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Aerodynamik für Anfänger

Das Formel 1 Forum früherer Tage...

Beitrag Montag, 06. Februar 2006

Beiträge: 4967
Du sagst es, ich hatte mich mit dem Auto gar nie besonders befasst.
Erst gestern ist mir das nach brabhambt's Bemerkung aufgefallen.
Auch der Heckflügel sieht irgendwie ganz modern für 1973 aus.

Beitrag Montag, 06. Februar 2006

Beiträge: 8060
Scheint ja nicht funktioniert zu haben (bzw. man bekam die thermischen Probleme nicht in den Griff) - denn Nunns nächste Konstruktionen waren dann am Motor wieder oben (und seitlich) ohne... :lol:

Beitrag Montag, 06. Februar 2006

Beiträge: 4967
Und später vorne mit Kühler :lol:

Beitrag Samstag, 18. Februar 2006

Beiträge: 45834
Um das Thema Mal wieder nach vorne zu holen, hier Mal ein bisschen was von mir, da komtm auch wahrscheinlich noch was.

Seit 100 Jahren wird nun im GP Sport schon gefahren, damals wie heute dabei Mercedes, Fiat (Ferrari) und Renault. Doch damals schlummerten die Motoren noch vorne im Rennwagen. Seitdem veränderten sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt die Autos deutlich: Die Motoren wanderten in den Heckbereich hinter den Fahrer, die Reifen wurden zunächst immer breiter und fetter, danach wieder schmaler, Mal mit Rillen Mal ohne, und auch die Aerodynamik von damals, den 50er, den 70er, und heute ist nicht miteinander vergleichbar. Ursprünglich ging es der Technik nur darum, den Luftwiderstand möglichst gering zu halten. Erst Ende der 60er Jahre machten sie sich ihren bisherigen Erzfeind, den Fahrtwind, als Freund und nutzten ihn seither als wertvollen Anpressdruck, der schon unterhalb der 200 km/h Marke ein Gewicht von mehr als 500 Kilogramm erzeugt. Der Wind ist mittlerweile ein solch wichtiger Bestandteil des GP Sports, dass die Formel-1 Team mittlerweile für Millionen von Dollars hochtechnische Windkanäle bauen und die Formel-1 Renner bereits aus dem Windkanal heraus entstehen und auf der Teststrecke nur noch optimiert werden. Aber nicht nur deshalb gingt es aktuell unter den Renner nur noch wenige Unterschiede, auch das bis ins kleinste Detail vorgegebene Reglement lässt ungewöhnliche und etwas andere Formel-1 Konstruktionen, wie es sie zu Massen in den 70er Jahren gab, nicht mehr zu. Zum Vergleich: Beim ersten GP Rennen, dem Frankreich GP 1906, den Renault Pilot Ferenc Szisz aus Ungarn (oder soll ich sagen Österreich-Ungarn) für sich entscheiden konnte, war das Reglement noch relativ mit großen Lücken: Die Autos durften damals nicht weniger als 1000 Kilogramm wiegen (je nach Konzept auch 1007) (heute 600 kg), der Hubraum des Motors war frei gestellt (heute 2,4 Liter), an den Boxen, also zum Boxenstopp, Reifenwechsel, Wartung- oder Reparaturarbeiten durfte keine Boxenmannschaft wie heute (teilweise aus bis zu 50 Mann) Hand anlegen, sondern nur der Fahrer und dessen Beifahrer. Einen festen Tag für einen Renntag gab es auch nicht, ja manchmal wurde das Rennen sogar auf 2 Tage aufgeteilt. Ist nun der Sonntag fest als Renntag gesetzt, fand beispielsweise der Frankreich GP 1906 an einem Dienstag und Mittwoch statt! Es gab damals ebenso wenig eine Helmpflicht wie feuerfeste Overalls oder Sponsorenaufkleber. Eines was schon damals war, begleitete aber den GP Teams bis heute: Leistung und Zuverlässigkeit bestmöglichst zu kombinieren. Im Laufe der Jahre veränderte sich aerodynamisch gesehen am Auto einiges, beispielsweise der Wandel vom Gitterrohrrahem zum Monocoque Chassis, der immer häufiger verwendeten Hightech und Elektronik im GP Wagen, die 1955 eingeführten Scheibenbremsen (mittlerweile Karbon), oder das von Ferrari eingeführte halbautomatische Getriebe Anfang der 90er (mittlerweile versucht man bereits Getriebe zu etablieren ohne Zugkraftunterbrechung). Mit diesem Getriebe kam erstmals auch die Wippenschaltung, das heißt die Fahrer konnten beim Schalten die Hände am Lenkrad lassen, zum Einsatz.

Beitrag Samstag, 18. Februar 2006

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Der Mercedes Benz W196: Revolutionäre Autos der 50er

Mercedes feierte beim Frankreich GP 1954 das Comeback im GP Sport. 1954 war das erste Jahr für Mercedes in der Nachkriegsära, nachdem 1949 ein Comeback scheiterte. In den 30er Jahren war Mercedes mit Auto Union der erfolgreichste Hersteller im GP Sport. Doch mit den Vorkriegswagen konnte sich Mercedes keine Lorbeeren mehr verdienen. Daimler Benz entschloss sich daher mit einer kompletten Neukonstruktion in die Formel-1 WM einzusteigen. Im Grunde genommen waren es sogar 2 Autos, die das Team um Professor Fritz Nallinger konstruierte: Der konventionelle Typ, wie er beispielsweise beim Deutschland GP am Nürburgring eingesetzt wurde, der freistehende Räder hatte, sowie die Variante, die in Monza oder eben beim Comeback im französischen Reims gefahren wurde, also der Stromlinienwagen, der einem Sportwagen glich und gegen die Konkurrenz Alfa Romeo, Ferrari und Co. wie ein Monster wirkte. Der Argentinier Juan Manuel Fangio konnte den Frankreich GP mit der Stromlinienverkleidung sofort gewinnen, der Deutsche Karl Kling, damals 43 Jahre als und Rookie in der Formel-1 WM – er fuhr aber bereits vor dem Krieg für Mercedes im GP Sport – wurde 2. Der Mercedes Motor leistete 280 PS, doch das feinste des Wagens war die unglaubliche Aerodynamik. Es war wohl der beste Formel-1 Wagen aller Renner aus den 50er und 60er Jahren. Direkteinspritzung, Drehstabfederung, innen liegende Bremsen, desmodromische Ventilsteuerung, oder Einzelradaufhängung, all das waren die Leckerbissen, die die Technik des Mercedes W196 genannten Autos aufwies. Nachdem die Mitstreiter, allen voran die aus Italien, Stromlinienwagen zu kopieren versuchten, untersagte das Reglement ab 1961 solche Konstruktionen, die Mercedes bzw. dem Mercedes Piloten Fangio 1954 zum WM Titel führte.

Beitrag Samstag, 18. Februar 2006

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Der Lotus Ford 49: Siegreich über 4 Jahre!
Der Lotus Ford Cosworth 49 schrieb deshalb Formel-1 Geschichte, weil dieses Fahrzeug, freilich in mehreren Variationen, einige Jahre in der Formel-1 für Siege sorgte. Beim Debüt beim Holland GP 1967 gewann Jim Clark mit diesem Geniestreich von Colin Chapman gleich auf Anhieb, beim Südafrika GP 1968 gewann er seinen 25. und letzten GP Sieg und Jochen Rindt gewann damit noch beim Monaco GP 1970! Allerdings mit der C Version. Aber auch aerodynamisch gab der Lotus 49 einiges her, wie die wohl kurioseste Variante dieses Wagens im Sommer 1968, wo alle Teams zunächst ganz hohe (um nicht unter Turbolenzen zu leiden), kurz darauf etwas niedrigere, auch im Bugbereich, Heckflügel auf die Autos bauten. Besonders Lotus ging mit diesen Flügeln immer neuere Wege und verursachte somit aber einige Unfall, wie der schwere Crash von Jochen Rindt beim Spanien GP 1969. Nach diesem Unfall verbot die FIA die hohen Flügeln.

Beitrag Samstag, 18. Februar 2006

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Kann mir eigentlich jemand (technisch) erklären, warum der Lotus von 1978 alles in Grund in Boden fuhr und der von 79' eine absolute "Gurke" war?
Gegen fanatische und engstirnige Rotkäppchen im yesterday-Forum!

Euer pironi

Beitrag Samstag, 18. Februar 2006

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Ganz einfach: 1978 setzte Lotus den Ground Effect erstmals in der Formel-1 um, und zwar so gut, dass er allen anderen Formel-1 Rennern aus diesem Jahr überlegen war. Die anderen Boliden fuhren allerdings mit dieser Technik noch nicht. Optimiert wurde der Ground Effect in der Formel-1 mit dem Staubsauger Brabham Alfa Romeo 1978, der sofort gewann, allerdings gleich wieder verboten wurde, siehe Anfang dieses Threads. 1979 zogen die meisten Teams dann mit dem Ground Effect nach und der Vorteil von Lotus war wieder über dem Haufen.

Beitrag Samstag, 18. Februar 2006

Beiträge: 45834
March Cosworth 711: Das fahrende Tablett
1971 tauchte March mit einer aerodynamisch kuriosen Form auf. Der Chassisingenieur Geoff Ferris lehnte sich stark an den Lotus 72, doch die Front war in der Formel-1 einmalig. Der Frontflügel war extrem weit oben angebracht und wirkte wie ein Servicetablett. Für den charakteristischen Flügel war Frank Costin verantwortlich, der in den 50er Jahren bereits Konstruktionen von Lotus und Vanwall maßgeblich beeinflusst hat. Es war allerdings ein erfolgreiches Konzept, denn die Saison wurde zu einer der stärksten, die das Team von Robin Herd, Graham Coaker, Alan Rees und dem heutigen FIA Chef Max Mosley, in der Formel-1 bestritt. So wurde der Schwede Ronnie Peterson damit Vizemeister. Bei Hochgeschwindigkeitsstrecken wie im italienischen Monza, wo man mit möglichst wenig Flügel fährt, war das Tablett freilich Fehl am Platz. Dass das Auto aber auch ohne dieser eleganten Form des Frontflügels erfolgreich war und damit auch so aerodynamisch gut designed war, zeigte Henri Pescarolo beim Italien GP; als er mit einem Schnitt von 247,016 km/h die schnellste Rennrunde drehte.

Beitrag Samstag, 18. Februar 2006

Beiträge: 8060
pironi hat geschrieben:
Kann mir eigentlich jemand (technisch) erklären, warum der Lotus von 1978 alles in Grund in Boden fuhr und der von 79' eine absolute "Gurke" war?

Diese Frage beschäftigt mich auch schon lange. Und noch interessanter ist die Frage wie Ferrari 1979 mit einen NICHT-Groundeffect Auto Weltmeister werden konnte. Gingen 1979 die Uhren noch mal kurzfristig rückwärts?! Ganz, ganz merkwürdig!

Beitrag Samstag, 18. Februar 2006

Beiträge: 45834
Ligier Matra JS5: Als die Airboxen noch größer als das Auto waren
Wir schreiben das Jahr 1976: Alle Team benutzten damals unglaublich hohe Airboxen oder Schüruzen. Diese, hinter dem Fahrer angebracht, dienten hauptsächlich durch die Kühlöffnungen für Frischluft der Motoren. Doch so groß die Teams damals solche Schürzen auch einsetzte, die Monster Schürze kam vom Ligier Matra JS5. Damals fuhr man noch nicht mit Lufteinlässen in den Seitenkästen, somit kam fast die gesamte Kühlluft für die Motoren durch die Schürzen. Aber der Ligier fiel nicht nur mit diesen hohen Türme auf, die übrigens ab dem Auftakt der Europa Saison zum Spanien GP von der CSI, damals die Sportabteilung der FIA, auf ein Minimum in der Größe bzw. Höhe reduziert wurden, sondern auch mit der extrem breiten Nase. Konstrukteur dieses blau-weißen Ligiers war Robert Choulet.

Beitrag Samstag, 18. Februar 2006

Beiträge: 45834
So einen hab ich noch:

Der Brabham BMW BT55: Das flachste Auto der GP Geschichte

Gordon Murray sorgte ja für einige aufregende Konstruktionen in der Formel-1, wie beispielsweise der Staubsauger Brabham Alfa Romeo von 1978, doch die Brabham Konstruktion, die er 1986 baute, war kurios, aber eigentlich eine Fehlkonstruktion. Der Brabham war extrem flach, selbst der BMW Vierzylindermotor musste um 72 Grad geneigt werden, um in das Auto zu passen. Schnell war der Brabham nie, der BMW Motor hatte dazu einige Probleme, die allerdings im Zusammenhang mit der starken Neigung zusammenhing. Mit diesem Auto verstarb bei Testfahrten im französischen LeCastellet auch der Italiener Elio de Angelis bei einem Unfall.

Beitrag Samstag, 18. Februar 2006

Beiträge: 454
Alfalfa hat geschrieben:
pironi hat geschrieben:
Kann mir eigentlich jemand (technisch) erklären, warum der Lotus von 1978 alles in Grund in Boden fuhr und der von 79' eine absolute "Gurke" war?

Diese Frage beschäftigt mich auch schon lange. Und noch interessanter ist die Frage wie Ferrari 1979 mit einen NICHT-Groundeffect Auto Weltmeister werden konnte. Gingen 1979 die Uhren noch mal kurzfristig rückwärts?! Ganz, ganz merkwürdig!


Der 312 T 4 war so eine Art Zwitter - ein "ein bißchen" Groundeffect-Auto. Es hatte flügelförmige Seitenkästen mit Schürzen, allerdings war der Saugeffekt durch den breiten 12-Zylinder geschmälert.
Pluspunkte waren das excellente Fahrwerk und die damit verbundenen Abstimmungsmöglichkeiten und der immer halt noch stärkere Motor. Und wie man in Dijon sehen konnte, schaffte es Villeneuve damit sogar zu driften !!!

Warum aber Lotus so abrutschte, wird wohl auf ewig ein Rätsel bleiben, nicht wahr, Colin ? :wink:

Beitrag Samstag, 18. Februar 2006

Beiträge: 454
@ MichaelZ:

Geschätzter Kollege, wie kommst Du auf den Begriff Schürze in Verbindung mit der Airbox ? Oder hab ich grad ein Blackout ?

Beitrag Samstag, 18. Februar 2006

Beiträge: 45834
@Peterson78: Nein, das war mein Fehler, ich meinte Hutze!

Beitrag Samstag, 18. Februar 2006

Beiträge: 8060
'Ein bißchen' Groundeffect klingt wie 'ein bißchen' schwanger...

Ja, der T4 hatte (verstümmelte) Flügelprofile, das ist mir bekannt - ein richtiges Groundeffect-Auto war er allerdings nicht.In der zweiten Saisonhälfte war dann gegen Williams kaum mehr ein Kraut gewachsen, dennoch gewannen Schekter und Villeneuve jeweils noch ein Rennen. Und wenn man bedenkt wie viele Probleme Ferrari dann mit dem T5 und dem 126C hatte, verwundert einem die Überlegenheit der 312T4 im Jahr noch mehr...

Beitrag Sonntag, 19. Februar 2006

Beiträge: 4967
Ich meine, da spielte das Glück wieder eine Rolle, indem das beste
Flügelauto, der Williams FW07 erst in Jarama zum Einsatz kam.
Wäre das Auto schon zu Saisonbeginn 79 fertig gewesen, gehe
ich persönlich davon aus, dass Jones schon 79 WM geworden wäre.

Beitrag Montag, 20. Februar 2006

Beiträge: 45834
Adrivo hat einen sehr guten Bericht über die Keel Variante geschrieben. Hier unter diesem Link:

https://www.motorsport-magazin.com/f1/artikel/artikel.php?ID=30287

Beitrag Montag, 20. Februar 2006

Beiträge: 4967
Danke MichaelZ für den Hinweis. :D)

Beitrag Samstag, 25. Februar 2006

Beiträge: 454
Hier mal eine Variation des Lotus 76 von 1974. Auf dem Bild sieht er aus wie ein Zwitter zwischen dem 72er und dem 76er Typ. Man beachte die sich nach hinten verjüngenden Seitenteile und die (provisorisch) angebrachten Schläuche...

Bild

Und so sah der Wagen in der Ursprungsform aus: (Hier bei einem historischen GP)

Bild

Beitrag Samstag, 25. Februar 2006

Beiträge: 4967
Das sind interessante Bilder zum Vergleiche ziehen.
Vielen Dank Peterson78. :D)

Hier ist noch ein Bild, wahrscheinlich die Präsentation:

Bild

Beitrag Samstag, 25. Februar 2006

Beiträge: 454
Tja, die Bildunterschrift scheint falsch zu sein. 1976 wurde der Typ 77 präsentiert. Vielleicht aber auch ein Foto von einer Rennwagenausstellung (Motorshow Essen ?). Der 76er wurde 1974 eingesetzt.

Peterson mochte diesen Wagen nicht, er fuhr lieber den 72 - vielleicht hat er ihn wie auf dem Foto vom Nürburgring (Saisonmitte) deshalb in Richtung 72 zurück entwickeln lassen...

Beitrag Samstag, 25. Februar 2006

Beiträge: 4967
Ja, beim Bild stand wirklich 1974. Ist das der Wagen mit 4 Pedalen?

Richtigstellung:

Bild

Beitrag Sonntag, 26. Februar 2006

Beiträge: 454
torino hat geschrieben:
Ja, beim Bild stand wirklich 1974. Ist das der Wagen mit 4 Pedalen?


Genau, das ist (war) er - war überhaupt ein interessantes und sehr schönes Auto,

Beitrag Sonntag, 26. Februar 2006

Beiträge: 4967
Ja, das finde ich auch :D)

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