43 Grand-Prix-Siege, selbst wenn man die GP-Rennen vor Einführung der Weltmeisterschaft 1950 dazurechnet, sowie alle F1-Rennen seit 1950, die nicht zur WM gezählt wurden, ist Lewis Hamilton damit der erfolgreichste britische GP-Fahrer aller Zeiten. Auf drei WM-Titel brachte es auch Jackie Stewart, aber vor Hamilton konnte kein Brite seinen Titel erfolgreich verteidigen. Warum nicht?
Was ist zum Beispiel mit Stewart? Weltmeister 1969, ’71 und ’73, aber dazwischen musste er immer einem Kontrahenten den Vortritt lassen. Den WM-Titel 1969 holte er sich mit Matra-Rennwagen, aber für das Kundenteam Tyrrell. In der folgenden Saison wollte Matra nur dann Chassis an Tyrrell liefern, wenn die Mannschaft auch auf deren V12-Motor gesetzt hätte. Tyrrell wollte aber unbedingt mit Ford-Cosworth weitermachen – und stand daher ohne Chassis da. Tyrrell glaubte schnell einen Ersatz zu finden, weil damals viele Teams mit dem Verkauf von Rennwagen an Kundenteams ihr eigenes Engagement finanzierten. Doch Tyrrell musste ähnliche Erfahrungen machen, wie jetzt Red Bull. Will heute kein Hersteller aus Angst vor interner Konkurrenz Red Bull Motoren liefern, so bekam Tyrrell keine Chassis. Anfragen bei Lotus, Brabham und McLaren liefen ins Leere. Also musste Tyrrell mit Rennwagen von March ausrücken, die aber nicht konkurrenzfähig waren. Stewart waren bei der Mission Titelverteidigung daher die Hände gebunden.
Ab 1971 baute Tyrrell eigene Chassis. Und schon im ersten Jahr hatte man damit Erfolg: Stewart wurde wieder Weltmeister. 1972 verlor er den Titel an Emerson Fittipaldi. Lotus zauberte mal wieder eine richtige starke Konstruktion hervor, Stewart litt dazu noch unter gesundheitlichen Problemen: Ein Magengeschwür sorgte dafür, dass er den Belgien-GP verpasste, in WM-Form war er auch bei anderen Rennen nicht. Als Stewart 1973 zurückschlug und sich ein drittes Mal wie WM-Krone sicherte, da wusste er schon: 1973 sollte sein letztes Jahr sein.
Stewart trat 1974 also gar nicht mehr an. Auch Mike Hawthorn trat nach seinem Titelgewinn 1958 zurück. Tragisch: Ein Jahr später starb er bei einem Verkehrsunfall. Die Obduktion ergab, dass der Blondschopf an ein Nierenleiden litt und nicht mehr lange zu leben hatte. Als Grund für seinen Rücktritt wird aber eher die tödlichen Unfälle einiger seiner Kollegen wie Peter Collins ins Feld geführt. Als F1-Fahrer hatte man damals eine statistisch nicht besonders beruhigende Überlebensquote. Selbst wenn man es selbst überlebte, verlor man Freunde. Das nagte an so manchen und bewog den einen oder anderen auch zum Rückzug.
Sogar Clark scheiterte an der Titelverteidigung
Nigel Mansell war 1992 endlich am Ziel seiner Träume. 1986 und ’87 hatte er eine Hand schon am WM-Pokal, verlor den Titel aber doch noch – erst an Alain Prost, dann an seinen Williams-Teamkollegen Nelson Piquet. Mit 39 Jahren sicherte sich Mansell 1992 noch den Titel – und wechselte dann in die IndyCar zu Newman Haas, verteidigte seinen Titel 1993 also gar nicht mehr. Schon zu Beginn der Saison verpflichtete Williams nämlich Alain Prost für die Saison 1993. Neben Prost fuhr Mansell 1990 schon für Ferrari und hatte an diese Zeit nicht die beste Erinnerung. Daneben flirtete Williams auch offen mit Ayrton Senna. Aufs Abstellgleis wollte sich Mansell ungern stellen lassen – und in Amerika hieß man ihn mit Kusshand willkommen.
Dass Jim Clark nie seinen Titel erfolgreich verteidigen konnte, grenzt auch an ein Wunder, wenn man seine Siegquote betrachtet: 34,7% aller gestarteten WM-Rennen entschied er auch für sich – das ist eine höhere Siegquote als die meisten Weltmeister aufweisen können, gleich ob Michael Schumacher, Ayrton Senna oder Niki Lauda. Und trotzdem wurde Clark nur zwei Mal Weltmeister: 1963 und ’65. Dazwischen verlor er 1964 die WM erst im Finale durch einen Defekt. 1966 wurde Clark vom Umstieg auf das 3,0-Liter-Reglement ausgebremst. Lotus-Motorpartner Climax zog sich überraschend zurück und baute keinen Motor nach den neuen Regeln und weil es überhaupt wenige Motoren am Markt gab, musste Lotus mit aufgebohrten Vorjahresmotoren fahren, womit aber kein Blumentopf zu gewinnen war. Also wieder keine Titelverteidigung für Clark.
Mit seinem Titel 1963 sorgte Clark jedenfalls dafür, dass Graham Hill seinen Titel nicht erfolgreich behaupten konnte. Lotus überflügelte BRM – und damit waren Hill die Hände gebunden. 1968 wurde er wieder Weltmeister, dieses Mal mit Lotus, aber 1969 war sein Lotus Ford nicht mehr stark genug.
Die Einjahresfliegen
John Surtees hatte 1965 auch keine Chance auf den zweiten Titel in Folge. Schon 1964 war er als Meister umstritten, weil Jim Clark im Finale die Segel streichen musste, Surtees‘ Ferrari-Teamkollege Lorenzo Bandini mit Graham Hill kollidierte und Bandini im Finish auch noch Surtees vorbeilassen musste. 1965 war Lotus dann überlegen, Clark ließ nichts anbrennen.
Ähnlich James Hunt: Er profitierte 1976 vom Feuerunfall Niki Laudas. 1977 dominierte Lauda wieder. In der zweiten Saisonhälfte brachte McLaren ein neues Modell auf die Bahn, mit dem Hunt immerhin noch drei Rennen gewinnen konnte, aber das reichte nicht für den Titel.
Damon Hill brachte sich mit seinem Wechsel 1997 zu Arrows selbst um alle WM-Chancen. Dank der Bridgestone-Reifen steuerte er seinen Arrows Yamaha in Ungarn fast zum Sieg, aber am Ende landete der Titelverteidiger nicht einmal in den Top-10 der Fahrerwertung.
Lewis Hamilton wurde 2009 von den Regeländerungen gebremst. Brawn und Red Bull kamen damit am besten zu Recht, McLaren aber fiel weit zurück. Immerhin gewann Hamilton noch ein Rennen. Jenson Button hatte nach seinem Märchen-Titel 2009 im Brawn Mercedes den richtigen Riecher und wechselte völlig überraschend zu McLaren, konnte sich dort aber im Teamduell gegen Hamilton – und das war noch überraschender – behaupten. Obwohl Button noch lange im Titelrennen war, hatte er gegen Sebastian Vettel und Red Bull keine Chance.
Die zehn erfolgreichsten britischen GP-Fahrer
1. Lewis Hamilton (GBR) 42
2. Jim Clark (GBR) 40
3. Jackie Stewart (GBR) 32
4. Nigel Mansell (GBR) 31
5. Stirling Moss (GBR) 28
6. Damon Hill (GBR) 22
7. Graham Hill (GBR) 19
8. Jenson Button (GBR) 15
9. James Hunt (GBR) 14
10. David Coulthard (GBR) 13