Seine Beförderung durch das Lotus-Team war durchaus eine Überraschung. Laut SPORT BILD ist die Antwort nach dem Warum leicht: Er soll zehn Millionen Euro für sein F1-Debüt auf den Tisch legen. Das meiste Geld dürfte sein Vater zuschießen, ein ehemaliger F1-Fahrer, der inzwischen die Geschicke mehrerer Rennserien und Rennstrecken betreibt.
Er schaut etwas schüchtern drein, hat meistens ein freundliches Lächeln auf die Lippen und mit seinen ozeanfarbenen Augen könnte er auch ein Teenie-Schwarm sein: Jolyon Palmer ist aber Single, konzentriert sich voll auf den Rennsport. Vielleicht ist diese Fokussierung auch eines der Schlüssel zum Erfolg. Mit dem F1-Vertrag bei Lotus ist er jedenfalls am Ziel seiner Träume angekommen. Wenn im März 2016 im australischen Melbourne die Ampeln auf grün springen, dann wird er mit von der Partie sein.
Palmer ist dann neben Nico Rosberg und Max Verstappen der dritte Fahrer im Feld, dessen Vater selbst schon GP-Pilot war. Jonathan Palmer fuhr zwischen 1983 und ’89 insgesamt 82 WM-Rennen für Williams, RAM, Zakspeed und Tyrrell. Beinahe hätte es im Topteam McLaren 1990 einen Nachschlag gegeben: Er wurde als Ersatzfahrer gemeldet, als Ayrton Senna wegen seines Disputs mit FIA-Präsident Jean-Marie Balestre die Rennsperre drohte.
Vater und Bruder Rennfahrer
Jonathan Palmer ist noch immer im Rennsport aktiv. Längst nicht mehr als Fahrer, aber als Funktionär. Er leitete Rennserien wie die Formel-2 oder die Formel-Palmer-Audi, in denen auch Jolyon Palmer seine ersten Gehversuche im Formel-Sport machte. Was natürlich auch zu Vorwürfen der Vetternwirtschaft führte, gerade in der Saison 2010. Damals fuhr er seine zweite F2-Saison und war nach Gesamtrang 21 im Jahr zuvor plötzlich ein Titelkandidat. In einer Rennserie ohne Einsatzteams, sondern mit zugelosten Ingenieuren gab es schnell den Vorwurf, Palmer Junior würde die besseren Ingenieure bekommen. Belegt werden konnte dies freilich nicht – ein typischer Sturm im Wasserglas.
Jonathan Palmer betreibt heute aber auch einige Rennstrecken in England, etwa die Anlage in Brands Hatch. Und Jonathan ist nicht sein einziger Sprössling, der in seine Fußstapfen treten will. Der sechs Jahre jüngere Will Palmer holte sich in diesem Jahr mit dem HHC-Team den Titel in der BRDC-Formel-4-Meisterschaft. Bis auch er in F1-Nähe kommt, dürften noch einige Jahre vergehen, aber womöglich sind die Palmers dann das erste F1-Bruderpaar seit den Schumachers vor rund zehn Jahren.
Jolyon Palmer wird in Australien aber nicht nur einer von drei F1-Sprösslingen im Feld sein, sondern auch der 147. F1-Fahrer aus Großbritannien. Und vor allem bis heute der einzige Neuling des Jahrgangs 2016! Noch sind bei Manor allerdings zwei Plätze zu vergeben.
Was lange währt, wird endlich gut
Mit Palmer als Stammfahrer haben die wenigsten gerechnet. Vor allem der Zeitpunkt der Bekanntgabe überrascht: Als Freitagstestfahrer war er dem Lotus-Team in diesem Jahr zwar schon verbunden, aber mit Renault soll es 2016 einen neuen Besitzer geben. Derzeit beginnen zwar immer mehr Renault-Leute bei Lotus die Arbeit, doch noch sind keine Entscheidungsträger im Amt. Bob Bell hat gerade erst Manor verlassen, wahrscheinlich um zu Renault zurückzukehren. Dass Palmer trotzdem jetzt schon als Fahrer bestätigt wird, überrascht daher. Gerüchten zu Folge ist ein Teil seiner finanziellen Mitgift schon jetzt am Konto des strauchelnden Lotus-Teams eingetroffen, um die Saison 2015 ordentlich beenden zu können. Nur solche Erklärungen machen wirklich Sinn.
Dass Palmer nach der Renault-Übernahme doch noch gehen muss, glaubt er nicht. Er will 2016 zeigen, dass er auch Talent hat. Nicht umsonst wurde er 2014 GP2-Meister. Allerdings geben Kritiker zu bedenken, dass der 24-Jährige dafür vier Anläufe brauchte. Seine GP2-Laufbahn: 2011 mit Arden Gesamt-28. 2012 mit iSport der erste Rennsieg, nachdem er ein frisches Auto bekam, am Ende trotzdem nur Tabellenplatz elf – und damit schlechter als Teamkollege Marcus Ericsson, jetzt F1-Pilot bei Sauber. 2013 holte er sich zwei Siege mit dem Carlin-Rennstall, musste sich aber wieder seinem Teamkollegen geschlagen geben, Felipe Nasr, heute ebenfalls F1-Pilot bei Sauber. Mit Nasr verband Palmer eine harte Rivalität, auch 2014 im Jahr seines Titelgewinns mit dem Topteam DAMS.
In der Formel-1 wird Palmer nicht so viel Zeit bekommen sich zu beweisen. Der Erfolg muss schneller kommen.
Die letzten zehn britischen F1-Rookies
Japan-GP 1993: Eddie Irvine (Jordan-Hart)
Spanien-GP 1994: David Coulthard (Williams-Renault)
Australien-GP 2000: Jenson Button (BMW-Williams)
Australien-GP 2002: Allan McNish (Toyota)
Ungarn-GP 2002: Anthony Davidson (Minardi-Asiatech)
Australien-GP 2003: Justin Wilson (Minardi-Ford)
Australien-GP 2007: Lewis Hamilton (McLaren-Mercedes)
Australien-GP 2011: Paul di Resta (Force-India-Mercedes)
Australien-GP 2013: Max Chilton (Marussia-Cosworth)
Abu-Dhabi-GP 2014: Will Stevens (Caterham-Renault)