Gerüchten zu Folge stellt Renault gerade das F1-Projekt auf den Prüfstand. Möglicherweise will man wieder mit einem eigenen Werksteam an den Start gehen. Der ehemalige Renault-Teamchef Bob Bell sondiert für Renault gerade die F1-Optionen.
Renault hält der Formel-1 eigentlich schon seit Jahrzehnten die Treue. 1977 brachte man den Turbo-Motor in die Formel-1. Seitdem war man mit nur wenigen Unterbrechungen stets in der Königsklasse des Rennsports vertreten. 1987/’88 zog man sich kurz zurück, 1997 dann ebenfalls – aber die Renault-Motoren wurden weiterhin von privaten Motorenschmieden wie Mécachrome und Supertec an Kundenteams beliefert.
Zwei Mal war Renault auch schon mit einem reinrassigen Werksteam in der Formel-1 vertreten: Von 1977 bis ’85 reichte es dabei zu 15 Siegen, darüber hinaus wäre Alain Prost beinahe Weltmeister geworden. 2002 bis ’09 siegte Renault bei 20 WM-Läufen, Fernando Alonso wurde zudem zwei Mal Weltmeister. Das erste Renault-Werksteam wurde von Gérard Larrousse frisch aus dem Boden gestampft, das zweite Werksteam war der alte Benetton-Rennstall, der inzwischen als Lotus noch immer aus Enstone operiert.
Übernimmt man Force India?
Sollte es jetzt zu Renault 3.0 kommen, dann wird man wohl wieder ein bestehendes Team kaufen wollen. Eine Mannschaft von Grund auf neu zu etablieren ist zwar durchaus möglich, aber es dauert viel länger, bis sich Erfolge einstellen können. Obwohl Lotus 2015 auf Mercedes-Motoren gewechselt ist – damit geht eine 20-jährige Ära mit Renault zu Ende – ist ein Rückkauf von Lotus nach wie vor denkbar. Besitzer Gérard Lopez hat bereits verlauten lassen, dass ein F1-Rückzug durchaus möglich ist, sollten sich die finanziellen Rahmenbedingungen in der Formel-1 nicht bald ändern. Und danach sieht es nicht aus, weil die Topteams nach wie vor alle Sparmaßnahmen blockieren.
Zuletzt wurde Renault aber auch mit einer Übernahme von Force India in Verbindung gebracht. Die indischen Besitzer Vijay Mallya und Subrata Roy müssen sich in ihrem Heimatland wegen Schulden einzelner Firmen vor Gerichten verantworten. Die Zukunft von Force India hängt damit in der Schwebe. Die Mannschaft aus Silverstone gilt aber als äußerst effizient – für Renault wäre das also durchaus eine gute Geldanlage.
Die Gründe für ein Werksteam
Wieso will Renault überhaupt ein eigenes F1-Team? Im Prinzip hat das drei Gründe. Der wichtigste Grund: Als reiner Motorenlieferant lassen sich die Erfolge kaum vermarkten. Etwaige Schwächen werden aber sofort offenkundig. Als Red Bull vier Mal Weltmeister wurde und die Fahrzeuge dabei von Renault-Triebwerken befeuert wurden, feierten alle Red Bull und Sebastian Vettel – aber Renault wurde nur beiläufig erwähnt. Und meistens sogar dann mit kritischen Worten: In den ersten Jahren war Red Bull wegen den schwächeren Renault-Triebwerken auf Hochgeschwindigkeitsstrecken wie Monza noch chancenlos. Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko wollte sogar zu Mercedes wechseln. Dabei hatten die Renault-Aggregate durchaus auch Vorteile: Sie brauchten weniger Benzin und waren besser ins Chassis integrierbar – und damit eigentlich die perfekte Basis für Red-Bull-Chefdesigner Adrian Newey, der für seine aerodynamischen Ausreizungen viel Raum benötigt.
Der zweite Grund: De facto gibt es zwei Möglichkeiten, F1-Sport zu betreiben: Entweder man lebt von der Marketing-Wirkung, die ein F1-Engagement hat. Oder man holt die Ausgaben als Zulieferer durch die Bezahlung der Kunden wieder rein. Möglichkeit eins schafft man fast nur durch ein eigenes Werksteam, Möglichkeit zwei hat Renault seit 2010 versucht – ist aber gescheitert! Die Niederlage 2014 hat gezeigt, dass man viel Geld in die Hand nehmen und mit einem Partner sehr eng zusammenarbeiten muss, um in der Formel-1 Erfolg zu haben. Die aktuelle Renault-Strategie geht also nicht auf.
Der dritte Grund: Mit einem eigenen Werksteam hätte man auch wieder die Möglichkeit, die Renault-World-Series zu stärken. Durch die GP2, aber auch durch die von der FIA geplante F2-Meisterschaft gerät die WSbR seit 2014 wieder stark unter Druck. Hätte man ein eigenes Werksteam, könnte man die dort erfolgreichen Fahrer wieder eine Tür in der Formel-1 offen halten.
Bob Bell, der gerade die F1-Optionen von Renault sondiert, war übrigens 2009 schon Teamchef bei Renault, nachdem Flavio Briatore wegen der Crashgate-Affäre um Singapur 2008 abdanken musste. Zuletzt war Bell bei Mercedes in der Formel-1 beschäftigt. Sein F1-Erfahrungsschatz ist riesig: Der Brite kam 1982 bei McLaren in die Formel-1!