Das Red-Bull-Team droht mit dem Ausstieg aus der Formel-1 und das zeigt auf einen Schlag, wieso sich Teams wie Red Bull von richtigen Herzblut-Rennteams wie Williams unterscheiden. Auch Audi sagt der Formel-1 und damit Red Bull ab.
Die Situation von Red Bull ist in der Tat nicht einfach: Nach vier Jahren des Erfolgs kommt nun eine Dürrephase. Wie lange die noch anhält ist nicht absehbar: Die Probleme liegen vor allem im Bereich des Motorherstellers Renault. Einen Wechsel zu einem anderen Hersteller ist aber kaum möglich, weil Hersteller wie Ferrari und Mercedes sicherlich nicht die eigene Konkurrenz stärken will. Dass Renault den Rückstand aufholt, ist aber auch nicht gesagt: Zwar hat Ferrari über den Winter gezeigt, dass man durchaus einen Sprung nach vorne machen kann, aber die erlaubte Weiterentwicklung wird schrittweise immer weniger und Mercedes hat in Barcelona gezeigt, wie sehr man noch immer in einer eigenen Liga fährt.
Und so schreibt Red Bull eher Negativ-Rekorde: Erstmals seit 2007 schaffte es beim Spanien-GP kein Red-Bull-Fahrer mehr unter die ersten sieben in der Startaufstellung. Die Lage von Red Bull scheint wirklich aussichtslos, logisch dass das die sportliche Führung der Mannschaft deprimiert.
Audi nicht in die F1
In Barcelona übersprang Red Bull auch die Marke von 100.000 Rennkilometern. Auf die Spitze fehlen aber noch einige: Ferrari führt mit 509.968, gefolgt von McLaren 377.840 und Williams mit 330.937. Red Bull liegt nur auf Platz 15, die nächsten Hürden wären Jordan auf Rang 14 (105.248), sowie Minardi auf Rang zehn (126.871). Aber ob Red Bull noch so lange in der Formel-1 bleibt, um das einstige Traditionsteam Minardi aus den Top-10 zu verdrängen, steht jetzt eben zur Debatte.
Theoretisch gibt es für Red Bull drei Auswege aus der Situation: Erstens man überzeugt einen neuen Hersteller für die Formel-1. Gerüchte kamen einmal mehr bezüglich Audi auf, aber Vorstandsvorsitzender Rupert Stadler gab der Königsklasse des Motorsports und damit auch der Formel-1 eine klare Absage: „Die Formel-1 soll ihre Probleme alleine lösen.“ Das zeigt, wie viel man von der Formel-1 wirklich hält.
Der zweite Ausweg für Red Bull wäre die Konstruktion eines eigenen Motors, möglicherweise in Zusammenarbeit mit einem unabhängigen Hersteller wie Cosworth, den man finanziell unter die Arme greift. Aber auch hier gilt das Problem, das derzeit auch Renault schon hat: Die Weiterentwicklung wird immer schwieriger. Ob ein solches Projekt also von Erfolg gekrönt werden würde, darf durchaus bezweifelt werden.
Williams schon seit 1997 ohne Titel
Als letzte Option gilt es politisch erfolgreich zu sein und für entsprechende Regeländerungen für 2017 zu werben. Ein neues Motorkonzept wird es nicht geben, aber Änderungen sind durchaus geplant und möglicherweise kann Red Bull auch eine Lockerung bei der Weiterentwicklungsbeschränkung erwirken. Nur so kann Renault wieder Anschluss an die Spitze finden. Und damit auch Red Bull.
Das derzeitige Motorreglement läuft bis 2020. Bis dahin muss Red Bull rechnen, dass man nicht mehr ganz an die Spitze zurückkehrt. Aber das bringt der Sport eben mit sich: Mal gewinnt man, mal verliert man. Und auch wenn die sportlichen Grundsätze in der Formel-1 durch die beschränkten Weiterentwicklungsmöglichkeiten derzeit etwas in Frage gestellt werden können, so muss man derzeit auch die sportliche Einstellung von Red Bull in Frage stellen. Kaum verliert man, droht man mit dem Ausstieg aus der Formel-1. Und schimpft über die sportlichen Partner, obwohl man auch selbst einige Baustellen hat.
Und genau das unterscheidet Red Bull eben von richtigen Herzblut-Rennteams wie etwa Williams. Das Traditionsteam hat den letzten WM-Titel 1997 gewonnen, die Chance, dass bald ein Titelgewinn dazu kommt, sind äußerst unwahrscheinlich. Williams hat als Privatteam nicht die finanziellen Ressourcen, das Wettrüsten an der Spitze mitgehen zu können. Da sich an der finanziellen Situation in der Formel-1 nichts ändert, ist auch die Erfolgsaussicht von Williams bescheiden. Drohungen über einen F1-Ausstieg gab es von Williams aber nicht.
Nur leere Machtdrohungen von Red Bull?
Williams fährt mit Herz in der Formel-1. Red Bull betreibt den F1-Rennsport aber vorwiegend aus Marketinggründen. Dabei soll gar nicht in Abrede gestellt werden, dass die führenden Red-Bull-Persönlichkeiten nicht auch ein Interesse an der Formel-1 haben, aber Fakt ist: Wenn Red Bull verliert, macht man schlechte Presse – und das ist aus Marketinggründen nicht gesund. Deswegen wird über einen Rückzug nachgedacht. Das zeigt aber auch, wie sehr die Formel-1 sich eher auf Teams wie Williams statt Red Bull konzentrieren sollte: Red Bull kann jederzeit aussteigen, Williams aber könnte ohne die Formel-1 nicht existieren. Es ist nicht gesund für die Formel-1, wenn man solchen Teams nicht den Rücken stärkt und immer mehr Traditionsteams aus der GP-Szene verschwinden.
Oder malen die Red-Bull-Kritiker nur zu schwarz? Stecken hinter den Red-Bull-Ausstiegsdrohungen nur politische Motive? Verwendet man den drohenden Ausstieg nur als politisches Druckmittel um eigene Interessen durchzusetzen? Von Ferrari kennt man das seit Jahren. Seit Ferrari im GP-Sport mitmischt, gibt es Ausstiegsdrohungen von Ferrari. In den 50er Jahren verkündete Enzo Ferrari mehrmals den Rückzug, meistens um aus Italien Gelder für das F1-Abenteuer zu generieren. 1986 legte Ferrari sogar einen IndyCar-Rennwagen auf Kiel, um den Drohungen Nachdruck zu verleihen.
Möglicherweise ist das jetzt auch bei Red Bull der Fall. Aber dazu müsste man auch mal politisch die Ziele formulieren. Eine Rückkehr zu V8-Motoren ist unrealistisch, weil dann Renault und Honda aussteigen würden, Mercedes wahrscheinlich auch. Realistische Zielsetzungen, wie die Lockerung der Weiterentwicklungsspielräume hört man zumindest offiziell von Red Bull aber nicht.