion Bryan Herta, der sich zwar als sehr schneller, aber nicht gerade kluger Fahrer erweist. Zweiter Mann wird der aufstrebenden Jimmy Vasser - eine kluge Entscheidung wie sich bald herausstellen wird, denn er ist - bei hoher Zuverlässigkeit - der deutlich schnellere Mann: in Portland ist Vasser nach der Disqualifikation (wegen zu geringer Bodenfreiheit) von Al Unser jr. sogar wochenlang Sieger des Rennens - aber nach Protest des Penske Teams und endloser Prozessiererei kriegt Little Al den Sieg am Ende der Saison wieder zurück. Auch Indy hätte Vasser wohl gewonnen, hätte er das Auto nicht 25 Runden vor Ende in die Wand gesetzt...
Herta hingegen will Ganassi zur neuen Saison unbedingt auswechseln, obwohl man im Team von Herta überzeugt ist. Doch der Chef setzt sich durch. Auch bei der Wahl für den Ersatz liegt er goldrichtig. Doch dazu kommen wir später...
Ein Clou ganz anderer Art steht für Ganassi in diesem Jahr an - er gewinnt den 4-fachen Super-Bowl Gewinner und legendären Quarterback Joe Montana als Partner (für die Promotion-Arbeit!) für sein Team.
1995 kommt erstmals der inzwischen klassische gelbe Ganassi-Pfeil auf die Autos - die Seitenkästen bleiben aber - dank Sponsor Scotch - noch schwarz. Oben der Wagen von Jimmy Vasser in Mid Ohio, unten der Wagen von Bryan Herta in Elkhart Lake.
Als die Saison
1996 startet, kann sich das aufstrebende Team vor Sponsoren kaum mehr retten; das Auto wird mit Stickern wie 7Up, Borden, Bosch, Coca-Cola, Colgate-Palmolive, Dial, Firestone, First Alert, Gilette, Hanes, Honda, IBC, Inc.-Nabisco, Jolly Rancher, Kleenex, Krylon, Shick, Mistic Brands, Planters, Purex, Rayovac, Right Guard, Speed Stick, STP, Target, TDK, Texaco Havoline zugeballert - um nur einige zu nennen. Trotz allem - das ist das erstaunliche - sieht das Auto optisch top aus - und nicht nur das - endlich ist das Team auch auf Top-Niveau. Bryan Herta, der bei seinem Chef durch seine unüberlegte Fahrweise in Ungnade gefallen ist, wird durch Alex Zanardi (der sich in einem Shoot-out gegen den im selben Jahr tödlich verunglückten Jeff Krosnoff durchsetzt) ersetzt.
Ist schon manchmal komisch, wenn man bedenkt wie wohl die Karrieren von Zanardi und Krosnoff verlaufen wären, wäre die Wahl damals anders verlaufen...
1995 zeigten die kleinen Teams von Tasman und Harry Brix das Potential der neuen Firestone Reifen und der Honda-Motoren. Besonders in Kombination erscheint Ganassi dieses Paket attraktiv. Kurzer Hand wechselt er die Partner und schnürt ein Paket von Reynard (Chassis) - Honda (Motor) und Firestone (Reifen). Was auf den ersten Blick riskant erscheint, ist für Ganassi der Durchbruch und der Beginn einer jahrelangen Dominanz, denn diese Kombination erweist sich als nahezu unschlagbar! Der Titel geht an Jimmy Vasser - und auch Alessandro Zanardi dreht in der zweiten Saisonhälfte mächtig auf und gewinnt drei Rennen.
Getrübt wird der Triumph durch die Abspaltung der IRL von der CART - das traditionsreiche Indy geht dem ehrgeizigen 'Chip' Ganassi auf diese Weise durch die Lappen. Aber er holt diesen Triumph einige Jahre später nach - wie wir wissen...
Schönes Bild des bärenstarken Ganassi-Doppels Vasser (oben) und Zanardi (unten) in Michigan 1996.
Ab 1997 dürfte die Ganassi-Geschichte bekannt sein; es folgen Titel für Zanardi (1997), nochmal Zanardi (1998) und Montoya (1999). 2000 folgt der überraschenden Motoren-Wechsel zu Toyota. Diesmal gelingt es Ganassi nicht den Clou von 1996 zu wiederholen und aus dem Stand Meister zu werden, doch der Wagen ist erstaunlich konkurrenzfähig und gewinnt mit Montoya am Steuer 4 Rennen - doch ist er insgesamt zu unzuverlässig. Aber Ganassi hält sich schadlos und holt sich ENDLICH mit Montoya den Indy Sieg, den er seit 1996 so schmerzlich vermisst. 2001 (das Jahr in dem er offiziell in die NASCAR einsteigt) verlässt Ganassi sein Glück bei der Fahrerwahl; Bruno Junquiera und besonders Nicolas Minassian sind als Neulinge überfordert. Noch im Laufe der Saison wird Minassian überstützt durch Memo Gidley ersetzt. Außerdem sind die Champcars deutlich am Niedergang - die interessantere Serie findet mittlerweile in die IRL statt. Auch Ganassi sieht das ein und wechselt Ende 2002 - als letztes der großen Teams - in die IRL.
Ich hoffe das Michael das Thema ab 1997 vielleicht noch mal etwas zusammen schreibt - ich denke da ist er näher an der Materie als ich.
So long...