Endlich hat es Sébastien Bourdais geschafft! Endlich ist der Franzose in der Formel-1. 2008 wird er neben dem Deutschen Sebastian Vettel für die Scuderia Toro Rosso Ferrari an den Start gehen. Bourdais wird der 68. Franzose, der ein Formel-1 WM Rennen bestreiten wird, der erste Vollzeitstammpilot seit 2004 Olivier Panis bei Toyota, nachdem Franck Montagny lange Zeit Testfahrer war und 2006 einige Rennen für Aguri Honda bestritt.
Viele wollten Sébastien Bourdais in der Formel-1 sehen, denn der Franzose gewann praktisch alles außer der Formel-1, was es im Formelsport zu gewinnen gibt. Er wurde Meister in der Formel-3000 und steht vor seinem 4. ChampCar Titel in Folge! Mit 4 ChampCar Titel wäre Bourdais eine Legende in Amerika, denn so viele Titel sammelte auch Mario Andretti, Formel-1 Weltmeister von 1978 (Lotus Ford). ChampCar Meister wurde Andretti, dessen Enkel Marco Andretti im Winter 2-mal für das Honda Formel-1 Team testete, 1965, 1966, 1969, sowie 1984. Mehr Titel hat nur der legendäre AJ Foyt (1960, 1961, 1963, 1964, 1967, 1975, 1979). Allerdings, und damit kommen die Kritiker Bourdais’ bereits zu Wort: Der ChampCar Titel dieser Tage ist deutlich weniger wert als damals.
Es gibt einige Zweifler am Talent von Sébastien Bourdais. Die Kritikpunkte: Der Franzose wisse genau, wie man ein Rennen dominiert und von der Führung aus diktiert und gewinnt, aber im Kampf um Positionen ist Bourdais oft in Kollisionen verwickelt. Das weiß auch Paul Tracy. Der Kanadier, 2003 ChampCar Meister, der 1994 für Benetton Ford Formel-1 getestet hat, ist so zu sagen der Erzrivale von Bourdais. Oft genug sind beide aneinander gerappelt. „Sébastien wird es mit seinem Charakter in der Formel-1 schwer haben“, weiß Tracy. „Er ist schwierig und könnte mit seiner Einstellung zum Motorsport schnell auf die Schnauze fallen.“ Das bemängeln auch andere Kritiker. Seine Vorgehensweise, wie er ein Formel-1 Cockpit erlangen mochte, lässt einige den Kopf schütteln. Beispielsweise als er 2002 die Chance bei Renault hatte, einen Managementvertrag bei Teamchef Flavio Briatore ausschloss und deshalb bei den Franzosen keinen Platz mehr gefunden hat. Schnell kritisierte Bourdais das Team, fühlte sich ungerecht behandelt.
Nun jedoch hat Bourdais mit Nicolas Todt einen Manager, der selbst tief mit der Materie Motorsport verwurzelt ist. Mit seinem GP2-Team ART konnten Nico Rosberg, aktuell in der F1 bei Williams Toyota, und Lewis Hamilton, aktuell WM-Leader mit McLaren Mercedes, den Titel gewinnen und sich so für die Formel-1 etablieren. Todt brachte auch den Brasilianer Felipe Massa 2006 zu Ferrari. Massa ist der erste Fahrer bei Ferrari in der Formel-1 seit Jahren, der zumindest italienische Wurzeln hat, immerhin wurde Massas Uropa in Italien geboren, wanderte jedoch nach Brasilien aus. Klar, Massa zu Ferrari – das war für Nicolas Todt keine schwere Aufgabe, denn sein Vater Jean Todt ist Rennleiter bei Ferrari und führte die Scuderia von 2000 bis 2004 zu 5 WM-Titeln mit Michael Schumacher. Sein Geschick zeigte Nicolas Todt aber nun mit Bourdais. Todt war es, der den Kontakt zu Toro Rosso Teilhaber Gerhard Berger, selbst mehrfacher GP-Sieger, herstellte, als Bourdais das Kapitel Formel-1 schon längst zu den Akten gelegt hat. Kein Wunder, immerhin ist Bourdais schon satte 28 Jahre alt. Bei seinem Formel-1 Debüt wird Bourdais bereits 29 Lenzen auf dem Buckel haben – abgesehen von Yuji Ide, der unter seltsamen Umständen 2006 in die Formel-1 kam und kläglich gescheiterte ist, war zuletzt nur Cristiano da Matta in einem ähnlichen Alter, als der Brasilianer 2003 das Stechen gegen Helio Castroneves gewann und zu Toyota in die Formel-1 kam. Interessant: Da Matta kam genauso wie nun Bourdais vom ChampCar Team Newman Haas in die Formel-1.
Der Motorsport wurde Bourdais quasi ins Blut geboren: Zum einen wurde er am 28. Februar 1979 im französischen Le Mans geboren, wo eines der berühmtesten Rennen der Geschichte stattfindet, nämlich das legendäre 24 Stundenrennen von Le Mans, zum anderen fuhr auch der Vater von Sébastien Bourdais, Patrick Bourdais, Rennen und tut dies noch immer: Zwischen 1988 und 1991 fuhr Patrick Bourdais im Peugeot Cup und wurde nebenher auch Meister im Renault Clivo Cup. Patrick fuhr auch Bergrennen und später auch Sportwagen bei den 24 Stunden von Le Mans. 1994 startete er dort erstmals auf einem Alpa Ford des Roland Bassaler Teams, schied jedoch aus. 1996 wurde er mit einem Porsche der Societé Larbre Compétition gemeinsam mit dem Deutschen Andre Ahrle und Patrice Goueslard 6. in der GP2-Klasse. Zuletzt fuhr Patrick Bourdais 2006 in Le Mans, sowie ein Rennen in der Grand Am.
Zurück zu Sébastien Bourdais: 1995 stieg der Franzose in den Formel-Sport ein, fuhr 1996 in der französischen Formel-Renault und erreichte dabei 1997 den Vizetitel mit 4 Siegen hinter Jonathan Cochet. Cochet, ebenfalls Franzose, testete 2001 für Prost Acer in der Formel-1 und zuletzt 2006 für Renault. 1998 begann sich Bourdais einen Namen zu machen, als er Rookie of the year, also bester Neueinsteiger der Saison, in der französischen Formel-3 wurde. Dabei war er bei La Filiére angestellt, einem Team, für das in jenem Jahr auch Frank Montagny gefahren wurde und dabei hinter dem Belgier David Saelens Vizemeister wurde. Montagny, der heutige Toyota Formel-1 Testfahrer wurde in der späteren Karriere noch wichtig für Bourdais, denn gegen Montagny verlor er 2002 ein Stechen um einen Testfahrerposten bei Renault. Wobei dann auch den Ausschlag gegeben hat, dass Bourdais ein Managementvertrag bei Teamchef Flavio Briatore ablehnte. 1998 aber wurde Bourdais erst mal mit seinem Martini Opel Gesamt-6.
Seinem Team blieb er dann für 1999 treu – mit Erfolg: Bourdais wurde französischer Formel-3 Meister! Von den 20 ausgetragenen Rennen, konnte er 8 für sich entscheiden und wurde mit 229 zu 215 Punkten Meister vor Jonathan Cochet. Nebenher startete er erfolglos erstmals beim 24 Stundenrennen in seiner Heimatstadt Le Mans. Der Wechsel in die Formel-3000 in der Saison 2000 war die logische Folge. Dabei hatte er ein vermeintlich zielführendes Team: Denn er kam beim Juniorteam des Prost Formel-1 Teams unter. Dabei war er der bessere der beiden Fahrer im Team: Mit seinem Lola Zytek kam Bourdais auf Rang 9 in der Gesamtwertung, Teamkollege Andre Couto aus Portugal blieb farb- und punktlos. Die Hoffnung von Bourdais war klar: Der Aufstieg ins F1-Team von Alain Prost, dem 4-fachen Formel-1 Weltmeister. Prost jedoch fuhr mit Jean Alesi und Gastone Mazzacane, deshalb musste sich Bourdais in der Formel-3000 ein neues Cockpit suchen.
Französische Formel-3 Saison 1999
1. Sébastien Bourdais (FRA) ; La Filiere Martini Opel 229
2. Jonathan Cochet (FRA); Signature Dallara Renault 215
3. Benoit Tréluyer (FRA); Segnature Dallara Renault 210
4. Bruno Besson (FRA); Promaecme Dallara Renault 182
5. Sebastien Dumez (FRA) ASM Dallara Renault 164
6. Tiago Monteiro (POR) ASM Dallara Renault 149
7. Alexander Müller (GER) Graff Racing Dallara Opel 128
8. Julien Beltoise (FRA); ASM Dallara Renault 124
9. Ryo Fukuda (JPN); La Filière Martini Opel 123
10. Yannick Schroeder (FRA); La Filière Martini Opel 91
2000 hatte Sébastien Bourdais noch einen weiteren Erfolg: Im Sportwagenteam von Henri Pescarolo, dem ehemaligen Formel-1 Fahrer, wurde er gemeinsam mit Emmanuel Clérico und Olivier Grouillard 4. beim 24. Stundenrennen von Le Mans. Dabei war das 3-Gespann das erfolgreichste Privatteams. Vor dem Courage Peugeot kamen nur 3 Werks-Audi Teams ins Ziel. In Ungarn fuhr Bourdais auch noch in der FIA GT Serie einen Porsche. Des La Filière Teams. 4. wurde Bourdais übrigens auch 2001 in Le Mans, wieder für Pescarolo, für den er auch einige Rennen zur FIA GT bestritt. Für DAMS wurde er zudem 4. in der Gesamtwertung der Formel-3000. Dabei gewann er in Silverstone sein erstes Formel-3000 Rennen – vor Justin Wilson (Nordic) und Antonio Pizzonia (Petrobras Junior), die beide später ebenfalls in der F1 gelandet sind. Wilson, der 2001 auch F3000-Meister wurde, wurde sogar zu Bourdais’ Titelrivale in der ChampCar.
Die bedeutendste Saison in Europa hatte Bourdais 2002. In der FIA GT Serie holte er 2 Siege, wurde Gesamt-4., noch besser aber in der Formel-3000: Für Super Nova holte sich Bourdais den Titel vor Giorgio Pantano, dem späteren Jordan Ford Pilot und aktuell GP2-Pilot bei Campos Grand Prix, dem GP2-Team des ehemaligen Minardi Formel-1 Fahrers Adrian Campos. Pantano startete für das ehemalige Formel-1 Team Coloni, aus dem mittlerweile ein Team von Giancarlo Fisichella geworden ist, dem Renault F1-Piloten.
Formel-3000 Saison 2002
1. Sébastien Bourdais (FRA) ; Super Nova Lola Zytek 56
2. Giorgio Pantano (ITA); Coloni Lola Zytek 54
3. Tomas Enge (CHZ); Arden Lola Zytek 50
4. Björn Wirdheim (SWE); Arden Lola Zytek 29
5. Ricardo Sperafico (BRA); Petrobras Junior Lola Zytek 22
6. Rodrigo Sperafico (BRA); Durango Lola Zytek 20
7. Mario Haberfeld (BRA); Astromega Lola Zytek 19
8. Antonio Pizzonia (BRA); Petrobras Junior Lola Zytek 17
9. Enrico Toccacelo (ITA); Coloni Lola Zytek 14
10. Patrick Friesacher (AUT); RSM Marko Lola Zytek 14
Danach ging’s für Bourdais um ein Formel-1 Cockpit. Bei Renault war er schnell aus dem Rennen, als er Briatores Wünsche nicht befolgte. Immerhin kam es zu Testfahrten. Recht konkret wurden auch die Pläne mit Arrows: 2003 sollte Bourdais 2. Fahrer neben Heinz-Harald Frentzen werden. Ein Vertrag wurde bereits aufgesetzt, doch dann kam die Teampleite noch während der Saison 2002. Aber auch bei Arrows kam es zu Testfahrten. Für die Formel-1 ergab sich für 2003 keine Gelegenheit mehr, also wechselte er nach Amerika.
Bei Newman Haas bekam er einen Lola Ford für die ChampCar Saison 2003. In Brands Hatch konnte er dabei bereits seinen ersten Sieg einfahren. Bourdais gewann vor Teamkollege Bruno Junqueira, dem BMW Williams Testfahrer 2000, sowie Mario Dominguez (Herdez). Es folgten 2 weitere Siege für Bourdais, womit er der beste Neueinsteiger der Saison war. Insgesamt belegte er hinter dem Trio Paul Tracy, Junqueira und Michiel Jourdain Jr. die 4. Position in der Gesamtwertung.
Von 2004 bis 2006 holte er sich 3-mal in Folge den ChampCar Titel. Der aktuelle Stand ChampCar Meisterschaft: 5 Siege für Sébastien Bourdais, 2 für Will Power, jeweils ein Sieg für Paul Tracy und Robert Doornbos. Mit Doornbos kämpft Bourdais noch um die Meisterschaft. 2007 fuhr er zudem erstmals für ein Werksteam beim 24 Stundenrennen von Le Mans. Mit Peugeot erreichte er dabei zusammen mit den ehemaligen Formel-1 Fahrern Pedro Lamy und Stephané Sarrazin wurde Bourdais 2.
ChampCar Saison 2004
1. Sébastien Bourdais (FRA) Newman Haas
2. Bruno Junqueira (BRA) Newman Haas
3. Patrick Carpentier (CAN) Forsythe
4. Paul Tracy (CAN) Forsythe
5. Mario Dominguez (MEX) Herdez
6. AJ Allmendinger (USA) RuSport
7. Alexandre Tagliani (CAN) Rocketsports
8. Jimmy Vasser (USA) PKV
9. Ryan Hunter-Reay (USA) Herdez
10. Oriol Servia (ESP) Coyne
ChampCar Saison 2005
1. Sébastien Bourdais (FRA) Newman Haas
2. Oriol Servia (ESP) Coyne/Newman Haas
3. Justin Wilson (GBR) RuSport
4. Paul Tracy (CAN) Forsythe
5. AJ Allmendinger (USA) RuSport
6. Jimmy Vasser (USA) PKV
7. Alexandre Tagliani (CAN) Team Australia
8. Timo Glock (GER) Rocketsports
9. Mario Dominguez (MEX) Forsythe
10. Andrew Ranger (CAN) Conquest
ChampCar Saison 2006
1. Sébastien Bourdais (FRA) Newman Haas
2. Justin Wilson (GBR) RuSport
3. AJ Allmendinger (USA) RuSport/Forsythe
4. Nelson Philippe (FRA) CTE HVM
5. Bruno Junqueira (BRA) Newman Haas
6. Will Power (AUS) Team Australia
7. Paul Tracy (CAN) Forsythe
8. Alexander Tagliani (CAN) Team Australia
9. Mario Dominguez (MEX) Forsythe
10. Andrew Ranger (CAN) Conquest