Im Thread zu Mark Webber hab ich diese Aussage gelesen und finde, dass da ein interessanter Diskussionsansatz hinter steckt:
Olf154 hat geschrieben:
Dieses Alibi von wegen technischen Defekten bei Vettel sollte langsam verwelkt sein, für mich ist das nur noch eine Ablenke von den ganzen Fehlern die der liebe Sebastian so macht. Da hat er nämlich deutlich mehr Punkte verloren, als durch etwaige Defekte am Auto.
Vorab möchte ich ausdrücklich betonen, dass ich mit meiner Sicht der Dinge keinerlei Partei für den Herren Vettel ergreifen möchte, auch wenn es so rüber kommen mag.
Der Saisonauftakt in Bahrain verlief aus seiner Sicht schon höchst unglücklich. Er holte die Pole und war auf Siegkurs, bis ihm eine Zündkerze die Leistung teilweise raubte. Schließlich konnte er sich noch als Vierter ins Ziel retten mit der Erkenntnis, dass hier viel mehr möglich war und den Sieg und die daraus resultierende WM-Führung durch einen technischen Defekt, für den er nichts konnte, verlor.
Beim nächsten Rennen machte er trotzdem so weiter, wie er vor dem Defekt in Bahrain aufgehört hatte: von der Pole aus gestartet, lag er souverän in Führung und blieb fehlerlos. Bis sich die linke vordere Radmutter gelöst hatte. Wieder wurde ihm ein sicher geglaubter Sieg geraubt. Wieder mit der Erkenntnis, dass er rein gar nichts dafür konnte. So las sich seine Bilanz nach zwei Rennen ernüchternd: Platz 7 in der Gesamtwertung mit mickrigen 12 Punkten. Dabei hätte er ohne den Fehlerteufel an seinem red Bull wahrscheinlich überlegen die WM angeführt mit dem Maximum, nämlich 50 von 50 möglichen Punkten.
Aber auch in Malaysia war er wieder schnell unterwegs, konnte im verregneten Qualifying immerhin Platz 3 erreichen, allerdings mit dem Ruhekissen im Nacken, dass der WM-Leader Alonso, der an seinem eigentlichen Platz in der Tabelle stand, nur von Platz 19 aus ins Rennen startete. Ob er dadurch einen guten Start hinlegte und sofort die Führung übernehmen konnte mag ich nicht zu beurteilen und erscheint auch eher unwahrscheinlich. Da er das Rennen nun endlich als Sieger beenden konnte, zog er mit Alonso gleich, der durch einen Motorschaden leer ausging.
In China holte er relativ überlegen Platz eins, verlor diesen im Rennen aber an Alonso, der wie sich später rausstellte zu früh gestartet war. Durch wechselnde Bedingungen konnte Button den Sieg holen, während Vettel auf Platz 6 zwei Plätze hinter Alonso ins Ziel kam. Somit hatte er 15 Punkte Rückstand auf Button und fand sich auf Platz 5 in der Gesamtwertung wieder.
Den darauf folgenden Grand Prix konnte Webber souverän für sich entscheiden, nachdem er von der Pole aus einen Start-Ziel-Sieg einfahren konnte. Vettel verlor den zweiten Platz an Alonso durch einen weiteren Boxenstopp und Bremsporblemen, konnte sich aber auf Rang 3 halten.
Fassen wir bis hierhin einmal zusammen:
- eine defekte Zündkerze raubte ihm in Bahrain den Sieg
- eine gelöste Radmutter kostete ihm in Australien ebenfalls Platz 1
- Sieg in Malaysia, während WM-Leader Alonso leer ausgeht
- Platz 6 nach wechselhaften Bedingungen in China
- Platz 3 hinter Webber und Alonso nach Bremsproblemen
Da kann man, wie ich finde, von einem verkorksten Saisonstart sprechen, wenn man beachtet, wie viel eigentlich ohne Defekte möglich war.
In Monaco musste er sich wiederum von seinem australischen Teamkollegen geschlagen geben, der den Grand Prix beherrschte und damit endgültig selbst Ansprüche an den Titel meldete. Er übernahm die Führung in der WM, vor dem punktgleichen Vettel und Alonso.
Beim Großen preis von Istanbul kam es dann zum eklatanten Fehler Vettels. Beim Überholversuch seinem Teamkollegen gegenüber, um sich den Sieg und die WM-Führung zu holen, schießt er Webber ab, der jedoch weiterfahren konnte, während Vettel ausschied. In meinen Augen geht der Unfall auf vettels Kappe, aber hier geht es mir viel eher um das "Warum?" als um das "Wie?". HÄTTE sich der Defektteufel bei ihm nicht eingeschlichen, Wäre es zu dem Manöver vielleicht gar nicht erst gekommen. Vettel HÄTTE es nicht mit der Brechstange versuchen müssen, Webber HÄTTE nicht dagegen halten müssen. Dieses "hätte, wäre, wenn"-Gequatsche entschuldigt den Unfall allerdings in keinster Weise, denn ein Fahrer, der den Anspruch hat, Weltmeister der Formel 1, der Beste der Besten zu sein, darf sich dazu nicht verleiten lassen.
Da mir die Zeit fehlt, um auf die folgenden Renne einzugehen, die allerdings auch nicht der Rede Wert für die Darstellung sind, komme ich nun zum Silverstone-Grand Prix, bei dem ihm ein Plattfuß, entstanden durch eine Berührung zwischen Vettel und Hamilton, bei dem keiner Schuld hat, nur Platz 7 einbrachte. Webber gewann vor Hamilton, Button wurde Vierter.
Nach dem Doppelsieg der Ferrari in Deutschland, bei dem Vettel von Platz 1 auf 3 zurückfiel, ergab sich folgender Punktestand:
1. Hamilton - 157
2. Button - 143
3. Webber - 136
4. Vettel - 136
5. Alonso - 123
Man sieht also, dass Vettel unter Zugzwang geriet. Eine Situation, die es ohne die Defekte zu Saisonbeginn wohl nicht gegeben hätte.
(wer sich die Mühe gemacht hat, bis hier zu lesen: halt dich ran, das Ende naht...
)
In Ungarn konnte Vettel zunächst zurückschlagen und überlegen das Qualifying für sich entscheiden. Nach einer Safetycar-Phase übernahm Webber die Führung, da er noch nicht zum Boxenstopp reinkam. Der Restart verlief für Vettel sehr ungünstig. Ihm passierte der Fauxpas, eine zu größe Lücke zum Führenden Webber zu lassen und musste somit eine Dirve-through-penalty absitzen. Er kam schließlich hinter Webber und Alonso ins Ziel. Vettels Teamkollege grüßte nun von Platz 1 aus, während Hamilton noch zwischen den beiden Kontrahenten platziert war.
Mit dieser Konstellation ging es nun nach Spa. Vettel wollte im Rennen durch ein wahnwitziges Manöver an Button vorbei, der das ganze feld spürbar einbremste. Dabei verlor er die Kontrolle über seinen Red Bull und rauschte bei einsetzenden Tropfen in das Auto des Briten. Vettel konnte zwar weiterfahren, blieb aber ohne Punkte.
Hamilton und Webber konnten durch Platz 1 bzw. 2 ihren Vorsprung ausbauen, wobei Ersterer wieder die WM-Führung übernahm.
Man erkennt denke ich ganz gut, dass Vettel in letzter Zeit zu viele Fehler gemacht hat. Ich bin aber der Meinung, dass ohne den verkorksten Auftakt diese Fehler nicht bzw. nicht in der Häufigkeit entstanden wären. Ich betrachte sie also als Folgefehler. Das darf einem Mann seiner Klasse natürlich dennoch nicht passieren und schon gar nicht als Entschuldigung dafür angesehen werden. Aber hieran erkennt man auch, dass er zwar unbestrittenes Talent und den nötigen Speed hat, ihm aber zu Hamilton beispielsweise doch noch ein Stückchen fehlt. Man kann nur hoffen, dass er diese Fehler einstellen kann und vielleicht doch nochmal in den WM-Kampf eingreifen kann. Ich wage zu behaupten, dass er ohne die Defekte und Folgefehler nämlich überlegen die WM anführen würde.