Zu Ralf vs. Alonso. Um den Zwischenfall zu beurteilen muss man ein paar Kurven vor den Unfall schauen. In dieser Phase des Rennens verlor Schumacher M. eher leicht an Boden auf die Renaults bzw. der Abstand blieb konstant. In der Loewes vor dem Unfall war für einen kurzen Augenblick klar zu sehen, dass Michael auf einmal deutlich (bis auf ca. 2,5 Sekunden) an Alonso herangekommen war. Ergo – Ralf hat Alonso behindert. Solches führt immer wieder zu überhasteten Aktionen der Überrundenden.
(siehe z.B. auch Senna, der Speziallist darin war sich regelmäßig den Frontflügel an Backmarkern abzufahren).
Beim Überrundsvorgang selbst hat Ralf normal und korrekt gehandelt und ist nach innen gefahren.
Dank der wachsenden Ungeduld Alonsos hat er es dann an einer eher gefährlichen Stelle versucht, ist auf den dreckigen Außenrand gekommen und rausgerutscht. Insofern einfach die falsche Stelle – 200 m weiter hätte es keine Probleme gegeben.
Dennoch hat Ralf die Situation ein wenig herbeigeführt. Anderseits stellt sich die Frage, wo man jemanden zwischen Loewes und Tunnel Überrunden lassen kann ... Es sei denn Alonso war schon vor Loewes dran – dann hätte Ralf eine Drive Through Strafe fürs Blocken kriegen müssen. Und die gab es ja nicht.
Heute kann man für den eigentlichen Zwischenfall Ralf keine Schuld zusprechen. Dennoch kann es kein Zufall sein, wenn jemand in fast jedem Rennen 2004 in Rennunfälle – ob für schuldig befunden oder nicht – verstrickt ist. Insofern muss man schon irgendwann eine Strafe – und zwar nicht für EINEN konkreten, sondern für die Summe derer – aussprechen.
Zu Schumacher M. und Montoya. Im eigentlichen Sinne ein normaler Rennunfall, wie es ja auch die Stewards entschieden haben.
Um erst mal Klarheit zu schaffen ... es zählt die Reihenfolge beim Überqueren der Ziellinie (bzw. beim Einordnen nach einem Stopp). Dabei ist es egal, ob überrundete Fahrzeuge zwischen unmittelbaren Konkurrenten liegen. Sonst dürfen ja auf der Rennstrecke der tatsächliche Stand eingenommen werden. Demzufolge hätte sich Montoya – als Schumacher weg war, war ja Trulli der neue Spitzenreiter – sogar Gas geben dürfen und sich nach einer Runde ans Ende des Feldes wieder anstellen dürfen. Damit hätte er also die Runde zurückgewonnen. Lange Rede kurzer Sinn. Montoya hat sich schon zum richtigen Zeitpunkt auf der richtigen Position befunden.
Zunächst einmal: Ich war schon (auch als Ferraristi) zu Zeiten der Champcar absoluter Montoya Fan. Sein einzigartiger und auch aggressiver Fahrstil hat schon immer fasziniert. Außerdem ist er einer der besten Überholer seiner Zeit.
Genug Lorbeer für Montoya jetzt das großer ABER.
Er kennt die Aufwärm- und ´reiz´ Spielchen schon lange – sogar länger und besser als jeder Andere dank seiner Champcar Zeit. Es geht ja beim Beschleunigen und Bremsen (neben dem Aufwärmen) ja auch darum als Leader den Gegner zu täuschen und zu verwirren. Vielleicht sogar in die Überholfalle zu locken. Insofern MUSS jeder – vor allem der auf der Strecke zweitplatzierte (sic.), der hinter dem Leader in einer Safety-Car liegt damit rechnen, dass der Führende hart bremst, hart beschleunigt, wendet, abhebt, aufgibt, zum Mittagstisch einkehrt, mutwillig gegen die Wand fährt oder sonst eine Aktion macht ...
Und wer sollte damit besser rechnen können als der Meister solcher Starts (siehe Überholmanöver an Barichello nach der ersten Safety-Car Phase)??? Natürlich ist es legitim auch dicht hinter dem Leader herzufahren – um so aufmerksamer muss man ja eben sein. Bei den amerikanischen Ovalrennen (NASCAR, Champcar, IRL) kann man sich ja sogar wieder durch das Zurückrunden beim Neustart in eine Siegesposition zurückfahren. Aber in der Formel 1 ist es im Grunde egal, ob man mit ca. 60 Sekunden Rückstand am Ende des Feldes rollt, oder eine volle Runde Rückstand hat. Siegeschancen gibt es eh keine mehr. Insofern ist es gar nicht nötig sich für den Neustart in eine super Position zu bringen und den Leader als Überrundeter mit aller Macht zu überholen. Und wenn man so etwas vor hat, muss man den Gegner schon aufmerksam beobachten und nicht träumen.
Jedem Andern (zumindest den jungen und unerfahrenen) könnte man dieses ´über den Haufen Fahren´ zugestehen. Aber nicht Montoya – gerade weil es 1. so gut bei fliegenden Starts und 2. einer der besten Überholer ist
Daher kann man Montoya nur attestieren (soweit es keine Absicht war – was ich hoffe) in diesem Fall einfach geschlafen zu haben und mindestens 90% der Schuld trägt. Die 10% die übrig bleiben darf man Schumacher zuschreiben, der sich für eine solche Aktion sicherlich nicht die glücklichste Stelle gewählt hat.