@ Sequencer
Ich stimme dem zu, dass er nach dem Ausfall Räikkönens und dem Handicap Buttons (Motorwechsel) keinen "richtigen" Konkurrenten mehr hatte, aber SLK, denkst du wirklich, dass es, auch wenn man keinen direkten Gegner mehr hat, so einfach ist, einen F1-Boliden zu steuern? Bist du schon mal so einen Renner gefahren, einfach mal so, ohne Gegner, auf der Strecke? War es einfach und spielerisch? Wenn es für dich so war, dann hättest du wohl besser F1-Fahrer werden sollen, beim ganzen Respekt.
Im Grunde genommen sind deine Argumente richtig. Aber bei Schumacher spielen eben ganz andere Maße eine Rolle: Ist es wirklich ein so toller Grund zu diesem überschwänglichen Jubel, wenn man den elften der größtenteils vergleichsweise 'einfachen' Siege dieser Saison eingefahren hat, man weiß, dass man auch vom Pech anderer Fahrer profitiert hat und der Titel ohnehin schon besiegelt ist? Und das nach 80 Siegen und sechs Titeln? Bei einem hart erkämpften Sieg könnte ich seine Reaktion auch nach all den Erfolgen gut nachvollziehen, aber dass dieser Sieg - für Formel-1-Verhältnisse - nicht besonders hart erkämpft werden musste, ist wohl nicht abzustreiten.
Andererseits, SLK, wenn du mal z.B. in deinem Job Erfolg hast, freust du dich dann etwa nicht?Wenn du z.B. mehrere Male was echt gut hinkriegst, und von deinem Chef oder Vorgesetzten dafür Lob und Anerkennung erhältst, freust du dich dann nicht? Wenn nein, liegt es vielleicht daran, dass deine Kollegen eben etwas nicht so gut hinkriegen?
Ich bin da durchaus selbstkritisch: Wenn ich einen Erfolg zu verzeichnen habe, aber gleichzeitig weiß, dass andere auch viel Pech gehabt haben, freue ich mich sicherlich dennoch über meinen Erfolg, aber andererseits stelle ich mir die Frage: Hätte ich das auch geschafft, wenn die anderen nicht so viel Pech gehabt hätten?
Und daher fällt die Freude sicherlich in nicht unwesentlichem Maße kleiner aus, als wenn ich mich gegen 'Mitbewerber' durchgesetzt habe, die die gleichen Chancen hatten wie ich. Ich möchte da differenzieren und kann mich eben mehr über eine gute Leistung im harten Wettbewerb freuen als über mein Glück, das mir eventuell geholfen hat. Und nur wenn man so mit seinen Erfolgen umgeht, sehe ich Möglichkeit, sich trotz eines Erfolges weiter zu verbessern.
Genau das vermisse ich bei Michael Schumacher, wo gerade er nach all den Erfolgen und Erfahrungen doch fähig wäre, Differenzen zwischen der Qualität verschiedener Erfolge zu sehen.
Ich habe dich schon mal darauf angesprochen, weil bei mir viele deiner Beiträge früher auf mich den Eindruck gemacht haben, dass du eine Art Antipathie gegenüber Ferrari im Allgemeinen und M. Schumacher im Speziellen entwickelt hast, was du aber von dir gewiesen hast.
Dieser dein Eröffnungsbeitrag ist für mich schon besser gestaltet (hier würde ich nicht gleich eine Antipathie vorwerfen), aber ich suche mir einfach mal ein paar Ausdrücke von dir heraus, die bei anderen Usern eben als "Pöbeln" angesehen werden, ich sehe es aber nicht so kritisch.
Dass die von dir hervorgehobenen Begriffe mit "Pöbeln" in Verbindung gebracht werden könnten, wäre mir ehrlich gesagt nie in den Sinn gekommen... Ich lege einfach in gewissen Maße Wert auf eine wirkungsvolle Wortwahl, die auch durchaus die Eckpunkte meiner Meinung deutlich hervorhebt.
Christian Danner sprach später deutlich aus, was Coulthard nicht so deutlich sagen wollte: "David hätte dieses Rennen im Spazierengehen gewonnen, keine Frage."
Und auch Kimi freute sich nach seinem Sieg, riss die Arme in die Luft und strahlte vor Freude. Jaja, ich weiß, es war ja sein erster Sieg. Aber mal abgesehen davon, hätte er dann nicht einfach "cool" bleiben sollen, weil er ja keinen echten Gegner auf der Strecke hatte?
Die Tatsache, dass es sein erster GP-Sieg war, überwiegt aber auf jeden Fall.
David Coulthard ist ein gutes Stichwort: Als er in Melbourne 03 nach einer fehlerlosen Leistung, aber auch stark vom Pech (Trulli, Räikkönen) und den Fehlern (Montoya, M. Schumacher) anderer Fahrer profitierend das Rennen gewann, war sicherlich auch bei ihm eine berechtigte Freude unverkennbar, aber eben nicht in der meiner Ansicht nach übetriebenen Form, wie sie Schumacher nach dem heutigen Rennen offenbarte. Gerade das war mir eben wesentlich sympathischer, gerade wenn man bedenkt, dass für Coulthard ein Sieg weitaus weniger zum Alltag gehört als für Schumacher. Und es war ein großer Unterschied zu der Freude zu sehen, die er zum Beispiel nach seinem Sieg in Monaco 02, als er allein durch eine tolle Leistung am damaligen Wochenende seinen Sieg erreichte, in Gestik und Mimik ausstrahlte.
Zu Räikkönen: Du sprichst es bereits an; es war Räikkönens erster Sieg, und der bietet eben naturgemäß besonderen Anlass zum Jubel. Außerdem ist zu bedenken, dass Räikkönen auch bereits zwei Mal nur durch Pech am ersten Sieg vorbeigerutscht war (Frankreich 02: Ölspur, Australien 03: defekter Tempomat in der Boxengasse), weswegen es auch sicherlich Anlass gab, es als "ausgleichende Gerechtigkeit" zu empfinden.
Noch was zum Schumachers Verhalten auf dem Podium: Ich finde, man sollte es ihm nicht übel nehmen, jeder soll sich so freuen, wie es ihm behagt, ob mehr innerlich oder eben auch äußerlich.
Sicherlich spielt es auch eine Rolle, in welche Richtung man da selbst tendiert. Ich persönlich neige eher zur innerlichen Freude und kann die äußerliche natürlich gerade bei einem Erfolg schlecht nachempfinden, der meiner Ansicht nach nicht unbedingt zu den anspruchsvollsten der F1-Geschichte gehörte...
Und noch so als Tipp, SLK: Ich empfehle dir sehr, sich das Buch von Michael Schumacher, Titel (schlicht und einfach): "Schumacher." durchzulesen. Ich weiß, es fällt dir sicherlich schwer, diesen Schritt zu tun, aber ich denke, es ist ein Schritt in die richtige Richtung, um mehr über Michael Schumacher als Menschen zu erfahren. Aber, wie gesagt, ist nur ein gutgemeinter Tipp.
Solche Bücher haben immer den Nachteil, dass sie meistens von Autoren geschrieben werden, die das "Objekt" ihrer Studien sehr sympathisch finden und somit nicht ganz objektiv sind. Somit müsste es schon sehr beeindruckend sein, wenn es mich davon überzeugen wollte, dass Schumacher beispielsweise viel Wert auf die Qualität seiner Erfolge und keinen Wert auf Statistiken legt... Ich habe in den letzten Jahren bereits ein paar Bücher über Ferrari gelesen, die mir sicherlich sehr viel Respekt vor der Konstrukteursleistung im Team verschafft haben, aber mich eher weniger davon überzeugen konnten, dass man mit wirklicher Begeisterung dem eigentlichen Sport gegenüber dabei ist. (Und diese Begeisterung definere ich nicht nur darüber, wie gerne man einander jagende Fahrer in schnellen Autos sieht). Und auch die Stellen, in denen Schumacher thematisiert wurden, konnten ihn mir nicht sympathischer erscheinen lassen, auch wenn ein teambezogenes Buch da wohl auch oberflächlicher ist als ein Buch wie das von dir genannte. Wenn ich also mal nichts Interessanteres oder Wichtigeres zu lesen habe, bin ich gerne bereit, mich darauf einzulassen
Ganz allgemein: Die Art, wie du deine Gegenmeinung präsentierst, argumentativ begründest und meine Meinung auch im Großen und Ganzen akzeptierst, gefällt mir und bereitet durchaus Freude beim Diskustieren.
Schade, dass dieses erfreuliche Niveau anscheinend bei anderen Mitgliedern außer Reichweite liegt...