Meine Einschätzungen bezüglich neuer Teams 2010:
Seit bekannt geworden ist, dass für 2010 eine Budgetobergrenze geplant ist, interessieren sich viele Rennställe für einen Einstieg in die Formel-1. Diese Woche wurde die Einführung des Budgetlimits von 45 Millionen Euro pro Jahr offiziell abgesegnet. Die Teamvereinigung FOTA konnte gegen die Budgetobergrenze allerdings noch Sturm laufen, genau deshalb wartet der Automobilweltverband FIA auch noch mit der Einschreibeliste für die Saison 2010. Die soll ab 22. Mai aushängen und nur eine Woche andauern. In diesem Monat haben interessierte Teams Zeit, sich ein Modell zu überlegen, wie das F1-Team für 5 Jahre gesichert ist. Es ist nicht das erste Mal, dass es Interessierte an einem F1-Team nur so hagelt: Für die Saison 2008 haben sich gleich 11 neue Teams eingetragen, aber gekommen ist letztlich keines. Das Prodrive-Team bekam damals den Zuschlag, machte sich in der Art und Weise, wie der F1-Einstieg abgewickelt werden könnte, aber zu wenig Gedanken, denn die Pläne, mit Kundenrenner von McLaren Mercedes an den Start zu gehen, scheiterten. Einen B-Plan gab es nicht beziehungsweise wäre nicht finanzierbar gewesen. Das Problem damals: Die potenziellen neuen Teams konnten die F1-Pläne nie ganz ausreifen lassen, dazu fehlte die Zeit. Stattdessen setzten interessierte Teams ihre Unterschrift unter der Einschreibeliste, ohne aber konkrete Pläne im Hinterkopf zu haben. Genau das könnte sich nun wiederholen, auch wenn nun zumindest ein paar Wochen Zeit sind. Außerdem gehen Experten davon aus: Wer Ende Mai noch nicht weiß, wie sein F1-Team im folgenden Jahr funktionieren soll, scheitert eh kläglich. Die FIA muss entscheiden, welche interessierte Neueinsteiger den besten Plan vorweisen können, denn das Starterfeld für 2010 ist auf 13 Teams begrenzt. Da man davon ausgehen kann, dass die 10 aktuellen Rennställe auch 2010 in der Formel-1 bleiben, werden wohl nur 3 neue Rennställe in die Formel-1 kommen. Die FIA gab aber bekannt, dass es bereits 8 Interessenten gäbe. Man rechnet aber damit, dass es noch deutlich mehr werden. Auch die 11 Interessenten für 2008 sollen übertroffen werden. So langsam zeichnet sich auch, welche Teams an einem F1-Einstieg interessiert sind:
USGPE: Ken Anderson und Peter Windsor, in der Formel-1 keine Unbekannten, gingen bereits im Februar mit ihren F1-Plänen an die Öffentlichkeit. Die beiden wollen erstmals seit mehr als 20 Jahren wieder ein amerikanisches Team in die Formel-1 führen. Das Besondere: Anders als das letzte amerikanische Team (Haas), soll es auch in Amerika angesiedelt werden, genauer in der Nascar-Hochburg Charlotte. Anderson und Windsor wollen dort auch nach Spitzentechniker Ausschau halten. Während der Europa-Rennen bekommt das amerikanische Team namens US Grand Prix Engineering eine Unterkunft in Europa. Die Pläne, wonach man beim spanischen Team Epsilon Euskadi hausen könnte, könnten sich bald zerschlagen. Dann nämlich, wenn das Team von Ex-F1-Teammanager Joan Villadelprat selbst in die Formel-1 einsteigen will. Weil Anderson und Windsor so früh wie kein anderes Team ihre Meldung für 2010 losschickten, dürften sie auch grünes Licht von der FIA bekommen. Trotzdem zweifeln Experten an der Durchführbarkeit der ehrgeizigen Pläne. Tatsächlich arbeiten Anderson und Windsor bereits seit 4 Jahren an diesem Team – eine erstaunlich lange Zeit in Relation zu dem, was in diesem Zeitraum Handfestes passiert ist: Keine Leute im Team, kein Auto, keine Fahrer und auch noch kein Motor. Auch wenn Windsor im Rahmen des Bahrain GP bestätigte, dass Gespräche mit Cosworth immer ernster werden. Die Motorenschmiede, die derzeit im Besitz von den IndyCar-Teambesitzern Kevin Kalkhoven und Gerald Forsythe ist, war 2006 letztmals mit Williams in der Formel-1, hat aber für 2010 ein Comeback angekündigt. Laut Windsor gäbe es zu Cosworth aber noch Alternativen.
Lola: Es ist 12 Jahre her, als die britische Chassisschmiede Lola letztmals in der Formel-1 war. Über das gescheiterte Projekt im Jahre 1997 verliert das Unternehmen nur ungern Worte, denn peinlicher als dieses Projekt, geht’s kaum: Das Team überlebte von der Saison nur etwa 3 Stunden, denn nach dem Qualifying beim Australien GP scheiterten Vincenzo Sospiri und Ricardo Rosset an der Quali-Hürde, danach tauchten die bunten Lola-Ford-Renner nicht mehr auf. Auch in den Jahren davor hatte Lola nur wenig Erfolg, doch das Team hat sich seither stark gewandelt. Statt Eric Broadley besitzen nun Martin Birrane und Robert Brundle die Marke Lola. Brundle ist der Bruder des ehemaligen GP-Piloten Martin Brundle. Birrane ist ein reicher Geschäftsmann aus Irland, der Adam Carroll endlich in die Formel-1 bringen könnte. Der Brite ist nicht zu beneiden: In der GP2 und A1 GP Serie bringt Carroll starke Leistungen, aber bislang übersahen die F1-Teamchefs den irischen Nachwuchsfahrer. Damit Carroll fahren kann, muss die FIA aber Lola erst einmal für die Weltmeisterschaft 2010 zulassen. Die Pressemitteilung von Lola lässt darauf schließen, dass Lola nur die Boliden bauen soll, und hinter dem Projekt andere Investoren stecken sollen. Welche Investoren, darüber kann nur spekuliert werden, könnte aber wieder in Richtung Carroll fahren. Dessen Teamchef in der A1 GP Serie (Team Irland), Mark Gallagher kündigte kürzlich an, dass man nach dem Titelgewinn in der A1 GP Serie durchaus auch Lust auf die Formel-1 verspüre. Der Ire, der zusammen mit dem ehemaligen F1-Piloten David Kennedy das irische A1-Team führte, könnte für dieses Vorhaben seinen Landsmann Birrane und dessen Lola-Unternehmen zum Bau eines GP-Bolidens beauftragt haben. Möglich ist aber auch, dass A1 GP Chef Tony Teixeira auf Lola-Renner setzen wird. Der Südafrikaner mit portugiesischen Wurzeln kündigte im Spätwinter an, gerne ein portugiesisches F1-Team auf die Beine stellen zu wollen, nachdem Übernahmen von Spyker, Toro Rosso und Super Aguri nicht klappten. Steckt hinter den Lola-Plänen tatsächlich Teixeira, könnte es für das Team jedoch alles andere als rosig aussehen: F1-Teamboss Bernie Ecclestone hat sicher kein Interesse an einem Teambesitzer, der Werbung für eine andere Formel-Rennserie macht! Steckt allerdings der ehemaligen Pacific- und Jordan-F1-Teammanager Gallagher oder ein anderer seriöser Finanzier hinter dem plötzlichen Lola-F1-Interesse, stehen die Chancen gut, denn Lola ist in der Lage, innerhalb von wenigen Monaten einen F1-Renner zu bauen und damit wäre man schon weiter als viele andere Interessenten.
Prodrive/Aston Martin: So oft, wie David Richards mit der Formel-1 in Verbindung gebracht wird, könnte man schon fast meinen, der Brite ist seit Jahren mit einem eigenen Team in der Formel-1 vertreten. Tatsächlich aber versucht sein Prodrive-Team seit mehr als 10 Jahren vergeblich in die Formel-1 zu kommen: Eine Übernahme des Simtek-Teams scheiterte 1994 genauso, wie auch die Übernahme von Benetton und Arrows ein paar Jahre später. Dafür wurde Richards für eine kurze Zeitspanne Teamchef bei Benetton, ehe er von 2001 bis 2004 die Teamchef-Rolle bei BAR Honda übernahm, dem heutigen Brawn-Team. Doch Richards wollte mit Prodrive in die Formel-1: Für die Saison 2008 wurde die Nennung bereits akzeptiert, nicht akzeptiert wurde aber der Plan von Prodrive, mit McLaren-Kundenrenner zu fahren. Richards sah keine andere lukrative Möglichkeit, also zog er sein F1-Projekt wieder zurück, war im Winter aber an einer Übernahme des Honda-Teams interessiert. Auch das klappte nicht, nun könnte Richards den Prodrive-Fluch aufgeben und es anderweitig in die Formel-1 schaffen: Mit der Sportwagenmarke Aston Martin, die seit 2 Jahren im Besitz von Richards ist. Prodrive könnte also den Einsatz des neuen Aston-Martin-F1-Teams leiten, denn Aston Martin wäre nicht das erste Mal in der Formel-1: 1959 und 1960 tauchte Aston Martin mit Roy Salvadori, Carroll Shelby und Maurice Trintignant bei insgesamt 5 WM-Rennen auf. Salvadori wurde beim Großbritannien- und Portugal GP 1959 dabei jeweils 6. Richards, Prodrive und Aston Martin sind im Motorsport seit Jahren dabei – das dürfte der FIA bei der Entscheidung, welche 3 neuen Teams 2010 zugelassen werden, gefallen. Nicht gefallen dürfte der FIA aber die Tatsache, dass Prodrive 2008 schon einmal einen Slot verpuffen ließ. Nicht gefallen dürfte der FIA ferner Berichte schweizer Medien, dass hinter der Nennung von Prodrive nur ein politisches Spiel steckt. Demnach sei es kein Zufall, dass Prodrive sich einen Tag nach der Presserklärung von Lola, ebenfalls für ein F1-Engagement aussprach. Lola und Prodrive sind nämlich verkracht: Lola entwickelte für Prodrive/Aston Martin einen Le-Mans-Sportwagen, den Prodrive unter dem Aston-Martin-Banner und unter Cheftechniker George Howard Chappell noch weiterentwickelte und veränderte. Der Name Lola verschwand aus der Typenbezeichnung des Sportwagens, Lola war darüber wenig erfreut und pochte auf das geistige Eigentum der Konstruktion. Andere sehen das nicht so negativ: Der Krieg von Lola gegen Prodrive soll nun in der Formel-1 fortgesetzt werden, und zwar auf der Strecke. Die F1-Pläne von Lola sollen Prodrive angespornt haben, nachdem man selbst beim Thema Formel-1 seit Jahren herumeiert. Prodrive soll nun ganz nach dem Motto „was die können, können wir schon lange“ endlich in den GP-Sport einsteigen.
iSport International: Das GP2-Spitzenteam könnte sich einen F1-Einstieg ebenfalls vorstellen. Aber konkrete Pläne liegen im Team von Paul Jackson und Jonathan Williams, Sohn von F1-Teambesitzer Frank Williams, noch nicht vor. Oder doch? Derzeit wird spekuliert, dass David Price seinen GP2-Rennstall nur deshalb an den Belgier Andre Herck verkauft haben, damit er die Fäden hinter dem F1-Projekt von iSport International ziehen kann. Ob dahinter ein wahrer Kern steckt, bleibt abzuwarten, Jackson jedenfalls hat Lust auf die Formel-1, konnte aber nicht garantieren, dass das Budgetlimit von 45 Millionen Euro bereits die geeignete Rahmenbedingung für einen F1-Eintritt wäre. Auch findet Jackson, dass es ziemlich eng werden könnte, bis 2010 ein funktioniertes und finanziertes F1-Team aus dem Boden zu stampfen. Gut möglich also, dass iSport International noch ein Jahr wartet und sich genau anschaut, wie sich das mit der Budgetobergrenze entwickelt, denn im F1-Fahrerlager gibt es nicht nur Freunde dieser Regelung. Was Jackson dabei aber auch im Hinterkopf behalten muss: Gut möglich, dass es 2011 gar keinen Platz mehr für ein neues Team wie iSport International geben wird.
ART: Ein weiteres GP2-Team, das schon lange den Blick auf die Formel-1 wirft, könnte die Gunst der Stunde und den Sparwahrn in der Formel-1 nutzen, und 2010 die F1-Absichten endlich in die Tat umzusetzen. Seit 2007 wird ART in regelmäßigen Abständen mit einem F1-Einstieg in Verbindung gebracht. Einzige Konstante hinter den Meldungen: Meisten geht es dabei um eine Übernahme der Scuderia Toro Rosso. Der Kauf des Teams ist bis heute noch eine Option und wegen politischen Machtspielchen vielleicht auch die einzige Option. Es ist kein Geheimnis, dass sich die FIA mit der Scuderia Ferrari verkracht hat, nachdem deren oberster Chef Luca di Montezemolo die Leitung der Teamvereinigung FOTA übernommen hat. Die FOTA kratzt an der Vormachtstellung der FIA und zweifelt beispielsweise die Budgetobergrenze an. Es ist zudem auch kein Geheimnis, dass ART-Besitzer Nicolas Todt der Sohn des ehemaligen Ferrari-Rennleiters Jean Todt hat, dessen Karriere unmittelbar mit der Scuderia Ferrari vernetzt ist und zumindest eine lose Verbindung auch heute noch vorhanden sein dürfte. Die FIA wird also wohl eher kaum Nicolas Todt den Zuschlag zum F1-Einstieg 2010 geben, wenn daneben eine Reihe anderer Teams in die Formel-1 drängen.
Nick Wirth: Ein altes Gesicht soll ebenfalls an einem F1-Einstieg arbeiten: Nick Wirth. Obschon Nick Wirth schon 1994 und 1995 mit dem Simtek-Team in der Formel-1 als Teambesitzer scheiterte, sind die Chancen, dass seine Nennung von der FIA akzeptiert wird, nicht gleich Null. Wirth arbeitet nämlich immer wieder für den Automobilweltverband, zuletzt vor 3 Jahren, als er den aufregenden und zugleich optisch gewöhnungsbedürftigen zweigeteilten Heckflügel konstruierte, der ursprünglich in der Saison 2008 eingeführt hätte werden sollen, damit das Überholen in der Königsklasse des Motorsports wieder einfacher wird. Das Konzept allerdings wurde in den Papierkorb geworfen, stattdessen legte die Überholkommission bestehend aus Pat Symonds, Rory Byrne und Paddy Lowe Eckdaten einer neuer Aerodynamik fest, die das Überholen ebenfalls fördern soll und die vor der Saison 2009 eingeführt wurde. Wirth arbeitet seither für das Acura-Team, das in der American Le Mans Serie derzeit nicht zu schlagen ist. Nun soll Wirth aber Interesse an der Formel-1 haben. Das Projekt von Wirth wird auch in Zusammenhang mit dem italienischen Chassishersteller Dallara genannt. Dallara war zuletzt im Midland-Team von Alexander Shnaider in der F1-Saison 2005 involviert und brennt wie Konkurrent Lola auf einen F1-Einstieg. Möglich ist aber auch, dass Wirth F1-Renner für Dallara baut und diese an andere Teams verkauft werden.
Colin Kolles/Formtech: Ein potenzieller Dallara-Kunde soll Colin Kolles sein. Der Kontakt des Deutschen zu Dallara ist vorhanden, schließlich war Kolles Teamchef bei Midland, als das russisch-britische-Team, das mittlerweile Force India heißt, mit Dallara Kontakt aufnahm. Weil aber das Jordan-Team übernommen wurde, wurde Dallara überflüssig. Kolles ist zwar aktuell noch bei Force India angestellt, hat dort aber nicht mehr viel zu tun. Nun will er mit einem eigenen Team in die Formel-1 und soll dabei Unterstützung von Franz Himler und dessen Formtech-Firma bekommen. Im Sommer 2008 übernahm Formtech die Konkursmasse des Super-Aguri-F1-Teams und hätte damit auch Know-how für ein F1-Team. Das Motorsportprogramm von Kolles entwickelt sich prächtig: Neben seinem F3-Team und seinem DTM-Rennstall, bringt Kolles (Sohn eines rumänischen Bergrennfahrers) auch 2 Audi-Sportwagen in der Le Mans Serie an den Start. Zuvor scheiterte ein Kauf von Oreca-Judd- oder Penske-Porsche-Boliden, sowie eine Fusion mit dem tschechischen Team von Antonin Charouz. Die Chancen von Kolles und Formtech sind schwer einzuschätzen.
Campos: Zwei spanische Teams wollen in die Formel-1: Campos und Racing Engineering. Während Racing Engineering die Fühler nach Dallara ausgestreckt haben soll, hat Adrian Campos noch immer nicht verraten, für welches, größere Projekt der Spanier sein GP2-Rennstall an Alejandro Agag verkauft hat. Nachdem die Übernahme des mexikanischen A1 GP Teams, sowie des N Technology Teams in der Tourenwagenweltmeisterschaft nicht verwirklicht wurde, liegt der Verdacht nahe, dass Campos hinter den Kulissen an einem F1-Team arbeitet. Der Spanier machte nie einen Hehl aus seinem Interesse an einem F1-Team. 3 Versuche scheiterten bereits: 1993 gründete Campos mit Jean-Pierre Mosnier das Bravo-Team, das 1993 mit Nicola Larini und Jordi Gené an der F1-Weltmeisterschaft teilnehmen wollte. Das Projekt wurde allerdings an Simtek verkauft, nachdem man es selbst von Andrea Sassetti und dessen Andrea-Moda-Team erwarb. 1999 versuchte Campos das Minardi-Team zu übernehmen, 2007 und 2008 mit Partner Agag das Super-Aguri-Team.