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Carel de Beaufort

Das Formel 1 Forum früherer Tage...
Beitrag Donnerstag, 25. Mai 2006

Beiträge: 8060
Es ist mal wieder Zeit für eines meiner Fahrer-Portraits: nach Masten Gregory, Alberto Ascari, Willy Mairesse und Alfonso de Portago (über den wir eine sehr schöne Diskussion hatten) ist jetzt Carel de Beaufort dran:

Bild
©Benno Müller/Eberhard Reuß - Gesichter des Rennsports; Motorbuch Verlag 1999

Allein schon wegen seines ellenlangen Namens die logische Fortsetzung von Portago: Jonkheer Carel Godin de Beaufort, Herr auf Maaren und Maarsbergen - und Ecurie Maarsbergen heißt deshalb auch sein Rennstall. Ein Hüne von Gestalt, fast 2 m groß, passte er nur in die Cockpits der rundlichen Porsche-Vierzylinder anfangs der Sechziger. Vier Jahre alt ist sein Lieblingsexemplar 'Old Fatty Porsche' - ein Werkscockpit kommt für ihn nicht in Frage. Zu Beginn war er einfach nur ein 'rollender Dilletant' - später hatte er so sehr Gefallen am privaten Rennsport gefunden, dass für ihn gar nichts mehr anderes in Frage kam. So bleibt er der vielleicht letzte echte Amateur in der Formel 1, stets gut gelaunt und aus purer Freude an dem olympischen Prinzip unterwegs. Manchmal fragt man sich wie lange er noch so weiter gefahren wäre...

Amateur mit Perücke

Hinter den Kulissen entpuppte er sich als ganz großer Charakter, als brillanter Komiker. Er gehörte bis zu seinem Unfall wie eine feste Größe zur schnellen Truppe, investierte eine Menge Geld in den Rennsport, das er nie herauswirtschaften konnte und hatte im übrigen viel Spaß an seinem unsteten Wanderleben. Carel lebte heute, dachte vielleicht noch an morgen, aber nie bis übermorgen.

Seine karierte englische Sportmütze nahm er zu keiner Begrüßung ab, steckten doch immer hartgekochte Eier darunter, die ihn seine gelegentlichen Diätanfälle durchstehen halfen. Zu Hause, auf Casteel Maarsbergen, holperte er die Schloßtreppen im Jeep herunter. Zum Training trat er vorzugsweise mit einer roten Perücke an, die ihm den Sturzhelm ersetzte. Daran nahm Anfang der sechziger Jahre niemand Anstoß, sah man doch am Nürburgring typisch britische Morgan-Fahrer noch mit Blazer und flatternder Krawatte auf luftigem Sitz die 1000 km herunterfahren. Damals begann und endete das Sicherheitsbewußtsein beim Sturzhelm und wenn dieser schon einen ledernen Nacken- und Ohrenschutz hatte, dann war der Träger fast schon futuristisch ausgerüstet.

Schwarze Flagge für den rollenden Schrott-Porsche

Er lebte und starb mit Porsche: in dem Zuffenhausener Werk wurde er schnell zu einem festen Bestandteil. Seine ersten Rennen 1956 bestritt er mit einem Porsche Spdyer, bereits 1957 startete er mit einem F2 - natürlich Porsche - im Rahmen des Deutschen GP. Ab diesem Zeitpunkt gab es auch sporadisch Grand Prix Einsätze - meist mit Ankünften 5-10 Runden hinter dem Sieger.

Bekannt wurde de Beaufort in Deutschland durch seinen spekatulären Unfall bei einem Sportwagenrennen auf der Avus 1959: Ausgangs der Steilkurve hatte er die Bodenhaftung verloren, schlitterte über deren Rand hinweg und verschwand im Abgrund!!! Den Zuschauern verschlug es förmlich den Atem - man rechnete mit dem Schlimmsten. Aber de Beaufort stürzte durch Bäume und Gebüsch ins viel tiefer gelegene Fahrerlager und holperte benommen wieder auf die Strecke zurück. Der furchtlose Holländer reihnte sich mit seinem total verbeulten Porsche unversehens wieder in das Feld ein, doch wenig später stoppte ihn die Rennleitung aus Sicherheitsgründen endgültig. Trotz dieses Zwischenfalls war aber Beaufort nicht das was man landläufig einen Crash-Piloten nannte. Im Gegenteil...

Hatte er bis dahin meist Sportwagenrennen, wurde er in den 60er Jahren rühriger - spätestens als er 1961 den ex-Rob Walker Porsche 718 erwarb, gab es für ihn kein halten mehr. Die Ergebnisse waren zwar relativ bescheiden (immerhin vier 6. Plätze im GP - das ist in Anbetracht seines Fahrzeugs gar nicht so schlecht), aber bei einen nicht zur WM zählenden Rennen sah er immerhin mal das Podium (Zweiter in Rom und Siracusa 1963, Dritter in Zeltweg 1963).

Die gefährliche Onboard-Kamera

Carel strahlte immer, Carel war entgegenkommend und hilfsbereit und mit dieser Hilfsbereitschaft handelte er sich im Training zum Großen Preis von Deutschland 1962 völlig außer Programm eine undankbare Hauptrolle ein. Das deutsche Fernsehen suchte unter den Aktiven nach einem Fahrer, der sich bereit erklärte, an seinem Wagen eine Kamera montieren zu lassen, um den Zuschauern den schnellen Sport aus der Perspektive des Fahrers in die Wohnzimmer zu flimmern.

Carel ließ sich überreden (bei solchen Sachen machte er immer mit), und rasch wurde eine dicke 16-mm-Kamera am Heck seines alten Vierzylinder-Porsche montiert. Bis zur Fuchsröhre ging die Sache gut, dann überstürzten sich die Ereignisse. Man hätte sich keinen gefährlicheren Punkt entlang der Strecke für dieses makabre Happening aussuchen können: im Abwärtsgeschlängel löste sich am orangeroten Porsche die Kamera aus ihrer Halterung. Sie wurde auf den Boden geschleudert und blieb mitten auf der Strecke liegen. Beaufort hatte nix bemerkt und setzte seine Fahrt ahnungslos fort.

Graham Hill schoß mit Höchstgeschwindigkeit aus der vorausgehenden Kurve, als er den schwarzen Gegenstand vor sich auf der Straße entdeckte. Er konnte dem dunklen Etwas nicht ausweichen, er mußte bei dieser Geschwindigkeit Ideallinie fahren. Hill nahm den Gegenstand genau zwischen die Vorderräder in der Hoffnung er werde das 'Ding' passieren, aber die Kamera schlitzte den Öltank auf! Eine superschnelle Ölfontäne spritzte auf und traf mit ihrem Strahl noch die Hinterräder des BRM. Der Wagen drehte sich wie ein Kreisel, sackte in einen Graben neben der Strecke, wurde wieder auf die Straße zurückkatapultiert, landete wieder im Graben und wurde wie von magischen Kräften zwanzig, dreißig Meter halb im Graben, halb auf der Strecke weitergeschleift, bis er von kräftigem Buschwerk in seiner gespenstischen Fahrt abgebremst wurde.

Graham befreite sich mit verrenktem Hals und Hautabschürfungen aus dem Chassis seines BRM. Auf allen Vieren krabbelte er zur Strecke hinauf. In diesem Augenblick raste Tony Maggs auf die Öllache zu. Auch er startete sogleich zu einer mitreißenden Pirouette, bevor er in eine Hecke geschleudert wurde. Der Cooper sah aus, als hätten ihn die Hell-Drivers zusammengefahren. Tony Maggs befreite sich glücklicherweise unbeschädigt aus dem Gestrüpp.

Graham Hill schaltete sofort. Er rannte so schnell er konnte - es gab unter der ersten Fahrergarnitur bessere Sprinter als ihn - auf die Kurve zu, schwenkte wild seine Arme und machte auf diese Weise die nachfolgenden Konkurrenten auf die ölig schillernde Gefahr aufmerksam. Trintignant war der nächste. Er stellte sich kräftig auf die Bremse und konnte die tückische Öllache um Zentimeter umgehen. Ein Streckenposten kam Graham jetzt zu Hilfe und schwenkte die gelbe 'Achtung Gefahr'-Flagge. Die schmierseifenglatte Stelle wurde mit Sand entschärft und die ölige Falle konnte nicht wieder zuschnappen.

Unerwartetes Ende

Seine Hörner hatte sich de Beaufort schon längst abgestoßen und mit seinem Wagen Hunderttausende von Flug-, Schiffs- und Straßenkilometern zurückgelegt. Niemand glaubte mehr an seinen Rennfahrertod. Um mit seinem Vier- gegen die Achtzylinder ehrenvoll zu bestehen, hat er sich übernommen, als er 1964 am Nürburgring mit seinem Porsche während des Trainings aus ungeklärter Ursache in die Botik flog - drei Tage später starb er in einem Krankenhaus in Düsseldorf. Nun liegt er einige Steinwürfe hinter seinem Wasserschloß, in dessen Mauern er unvergessen sein wird.

Beitrag Donnerstag, 25. Mai 2006

Beiträge: 4967
Vielen Dank, Alfalfa :D)

Beitrag Donnerstag, 25. Mai 2006

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Wieder Mal ein toller Bericht eines tollen Fahrers! Danke, lieber Alfalfa!

Hier noch was zur Statistik von Cael de Beaufort. Der exakte Name des Holländers war übrigens Jonkheer Carel Pieter Anthonie Jan Hubertus Godin de Beaufort. Sein Debüt gab er beim Deutschland GP 1957 mit einem Porsche 50RS seines eigenen Teams Ecurie Maarsbergen. Er startete von Rang 20 und kam als 14. ins Ziel. Die nächsten WM Rennen fuhr er erst wieder 1958. Beim Heim GP in Holland trat er selbstverständlich an, schied aber aus. Auch beim Deutschland GP hatte er einen Motorschaden. 1959 fuhr er den Holland-und Frankreich GP, wurde dabei 9. in Frankreich, wo er allerdings nicht wie gewohnt für das Ecurie Maarsbergen Team, sondern für die Scuderia Ugolini fuhr. Auch war dies kein Porsche, sondern ein Maserati 250F. 1960 fuhr er seinen Heim GP mit einem Cooper Climax T51 F2, wieder für Ecurie Maarsbergen. Er wurde 8. Von 1961-1964 fuhr er dann mehr Rennen. Mit seinem gewohnten Team fuhr er dann alle restlichen Rennen mit dem Porsche 718. Beim Holland- und Frankreich GP 1962, sowie beim Belgien- und USA GP 1963 wurde er jeweils 6. Die 2 Punkte reichten 1962 zu WM Rang 17 und 1963 die 2 Zähler zum WM PLatz 14. IN seiner Karriere fuhr De Beaufort also 28 Rennen, holte 4 Punkte und erfuhr beim Deutschland GP 1962 mit Startplatz 8 den besten Startplatz. 1964 verunglückte De Beaufort leider tödlich beim Deutschland GP.

Beitrag Donnerstag, 25. Mai 2006

Beiträge: 8060
MichaelZ hat geschrieben:
1959 fuhr er den Holland-und Frankreich GP, wurde dabei 9. in Frankreich, wo er allerdings nicht wie gewohnt für das Ecurie Maarsbergen Team, sondern für die Scuderia Ugolini fuhr. Auch war dies kein Porsche, sondern ein Maserati 250F.

Dieser Einsatz ist mir selbst auch etwas schleierhaft. Es gab mal einen Maserati Rennleiter namens Ugolini - ich nehme an der steckte hinter diesem Einsatz. Das muss ich noch mal genauer untersuchen.

Hier ein Bild des (seltenen) Maserati-Einsatzes von Beaufort:

Bild

Beitrag Donnerstag, 25. Mai 2006

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Wäre interessant, da näheres drüber zu erfahren!

Beitrag Donnerstag, 25. Mai 2006

Beiträge: 8060
Ja, da gibt's - soweit ich spontan meine Quellen prüfen kann - ziemliche Verwirrung. Das ist wohl das Auto dass für Hans Herrmann vorgesehen war. In vielen Quellen steht er auch im Grid drinnen. Aber Beaufort ersetzte ihn wohl kurzfristig wegen einer Verletzung. Ich gehe der Sache noch genauer nach. Der Körpergröße & Fülle nach ist der Fahrer im Bild aber EINDEUTIG Beaufort... :lol:

Beitrag Donnerstag, 25. Mai 2006

Beiträge: 8060
Ich glaube die Geschichte keines anderen Autos ist so viel und so gut von allen Seiten durchleuchtet worden wie die des Maserati 250F - und doch muss ich zu meiner Schande gestehen dass ich bisher noch nichts genaues über dieses/diese (denn offenbar waren es 2) Ugolini-Auto(s) weiss.

Dieser 'Nello' Ugolini war auf jeden Fall Manager bei Ferrari, ehe er seit dem Juni 1955 in derselben Position für Maserati tätig war. Als Fußball-Manager war er übrigens auch aktiv (so was gab's schon in den 50er Jahren) und ab 1960 war er dann als Manager bei Serenissima - ein weitgereister Mann. Die Scuderia Ugolini gab es nicht mal ganz ein Jahr und war - soweit ich weiss - lediglich eine Einsatzplatform für die Privatmeldungen von Scarlatti und de Fillipis. Aber vielleicht führt das jetzt hier zu weit...

Beitrag Freitag, 26. Mai 2006

Beiträge: 45812
Ne ich finde das ganz interessant. Nach meinen Recherechen gab es die Scuderia Ugolini nur 2 Rennen, alle 1959: Beim Monaco GP fuhr Giorgio Scarlatti (konnte sich nicht qualifizieren) und beim Frankreich GP Scarlatti (8.) und de Beaufort (9.).

Beitrag Freitag, 26. Mai 2006

Beiträge: 8060
Na gut, dann werden wir der Sache noch mal nachgehen... :wink:

Beitrag Samstag, 06. September 2014

Beiträge: 45812
Mich würde mal interessieren, ob die Porsche-Rennfahrzeuge von De Beaufort/Maarsbergen in irgendeiner Form weiterentwickelt wurden, oder hat er sie lediglich gefahren, so wie sie waren?


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