Letzte F1-Jahre
Bei Lotus blieb Carlos Reutemann sieglos. 2-mal wurde er 2. Immerhin war er aber meist besser als Teamkollege Mario Andretti, dessen Titel bereits 1978 etwas umstritten war. Andretti war damals bei Lotus die klare Nummer 1, allerdings fuhr ihm Teamkollege Ronnie Peterson oft um die Ohren. Da Lotus das klar dominierende Team war, tankte man Peterson meist sogar mehr Benzin in den Tank als von Nöten für die Qualifikation, damit er langsamer fährt als Andretti. Oftmals schlug der Schwede die US-amerikanische Rennlegende Andretti aber trotzdem.
Nachdem der Titelgewinn für Reutemann auch bei Lotus Ford nicht klappte, wechselte er nochmals das Team: Er kam bei Williams Ford unter. Das Team von Frank Williams, das noch aktuell in der Formel-1 aktiv ist, kam genau zu dieser Zeit in Schwung. 1979 kamen die erste Siege und viele Teams hatten den britischen Rennstall vom späteren Rollstuhlgeneral auf der Rechnung, wenn es um die Favoriten auf den WM-Titel 1980 ging. Williams holte Reutemann als Ersatz für Clay Regazzoni.
Doch die Titelhoffnungen verflüchtigten sich bei Reutemann schnell. Der Saisonstart des Argentiniers war nur mäßig, ganz im Gegenteil jenem des Teamkollegen Alan Jones. Jones war im Team ferner auch sehr beliebt. Noch heute gilt Jones als der beliebteste Fahrer des Williams-Team in der langen Geschichte des Rennstalls. Jones wurde bald die Nummer 1 von Williams und wurde vom Team auch so behandelt. Nicht nur für die Saison 1980, sondern vor allem 1981.
In Monaco 1980 aber kehrte Reutemann zunächst auf die Siegesstraßen zurück. Mit dem Sieg vor Jacques Laffite (Ligier Ford) und Nelson Piquet (Brabham Ford) gewann er das erste Rennen seit dem USA GP 1978. Den 3. Platz in Belgien zuvor noch mit dazugerechnet, schaffte es Reutemann 15 Rennen am Stück in die Punkte zufahren, also bis einschließlich Belgien 1981, als er sogar das Rennen gewinnen konnte. Erst ein Rennen später in Monaco schied er mit Getriebeschaden aus. 15 Rennen am Stück in den Punkten ist heute oftmals sogar die Regel, doch damals war dies ein Meisterstück, denn die Zuverlässigkeit der Teams und Fahrer ließen arg zu wünschen übrig.
In der Saison 1981 stand Reutemann aber auch mit dem Rücken zur Wand: Trotz einer Absprache mit dem Team, Jones – Weltmeister 1980 – vorbeizulassen, gewann Reutemann das Rennen, wodurch er in der WM-Wertung die Führung übernahm und sie in Folge immer weiter ausbaute. Das Verhältnis zwischen Reutemann und dem Williams-Team kippte aber aufgrund dieser Aktion. Mit schwierigen Bedingungen rettete Reutemann seinen Vorsprung in der Weltmeisterschaft aber bis ins letzte Rennen im amerikanischen Las Vegas. Und dann kam es zum Supershowdown zwischen 3 Fahrern: Jones, Laffite und Piquet.
Das Finale wurde dann am 17. 10. 1981 auf einem der schlimmsten Kurs ausgetragen, welchen die F1 je erlebt hatte, dem Parkplatz des Caesars Palace in Las Vegas. Die Ausgangslage sah Piquet als leichten Favoriten an, während man Reutemann schlechtere Chancen zubilligte. Warum? Das hatte mehrere Ursachen: Erstens hatte er sich beim Rennen in Kanada nicht gerade in Hochform präsentiert, was sowohl mit seinem ab Monza eingesetzten neuen (schlechten) Williams-Chassis zu tun hatte als auch mit seiner merkwürdigen Art, stets pessimistisch-abbauend in wichtige Rennen zu gehen. Außerdem zeigte auch Teamkollege Alan Jones wenig Neigung ihm behilflich zu sein: „Ich halte keine Autos für ihn auf, ich bin britisch-sportlich“, sagte Jones süffisant im TV-Interview. Und, präziser: „Ich gebe ihm soviel Hilfe, wie er mir 1980 gegeben hat“. Die Chancen von Laffite waren dagegen eher theoretischer Natur. Reutemann hingegen hatte offensichtlich genug von seiner Behandlung bei Williams: „Ich hätte große Lust, Frank Williams am Sonntag 5 Minuten vorm Start das Auto hinzustellen und ins Caesars Palace schwimmen zu gehen; wenn ich gewinne, ist das mein Titel und nicht der von Williams“, verriet er am Samstag. Piquet hatte keinerlei Motivationsprobleme, dafür physische: Der Kurs wurde gegen den Uhrzeigersinn gefahren, was die Halsmuskeln des Brasilianers arg strapaziert hatte, sodass er sich am Samstag Abend einer ausgedehnten Massage unterziehen musste. Im Qualifying konnte Reutemann noch brillieren, er holte die Pole vor seinem Teamkollegen. Piquet stand am 4., Laffite nur am 12. Startplatz. Beim Start katapultierte sich Jones in Führung, wobei es zu einer leichten Kollision mit seinem Teamkollegen kam. Reutemann fiel in der ersten Runde auf Platz 5 zurück; Piquet lag dahinter. Nach ein paar Runden brach der 4. Gang des Argentiniers, außerdem übersteuerte der Williams. In Runde 17 dann die Vorentscheidung: Piquet überholte Reutemann und war 6., dann 5. Doch der Brasilianer war konditionell am Ende. Dazu kam ein Fehler seiner Boxencrew, die ihm Alfa Romeo Pilot Giacomo Giacomelli als Überrundeten signalisierte, worauf der Italiener Platz 5 übernahm; auch Nigel Mansell überholte Piquet. „Ich fühlte mich, als würde ich sterben“, sagte Piquet nach dem Rennen. Doch nach den Ausfällen von Gilles Villeneuve und Mario Andretti konnte er den 5. Platz halten und 2 Punkte sichern. Reutemann krebste am 8. Platz herum und hatte sichtbar die WM-Chance aufgegeben, Laffite überholte in der letzten Kurve noch Watson und wurde 6. Er gewann damit die 1981 ausgetragene Jim-Clark-Trophy für den einsatzfreudigsten Fahrer mit einem Punkt vor Gilles Villeneuve. Im Ziel herrschte überschäumende Freude bei Williams über den Sieg von Jones und relativ wenig Trauer über den verlorenen Reutemann-Titel. „Auto gut, nur der Pilot ist müde geworden!“, spottete zum Beispiel Charlie Crichton-Stewart. Reutemann verschwand wortlos aus der Box in sein Hotelzimmer, der neue Weltmeister Piquet konnte erst nach einer Viertelstunde sein Auto verlassen, er war völlig entkräftet. Endstand: 1. Piquet 50, 2. Reutemann 49, 3. Jones 46, 4. Laffite 44 Punkte.
1982 fuhr Carlos Reutemann noch 2 Rennen für Williams, aber nach dem Brasilien GP entschied er, sich aus der Formel-1 zurückzuziehen. Williams ersetzte ihn zunächst mit Mario Andretti, danach mit Derek Daly.