Morgen früh wissen wir Bescheid: Dann wird der australische Richter Clyde Croft sein Urteil verkündet haben und dann wird sich zeigen, ob Sauber in Australien auf Giedo van der Garde setzen muss, dem Niederländer eine Abfindung zahlen muss oder der Vertrag richtigerweise gelöst wurde. Die Sauber-Argumentation ist aber äußerst wacklig.
Selbst das Sauber-Team stritt vor Gericht gar nicht ab, ursprünglich mit Van der Garde als einen von zwei Stammfahrern 2015 einen Vertrag gehabt zu haben. Wirtschaftliche Zwänge sorgten dann aber dafür, dass Sauber zwei andere Fahrer verpflichtet hat (Marcus Ericsson und Felipe Nasr).
Sauber gab dem Richter zu bedenken, dass der Niederländer keine Erfahrung mit dem aktuellen Sauber Ferrari habe und man keinen passenden Sitz für ihn hätte – was ein Sicherheitsrisiko sei. Die Argumentation sorgt für Stirnrunzeln, doch auch Van der Gardes Anwalt Tom Clarke ist mit der jüngeren F1-Geschichte vertraut. Er verwies auf den Kanada-GP 2011, als Sauber zwischen dem ersten und zweiten Freitagstraining noch den Fahrer wechselte, weil sich Sergio Pérez nicht wohl fühlte. Natürlich kannte man die Maße von Pedro de La Rosa noch aus dem Jahr zuvor, als der Spanier Stammpilot war, aber Van der Garde fuhr 2014 auch einige Kilometer für Sauber, das Gleiche ist also auch hier der Fall.
Ein weiterer interessanter Fakt, der vor Gericht zur Sprache kam: Laut Clarke könne Sauber in Melbourne Van der Garde ins Auto setzen, ohne damit den Vertrag mit Ericsson oder Nasr zu brechen.
Schlechtes Licht auf die gesamte Formel-1
Es ist bereits das dritte Mal, dass Van der Garde in vertragliche Unstimmigkeiten involviert ist. Zuerst unterschrieb er 2007 bei Super Aguri und Spyker einen F1-Testfahrervertrag. Dann soll er bei Spyker nur die Hälfte der versprochenen Testkilometer zugestanden bekommen haben. Jetzt gibt es den Streit mit Sauber.
Was müssen die Lehren aus dem Fall Van der Garde versus Sauber sein?
1. Sauber muss die Fahrerverhandlungen in Zukunft geschickter machen. Man kann Sauber ja verstehen, auf zwei Fahrer zu setzen, die noch mehr Geld mitbringen, damit die restlichen 330 Arbeitsplätze im schweizer Hinwill gesichert werden. Aber wieso wartet man dann mit der Vertragsunterzeichnung einzelner Fahrer nicht länger? Die Vereinbarung mit Van der Garde wurde schon am 28. Juni 2014 getroffen – also viel früher als notwendig. Selbst McLaren hat sich mit der Fahrerwahl bis Dezember Zeit gelassen – und das ganz ohne finanzielle Zwänge.
2. Der Fall Van der Garde versus Sauber zeigt einmal mehr, in welcher Finanznot die Mittelfeldteams stecken. Obwohl sie über ein Budget von fast 100 Millionen Euro verfügen, kämpfen sie ums Überleben. Es muss sich dringend etwas ändern. Aber das scheitert daran, dass die Topteams innerhalb der für die Regelerstellung bedeutenden Strategiegruppe das Sagen haben und die Topteams die Probleme der Mittelfeldmannschaften weiterhin mit Scheuklappen vor den Augen ignorieren.
Der Fall Sauber versus Van der Garde lässt keinen in einem guten Licht dastehen, am wenigsten natürlich das Sauber-Team – aber auch die F1-Vermarkter sollten langsam einschreiten, um die anhaltenden negative Presseberichte durch konsequente und problembehebenden Schritte endlich zu stoppen. Das tut der Formel-1 nicht gut.