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Aerodynamik für Anfänger

Das Formel 1 Forum früherer Tage...
Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

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Iceman's good hat geschrieben:
Ist das Buch empfehlenswert? Ich liebe Aerodynamik!!! :D) :D) :D)

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Die Frage von Iceman's good nach dem Buch über Areodynamik hat mich auf dieses spezielle Thema gebracht. Das ist zwar ein bisschen Abseits unserer eigentlichen Yesterday-Themen, aber vielleicht doch für den einen oder anderen interessant. Ich bleibe absichtlich an der Oberfläche, denn (a) ist das auch nicht so mein Spezialgebiet (b) möchte ich es für den Laien verständlich halten und (c) gibt's für tiefergehende Fragen ja noch die Technik-Ecke.

Beginnen möchte ich mit dem Ground-Effect, der nun schon seit Ende der 60er Jahre die Motorsport-Aerodynamiker fesselt und das primäre Streben ihrer Bemühungen ist.

Venturi - das Vermächtnis der Herrn Bernoulli

Vorneweg - bevor der Frage danach kommt - das Prinzip des Ground-Effects: Der Italiener Giovanni Battista Venturi entdeckte, dass sich die Geschwindigkeit eines durch ein Rohr strömenden fließenden Mediums (Flüssigkeit oder Gas) zu einem sich verändernden Rohrdurchmesser antiproportional verhält. Auf Deutsch, die Geschwindigkeit des Mediums ist dort am größten, wo der Querschnitt des Rohres am engsten ist. Darauf basierend folgerte im 18. Jahrhundert der Schweizer Physiker Daniel Bernoulli den Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit und statischem Druck eines Fluids. Wenn (zum Beispiel) Luft, also ein Gas, durch eine sich verengende, offene Röhre strömt, wird sie beschleunigt und ihr Druck nimmt ab. Eine solche trichterförmige, sich verjüngende Röhre bezeichnet man als Venturi-Rohr oder allgemein, Venturi. Der Ansaugstutzen eines Vergasers ist nach diesem Prinzip geformt.

Um 1967 entdeckte die schnelle Zunft der Renngerätebauer seinen physikalischen Grundsatz. Einige Jahre später, 1977-79, lernten vor allem die Formel 1-Konstrukteure für die Aerodynamik ihrer Boliden das Vermächtnis des Herrn Bernoulli besonders hoch zu schätzen.

Jim Hall lernt's auf die harte Tour

Zurück zu den Anfängen: 1961 baute ein texanischer Öl-Baron, genialer Hobby-Konstrukteur und Rennfahrer, namens Jim Hall einen Chevrolet V8-getriebenen Chapparal 1-Sportwagen, der im Renneinsatz einige Erfolge verbuchen konnte. Chevrolets Forschungsabtellung horchte auf und bot Hall Unterstützung an. Man wollte einem Chaparral eine Karosserie in Form eines umgedrehten Tragflächenprofils verpassen, deren Unterboden vorne und hinten hochgebogen war. So ergab sich zwischen dessen Unterseite und der Straßenoberfläche eine Art Venturi-Tunnel. Eigentlich ein genialer Einfall: Wird das Auto auf der Strecke bewegt, so strömt der Fahrtwind unter den Wagenkörper, die Luft wird beschleunigt, es entsteht Unterdruck, und das Fahrzeug würde sich förmlich an die Piste saugen. Schließlich mußte es laut Herrn Bernoulli funktionieren! Tat es aber nicht.

Als Hall mit dem Vehikel auf dem Versuchsgelände von General Motors eine Testfahrt unternahm, wurden die Vorderräder mit steigender Geschwindigkeit zusehends leichter. Bei ca. 200 km/h stiegen sie voll aus den Federn, und er hätte beinahe abgehoben. Der geschockte Hall baute daraufhin vorne am Wagen einen gigantischen Spoiler, groß wie der Schieber eines Schneepflugs. Der Luftfluß unter die hochgeschwungene Nase sollte nun vollständig eliminiert werden. Das erzeugte so einen enormen Druck auf die Vorderachse, daß Hall in der ersten Runde auf halbem Weg anhalten mußte. Die Reifen hatten sich förmlich nach oben durch die Kotflügel gefressen. Also wurde so lange experimentiert bis die richtige Spoilergröße gefunden war.

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Der Chaparral 1, dem Hall um ein Haar das Fliegen beigebracht hätte - hier allerdings eine neuer Aufnahme mit 'kleinem' Frontspoiler

Heute wissen wir, das Problem des zuerst modifizierten Chapparal war folgendes: Erstens wurde der Unterdruck durch einströmende Luft von den Seiten her zwischen Vorder-und Hinterrädern ständig ausgeglichen. Zweitens staute sich der Fahrtwind unterhalb der hochgewölbten Schanze dermaßen, daß der Wagen locker einen Salto rückwärts hätte machen können, wäre da nicht der massive und schwergewichtige Klotz des Frontmotors gewesen. Der "Schneepflug" löste dann dieses Problem konsequent. Hall hatte in Unkenntnis der Materie zu viel auf einmal probiert.

Eine (wie wir heute wissen falsche) Erkenntnis hatte man aber damit gewonnen: Spoiler GUT - Luftstrom unter dem Auto SCHLECHT. Die neue Mode setzte sich in den 60er Jahren schnell durch und alle Designer folgten dem Trend, Luftfluß unterhalb des Fahrzeugs zu verhindern. Abtrieb sollte mittels einer aerodynamisch gestalteten Karosserie-Oberfläche unter Hinzufügung von Flügeln erzielt werden - ein eigenes, sehr umfangreiches Thema, auf das ich später noch eingehen werde. Halls haushohe Spoiler auf seinen Rennsportwagen taten die Tendenz deutlich kund - und auch die Auswüchse in der Formel 1 von 1968/69 sind wohl noch vielen bekannt.

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Irrweg der Aerodynamik: der 'Geflügelsalat' der späten 60er Jahre. Aber (man beachte die kleinen Seitenkästen) BRM war auf dem richtigen Weg.
Zuletzt geändert von Alfalfa am Montag, 02. Januar 2006, insgesamt 4-mal geändert.

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

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@Alfalfa: Ein sehr interessantes Thema und ein sehr guter Beitrag! FReu mich schon auf den nächsten Teil! Wir könnten ja auch Mal spezielle Konstruktionen in der Formel-1 durchgehen, ich denke da beispielsweise an den Staubsauger Brabham oder ähnlichem.

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

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Weiter geht's.

Unterdruck aus dem Stand: der Chaparral 2J

Im gleichen Zeitraum passiert dann wieder etwas zum Thema Ground effect. Zu der Zeit kämpfte Jim Hall gerade mit seinem erfolglosen 2H mit Starrachse (nicht alle Konstruktionen von ihm waren genial - diese war katastrophal). Nach dem Desaster kehrte er mit einer erstaunlichen Konstruktion zurück, die aussah, als hätte ein kleines Kind die Form aus einem Stück Balsaholz geschnitzt: dem Chaparral 2J. Beobachter witzelten damals, der er sähe so aus wie die Kiste, in der er gebracht würde, aber er bewährte sich in der CanAm-Serie 1970 und den bis dato überlegenen McLaren M8Ds seine Grenzen.

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'...it looks like the box it was brought in...' war der übliche Kommentar zum Chaparral 2J

Ich will noch etwas genauer auf den 2J eingehen: ein unbekannter Renn-Fan hatte Hall die Skizze eines Sport-Rennwagens zugeschickt, der mit Hilfe eines riesigen, horizontal angebrachten Gebläsen die Luft unter dem Rumpf absaugte und dadurch auf die Piste gepreßt wurde. Paul van Valkenburgh (Entwicklungsingenieur von General Motors), Chapparals Don Gates und GMs Abteilungsleiter Charlie Simmons gingen der Sache nach und erhielten vielversprechende Resultate bei ihren Tests mit Modellen. Gates entwickelte ein Gebläse und ein Schürzensystem gegen unerwünschten Lufteinfluß von außen. Don Cox, Ernie DeFusco und Joe Marasco schneiderten das passende Chassis dazu, das im November 1969 seinen ersten Renneinsatz hatte. Ein 55 PS starker Schneemobil-Motor trieb zwei Entlüfterräder, die die Luft unterhalb des Wagens, der rundum mit Lexan-Schürzen abgedichtet war, ansaugten und am Heck hinausbliesen. Die Karre war ungeheuer schnell, klebte förmlich auf der Straße und flitzte wie auf Schienen. Ihre Verbannung von den Rennstrecken zog das Verbot von beweglichen Teilen mit primär aerodynamischer Funktion (Achtung: diese Formulierung wird weiter unten noch sehr wichtig) nach sich. Das Ding hatte auch Pferdefüße: leider brachte der Hilfsmotor keine zuverlässige Leistung. Das größte Manko war dass der Abtrieb nicht geschwindigkeitsabhängig war (wie später beim Lotus, oder - viel besser gelöst - bei Gordon Murrays Staubsauger) so dass das Startverhalten und die Kurvenlage recht verheerend war. Es gab einige Pole Positions, aber keine Siege. Und nach Saisonende wurde das Auto dann ganz verboten.

Flügelprofile bei BRM und March

Unterdessen schlug sich in England BRMs Cheftheoretiker Peter Wright mit den Problemen der Aerodynamik herum. Ebenfall in dem Zeitraum von 1968-69 entstand sein Konzept, Turbulenzen zu eliminieren und Abtrieb zu erzeugen, indem er den V12-Rennern Seitenkästen, geformt wie Tragflächenprofile - die gewölbte Seite nach unten - ansetzen wollte. Ein BRM V12 wurde mit Flügelkästen aus Glasfiber bestückt und 1968 in Snetterton getestet. Die Ergebnisse ließen zwar keinen endgültigen Schluß zu, waren aber vielversprechend genug, so daß Peter und sein Chef Tony Rudd beschlossen, mit einem Wing-Car-Modell im Windkanal zu experimentieren und machte etliche Versuche im Imperial College London (das mit einem Laufband ausgestattet war - und daher sehr realitätsnahe Ergebnisse lieferte). Die Tests wurden leider nach kurzer Zeit abgebrochen, als bei BRM das Management wechselte.

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BRMs wegweisende Aerodynamik-Experimente von 1968/69 gingen eindeutig in die richtige Richtung, wurden aber verfrüht eingestellt. Oben bei Tests in Snetterton 1968, unten bei Windkanalversuchen im Imperial College/London 1969

Das Wing-Car-Programm wanderte in den Papierkorb, und Rudd erhielt als leitender Ingenieur der Lotus-Gruppe einen neuen Job bei Colin Chapman. Peter Wright fand in Specialised Mouldings (SM), einem Hersteller von Plastik-Verkleidungen für Rennwagen, seinen neuen Arbeitgeber. Er bot nun die BRM-Wings Robin Herd an, der sie 1970 am March 701 als Flügeltanks einsetzte. Somit entstand wieder so etwas wie eine Venturi-Sektion zwischen Flügel und Straße, jedoch hoch über ihr, zu den Seiten hin offen. Das Konzept hätte die F1 revolutionieren können, aber es wurde nicht konsequent entwickelt. Da der March 701 im Prinzip kein sehr gutes, ja sogar ein entwicklungs-resistentes Auto war, machten sich der Effekt mit den Seitenteilen kaum bemerkbar. Granatellis Team fuhr beispielsweise meist ohne die Teile - und war auch weder schneller noch langsamer. Folglich wurde den Teilen nicht die Beachtung geschenkt, die sie wohl verdient hätten.

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Erkenntnisse des BRM-Experiments wanderten in die Seitenkästen des March 701

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

Beiträge: 356
Soviel ich weiss, waren in diesen Seitenkästen die Benzin-
tanks untergebracht, wie bei vielen anderen F1-Autos (March
701, Mclaren M 7 usw.) auch üblich. Ziemlich gefährlich für die
Fahrer, so mitten im Sprit zu sitzen.
Diese Kästen hatten also höchstens zufällig einen aerodynamisch
günstigen Effekt.
Seitenkästen aus bewusst aerodynamischen Gründen hatten wohl
erst die wing-car-Lotus.

Tolles Thema übrigens !
-emmo-

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

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Emersonwho hat geschrieben:
Soviel ich weiss, waren in diesen Seitenkästen die Benzintanks untergebracht, wie bei vielen anderen F1-Autos (March 701, McLaren M7 usw.) auch üblich. Diese Kästen hatten also höchstens zufällig einen aerodynamisch günstigen Effekt. Seitenkästen aus bewusst aerodynamischen Gründen hatten wohl erst die wing-car-Lotus.

Ist nur teilweise richtig. Granatelli fuhr z.B. (ich erwähnte es schon) fast alle Rennen ohne diese Kästen, also waren die Tanks nicht zwangsläufig in diesen. Es waren eindeutig die Erkentnisse der BRM-Experimente die in diese Kästen flossen - natürlich nicht richtig durchdacht, das gebe ich zu.

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Der Granatelli-March in Hockenheim 1970 - ohne Kästen...

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

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Weiter geht's mit Teil 3 - langsam kommen wir in die 'Neuzeit'...

Gordon Murray - der Meister der Luftstroms

Jetzt wird's etwas technisch - ich hoffe ich nerve Euch nicht: 1973 brachte Gordon Murrays erster, sogenannter 'Dreikantschaber', der Brabham BT42, ein wenig Licht ins Dunkel der aerodynamischen Alchimie.

Ein weit nach vorn gezogener, breiter Nasenschild hielt die Luft unter dem Auto weg. Zusammen mit der strömungsgünstig gestalteten Karosserieoberfläche kamen ganz ordentliche Abtriebswerte zustande. Jedoch bei Nickbewegungen des Wagens während der Fahrt wurde der Vorbau regelmäßig beschädigt. Murray zog daher eine Art Spoiler unter der Wagenmitte in Erwägung, der, im Zentrum der Nickachse angebracht, mit der Piste nicht in Berührung kommen konnte. Er benutzte dafür ein sehr dünnes, leicht flexibles Glasfiberblatt, das in V-Form am Chassisboden befestigt wurde. Aufgrund von Tests ergab sich die Höhe der Schürze: ca. 3,8 cm für schnelle Kurse, ca. 2,2 cm für holprige. Von Brabhams früherem BAC-Aerodynamiker Ray Jessop lernte Gordon den Gebrauch eines Manometers für Luftdruckmessungen bei Testfahrten (BAC = British Aircraft). Er entschied sich für ein Manometer mit einer Flüssigkeitsanzeige, deren Werte der Fahrer während des Tests ablesen konnte. Später war es ihnen mit Hilfe einer Voriichtung möglich, die Anzeige auf der Skala zu fixieren und dann an der Box abzulesen. Mit diesem Instrument ermittelten sie an allen möglichen Stellen des Wagens - z.B.: vorne an der Nase, an der Airbox, unterhalb des Bodens etc. - die Druckunterschiede während einer Testfahrt. Sie stellten Differenzen von ca. 35 gr/qcm fest. Bezog man das auf die gesamte Fläche, wo diese Differenz ermittelt wurde, so ergaben sich mehrere 100 Pfund echten Abtriebs. Der Unterboden-Spoiler verursachte eine atmosphärische Unterdruckzone, die sich gut einen Meter weit nach hinten erstreckte. Die erste praktische Lösung, einen ground effect zu erzeugen.

Aber die Brabham-Truppe begriff nicht so richtig die Bedeutung ihrer Entdeckung. Für sie war es vordringlich, den Anstellwinkel des Heckflügels möglichst flach zu halten, und das stand in Einklang mit Gordons Idee, ein Wing mit bananenförmigem Querschnitt aufs Heck zu setzen. Das verband größtmögliche Wölbung mit minimaler Stirnfläche. Es brachte Abtriebswerte von ca. 135 kg plus ca. 68 kg von der Unterseite des Wagens. Brabham wollte diese Entdeckung geheimhalten, aber schon im selben Jahr, 1974, tauchten die Plastikanhängsel auch an den Monocoque-Unterseiten der McLaren M23 auf.

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Nicht nur ein schöner, sondern auch ein aerodynamisch wegweisender GP-Wagen: Murrays BT42

Lotus bekommt etwas umsonst...

1976-77 stieg dann das Lotus-Team mit Peter Wright als Chef der Aerodynarnik-Forschung und von Charlie Prior gebauten Modellen in den Windkanal am Imperial College in Kensington/London. Mit diesen überzeugten sie Lotus-Boss Chapman von den Möglichkeiten, den Luftstrom unter dem Wagen gezielt zu führen. Daher wies die Unterseite seines 1977er Lotus 78 eine bestimmte Form auf, die unter dem Wagen einen Unterdruck herstellen sollte.

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Der Lotus 78 löste die aerodynamische Revolution aus - vielleicht der wichtigste Wagen der GP-Geschichte

Nochmal muss ich etwas technisch werden: Als Lotus den Typ 78 vorstellte, fiel die Bemerkung, man habe 'etwas umsonst bekommen'. Was diese Bemerkung implizierte, kann gar nicht genug betont werden, aber man muss dazu wissen, dass Lotus es nicht geschafft hatte, die Naturgesetze außer Kraft zu setzen: der Rennstall hatte nur einen Weg gefunden, die Luftströmung um den Wagen so effizient zu gestalten, dass einem großen Zugewinn an Abtrieb eine nur mäßige Zunahme des Luftwiderstands gegenüberstand. Indem die Luft reibungslos mit hoher Geschwindigkeit und damit niedrigem Druck unter dem Wagen durchströmte, blieb auch der Luftwiderstand niedrig, weil weniger Turbulenzen auftraten, wo früher aus aerodynamischer Sicht das Chaos geherrscht hatte. Und dadurch, dass der Unterboden zum Heck hin anstieg und die Luft reibungslos bis zum Ende der Diffusoren strömte, war die effektive Grundfläche kleiner und damit auch die Fläche, auf der es zum Strömungsabr'iss kommen konnte. Mit anderen Worten, die Nachströmung war kleiner, und das führte zu einer Verringerung des formbedingten Widerstands. Es kam zu einer Zunahme des induzierten Luftwiderstands als Folge des gewonnenen Abtriebs, aber Insgesamt überwogen die Vorteile. 'Etwas umsonst bekommen' zu haben, war also eine leichte Übertreibung, und außerdem ist festzustellen, dass man niemals etwas umsonst bekommt, so wünschenswert das auch sein mag. Diese Illusion entstand einfach nur daraus, dass die Gesetze der Aerodynamik weitaus effizienter angewendet worden waren.

Man entwickelte die Ideen in dem 1978er Weltmeisterschaftswagen Lotus 79 fort, indem er längere Venturi-Rohre (so nannte man die Querschnittsverengungen) unter dem Chassis anbrachte.

Dass aber auch andere Wege nach Rom führen musste Lotus aber auch in dieser, ihrer erfolgreichsten Saison erleben, als Brabham in Schweden seinen Ventilatorwagen einsetzte. Dieses Vehikel erfordert - alleine durch seine genial Ausnutzung von 'Gummi-Paragraphen' - eine nähere Betrachtung. Auf Michaels Wunsch werde ich ihm daher - gleich - ein eigenes Kapitel widmen.

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

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@Alfalfa: Das ist wirklich sehr gut geschrieben und sehr inetressant! Natürlich gehst du uns mit der ganzen Technik NICHT auf die Nerven, ganz im Gegenteil!

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

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Jetzt kommt mein (ich denke auch eines von Michael) Lieblingsthema: Der BT46B Straubsauger von Gordon Murray.

Brabham BT46B: aus Flop wird Top!

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Gordon Murrays Meisterstück: der BT46B 'Staubsauger' - natürlich von hinten...

Um den Gedankenansatz hinter dem BT46B zu verstehen, muss man zur Entwicklung dieses Autos zurückgehen, der eigentlich auf einer Flop-Idee von Murray basierte. Aber Murray wäre nicht Murray, wenn er daraus nicht noch eine Erfolgsgeschichte gemacht hätte. Bei diesem Auto, dem BT46, gab es im urprünglichen Entwurf keine konventionellen Kühler, sondern Oberflächen-Wärmetauscher, die auf den Seitenflanken und über der Motorabdeckung angeordnet waren. Leider funktionierte die Kühlung nicht ordentlich und man musste - etwas überhastet - auf die übliche Kühlung umbauen. Beim Debüt des Wagens in Südamerika hatte man voller Panik sogar Ventilatoren zur Kühlung benutzt, was zwar wenig half - außer dass sich Murray später darauf berufen konnte, dass dessen Anwendung nicht verboten wurde.

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Der BT46 in seiner ursprünglichen Form - mit Oberflächenkühlung

Prinzipiell war der BT46 aber auch ohne die Oberflächenkühlung kein schlechtes Auto (und ein recht modernes obendrein - mit wegweisenden Details wie Kohlefaserbremsen, Digitalanzeigen und an Bord integrierten Wagenhebern): bereits früh in der Saison 1978 bewiesen Lauda und Watson bewiesen, wie wettbewerbsfähig der BT46 gegenüber anderen Wagen mit Ausnahme der Lotus 78/79 mit Ansaug-Effekt war. Murray kämpfte aber bei dem Wagen mit einem grundsätzlichen Problem: die Zylinderköpfe des breiten und flachen Alfa-Zwölfzylinder ragten höchst hinderlich genau in den Bereich, wo die Schächte der den Ansaug-Effekt produzierenden Flügelprofile zu sitzen hatten.

Murray und sein Assisten David North untersuchten alle denkbaren Möglichkeiten, darunter auch die Version, den Motor vorn zu plazieren. Dann dachten Sie daran, den Tank hinten zwischen Motor und Getriebe anzuordnen. Das hätte funktionieren können, allerdings wäre der Wagen durch die zusätzlich notwendigen zahlreichen Verbindungen sehr schwer geworden. Außerdem wären die Veränderungen im Fahrverhalten zwischen vollem und leerem Tank sicherlich spektakulär gewesen.

Das Ei des Kolumbus: ein falsch plazierte Kühler

Voller Verzweiflung studierten sie erneut das Reglement und fanden tatsächlich ein Schlupfloch: sie konnten ein Gebläse bzw. einen Propeller verwenden, um den Luftdruck unter dem Auto zu reduzieren, solange dessen primäre Funktion nicht aerodynamisch im Sinne der Formel 1-Regeln war. Mit anderen Worten: sie konnten behaupten, daß die primäre Funktion ihres Gebläses darin bestand, Luft durch einen Kühler zu saugen, um die Motorkühlung zu verbessern und nicht etwa darin, durch den rotierenden Propeller selbst die Leistungsfähigkeit des Autos zu steigern.

Der Brabham-Staubsauger wurde ein Paradebeispiel für die spitzfindige Umdeutung der Regeln, weil es natürlich im wahrsten Sinne des Wortes immer noch eine aerodynamische Funktion ist, Luft durch einen Kühler zu saugen. Der Schöpfer dieser neuen Deutung ist allerdings bis heute felsenfest davon überzeugt, dass sie vollkommen legal war. Tatsächlich bestätigten auch die Sport-Autoritäten seine Lesart, nachdem sie ihre weitere Anwendung durch eine Veränderung des Wortlauts der Regeln wirkungsvoll unterbunden hatten.

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Das Ei des Kolumbus: klar dass dieser Kühler über dem Motor noch einen zusätzlichen Ventitalor braucht...:-)

Der BT46B besaß einen großen, waagerechten Wasserkühler oberhalb des Motors - und war genau an dieser unpassenden Stelle angebracht worden DAMIT er eine extra Kühlung brauchte. Der gesamte Motorraum war nach unten mit flexiblen Schürzen abgedichtet, die bis auf die Fahrbahn reichten, um das Einströmen der Luft von außen zu verhindern. Ja, selbst die Schlitze, in denen sich Antriebswellen und Radaufhängungen bewegten, waren noch einmal zusätzlich abgedichtet.

Die endgültige Fertigstellung der Schürzen, des Gebläses und des Kühlers hatte erhebliche Anstrengungen gekostet. David Cox, ein Fachmann für Thermodynamik, hatte die notwendige Anzahl der Propellerblätter, den Anstellwinkel und die optimale Rotations-Geschwindigkeit berechnet. Dazu wurde ein Freilauf am Ende des Getriebes eingebaut, um den Propeller immer dann abzukoppeln, wenn der Fahrer seinerseits die Kupplung für den Gangwechsel betätigte. Um einen häßlichen Unfall an der Box zu vermeiden, wurde eine Vorrichtung installiert, mit der die Mechaniker den Propeller abkoppeln konnten, während der Motor im Leerlauf weiterlief. Eine Stirnrad-Gelenkwelle für den Propeller war notwendig, um die Nabe ausreichend abzuheben, damit Propellerblätter von vernünftiger Größe verwendet werden konnten. Das Problem, der Antriebswelle des Propellers die Belastung eines Renn-Starts zu ersparen, führte zum Einbau einer Rutschkupplung, die in der Nabe untergebracht war. Testfahrten in Brands Hatch zeigten überraschend, daß weder der Freilauf noch die Trenn-Vorrichtung für die Boxen notwendig waren, da der Gangwechsel auch dann völlig unbeeinflußt blieb, wenn der Freilauf blockiert war.

Aber die ursprünglichen Propellerblätter aus Kunststoff lösten sich auf, mit Glasfiber verstärkte Blätter ebenfalls. Nur eine Woche vor dem GP Schweden wurden Propellerblätter aus Magnesium gegossen und neue, aus dem Vollen gefertigte Naben hergestellt. Nur drei Stück waren rechtzeitig fertig. Die Abdichtung an den Seiten und nach hinten durch die Schürzen machte keine Probleme, aber die vordere, quer zur Fahrtrichtung vor dem Motorraum verlaufende Schürze verursachte eine Menge Kopfschmerzen. Man hatte ein brillantes System erdachte, wobei man zwei aus Segeltuch genähte Wursthüllen benutzte, in die eine Reihe von Löchern geschnitten waren, so daß sie sich durch den Fahrtwind unter dem Wagen aufbliesen und auch prall blieben, wenn Druck oder Unebenheiten sie zwingen wollten, von der Fahrbahn abzuheben. Am ersten Trainingstag in Anderstorp wurde diese trickreiche Abdichtung verschlissen, aber die Brabham-Mechaniker befestigten für den zweiten Tag vorne eine Gleitkufe und dann arbeiteten die Dinger ganz vorzüglich.

Staub- und Dreckwolken - die Begleiter des BT46B

Selbst wenn der Wagen in der Boxengasse stand, und der Fahrer trat kurz auf das Gaspedal, ging das Auto bereits in die Knie. Fünf Teams protestierten und bezweifelten die Legalität, noch bevor Lauda und Watson sich für die Startplätze 2 und 3 hinter dem Lotus 79 qualifiziert hatten. Der Österreicher gewann das Rennen, hinter sich eine Wolke von Staub und Dreck, die aus dem Gebläse kam - genau diese Dreckwolke war dann wohl auch - der offiziellen Leseart nach - der Grund für den Verbot des Systems. Noch vor dem nächsten Rennen wurde der berühmte Staubsauger und alle denkbaren Nachfolger mit diesem System vom Wettbewerb ausgeschlossen, obwohl das Ergebnis von Schweden bestätigt wurde, und der Brabham-Staubsauger selbst niemals für illegal erklärt wurde. Und die meisten betrachteten Gordon Murray und David North mit erneuertem und geradezu ehrfürchtigem Respekt.

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Da legst di nieder: auch der große Colin Chapman untersucht das Auto genauer!
Zuletzt geändert von Alfalfa am Sonntag, 01. Januar 2006, insgesamt 2-mal geändert.

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

Beiträge: 8060
So, hier der Abschluss des Ground-Effects:

Die Konkurrenz schläft nicht

Schon bald erkannte man, dass ein optimaler Unterdruck, und damit ein Kleben an der Piste, nur mit dicht abschließenden Gleitschürzen zu erzielen war. In den Jahren 1979/80 tüftelten alle Teams an diesem Problem. Die Dichtleisten mussten glatt, reibungsfrei und elastisch sein, um auch bei holprigen Strecken oder in Kurven nie den Bodenkontakt zu verlieren. Diese Aufgabe war bald gelöst. Eine weitaus unangenehmere Erscheinung sorgte für mehr Ärger: Das gefürchtete, sogenannte 'Porpoising', frei übersetzt: aerodynamisches Stampfen. Der Wagen begann auf der Geraden vorne zu wippen, wie bei kurz aufeinander folgenden Bodenwellen. Diese schnelle Schaukelbewegung gingen in ein regelrechtes Springen und Bocken über, und der Pilot verlor total die Kontrolle über das Fahrzeug. Die Ursachen dafür kannte man nicht genau. Es lag wahrscheinlich an fehlgeleiteten Luftströmungen unter einem aerodynamisch schlecht gestalteten Unterboden. Dadurch konnte sich ein Luftpolster aufbauen, das den Wagen liftete, bis die Schürzen nicht mehr dicht abschlossen, und daher die gestaute Luft entweichen konnte. Dann saugte sich das Auto wieder fest, und das ganze begann aufs Neue.

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Wahrscheinlich das beste 'klassische' Ground-Effect-Auto: Patrick Heads FW07

Einige waren Herr der Lage, wie der Williams FWO7 und der Brabham BT49, andere hilflos: Lotus 80, Arrows A2 und Ferrari 312T5. Eine Konstruktion, die eine Wende, bzw. eine weitere Revolution hätte herbeibringen können, muss abschließend noch erwähnt werden: der Lotus 88.

Lotus entwickelte den Typ 88 mit einem Doppel-Chassis, mit dem man versuchte, den Bodeneffekt auch weiterhin nach dem Verbot der flexiblen Schürzen auszunutzen. Das innere Chassis, von Chapman Sekundärchassis genannt, bestand aus dem Monocoque, dem Tank, der Motor-Getriebe-Einheit und den Radaufhängungen. Seine weich auslegbare Federung bestimmte das Fahrverhalten des Wagens. Das äußere Chassis, auch Primärchassis genannt, bestand aus der Karosserie einschließlich der Seitenkästen, den Flügeln und den Kühlern. Dieses Chassis, das den Anpreßdruck aufnahm und sich damit während der Fahrt auf den Boden absenkte, hatte seine eigene Federung an den 4 Radträgern. So sah es jedenfalls die FISA, obwohl Lotus hartnäckig gegen diese Auslegung ihrer Absichten argumentierte.

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Da half auch alles Protestieren nicht - der Lotus 88 wurde nie zu einem Rennen zugelassen!

Der Vorteil dieser Konstruktion war, nicht nur den Abtrieb optimal nutzen zu können, sondern dabei auch den Fahrer vor den schlimmen Folgen des neuen Schürzenreglements bewahren zu können. Chapman versuchte, den 88/1 in Long Beach, Rio und Buenos Aires an den Start zu bringen, aber man bekam den Wagen entweder nicht durch die Abnahme oder man wurde, wie in Long Beach, aus dem Training protestiert. Schließlich fasste man das Reglement klarer, um den Lotus 88 verbieten zu können. Wäre das Lotus-Konzept von der FISA akzeptiert worden, würde vermutlich ein großer Pilot noch leben und die Karriere eines zweiten wäre nicht beendet worden! Der englische Automobilclub unterstützte Colins Konzept weiterhin und wollte den 88 in modifizierter Form als 88B zum Start zulassen. Ferrarl, Talbot-Ligier und Alfa protestierten erneut und die FISA stellte klar, daß auch alle Weiterentwicklungen des Lotus 88 illegal seien. Lotus mußte die 88B endgültig und in kürzester Zeit für den GP von England zurückrüsten.

Obwohl auch die Gleitschürzen kurz darauf verboten wurden, und ein flacher Boden seit 1983 Vorschrift ist - was eine Venturi-Zone innerhalb des Radstands unmöglich macht -, gilt dem Ground-Effect immer noch das vitale Interesse der Formel 1-Konstrukteure. Später versuchte man mit tief angesetzten Frontflügeln und Verkleidungen unterhalb des Getriebegehäuses, zur Bildung einer Diffusionszone, genügend Abtrieb zu erzeugen. 1986 war es wieder einmal Lotus, die mit einem für die Trainings-Chaosrunden ein absenkbares Heck den vielgepriesenen Bodeneffekt heraufbeschwörten. Beweisen ließ sich dieses aber nicht so leicht, so daß der 98T nicht disqualifiziert wurde. Auch Paragraphen können ein Naturgesetz nicht verbieten.

Der Rest liegt - glaube ich - wohl eher nicht in der Zuständigkeit von Yesterday...

Als nächstes nehem ich mir mal die Flügel vor - aber das kann ein paar Tage dauern. War heute sehr fleissig.

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

Beiträge: 45834
Jetzt kommt mein (ich denke auch eines von Michael) Lieblingsthema: Der BT46B Straubsauger von Gordon Murray.


Absolut! Das Auto ist für mich das technisch & aerodynamisch schönste Auto! Vielen Dank für die sehr guten Einblicke in den Hintergrund dieses Fahrzeuges!

Ich bin auf deine weiteren Beiträge gespannt!

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

Beiträge: 2995
Wirklich hervorragend gemacht :)

Wäre das Lotus-Konzept von der FISA akzeptiert worden, würde vermutlich ein großer Pilot noch leben und die Karriere eines zweiten wäre nicht beendet worden!

Aber ich komme jetzt nicht auf anhieb drauf wer die beiden Piloten sind :roll: ?

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

Beiträge: 1080
MichaelZ hat geschrieben:
@Alfalfa: Das ist wirklich sehr gut geschrieben und sehr inetressant! Natürlich gehst du uns mit der ganzen Technik NICHT auf die Nerven, ganz im Gegenteil!


mich auch nicht :D)

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

Beiträge: 454
shoemaker hat geschrieben:
Wirklich hervorragend gemacht :)

Wäre das Lotus-Konzept von der FISA akzeptiert worden, würde vermutlich ein großer Pilot noch leben und die Karriere eines zweiten wäre nicht beendet worden!

Aber ich komme jetzt nicht auf anhieb drauf wer die beiden Piloten sind :roll: ?


Gilles Villeneuve und Didier Pironi (vielleicht noch zusätzlich Patrick Depailler)
Zuletzt geändert von Peterson78 am Sonntag, 01. Januar 2006, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

Beiträge: 4967
@Alfalfa:

Der Beitrag ist super! Da brauche ich meine alten Bücher
gar nicht mehr. :lol:

Aber wie Du schreibst, hat diese sicher gute Errungenschaft
leider auch Tote gefordert. Das ist, und wird immer so bleiben.
Sei es im Rennsport oder sonstwo.

Ich persönlich halte den Lotus 88 immer noch als das genialste
Auto, Verbot hin oder her.

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

Beiträge: 8060
Bei so viel Lob (Danke, danke) muss ich doch gleich noch ein bisschen was nachschieben - morgen geht ja wieder der ERNST des LEBENS an:

Wenn man unsere ganze Periode des modernen Motorsports überblickt, zeigt sich das aerodynamische Verhalten der Rennwagen als wichtigster einzelner Faktor, der die Leistung der GP-Wagen bestimmte. Ähnlich große Bedeutung haben nur noch Design und Leistung der Reifen. Im Gegensatz zum Design & den Reifen wurden die Flügel aber erst relativ spät beachtet - obwohl schon sehr früh damit herum experimentiert wurde - hier nur einige Beispiele, die mir gerade in den Sinn gekommen sind (alle relativ planlos und erst im späteren Kontext wertvoll - aber erwähnenswert sind sie auf jeden Fall):

Planlos durchs 'Reich der Flügel'

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Das Wahnsinns-Gefährt: der Opel Raketenwagen RAK2

Der früheste Fall der mir einfällt: bereits 1928 rüstete Fritz von Opel seinen von Friedrich Sander gebauten Raketenwagen RAK2 mit Abtriebsflügeln von gut 1,30 m Spannweite auf jeder Seite aus. Er hoffte, damit sein feuerspuckendes Wahnsinnsgefährt bei Tempo 190 auf der AVUS bei Berlin zu halten. Der Gedanke an und für sich war völlig richtig - nur hatte man das Flügelprofil (auch wenn es nach unten zeigte) verkehrt herum abgebracht. Zum Glück hat Fritz von Opel die Fahrt ja überlebt...!

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Erstaunliches aus dem Hause Mercedes: die '52er Luftbremse von Le Mans

In den Fünfzigern baute Mercedes Benz Flügel auf den Kofferraum der 300 SL Renner beim '52er Rennen in Le Mans, die beim Bremsen hochklappten, angeblich eine Idee von Rennleiter Alfred Neubauer zur Unterstützung der überforderten Trommelbremsen. Im Rennen verzichtete man auf die Apparatur - gleichwohl setzte man sie 1955 (in etwas verkleinerter Form) wieder ein. Und höhere Kurvengeschwindigkeiten ließen sich damit - natürlich - nicht erzielen...

...gleich geht's weiter...
Zuletzt geändert von Alfalfa am Montag, 02. Januar 2006, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

Beiträge: 8060
...und schon geht's weiter:

Planlos durchs 'Reich der Flügel' - Teil 2

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Das sieht doch schon ganz gut aus - aber nicht für die Veranstalter: Michael Mays Porsche wird am Nürburgring 1956 ausgeschlossen

Der eidgenössische Ingenieur Michael May (von dem später in diesem Zusammenhang noch mal die Rede sein wird) tauchte am Nürburgring mit seinem Porsche auf, den ein enormer Flügel mittschiffs, hoch oben über dem Schwerpunkt, 'zierte'. Die Technischen Kommissare wähnten den wackeren Schweizer geistig eher im Abseits, wünschten ihm gute Besserung und verboten den Flügel. Auch in Monza blitzte er mit seinem Flügelwerk ab.

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Art Malone und sein Flügelmonster 'Mad Dog IV' auf der Bahn von Daytona

Aus Daytona Beach kam vom Superspeedway die Kunde von einem Renner, der unter dem bezeichnenden Namen "Mad-Dog" mit opelähnlichen Negativ-Flügeln um den Kurs rauschte. Das Auto (einer der letzten Kurtis-Roadster mit einem Pontiac-V8) war im Prinzip für Reifentests von Firestone. Art Malone stellte sogar einige Geschwindgkeitsrekorde damit auf. Aber mal ehrlich: sieht doch eher wie ein Flugzeug aus, oder...?!

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Jim Rathmanns Watson Roadster in Indy 1962 - eindeutig mit 'Flügel'...

In Indy 1962 kam ein weiterer Kandidat - in gewisser Weise so ein Zwitter zwischen Mays Flügelporsche und Hall Chaparral. Der rühriger Smokey Yunick hatte ein ausgeschnittes Flugzeugflügel-Stück auf Stelzen über seinen Watson-Offenhauser gestellt - leider brachte es nicht den Vorteil den sich Yunick und sein Fahrer Jim Rathmann erhofft hatten und das Teil wurde zum Rennen wieder abgeschraubt.

So, Vorspiel beendet - jetzt wird's ernst... (in Kürze)...
Zuletzt geändert von Alfalfa am Montag, 02. Januar 2006, insgesamt 2-mal geändert.

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

Beiträge: 454
@alfalfa:

Super-Thema !!!

Im Gedenken an GV, DP und PD ziehe ich mich jetzt zurück und träume wie Wolf Haas Protagonist in "Ausgebremst" von einem Großen Preis der ganz besonderen Art... :wink:

1. Startreihe

Stewart, Peterson, Rindt (damals wurde ja in 3er-Reihen gestartet)

2. Reihe:

Siffert, Senna, Hulme

3. Reihe:

Regazzoni, Lauda, Depailler

setze ich vielleicht mal in einem anderen Thread fort...

Beitrag Sonntag, 01. Januar 2006

Beiträge: 8060
Jetzt wird's ernst...

Jim Hall macht ernst

All das war aber nur Vor-Geplänkel ohne größeren und weitreichenden Einfluss auf den Rennsport. An Sportwagen tauchten ab Beginn der 60er Jahre immer öfter aerodynamische Abrisskanten & Spoiler auf - ernsthaft als Flügel kann man die Teile aber nicht bezeichnen. Eindeutig war der Sportwagensekor aber hier auf dem Gebiet zu der Zeit deutlich weiter als bei den Monoposti.

Systematisch wurde das Ganze erst wieder durch Jim Hall - wir hatten es über den verrückten Texaner schon weiter vorne über den Ground-Effect. So 1966/1967 der nämlich mit Unterstützung von General Motors seine Chaparral-Sportwagen auf den Asphalt. Sie führten riesige Heckflügel mit umgekehrtem Tragflügelprofil, die nicht auf dem Chassis, sondern auf hohen Streben direkt auf den Radträgern standen. So wurden die Reifen unmittelbar auf den Boden gepreßt. Die GM-Forschungsgruppe experimentierte auch schon mit Wagenkörpem in der formumgekehrter Tragflächen. Aber es wollte einfach nicht gelingen, den im Windkanal beobachteten Effekt in der Praxis zu wiederholen. Dieses Problem brachte noch einige Entwicklungsabteilungen in unzähligen Versuchen an den Rand der Verzweiflung.

Die Pioniere von GM-Chaparral tüftelten auch aus, dass große Frontspoiler den Luftwiderstand verringern, Heckflügel ihn aber vergrößern. Am Wagenhintern mußte also die knifflige Entscheidung zwischen viel Abtrieb und genügender Höchstgeschwindigkeit gefällt werden. Hall dachte sich als erfahrener Pilot natürlich prompt ein verstellbares "Höhenruder" für viel Anpreßdruck in Ecken und wenig Widerstand auf den Geraden aus. Stand der Flügel auf der Karosserie, so drückte der Abtrieb die relativ weichen Federn des Fahrwerks ganz zusammen, die Straßenlage ging zum Teufel. Also war es ideal, den Anpreßdruck direkt auf die Radträger zu bringen, damit auf die Räder. Das Verfahren ließ die gefederte Masse des Wagens unberührt.

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Bridgehampton 1966 sah das Debüt der verstellbaren Stelzenflügel an Jim Halls Chaparral

Die Gedanken drehten sich so in schnellem Fortschritt zunächst um aerodynamische Hilfen an der Aufhängung, dann um strebengestützte Flügel über dem Renner - und schließlich: Warum zum Teufel sollte dieser Flügel nicht reichlich hoch über dem Wagen im ungestörten Luftstrom stehen?

Im April 1966 wurde der erste Flügel aus solider Kiefer geschnitzt und zwei Fuß über dem Hinterteil eines Chevrolet Stingray getestet. Hierauf folgte ein schaumgefüllter Monocoque-Leichtsgewicht-Flügel für die Chaparral 2E CanAm-Sportwagen. Wenn die Streben einmal hielten, arbeiteten die Abtriebshilfen gut. Der Fahrer konnte sie noch vom Cockpit aus verstellen, für Kurven stand das Flügelwerk relativ steil, auf den Geraden flach.

Gegen Ende 1969 bollerte in Kalifornien - wo auch sonst? - ein Chaparral 2H (von der Fehlkonstruktion hatten wir's gerade ein paar Posts weiter vorne) mit einem Flügelmonster von noch nie gesehenen Ausmaßen mittschiffs über die Strecke.

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Das gewaltigste Flügelmonster aller Zeiten (man beachte die Dimensionen vorne, hinten & oben): Jim Halls Chaparral 2H von 1969

Die Flügel erreichen die Formel 1... recht spät

In der Formel 1 hatten mittlerweile Flügel auf hohen Streben auch schon von sich reden gemacht. Lotus-Weltmeister Jim Clark schlug, dem Chaparral-Vorbild folgend, seinem Mechaniker Leo Wybrott und den Porteous-Brüdern vor, was ganz ähnliches in der neuseeländischen Tasman-Meisterschaft 1968 zu versuchen. Clark fuhr beim Rennen in Teretonga, auf der Südinsel, einen Lotus 49T. Die Porteous-Brothers hatten ihr Wissen um die Fliegerei aktiviert, und auf Streben stand zeitig zum Training über dem Getriebe des Lotus ein kleiner Flügel. Improvisation ist alles: Das revolutionäre Stück war der Rest eines Rotorblattes und stammte vom Schrottplatz. Fürs Rennen wollte man den Flügel lieber wieder runternehmen. Wenn mit dem Ding was schiefgegangen wäre, hätte Colin Chapman nämlich alle zum Teufel gejagt. Habe leider nie ein Bild von der Konstruktion gesehen und kann Euch leider nicht damit beglücken - würde mich selbst brennen interessieren...

Beitrag Montag, 02. Januar 2006

Beiträge: 8060
...weiter geht's:

Unglaublich: Ferrari setzt aerodynamische Trends

Jetzt kommt erst mal Ferrari ins Spiel: Gianni Marelli, als junger Ingenieur mit Amons Ferrari 246T ebenfalls in Sachen Tasman-Serie auf Neuseeland unterwegs, war fasziniert von dem Flügel an Clarks Auto (auch wenn er nach dem Trainign wieder verschwand). Er fotografierte ihn aus allen Perspektiven. Zum Großen Preis von Belgien in Spa 1967, dem schnellsten Rennen im Kalender der Formel 1-Teams, kamen ja Lotus und Brabham bereits mit kleinen Frontspoilern, um den Auftrieb an der Vorderachse auszuschalten. Jetzt, 1968, präsentierten Ron Tauranac und Ray Jessop ihren Brabham mit einem Heckflügel auf Streben für Spa. Sie staunten nicht schlecht, dass Ferrari und Forghieri sichtlich gleiches ausgebrütet hatten und ihren 312 V12 ebenfalls beflügelt aus dem Transporter rollten. Der Trend kam fast überall zeitgleich.

Forghieri besteht darauf, daß die Idee bei einer Unterhaltung mit Michael May kam. May war Motorenspezialist und 1960 -63 für Ferrarl als Berater tätig, vorher hatte er ja schon am Ring mit seinem Experimental-Porsche für Aufsehen gesorgt. Na ja, es war schon ein irrer Zufall, daß nach Marellis Rieseninteresse am Lotus in Neuseeland die Renner aus Maranello prompt mit Flügeln auftauchten...

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Welchem F1-Team gebührt denn nun die Ehre der ersten Stelzenflügel in Spa 1968?! Brabham oder Ferrari? Ich tendiere zu Ferrari...

Jetzt wird's wild...

1968 und 69 wuchsen, ja wucherten die Flügel ziemlich wild. Kurz: Sie wurden größer, höher, mehr. Für Konstrukteure auf der Suche nach Abtrieb und damit besserer Beschleunigung, höheren Kurvengeschwindigkeiten und optimalem Bremsverhalten waren die Flügel auf Streben ein Gottesgeschenk. Sie wogen ein paar Pfund, aber der dynamische Abtrieb brachte zusätzlich ein paar hundert Kilo auf die Räder, die Rundenzeiten wurden deutlich besser.

Zum Formel 2-Training in Albi kreuzte das Winkelmann-Brabham-Team mit einem gigantischen Doppeldeckergerät auf, das an der Westfront '14-'18 einen prima Eindruck hinterlassen hätte.

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Schockschwerenot - dieser Flügel verlangt beinahe nach einem Waffenschein: der Winkelmann Brabham in Albi 1969

Feste und verstellbare Flügel wurden so bis zum GP Spanien 1969 entwickelt. Die Konstruktionen wurden immer gewagter und zerbrechlicher. Schließlich brachen die Dinger auf dem Lotus in Spanien zusammen, die Rennwagen verunglückten. Das rief endlich die CSI auf den Plan: Höhe, Breite und Befestigung der aerodynamischen Hilfen wurden reglementlert. Trotzdem hatte gerade der Bereich der Aerodynamik noch ungeahnte Überraschungen zu bieten. Aber das ist eine andere Geschichte.

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Das Ende der Stelzenflügel kam abrupt nach dem ersten Training in Monaco 1969 - nach diesem Bild aber auch verständlich!

Beitrag Montag, 02. Januar 2006

Beiträge: 8060
So, das war's erst mal für heute...

:arrow:

Beitrag Montag, 02. Januar 2006

Beiträge: 1313
@Alfalfa,sind die Beurteilungen zur Funktion der Flügelwerke teilweise oder ganz von dir?
Denn ich kann stellenweise die Beurteilung nicht nachvollziehen.
Der Opel Rekordwagen mag auf den ersten Blick in seiner Flügelanordnung verwundern.Doch bei genauerer Betrachtung ergeben sich interessante Dinge.So ist die Fläche stark negativ angestellt,was die Druckverteilung an der Fläche deutlich verändert.So kann auch eine solche Fläche für Abtrieb sorgen.
Mag sein,daß man damals die Anordnung von einem Front-und Heckflügel für undenkbar hielt um das aerodynamische Gleichgewicht einzustellen.Manchmal kommt man ja nicht auf die einfachsten Lösungen.So musste man sich mit der Einstellung an einem Flügel begnügen und diesen dann noch,obwohl wir uns im eigentlich simplen subsonischen Bereich befinden, für unterschiedliche Geschwindigkeiten einstellen.Da es sich hier auch um ein geradeausfahrendes Rekordfahrzeug handelt,welches nur geringe Querkräft übertragen muss und von Raketen vorgetrieben wird,kann man den Anpressdruck soweit minimieren,daß die Spurstabilität gewährleistet ist.
Das kann beim Opel-Rekordwagen eine gewünschte Erhöhung vorne bedeuten,die den mit steigender Geschw. zunehmenden Auftrieb verringert und eine minimale Lenkfähigkeit und Querkraftübertragung inklusive durch Störimpilse(Seitenwind) gewährleistet.Und am Heck durch eine hohe Hecklastigkeit eine gewünschte Reduzierung des Gewichts mittels Auftriebserzeugung,um den Anteil der Reibung auf ein notwendiges Restmaß zu minimieren.Denn die Räder müssen ja durch den Raketenantrieb keine Antriebskräfte,sondern nur Führungskräfte übertragen.
Vorne also eine Belastung hinten Entlastung.Dieses erreicht man bei einem Flügel,nur mittels eines Drehimpuls.Diesen kann man mit einem negativ angestellten "Auftriebsprofil" erreichen.Ein umgekehrter Flügel wäre die Negation und würde nicht das gewünschte Ziel darstellen.
Vergleichbar wäre hier auch bsphaft Michael Mays Porsche von 1956,der weder Front- noch Heckflügel kennt.
Ein abtrieberzeugender Heckflügel bedingt abtriebfördernde Maßnahmen an der Front.Sei dieses nun durch die Frontfom selber,wie beim 1966er Chaparral oder durch die uns bekannten Flügel selbst in kleinster Form,wie am 1970er Granatelli-March.
Der 1956 May-Porsche ist in der Rohform als aerodynamisch neutral einzuschätzen.Da man wohl 1956 noch immer nicht auf das Konzept Front- und Heckflügel gekommen war, machte bei der abtrieberzeugenden Einflügelversion nur die Anordnung von diesem im Bereich des vorhandenen aerodynamischen Schwerpunkt Sinn.
Im folgenden mal ein Link,der die Druckverteilung über dem Profilausschnitt bei verschiedenen Anstellwinkeln gut darstellt.
http://www.rengels.de/misc/auftrieb.de.html
Wer richtig bremst ist schneller!

Beitrag Montag, 02. Januar 2006

Beiträge: 8060
@Cobra; danke für die Anmerkungen - das meiste habe ich in der Tat aus Literatur zusammengesucht. Die Fakten natürlich zu 100%. Und wie ich bereits am Anfang geschrieben habe - ich bin kein Spezialist.

Klingt so, also ob Du Ahnung von der Materie hast. Für Deine fachkundige Posts bin ich sehr dankbar. Schau' doch öfter bei Yesterday vorbei...

Der von Dir erwähnte Opel-Raketenwagen ist ein interessantes Beispiel. Wir kennen die Schilderung von Fritz von Opel, der die Fahrt mit dem Wagen als die schrecklichste Erfahrung seines Lebens schilderte, die er um keinen Preis wiederholen möchte - also war das sicher ein sehr kritisches Gefährt. Und wir haben bei dieser Fahrt mehr zu berücksichtigen als die Aerodynamik, denn Opel bewegte sich in Geschwindigkeitsbereiche, bei der die Aerodynamik - besonders bei einer reinen Geradeausfahrt - nicht die entscheidenende Rolle gespielt hat, oder anders forumliert; wahrscheinlich wäre die Rekordfahrt ohne die Flügel genauso verlaufen - der entscheidende Faktor war hier sicher der absolut unpassende & gefährliche Raketenantrieb. Es gibt interessante, detaillierte Schilderungen dieser Fahrt (bei Interesse kann ich sie einstellen).

Insofern kann die Flügelstellung für seinen Zweck passend gewesen sein. Trotzdem würde mich interessieren wie dieser 'mittschiffs' angebrachte Flügel mit umgekehrten Profil gewirkt hätte - wir haben ja z.B. den Fall Rathmann, der mit auch mit einem einzelnen deratigen Flügel mittschiffs fuhr. Sicher würde man so einen Versucht heute nicht mehr wiederholen, ich denke aber man müsste es doch auch berrechnen können, oder?

Beitrag Montag, 02. Januar 2006

Beiträge: 2995
cobra hat geschrieben:
Vorne also eine Belastung hinten Entlastung.Dieses erreicht man bei einem Flügel,nur mittels eines Drehimpuls.Diesen kann man mit einem negativ angestellten "Auftriebsprofil" erreichen.Ein umgekehrter Flügel wäre die Negation und würde nicht das gewünschte Ziel darstellen.


Wir hatten zwar bislang noch nicht viele Vorlesungen zum Thema Aerodynamik, aber ein kleines bisschen Ahnung habe ich davon auch.
Ich habe im Solid CFD jetzt mal zwei Flügel mit ähnlichem Anstellwinkel wie dem am Opel gezeichnet, einen mit dem Flugzeug- und einem mit dem umgedrehten Profil. Das Ergebnis bei hor. Anströmung ist aber fast gleich. Eine negation des Effektes vom Opel erreiche ich erst, wenn ich den Flügel komplett spiegele, also auch den Anstellwinkel umdrehe.

Beitrag Montag, 02. Januar 2006

Beiträge: 8060
@shoemaker: Vielen Dank für die Auskunft. Das Thema ist sehr interessant. Opel/Sander/Valier haben ja in den 20er Jahren eine ganze Reihe von solchen Versuchen gemacht, nicht nur mit Autos sonsern auch mit Motorrädern, Gleitschlitten und Flugzeugen - und viele davon auch mit Flügel ausgestattet. Werde das mal bei Gelegenheit etwas zusammenstellen. Muss aber jetzt erst mal wieder ein bisschen Geld verdienen... :)

Beim Opel RAK2 fällt natürlich die komplette Hecklastigkeit auf. Die Antriebsquelle (24 Pulverraketen mit einem Schub von je 250 kg) saßen hinter der Hinterachse und auch Fahrer Fritz Opel saß relativ weit am Heck. Der Flügel mag also durchaus seine Berechtigung gehabt haben - gestoppt wurden nämlich ca. 228 km/h.

Beitrag Montag, 02. Januar 2006

Beiträge: 0
Alfalfa hat geschrieben:
... der entscheidende Faktor war hier sicher der absolut unpassende & gefährliche Raketenantrieb. Es gibt interessante, detaillierte Schilderungen dieser Fahrt (bei Interesse kann ich sie einstellen).

Wenn du grad so fragst... :)

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