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Bugatti im GP Sport

Das Formel 1 Forum früherer Tage...
Beitrag Donnerstag, 24. November 2005

Beiträge: 45834
Hi!
Wir sind ja gerade bei vielen aktuellen Themen in der Vorkriegs GP Zeit. Alfalfa macht ja gerade eine tolle Zusammenfassung über Mercedes und Auto Union von 1934-1939, bei dem ich kaum noch die nächsten Teile abwarten kann. Zu dieser Zeit fuhr auch ein französischer Automobilhersteller im GP Sport: Bugatti. Sie waren glaube ich schon seit den 10er in der F1, die ersten größten Erfolge kamen ab 1920. Nach dem 2. Weltkrieg fuhr Bugatti nur noch einmal 1956 beim Frankreich GP mit Maurice Trintignant im GP Sport bzw. der Formel-1. (diese Angaben sind aber ohne Gewähr). Vielleicht hat ja jemand noch ein paar Infos zu Bugatti. Ich werde auch noch ein wenig bringen, aber mein Material aus den Jahren ist sehr mager, aber mal sehen was sich mit Google machen lässt. Setz nur das Thema jetzt bereits rein, weil mein PC ein bisschen spinnt! Also wäre erfreut, wenn ihr ein wenig zu dem Thema sagen könnt, die Fahrer, Erfolge,...
@Alfalfa: Nicht stressen! Ich kann mir vorstellen, dass du mit deiner Auto Union und Mercedes Story noch viel zu tun hast, aber wie gesagt, ich bringe das Thema jetzt schon, weil ich nicht weiß was mit mein PC is, kann nämlich sein, dass der ein paar Tage net geht.

Keep Racing
MichaelZ

Beitrag Donnerstag, 24. November 2005

Beiträge: 45834
HIer Mal ein paar Infos:
Bugatti gab nach dem 1. Weltkrieg das GP Debüt. 1921 erlangte Bugatti beim Brescia GP einen 5-fach Sieg. Von 1924 bis 1931 dominierten die Franzosen (also Bugatti) die GP Szene. Besonders der blaue (na klar, Frankreich hatte damals die Farbei blau) Bugatti Typ 35 war einer der erfolgreichsten Autos der GP Geschichte. Berühmte Fahrer zu der Zeit waren Louis Chiron, William Williams und René Dreyfus.

Bugatti hat folgende GP Rennen gewonnen, die es heute noch gibt:
1926 Europa GP in Lesarte: Jules Goux (Bugatti)
1926 Spanien GP in Lesarte: Meo Costantini (Bugatti)
1926 Italien GP in Monza: Louis Charavel Sabipa (Bugatti)
1928 Europa GP in Monza: Louis Chiron (Bugatti)
1929 Monaco GP in Monte Carlo: William Williams (Bugatti)
1930 Monaco GP in Monte Carlo: René Dreyfus (Bugatti)
1930 Europa GP in Spa: Louis Chiron (Bugatti)
1931 Monaco GP in Monte Carlo: Louis Chiron (Bugatti)
1931 Belgien GP in Spa: Williams Williams/Conelli* (Bugatti)
1933 Monaco GP in Monte Carlo: Achille Varzi (Bugatti)
1934 Belgien GP in Spa: René Dreyfus (Bugatti)
* Wie heißt Conelli mit Vornamen?

Wie bereits erwähnt fuhr Bugatti nach dem 2. Weltkrieg nur noch 1 Mal im GP Sport, nämlich 1956 beim Frankreich GP durch den Franzosen Maurice Trintignant. Eingsetzt wurde dabei der BUgatti T251.

Wer hat weiteres zu Bugatti?

Edit: Bugatti debütierte bereits 1911, bis nach dem 1. Weltkrieg war man aber weniger erfolgreich.

Beitrag Freitag, 25. November 2005

Beiträge: 1477
Es gibt kein schwierigeres, umfangreicheres, verwirrenderes, und fesselnderes Thema als Bugatti....! Bugattis haben in den 20er und 30er Jahren mehr als 2000 (!) Rennsiege eingefahren.

Bugattis sind faszinierend - schön und schnell, Fahrmaschinen, perfekt konstruiert und gebaut, eben "pur sang"...

Ein 35B läuft 200 - auch heute noch!

Bild
Zuletzt geändert von Michael_Mueller am Freitag, 25. November 2005, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag Freitag, 25. November 2005

Beiträge: 1477
Um die Bugatti-Ära zu verstehen, muss man einen Blick auf die damaligen Rahmenbedingungen werfen. Hier ein Auszug aus einem Posting von mir aus 2002:

Was wissen wir über die damaligen Rennformeln? Direkt nach dem Krieg galt für GP-Wagen anscheinend noch die alte 4.5-Liter-Beschränkung, aber das war hypothetisch, denn es gab keine Grand Prix. 1921 waren es 3 Liter, von 1922-1925 2 Liter, 1926-1927 1.5 Liter, und ab 1928 „Formula Libre“. Die alten 4.5-Liter leisteten so um die 110 PS, ein Wert der dann auch von den 3-Liter erreicht wurde, und auch die 2-Liter-Wagen lagen nicht weit darunter. Daran sieht man, wie schnell die Motorentechnik sich damals entwickelte. Nachdem Mercedes gezeigt hatte wie es geht, setzte sich in der 2-Liter-Formel nach und nach der Kompressor durch, und die Leistungen stiegen auf ca. 150 PS mit Spitzen von 170 PS (Mercedes). Durch konstante Weiterentwicklungen wurde dieser Wert dann sogar in der 1.5-Liter-Formel erreicht (Delage).

Ausserdem gab es natürlich die kleineren Klassen, die „Voiturettes“ (1500 ccm), und die „Cycle Cars“ (1100 ccm). Eine typische Voiturette war z.B. der Bugatti 13 Brescia, der 1921 so um die 40 PS leistete, später erhöhte sich die Leistung dann beim Bugatti 37 auf 60 PS, oder in Kompressorausführung auf 85 PS. Ende der 20er Jahre kam der T39A mit Kompressor sogar auf 120 PS.
Die Cycle Cars waren nicht sehr viel schwächer motorisiert, aber meistens noch einiges kleiner und leichter als die „Wägelchen“ (Voiturettes). Ein Salmson von 1921 brachte ca. 30 PS auf die Strasse, einige Jahre später waren es dann 40. Der 1922er Targa-Florio-„Sascha“ von Austro-Daimler hatte sogar beachtliche 45 PS. Auch die Cycle Cars gab es später in Kompressorausführungen, z.B. den Amilcar C6 mit 62 PS.

Alle diese Daten und Zahlen sollen einen Hinweis geben, wo das internationale Niveau in diesem Zeitraum lag, um die Situation in Deutschland besser zu verstehen.
Wem diese PS-Zahlen niedrig vorkommen, der sollte berücksichtigen, dass die Literleistung bei Serienwagen damals bei 11-14 PS lag.


Man muss auch die Struktur und die Art der Rennen der damaligen Zeit verstehen. Es gab bis Anfang der 20er Jahre keine Rennstrecken wie wir sie heute kennen, die Rennen wurden auf normalen Strassen abgehalten, temporär gesperrte Rundkurse mit Längen zwischen 5 und 50 km, meistens auf - überwiegend unbefestigten - Landstrassen, aber immer öfter auch in Städten. Erst langsam entstanden speziell angelegte Rennstrecken, meistens als Ovale mit Steilkurven, wie z.B. Brooklands, Monza, Sitges, Miramas, und Montlhery. Die AVUS in Berlin war eine Art Zwitter, gebaut sowohl für Rennen aber auch als Stadtautobahn. Wer sich mit den Rennstrecken der damaligen Zeit näher beschäftigen will, der sollte sich einmal hier umsehen:

http://www.silhouet.com/motorsport/tracks/tracks.html
http://www.racingcircuits.net/

Viele Kurse wurden nur einige Male genutzt, manche sogar nur ein einziges Mal, andere wie z.B. Monaco haben bis heute überlebt. Hinzu kamen die Bergrennen, die damals einen erheblich höheren Stellenwert hatten als heute.

Jeder konnte ein Rennen veranstalten wenn er in der Lage war die Organisation zu bewältigen und das finanzielle Risiko zu tragen. Auf der Einnahmenseite standen eigentlich nur die Eintrittsgelder, manchmal gab es relativ geringe Werbeeinnahmen, und auch Zuschüsse von der Kommune oder reichen Förderern. Demgegenüber standen die Kosten für die Organisation sowie Start- und Preisgelder.

Start- und Preisgelder entschieden über den Erfolg einer Veranstaltung. Besonders bekannte Fahrer und attraktive Rennwagen wurden mit individuell ausgehandelten Startgeldern angelockt, und je höher die Preisgelder waren, desto grösser die Motivation zur Teilnahme. Das ganze funktionierte nach dem "Henne-Ei-Prinzip" (was war zuerst da?), wurde wenig Geld investiert, dann war das Rennen zweit- oder drittklassig besetzt, und desto weniger Zuschauer kamen, aber auch wenn die internationale Elite teilnahm, war nicht gesichert dass, man die hohen Kosten durch entsprechende Zuschauerzahlen auch wieder hereinbekam.

Viele Veranstaltungen gingen deshalb schnell wieder unter, andere wie die Targa Florio oder das 24-Stunden-Rennen von Le Mans zählten über Jahrzehnte zu den wichtigsten Rennen in Europa.

Es gabe auch keine Serien wie wir sie heute kennen, jedes Rennen war eine individuelle Veranstaltung. Es gab zwischen 5 und 10 "Grande Épreuves" pro Jahr, das waren bestimmte nationale Grand Prix's (Frankreich, Belgien, Italien) aber auch andere immer hochkarätig besetzte Veranstaltungen wie die Targa Florio auf Sizilien oder der Gran Premio do San Sebastian in Spanien. In einigen Jahren gab es sogar eine Weltmeisterschaft, für deren Wertung einige ausgewählte Grande Epreuves herangezogen worden, aber die interessierte kaum jemand.
Es gab unzählige Rennen für Grand-Prix-Autos, Voituretten (vergleichbar F2) und Cycle Cars (vergleichbar F3), ausserdem Rennen für Sportwagen und unzählige Bergrennen. Die meisten Rennen hatten nur nationale Bedeutung, und oft genug sogar nur regionale.
Der Übergang von Sport- zu Rennwagen war fliessend, schraubte man an einen Grand-Prix-Bugatti Lampen und Kotflügel hatte man einen Sportwagen. Das war auch notwendig, denn zu den Rennen fuhr man meistens auf eigener Achse.

Auch die Situation der Fahrer war nicht mit der heutigen vergleichbar. Gut, da waren die Hersteller, deren Motive waren bereits damals dieselben wie heute - Werbung machen für das eigene Produkt. Es gab Werksfahrer, deren Verträge aber uneinheitlich gestaltet waren. Mercedes z.B. fuhr in den 20er Jahren hauptsächlich mit normalem Personal - Ingenieure, Einfahrer, oder Werksmeister, die für die Rennen von ihrer normalen Arbeit abgezogen wurden. Bei einem Erfolg gab es eine Prämie, aber reich werden konnte dabei niemand. Bugatti hingegen arbeitete in der Regel mit freien Verträgen, man stellte Fahrzeug und technische Betreuung, der Fahrer zahlte seine eigenen Kosten, und Start- und Preisgelder wurden nach einer festgelegten Vereinbarung aufgeteilt.
Es gab bereits damals Profifahrer, die mit der Rennerei ihren Lebensunterhalt bestritten. Manche verdingten sich als Werksfahrer, andere wiederum kauften einen eigenen Rennwagen und mussten von den Start- und Preisgeldern alles finanzieren. Alles war irgendwie in einer gewissen Balance, die Teams brauchten gute Fahrer um zu gewinnen, und die Topfahrer hatten oft genug ohne einen Werkswagen kaum Chancen.
Ein Ass wie Tazio Nuvolari z.B. konnte es sich leisten zwischen verschiedenen Werksteams und diversen privaten Rennwagen hin- und her zu wechseln. Die Grenzen waren immer fliessend, was heute ein Werkswagen war konnte beim nächsten Rennen ein Privateinsatz sein, weil das Auto gekauft oder ausgeliehen wurden. Gerade Bugatti war da sehr flexibel, der setzte manchmal Topfahrer - ohne Bezahlung - in einen Werkswagen und sagte "Wenn du das Rennen gewinnst darfst du das Auto behalten, wenn nicht hast du eben Pech gehabt, und wenn du es zertrümmerst sind wir beide die Dummen".

Die relativ kleine Gilde der Profis wurde ergänzt durch unzählige Privatiers und "Herrenfahrer". Da gab es den Adel und die Reichen, die einfach nur Spass am Rennfahren hatten, sich in Molsheim, Untertürkheim oder Bologna einen nagelneuen Rennwagen kauften, und manchmal sogar besser als die Profis waren. Und es gab die Underdogs, die Garagiers und die Ingenieure, die Tüftler und die Schrauber, die nur eines wollten - Rennen fahren, und wenn der letzte Cent dafür geopfert werden muss.

Ohne diese Einleitung kann man die Bugatti-Ära nicht verstehen. Mal sehen, wann ich jetzt Zeit für das eigentlich Thema habe....

Beitrag Freitag, 25. November 2005

Beiträge: 45834
Echt interessant. Momentan befinden wir uns ja so ein bisschen in der Zeit und wir könnten da durchaus ein paar Themen dazu behandeln, z.B. die ganzen Deutschen GP Fahrer vor 1950, aber jetzt führen wir ersteinmal die gestellten Themen zu Ende, wir haben ja schließlich den ganzen Winter Zeit. Freu mich auf die Bugatti Geschichte von dir und die Auto Union und Mercedes Geschichte von Alfalfa!
Zuletzt geändert von MichaelZ am Freitag, 25. November 2005, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag Freitag, 25. November 2005

Beiträge: 1477
Nach dem 1. Weltkrieg kam die Rennerei sehr langsam wieder in Gang. Erst 1921 gab es wieder Grand Prix' in Frankreich und Italien, in den anderen Ländern dauerte es noch länger. Bugatti stellte nur einen kleinen 1.5-Liter in verschiedenen Ausführungen her, von dem es auch eine Rennversion für die Klasse der Voiturettes (kleine Kategorie) gab. Das Modell stammte zwar schon von 1910, wurde aber kontinuierlich weiter entwickelt. Mit diesem T13 genannten Modell bewies Bugatti bereits seine Klasse als Konstrukteur, überdurchschnittliche Leistung und eine für die damalige Zeit ausserordentliche Strassenlage machten den "Brescia" für Jahre zu einem Gewinnerauto in der kleinen Klasse....

Bild

....wenn nicht etwas unvorhergesehes passierte. Raymond Mays, der spätere Konstrukteur der ERA- und BRM-Rennwagen bei einem Bergrennen 1924.

Ab 1924 galt die neue 2-Liter-Klasse für GP-Wagen, und Bugatti hatte einen 8-Zylinder-Reihenmotor mit 1991 ccm für die Strassenautos entwickelt. Die 70 PS der Serie erreichten 90 bei den Rennversionen. Das mag sich wenig anhören, aber man muss sich vor Augen führen, dass die 2-Liter-Serienwagen anderer Hersteller gerade mal 25-30 PS hatten, und es noch nicht einmal 15 Jahre her war, dass man für einen 100-PS-Rennwagen 10 Liter Hubraum brauchte...!

Die Renn-Bugatti vom Typ T30...

Bild

...T29 (Le Cigar)...

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...und T32 (Tank)

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...wurden 1922 und 1923 mit mässigem Erfolg eingesetzt. 1922 war der Motor noch nicht standfest, und beim 1923er "Tank" verursachte der kurze Radstand ein katastrophales Fahrverhalten. Bei beiden Modellen versuchte man allerdings mit unterschiedlicher aerodynamischer Formgebung neue Wege zu gehen.

"Le Patron" fegte daraufhin alle Experimente vom Tisch und konstruierte einen neuen grundsoliden Rennwagen mit herkömmlicher Karosserie, das Fahrwerk wurde weiter verfeinert, und der Motor mit Rollenlagern anstelle Gleitlager standfest gemacht. Heraus kaum der T35 - eine Zahl die binnen kürzester Zeit einen geradezu magischen Ruf bekommen sollte!

Bild

Prototyp Chassis # 4323

Beitrag Freitag, 25. November 2005

Beiträge: 45834
Toller Beitrag leider kann ich die Bilder nicht sehen. Auch wenn ich auf Bilder anzeigen gehe :cry:

Beitrag Samstag, 26. November 2005

Beiträge: 0
Super Beiträge!!! Vielen Dank auch für die Bilder (bei mir funktionieren sie! Bei dir jetzt auch? (Sonst kann ich dir ja ein E-Mail mit den Bildern schicken))! :wink:

Beitrag Samstag, 26. November 2005

Beiträge: 45834
Jetzt funktionieren sie! Hast du auch Probleme momentan mit dem Netz. Bei uns funktionieren im ganzen Rauk die Seiten nicht mehr ganz! Ob das an dem Schnee liegt :wink:

Beitrag Samstag, 26. November 2005

Beiträge: 4967
Ich habe mal gelesen,
dass Bugatti Alufelgen
in den Rennsport brachte.

Beitrag Samstag, 26. November 2005

Beiträge: 1477
Bild

Am 3. August 1924 war es soweit, gleich 5 nagelneue T35 wurden beim Grand Prix de l'ACF (dem Vorläufer des Grand Prix de France und über Jahrzehnte wichtigstes Rennen der Saison) ins Feld geschickt.
Auffallendstes Merkmal der neuen Bugatti waren die Leichtmetallfelgen, eine absolute Neuheit, die sich erst 40 Jahre später im Rennsport durchsetzen sollte. Die Bremstrommeln waren Bestandteil der Felgen, so dass bei einem Reifenwechsel auch gleich die Bremsen nachgestellt oder erneuert werden konnten.

35 Runden a 23 km, 810 km, auf unbefestigten Landstrassen rund um Lyon, der Sieger brauchte dafür 7 Stunden und 5 Minuten! Gewonnen hat der dicke Campari mit seinem Alfa-Romeo P2, der ausser einem Mechaniker auch immer einen Fresskorb einschliesslich einer Flasche Rotwein im Auto hatte. Früher waren eben die Reifen dünn und die Fahrer dick, heute ist das umgekehrt...!

Die Premiere war ein Fehlschlag. Für die unüblichen Felgen gab es keine Standardreifen, und die extra angefertigten hatten einen Produktionsfehler, ein Bugatti nach dem anderen verabschiedete sich oder fuhr nach Reifenwechseln hoffnungslos hinterher.
Um den Ralitäten gerecht zu werden muss aber auch gesagt werden, dass die Bugatti nie wirklich konkurrenzfähig waren. Man trat gegen reinrassige Rennwagen von Fiat, Alfa-Romeo, Delage und Sunbeam an, die alle über einen Kompressormotor von ca. 140 PS verfügten. Ähnlich wie mit einem Turbolader kann mit einem Kompressor die Motorleistung erheblich gesteigert werden. Die Bugatti waren mit ihren 90 PS unterlegen, aber Le Patron war der Meinung, dass aufgeladene Motoren unsportlich seien.

Beim Gran Premio do San Sebastian in Spanien erreichte man aber schon die Plätze 2, 5 und 6, in Monza beim Italien-GP trat man allerdings erst gar nicht an.
Im Gegensatz zu den reinrassigen Rennwagen der anderen Hersteller war der T35 allerdings käuflich, und die Werkswagen und einige Neubauten gingen weg wie warme Semmeln an Käufer aus ganz Europa, die damit bei nationalen Rennen fast unschlagbar waren.

Im Februar 1925 gewann Carlo Masetti mit einem privaten T35 (einer der ex-Werkswagen von Lyon im Vorjahr) den Königspreis von Rom, und Mai 1925 Meo Costantini mit einem Werkswagen die Targa Florio, das härteste Rennen seiner Zeit, 540 km durch die Berge Siziliens. Nun war das Eis endgültig gebrochen. Jeder Privatfahrer, der Rennen nicht nur wegen des olympischen Gedankens fuhr, musste einen T35 haben. 35 Stück wurden in 1925 verkauft, und die Bugattis begannen die Rennstrecken Europas zu beherrschen.

Aber nicht jeder wollte mit seinem T35 Rennen fahren, viele wollten einfach nur ein Strassenauto mit dem Flair eines Grand-Prix-Rennwagens. Die Molsheimer reagierten prompt und boten ab Mitte 1925 eine Strassenversion mit der Bezeichnung T35A an. Äusserlich unterschied sich der "Tecla" genannte 35A nur durch die Speichenräder, und technisch durch den Motor. Der hatte zwar den gleichen 8-Zylinder-Block, aber nur Gleitlager und 15 PS weniger Leistung. Preislich lag der T35A ca. 30 % unter einem "echten" 35. Aber auch viele Tecla wurden von ihren Besitzern bei Rennen, meistens in der Sportwagenklasse, eingesetzt. Fast 50 "Grand Prix Replicas" wurden noch in 1925 verkauft.

Bei den "Grande Épreuves" tat man sich aber immer noch schwer, in Belgien und Italien trat man erst gar nicht an, und in Frankreich und Spanien wurden durchwachsene Ergebnisse erzielt. Interessanterweise schickte man aber ein Team mit 5 T39 nach Monza, um in der gleichzeitig startenden kleinen Voiturette-Klasse teilzunehmen. Der T39 war nichts anderes als ein T35, bei dem der Hub von 88 auf 66 mm reduziert war um auf ein Volumen von 1493 ccm zu kommen. Interessanterweise erreichte Meo Costatini mit dem T39 den 3. Gesamtrang, was gleichzeitig einen Sieg in der Voiturette-Klasse bedeutete. Bugatti wusste, dass er in der 2-liter-GP-Klasse nicht gewinnen konnte, bei den 1.5-Litern hatte man allerdings kaum Konkurrenz. Und für 1926 galt die neue GP-Formel mit 1.5 Liter Hubraum, man konnte also bereits üben....


Bild

Carl Bremme, ein Brauereibesitzer aus Wuppertal, mit dem ersten T35 in Deutschland (Chassis #4393), beim Wiesbadener Bergrennen 1925.

Beitrag Samstag, 26. November 2005

Beiträge: 4967
Das sind wirklich alles
aufschlussreiche Beiträge. :D)
Man lernt nie aus!

Ich sage vielen Dank!

Beitrag Samstag, 26. November 2005

Beiträge: 45834
@Michael_MÜller: Ich finde deine Zusammenfassungen spitze! Würde mich freuen wenn du noch ein paar Fahrer für Bugatti erwähnst!
Aber echt Klasse! Kompliment auch an die Mühe die du dir gibst!

@torino: So ist es! Man kann über die Formel-1 oder im GP Sport davor immer wieder was neues lernen, und genau das finde ich an der Formel-1 History so beeindruckend! Wenn man nur Mal sieht, was wir für tolle Themen derzeit haben!

Beitrag Samstag, 26. November 2005

Beiträge: 4967
Besucht doch einmal das Nationales Automobilmuseum - Sammlung Schlumpf in Mulhouse, Elsass, Frankreich. Die Gebrüder Schlumpf
hatten eine Spinnerei. Die Fabrik ging Pleite, weil die 2 alles was
4 Räder hatte, gekauft haben. Der Staat Frankreich hat dann die
Sammlung beschlagnahmt. Es sind ca. 600 Fahrzeuge, wobei etwa
150 Bugattis sind. Das Museum befindet sich unter der Fabrik.
Hier ein Bild:

Bild

Beitrag Sonntag, 27. November 2005

Beiträge: 1477
Die Werksfahrer in 1924 waren
- Ernest Friderich
- Jean Chassagne
- Meo Constantini
- Leonico Garnier
- Pierre de Vizcaya

Ernest Friderich war ein Bugatti-Mann der ersten Stunde, oder genauer gesagt bereits davor. Bereits bei Deutz und Matthis war er Mitarbeiter von Ettore Bugatti, und es war nur selbstverständlich, dass er mitging als Bugatti 1909 in Molsheim seine eigene Firma gründete. Eigentlich Ingenieur war er auch ein respektabler Rennfahrer, und 1923 dankte ihm Le Patron mit der Vertretung für die Cote d'Azur in Nizza.

Pierre de Vizcaya und sein Bruder Ferdinand waren Söhne des Bankiers Baron D. Augustin de Vizcaya. Nur mit finanzieller Unterstützung von dessen Bank konnte Bugatti seine Firma gründen. Die Söhne dürften dafür im Gegenzug Werkswagen fahren, man muss allerdings anerkennen, dass beide definitv keine Nasenbohrer waren...!

Jean Chassagne war ein Berufsrennfahrer, bereits 43 Jahre alt, der bereits vor dem Krieg Rennen fuhr, unter anderem auch in Indianapolis.

Zu Leonico Garnier weiss ich leider auch nichts.

In 1924 setzten auch einige Privatfahrer bereits einen T35 ein:

Frankreich:
Brosselin (#4328, ex Werkswagen von Friderich in Lyon)

Italien:
Graf Carlo Masetti (#4324, ex Werkswagen von Chassagne in Lyon)
Carlo Rosti
Domenico Antonelli

Deutschland:
Emil Bremme, Wuppertal (#4393)
Hans Kolb, München
J. Ludewig, Essen

Spanien:
Ogniben Alvera (#4325, ex Werkswagen von Garnier in Lyon)

Tschechoslowakei:
Vincenz Junek, Prag (#4229)

Beitrag Sonntag, 27. November 2005

Beiträge: 1477
Ja, das Schlumpff-Museum kann ich nur jedem empfehlen.
Die Gebrüder Schlumpff waren besessen von alten Rennwagen, vor allem Bugatti hatte es ihnen angetan. Sie kauften in den 60er und 70er Jahren alles was ihnen unter die Finger kam. Hätte ein gutes Geschäft werden können, damals konnte man einen T35 noch für kleines Geld bekommen, in vergammeltem Zustand für unter DM 50.000. Heute muss man für einen echten T35C oder B mindestens 1 Million Euro hinlegen, der Siegerwagen von Monaco 1929 sollte vor 2 Monaten versteigert werden, fand aber für 3 Mios keinen Käufer. Im Gegensatz zu vielen anderen Bugattis kann man sich bei diesem sicher sein, dass er echt ist, die Photos beweisen es.

http://www.bonhams.com/cgi-bin/public.s ... 10-28.jpg#

Beitrag Sonntag, 27. November 2005

Beiträge: 1477
Da hab' ich doch tatsächlich "Costantini" falsch geschrieben, und auch noch die Details vergessen....!

Bartolomeo (Meo) Costantini war Italiener und fuhr Rennen seit 1914. 1924 wurde er Werksfahrer bei Bugatti, und übernahm 1927 die Position des Leiters der Rennabteilung. 1933 zog er sich aus gesundheitlichen Gründen in seine Heimat Italien zurück, wo er einige Jahre später starb.

Wer Details über die vielen Bugatti-Fahrer sucht, der kann die quasi "zu Hause" finden. Hier ist einer unserer damaligen Threads:

http://www.f1welt.com/forum/viewtopic.p ... &start=105

Auf der nächsten Seite findet man auch die ausländischen Fahrer.

Beitrag Sonntag, 27. November 2005

Beiträge: 45834
@Michael_Müller: Danke für den Hinweis, da hab ich wieder was zu lesen! ABer so weit ich das mitbekommen habe sind das nur die Privatfahrer! Die Liste der werksfahrer sollte wesentlich kleiner sein, oder? Vielleicht kannst du die ja zusammentragen!

MichaelZ

Beitrag Sonntag, 27. November 2005

Beiträge: 1477
Ich werde versuchen, das Jahr für Jahr zu dokumentieren. Abr wie bereits am Anfang geschrieben, der Übergang ist fliessend und bei Bugatti gab es nur ganz wenige echte Werksfahrer. Ausserdem sind in der Tragatsch-Liste auch die Werksfahrer grösstenteils enthalten.

Beitrag Sonntag, 27. November 2005

Beiträge: 0
@Michael_Mueller
ich sollte zwar eigentlich lernen, aber kanns einfach nicht lassen hier zu lesen. vielen dank für deine beiträge!

Beitrag Sonntag, 27. November 2005

Beiträge: 1477
Die Werksfahrer in 1925 waren
- Meo Constantini
- Pierre de Vizcaya
- Ferdinand de Vizcaya
- Giulio Foresti
- Jules Goux

Friderich hatte sich vom aktiven Rennsport zurückgezogen und widmete sich seinem Bugatti-Autohaus in Nizza, nach der bugattieigenen Filiale auf dem Champs d'Elysees in Paris die bedeutendste. Damals wie heute war an der Cote d'Azur viel Geld zu Hause, auch viele reiche Briten und Deutsche hatten hier einen Sommersitz. Friderich verlor aber den Rennsport nie aus den Augen, er förderte viele Talente und seine Werkstatt betreute viele Privatfahrer.

Ein erstaunlicher Neuzugang war Jules Goux, ein Urgestein des Motorsports. Er war der Chauffeur von Robert Peugeot, und fuhr - natürlich für Peugeot - sein erstes Rennen bereits 1906. Als einer der wenigen Europäer gewann er auch 1913 die 500 Meilen von Indianapolis, es wird behauptet, dass er während der 6 ½ Stunden 6 Flaschen Champagner konsumierte. Nach dem Krieg fuhr er mit wenig Erfolg für Ballot und Rolland-Pilain, bevor ihn Bugatti dann ins Team holte.

Übrigens, wer sich für die Zeit vor dem 1. Weltkrieg interessiert, der kann hier vieles Interessante nachlesen:
http://home.arcor.de/ratfisch/sportauto80.pdf

Foresti war Italiener und Teamkollege von Goux bei Ballot. Er blieb Bugatti auch als Pivatfahrer lange Jahre treu und siedelte später nach England um.

Alle Privatfahrer aufzuzählen wird ab 1925 wohl unmöglich sein, die wichtigsten waren wohl (zusätzlich zu den für 1924 genannten):

Frankreich: Marcel Lehoux, Marcel Vidal
Italien: Graf Giulio Masetti, Graf Aymo Maggi, Gaspare Bona, Graf Caberto Conelli
Grossbritannien: Glen Kidston, Raymond Mays, Thomas P. Cholmondely-Tapper
Schweiz: Josef Karrer, Mario Lepori

Wer's genauer wissen will kann die einzelnen Rennveranstaltungen hier nachschauen:

http://www.fortunecity.com/olympia/grange/54/index1.htm
http://www.teamdan.com/archive/gen/oldgp.html

Beitrag Sonntag, 27. November 2005

Beiträge: 45834
@EisMann: Geht mir genauso, schreibe morgen Englischschulaufgabe, aber ich lerne immer eine Stunde und dann schau ich wieder kurz hier rein! Freu mich schon auf morgen, wenn ich die ganzen Beiträge in Ruhe auswerten kann und mein Archiv erweitern kann!

Beitrag Sonntag, 27. November 2005

Beiträge: 1477
Das Jahr 1926 brachte gravierende Neuerungen mit sich. Die Grand-Formel änderte sich auf 1.5 Liter Hubraum, und auch die Voiturettes rutschten eine Stufe nach unten und unterschieden sich von den Cycle Cars mit ihren 1100 ccm nur noch durch das Gewicht. Die neue Formel war ein Schuss in den Ofen, dominierende Hersteller wie Fiat, Alfa-Romeo, Sunbeam und Mercedes zogen sich zurück, und auch die Amerikaner mit ihren Duesenberg und Miller hatten kein Interesse mehr in Europa zu fahren. Übrig blieben nur die französischen Hersteller Bugatti, Talbot und Delage, sowie einige kleinere Marken und Eigenbauten, die aber nie den Hauch einer Chance hatten.
Nach der GP-Formel wurden nur die Grand Prix von Frankreich, Europa (in Spanien), Grossbritannien und Italien abgehalten.

Bugatti hatte die T39 ja bereits 1925 in Monza erfolgreich getestet, aber man wusste, dass man gegen die Kompressormotoren von Talbot und vor allem Delage keine Chance hatte. Wenn alle anderen "unsportlich" sind, dann muss man das selber wohl auch sein, also arbeitete man an der Entwicklung der Kompressortechnik.

Sozusagen als Versuchsmotor verkleinerte man bei einem T39 (1492 ccm) die Bohrung von 60 auf 52 mm (1100 ccm) und montierte ein Roots-Gebläse, unter der Bezeichnung T36 wurden 3 Rennwagen gebaut, die nur ein einziges Mail beim Voituretten-GP in Strasbourg eingesetzt wurden. Ein Motor war in einen normalen T35 eingebaut, die beiden anderen in spezielle Monoposti.

Bild

Pierre de Vizcaya und Aymo Maggi mit den Einsitzern, und Dubonnet mit dem normalen Auto.

Die beiden Monoposti wurden später verkauft, einer ging nach England an Malcom Campbell, der andere in Schweiz an Dr. Josel Karrer. Grosse Bedeutung hatten die 1100er Motoren keine, aber es waren die ersten kompressorbestückten Bugatti-Motoren, und der T36 der erste in Europa gebaute einsitzige Rennwagen. Während in der GP-Formel immer noch 2 Sitze vorgeschrieben waren (obwohl keine Mechaniker mehr mitfuhren) fehlte eine entsprechende Vorschrift in der Voiturette-Formel.

Die Erkenntnisse des T36-Motors setzte man jetzt um für den 1.5-Liter T39, die Werksmotoren dürften um die 110-120 PS gehabt haben. Der neue kompressorangetriebene Typ 39 hiess jetzt T39A.

Der GP de l'ACF auf dem Ovalkurs von Miramas war allerdings ein Reinfall, Talbot und Delage hatten ihre neuen Rennwagen noch nicht einsatzbereit, und die enzigen Teilnehmer waren die 3 Bugatti-Werkswagen mit Jules Goux, Meo Costantini und Pierre de Vizcaya. Dass das Rennen von Goux gewonnen wurde ist da eigentlich unwichtig.

3 Wochen später beim Grossen Preis von Europa auf der Lasarta-Strecke in Spanien kamen dann die 3 Delage 15S8 hinzu, aber auch 6 Rennwagen sind ziemlich jämmerlich für einen Grand Prix.
Der Wagen von de Vizcaya wurde hier von Ferdinando Minoia gefahren, einem weiteren Veteran der Vorkriegsära.

Beim British Grand Prix in Brooklands blieb das Werksteam zu Hause, die Bugatti-Fahnen wurden von Malcolm Campbell hochgehalten, der einen T39A zum Sonderpreis bekam. Neben den 3 Delage-Werkswagen waren nun auch die Talbot 700 endlich einsatzbereit,

Der 5. und letzte WM-Lauf (Indianapolis zählte auch dazu, obwohl keiner der Europäer teilnahm) war der Gran Premio d'Italia in Monza. Am Start waren wieder die Werkswagen von Goux und Costantini, der dritte wurde von Jean Charavel gefahren, der meistens unter dem Pseudonym "Sabipa" startete. Charavel war über Jahre hinweg ein erfolgreicher Privatfahrer auf verschiedenen Bugattitypen.
Talbot und Delage glänzten durch Abwesenheit, am Start waren ausser den 3 Bugatti nur ein unterlegener Chiribiri und 2 Wagen aus Bologna, die in den nächsten Jahren zu den grössten Bugatti-Konkurrenten heranwachsen sollten - Ernesto Maserati und Emilio Materassi mit dem neuen Maserati Tipo 26.

Bugatti war Markenweltmeister 1926, aber wen hat's interessiert? Kaum jemand, denn die Grand-Prix-WM war noch uninteressanter als im Vorjahr. Talbot und Delage hatten mit riesigem Aufwand hochkarätige GP-Wagen gebaut, während Bugatti die WM mit einem modifizierten T35 sozusagen im Vorbeigehen gewann. Kann es noch schlimmer kommen? Ja, 1927!

Wer aber denkt, dass das Rennjahr 1926 aus dieser Handvoll armseliger Gran Prix' bestand, der irrt. Ausserhalb der WM spielte sich das eigentlich Renngeschehen bei unzähligen Veranstaltungen in ganz Europa ab, und Bugatti war überall dabei.

Beitrag Sonntag, 27. November 2005

Beiträge: 1477
1926 war eines der kreativsten Jahre der Bugatti-Rennabteilung. Neben dem T39A 1.5-Liter-Kompressorrennwagen und dem 1100er T36 rüstete man auch den T35 weiter auf. Durch Verwendung einer anderen Kurbelwelle wurde der Hub auf 100 mm erhöht, die Bohrung blieb unverändert, so dass ein Volumen von 2262 ccm entstand. Dieses Modell wurde erstmalig bei der Targa Florio eingesetzt, darum wurde die Typbezeicnung 35T (T für Targa) verwendet.

Aber auch in der kleinen 1500er Klasse sorgte man dafür, dass Privatfahrer nicht zu kurz kamen, denn die T39A Achtzylinder waren "Primadonnen", deren aufwendige Technik nicht jedermanns Sache war. Bereits Ende 1925 wurde der Typ 37 vorgestellt, Chassis und Karosserie des T35 mit dem Vierzylindermotor des Strassenmodells T40 und 60 PS. Für den Rennsport gab es eine Kompressorausführung (T37A) mit 85 PS).

Damit nicht genug, nach den erfolgreichen Kompressorversuchen mit dem T36 und dem T39A rüstete man auch den 2 Liter (35C, C für Compresseur) und den 2.3 Liter (35TC für Targa Compresseur) mit einem Kompressor aus. Später wurde diese Bezeichnung dann in 35B geändert.

Die meisten Rennen wurden nun nach der sogenannten "Formula Libre" ausgetragen, was im Prinzip hiess "keine Beschränkungen - alles geht". Trotzdem gab es natürlich noch Klassen, in der Regel waren das
- bis 1100 ccm
- 1100 bis 1500 ccm
- 1500 bis 2000 ccm
- 2000 bis 3000 ccm
- 3000 bis 5000 ccm
- über 5000 ccm
Die Veranstalter entschieden alleine für welche Klasse(n) man die Rennen ausschrieb, und ob es ein einziges Rennen für alle Klassen gab oder mehrere. Es gab auch spezielle Rennen nur für die kleinen Klassen, siehe z.B. den GP d'Alsace in Strasbourg. Hinzu kam noch die Unterscheidung in Renn- und Sportwagen. Das klingt zwar alles ziemlich kompliziert, führte aber dazu, dass Motorsport auf breiter Basis betrieben werden konnte. Und Bugatti bot für jede Kategorie das passende Fahrzeug.

Äusserlich sahen alle Typen gleich aus, selbst die Speichenräder des T35A und T39/T39A konnten gegen Aufpreis gegen die typischen Bugatti-Leichtmetallfelden ersetzt werden. Aber unter der Haube lag der Unterschied.

Die Achtzylinder:
T36 - 52 x 66 mm - 1092 ccm - 75 PS
T39A - 60 x 66 mm - 1492 ccm - 100 PS
T35A - 60 x 88 mm - 1991 ccm - 75 PS
T35 - 60 x 88 mm - 1991 ccm - 90 PS
T35C - 60 x 88 mm - 1991 ccm - 120 PS
T35T - 60 x 100 mm - 2262 ccm - 110 PS
T35B - 60 x 100 mm - 2262 ccm - 130 PS

Die Vierzylinder:
T37 - 69 x 100 mm - 1496 ccm - 60 PS
T37A - 69 x 100 mm - 1496 ccm - 85 PS

Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, als ob die Modelle sich gegenseitig Konkurrenz machen, so hat doch jedes Modell seinen ganz speziellen Einsatzzweck.
35C und B waren sich ähnlich, konnten aber in unterschiedlichen Klassen gefahren werden (bis 2 Liter und bis 3 Liter). Ausserdem drehte der C höher, während der B das bessere Drehmoment hatte, eine direkte Folge des Hub-Bohrungs-Verhältnisses. In Italien wurde meistens der 35C verkauft, weil hier viele Rennen in der 2-Liter-Kategorie ausgeschrieben waren.
Der 35A wiederum hatte zwar auch 2 Liter, war aber erheblich billiger in Anschaffung und Wartung.
In der 1.5-Liter-Klasse hatte man die Wahl zwischen dem reinrassigen Rennwagen T39A und dem Vierzylinder T37A. Und als Einstiegs- und Strassenmodell gab es noch den T37 ohne Kompressor.
Einige reiche Privatfahrer hatten gleich mehrere Bugatti in der Garage stehen, um für jedes Rennen die richtige Auswahl treffen zu können.

Die T36-Motoren mit 1092 ccm für die ganz kleine Klasse wurden schnell wieder aufgegeben, und auch vom Vierzylinder gab es nie eine 1100-ccm-Version. Offenbar war man der Ansicht, dass in dieser unteren Kategorie ein Bugatti nichts zu suchen hätte.
Auch die T35 / T35T ohne Kompressor wurden ab 1927 kaum noch verkauft, und auch der relativ schwache T37 war eigentlich mehr ein Sportwagen für die Strasse.

Auch wenn Rennen als Freie Formel ausgeschrieben waren, ein 35B oder C musste selbst die Hubraumriesen vom Schlag eines Mercedes oder Austro-Daimler nicht fürchten und war immer für einen Gesamtsieg gut.

1926 wurden 58 Rennwagen vom Typ 35/B/C gebaut, sowie 71 der Strassenversion 35A. Hinzu kamen 6 T39A und 3 T36, sowie 126 Vierzylinder T37/37A. Die meisten gingen nach Frankreich und Italien, aber auch nach England, Deutschland, Spanien, Schweiz, Tschechoslowakei, Brasilien und Australien. Und einen Grossteil wird man bei den unzähligen Rundstrecken- und Bergrennen in Aktion gesehen haben.

Beitrag Montag, 28. November 2005

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Das wichtigste Rennen der Saison war am 25.4.1926 wieder die Targa Florio, 5 Runden zu je 108 km durch die Berge Siziliens. Einen kleinen Eindruck wie es dort ausgesehen hat gibt das Photo unten und diie Streckenskizze.

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Alleine die Anreise war schon ein Abenteuer, natürlich auf eigener Achse, denn Renntransporter gab es noch nicht, und ab Rom nur noch unbefestigte Strassen. Für Fahrer und Material eine mörderische Herausforderung, aber genau hier lag der Sinn der Targa - wer hier gewinnen konnte, dessen Autos mussten einfach unkaputtbar sein, und Werbung mit einem TF-Sieg war praktisch unbezahlbar.

28 Nennungen, davon genau die Hälfte Bugattis, und die Plätze 1-2-3 für das Werksteam (Costantini - Minoia - Goux) mit dem neuen 2.3-Liter T35T.

Hier eine Liste der wichtigsten Rennen der Saison (HC = Hillclimb, Bergrennen) mit den jeweiligen besten Ergebnisen. Bei nur wenigen Rennen gab es keinen Bugatti-Sieg.

06.02.26 - Eibsee Eisrennen - Hans Kolb - T35 - 1. Platz
25.02.26 - La Turbie Bergrennen - Louis Chiron - T37 - 1. Platz
21.03.26 - Circuito del Pozzo - Alessandro Consonno - T35 - 1. Platz
28.03.26 - GP de Provence 2 Ltr - Marcel Lehoux - T35 - 2. Platz
28.03.26 - GP de Provence Voit. - Raymond Savon - T37 - Ausfall
28.03.26 - GP de Provence Finale - William Grover - T35 - 1. Platz
28.03.26 - Premio Reale di Roma - Aymo Maggi - T35 - 1. Platz
25.04.26 - Targa Florio - Meo Costantini - T35T - 1. Platz
02.05.26 - GP di Tripoli - François Eysserman - T35 - 1. Platz
02.05.26 - Coppa Vinci - Giovanni Cutelli - T35 - 2. Platz
09.05.26 - Zbraslav-Jíloviště HC - Elisabeth Junek - T35 - 1. Platz
23.05.26 - Circuito di Savio - Ugo Stefanelli - T35 - 2. Platz
30.05.26 - GP d'Alsace - André Dubonnet - T36 - 1. Platz
06.06.26 - Brno-Soběšice HC - Vincenz Junek - T35 - 1. Platz
26.06.26 - Trieste-Opicina HC - Emilio Richetti - T35 - 1. Platz
27.06.26 - GP de l'ACF - Jules Goux - T39A - 1. Platz
11.07.26 - GP Deutschland - Max Wälti - T37 - 17. Platz
18.07.26 - GP Europa - Jules Goux - T39A - 1. Platz
18.07.26 - Circuito di Camaiore - kein Bugatti teilgenommen
25.07.26 - GP Spanien - Meo Costantini - T35 - 1. Platz
25.07.26 - GP de la Marne 2 Ltr. - François Lescot - T35 - 1. Platz
25.07.26 - GP de la Marne Voit. - Brosselin - T37 - 1. Platz
01.08.26 - Comminges GP 2 Ltr. - Louis Chiron - T35 - 1. Platz
01.08.26 - Comminges GP Voit. - "Louis" - T37 - 1. Platz
07.08.26 - British GP - Malcolm Campbell - T39A - 2. Platz
07.08.26 - Coppa Acerbo - Luigi Spinozzi - T35 - 1. Platz
15.08.26 - Circuito del Montenero - Ugo Stefanelli - T37 - 8. Platz
27.08.26 - GP de Boulogne - George Eyston - T39A - 1. Platz
28.08.26 - GP de la Boule - Schneider - T37 - 4. Platz
28.08.26 - Stilfserjoch HC - Supremo Montanari - T22 - 1. Platz
29.08.26 - Oberjoch HC - Karl Kappler - T35T - 1. Platz
05.09.26 - GP Italien - Jean Charavel - T39A - 1. Platz
12.09.26 - GP di Milano - Meo Costantini - T35C - 1. Platz
12.09.26 - GP MC Marseille - "Foc" - T37 - 1. Platz
12.09.26 - Ecce Homo HC - Vincnez Junek - T35 - 1. Platz
25.09.26 - JCC 200 Brooklands - Harold Purdy - T37 - 3. Platz
17.10.26 - GP du Salon - kein Bugatti teilgenommen
17.10.26 - Circuito del Garda - Aymo Maggi - T35C - 1. Platz


Bild

Graf Aymo Maggi bei der Coppa Acerbo. Der Gaszug war gerissen, also musste der Beifahrer manuell Gas geben...! Trotzdem reichte es noch für den 3. Platz.

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