Gleich zu den Fakten: Nach der Hälfte der Saison souverän mit 50 Punkten an der Tabellenspitze, 11 vor dem ärgsten Verfolger. Mit 3 Siegen die meisten Siege in der gesamten Saison, wobei zu erwähnen ist, dass alle 3 Siege bei Hauptrennen erzielt wurden, nicht bei Sprintrennen, wo sich die Startaufstellung künstlich zusammensetzt. Die 50 Punkte wurden in einem eher bedingt gutem Rennstall erzielt. Der Teamkollege hat nur 3 Punkte am Konto. Eigentlich klingt die Bilanz für die F1-Teamchefs interessant. Weder Nico Rosberg, noch Lewis Hamilton, noch Timo Glock hatten eine bessere Bilanz als Meister der GP2-Serie, und doch sind sie nun – mit Ausnahme von Glock – als absolute Topfahrer der Formel-1 verschrien. Kaum erwähnt man allerdings den Namen des Fahrers, der diese gute Bilanz vorweisen kann, dann drehen sich die F1-Teamchefs um. Es handelt sich um Giorgio Pantano. Der Italiener ist in der GP2 nach der Hälfte der Saison Titelfavorit – für das eher schwache Racing Engineering Team.
Beeindruckend auch: Nimmt man die GP2 mit all den Vorgängerserien (also Formel-2-EM, Formel-3000 und GP2) in eine Statistik zusammen, dann ist Giorgio Pantano der beste Fahrer aller Zeiten: Keiner hat so viele Siege wie er, keiner so viele Podestplätze und keiner so viele Punkte. Mit dem Sieg in Silverstone am vergangenem Wochenende hat Pantano den Neuseeländer Mike Thackwell in der Bestenliste der meisten Siege überholt. Mittlerweile hat er 14 Siege. In Reichweite sind noch Ex-F1-Weltmeister Jochen Rindt (12) und Bruno Giacomelli (11). Ansonsten führt Pantano die Bestenlisten recht souverän an. Nur in Sachen Pole Position wurde er von mehreren Fahrern geschlagen. Und auch einen Titel hat er noch nicht eingefahren.
Die meisten Siege
1. Giorgio Pantano (ITA) 14
2. Mike Thackwell (NZL) 13
3. Jochen Rindt (AUT) 12
4. Bruno Giacomelli (ITA) 11
5. Timo Glock (GER) 7
5. Nick Heidfeld (GER) 7
5. Jean Pierre Jarier (FRA) 7
5. Jacques Laffite (FRA) 7
5. Vitantonio Liuzzi (ITA) 7
5. Juan Pablo Montoya (COL) 7
Die meisten Podestplätze
1. Giorgio Pantano (ITA) 33
2. Mike Thackwell (NZL) 30
3. Brian Henton (GBR) 17
4. Roberto Moreno (BRA) 16
4. Tomas Enge (CHZ) 16
6. Patrick Depailler (FRA) 15
6. Timo Glock (GER) 15
6. Alexandre Prémat (FRA) 15
6. Marc Surer (SUI) 15
10. Adam Carroll (GBR) 14
Die meisten Punkte
1. Giorgio Pantano (ITA) 309
2. Mike Thackwell (NZL) 219,5
3. Tomas Enge (CHZ) 149
4. Nelson Piquet jr. (BRA) 148
5. Timo Glock (GER) 144
6. Brian Henton (GBR) 133
7. Alexandre Prémat (FRA) 129
8. Vitantonio Liuzzi (ITA) 125
9. Adam Carroll (GBR) 120
9. Roberto Moreno (BRA) 120
Die meisten Rennen
1. Giorgio Pantano (ITA) 103
2. Alberto Colombo (ITA) 74
3. Mike Thackwell (NZL) 68
4. Adam Carroll (GBR) 64
4. Alexandre Negrão (BRA) 64
6. Guido Daccò (ITA) 60
6. Christian Danner (GER) 60
6. Nicolas Lapierre (FRA) 60
9. Tomas Enge (CHZ) 55
9. Lamberto Leoni (ITA) 55
Nun mag es Kritiker geben, die mit der Leistung Pantanos nicht viel anfangen können. Schließlich gibt es nun pro Wochenende 2 Rennen und damit auf die Saison gesehen viel mehr Rennen, folglich ist es einfacher mehrere Siege zu holen. Schließlich fuhr Pantano mit seinen 103 Rennen seit 2002 auch so viele wie kein anderer. Pantano-Fans haben 2 Aber gegen die Argumentation gegen Giorgio Pantano: Pantano ist fast 30 Jahre alt. Wenn er keine Leistung bringen würde, wieso engagieren ihn dann Jahr für Jahr wieder GP2-Teams. Schließlich sind die Teams ja eigentlich dazu da, junge Talente für die Formel-1 zu schulen. Das hat bei einigen schon supper geklappt, wie bei Rosberg, Hamilton oder Heikki Kovalainen. Außerdem fuhr Pantano bislang nie wirklich für Spitzenteams. Für Coloni (mittlerweile zu Fisichella umbenannt) wurde er 2002 Vizemeister, Teamkollege Enrico Toccacelo aber nur Gesamt-9. Für Durango erreichte Pantano 2003 Platz 3 in der Gesamtwertung, Raffaele Gianmaria kam nicht über den 10. Platz hinaus. Mit Super Nova gab es 2005 die einzige Niederlage gegen Adam Carroll (Platz 5 Carroll, Platz 6 Pantano). 2006 bei Fisichella wurde er Gesamt-5., obwohl Luca Filippi nur Gesamt-19. wurde und obwohl Pantano erst ab dem 5. Rennen eins Geschehen eingriff. Und 2006 bei Campos wurde er Gesamt-3., Vitaly Petrov nur Gesamt-13.
Dass die Formel-1 Teams Pantano nicht gerade in Schlangen hinterher rennen hat andere Gründe. Tatsächlich führt die Ursachenforschung ins Jahr 2004 zurück. Damals fuhr er für Jordan eine F1-Saison. Bereits in den Jahren zuvor war er bei einigen Teams auf dem Zettel. Er war bei Benetton im Gespräch, mehrmals sogar bei Minardi. Und das nicht, weil Benetton und Minardi italienische F1-Teams waren und damit aus dem gleichen Stiefel-Land kamen wie Pantano. Es lag an der Leistung Pantanos. Jordan verpflichtete Pantano in der Saison 2004 – das darf man nicht bestreiten – vor allem, weil er mit einem vollen Rücksack ins Team von Spaßvogel Eddie Jordan kam. In dem Rücksack waren nicht gerade wenige von den giftgrünen Dollarscheinen, die Jordan für das Überleben des Teams brauchte.
Doch da begannen auch die Probleme von Pantano: Bei 4 Rennen zahlten die Sponsoren von Pantano nicht, also durfte er nicht fahren. Der Ersatz hieß jeweils Timo Glock. Der Deutsche fuhr auch prompt beim Debüt in Kanada als 7. in die Punkte und wurde gefeiert. Der 7. Platz war glücklich, denn Teamkollege Nick Heidfeld kam nur als 8. ins Ziel, weil er beim Boxenstopp Probleme hatte. Und nur weil die beiden Williams- und Toyota-Fahrer wegen zu großen Bremsbelüftungen disqualifiziert wurden, gab es überhaupt Punkte für Jordan. Der Erfolg von Glock ließ Pantano aber schlecht aussehen. So schlecht war Pantano bei Jordan gar nicht. Das Problem: Nur wenige machen sich die Mühe, die Leistungen Pantanos genauer unter die Lupe zu nehmen. Von außen betrachtet, war die Saison von Pantano nämlich wirklich mieserabel. Platz 13 als bestes Saisonresultat (Malaysia- und Europa GP) unterstreicht dies. Allerdings kam Pantano auch nur so oft ins Ziel wie der Schnee in die Sahara. Immer wieder gab es technische Defekte bei Jordan, die oftmals Pantano trafen. Teamkollege Nick Heidfeld fuhr außerdem eine starke Saison, denn nach der Niederlage gegen Landsmann Heinz-Harald Frentzen im Jahr davor, war die Saison 2004 die entscheidende Saison für Heidfeld zur Fortsetzung seiner Karriere. Von Eddie Jordan bekam er Unterstützung. Mehr als dies Pantano bekam. Denn Pantano durfte überhaupt nur ins Cockpit, wenn Sponsoren zahlten. Das gab Pantano nie das Gefühl heimisch zu sein bei den Gelben. Pantano kam nie in einen Arbeitsfluss. Testfahrten, bei denen Pantano an seine fahrerischen Mängel arbeiten konnte, gab es sowieso kaum. Im Zeitraum von 1. März 2004 bis 1. Oktober 2004 absolvierte Pantano 2753 Testkilometer. Zum Vergleich: Ferrari-Testfahrer Luca Badoer schaffte 14489, Fernando Alonso als Stammfahrer mit den meisten Testkilometern 7711 und Heidfeld immerhin 3299. Ausgerechnet als Pantano entlassen wurde, wurde er stärker. Immer öfter gewann er das teaminterne Duell im Qualifying. Viel fehlte Pantano auf die Leistungen von Heidfeld nicht. Vielleicht lag es auch daran, dass Heidfeld gedanklich schon bei Williams war. Hauptsächlich lag es aber auch an einer deutlichen Leistungssteigerung von Pantano.
Der GP2-Titel in der Tasche ist normalerweise die Eintrittskarte in die Formel-1. Bei Pantano dürfte das anders sein. Realistische Chancen gibt es für Pantano nicht viele, was aber auch daran liegt, dass es für 2009 kaum Cockpitveränderungen gibt in der Formel-1. David Coulthard hat seinen Rücktritt nach der Saison 2008 erklärt. Das freie Red-Bull-Renaukt-Cockpit dürfte an Sebastian Vettel gehen. Dann wäre ein Toro-Rosso-Ferrari-Cockpit frei, das sich aber einer der beiden Red-Bull-Junioren Bruno Senna oder Sébastien Buemi schnappen dürfte. Obwohl die im Titelkampf mit Pantano hinterherhinken – in den besseren Teams iSport International beziehungsweise Arden. Senna und Buemi machen ferner noch zu viele Fehler und haben bislang noch nicht restlos überzeugt. Auf keinem Fall waren sie besser als Giorgio Pantano. Gerhard Berger, Teilhaber bei Toro Rosso, betrachtet die Leistungen der Fahrer ganz genau. Das könnte eine Chance für Pantano sein, der wie Toro Rosso ja italienisch ist. Berger hat gegen Red Bull (Besitzer der anderen 50% von Toro Rosso) einen hohen Stand und hat bereits durchgeboxt, dass für 2008 der 4-malige ChampCar-Meister Sébastien Bourdais zu Toro Rosso wechselt statt ein Red-Bull-Zögling wie Neel Jani oder Buemi. Vielleicht plädiert Berger also doch für Pantano statt für Buemi oder Senna? Oder werden gar 2 Cockpits bei Toro Rosso fei? Denn seit Bourdais, der zu Beginn der Saison auf demselben Niveau fuhr wie Teamkollege Vettel, mit dem neuen Toro Rosso Ferrari fährt, hinkt er Vettel hinterher, und zwar deutlich. Das ist genau der umgekehrte Trend, den man erwartet hatte. Die Erwartungen gingen nämlich von einem zunächst etwas schwächelnden Bourdais aus – der den Umstieg seines Newman Haas Panoz ChampCar in den Formel-1 erst mal packen musste – der dann aber immer besser zurecht kommen sollte.
Es bestehen große Chancen, dass sich außer bei Red Bull/Toro Rosso auf dem Transfermarkt nichts tut. Nur falls sich Fernando Alonso gegen einen Verbleib bei Renault entscheidet, dürfte das Fahrerkarussell kräftig angeschoben werden. Oder doch nicht? Gesetzt dem Falle, Alonso wechselt zu Honda. Dann wird Rubens Barrichello – trotz derzeit besseren Leistungen im Vergleich zu Teamkollege Jenson Button – in Rente geschickt. Und wer erwartet, dass Renault sich einen Fahrer aus einem aktuellen Team holt, dürfte enttäuscht werden. Red Bull hat extra für den Fall der Fälle mit Mark Webber früher verlängert, um ihn nicht an Renault zu verlieren. Stattdessen stehen bei Renault Romain Grosjean und Lucas di Grassi bereit. Die beiden sind auch Testfahrer bei Renault, kommen aber nicht zum Fahren. Immerhin ist Di Grassi seit Magny Cours wieder in der GP2 unterwegs, weil er im Team des ehemaligen Minardi-F1-Fahrers Adrian Campos einen Platz bekam. Di Grassi nutzt die Gelegenheit aus: In den 4 Rennen fuhr er schon 24 Punkte ein und liegt damit auf Platz 4 der Gesamtwertung. Nur Pantano fuhr mehr Zähler in den 4 Rennen ein, nämlich 26. Das ist eine gute Bilanz. Romain Grosjean dagegen fährt seit einigen Rennen seiner Form hinterher. Obwohl er mit dem ART-Team in einem absolutem Topteam fährt, und obwohl ART klar für Grosjean, der im Winter die asiatische GP2 gewann, arbeitet. Teamkollege Luca Filippi gerät bei ART ins Hintertreffen. ART fährt seit Jahren mit einem Nummer-1-Status. 2005 war Rosberg die Nummer 1, 2006 Hamilton und 2007 Di Grassi.