Hallo, ich hab mir mal die Mühe gemacht und in die Kristallkugel geschaut. Vielleicht gefällt`s euch ja ein bisschen.
Erfahrung macht den Meister
GP Australien
Mark Webber ist überzeugt: „Das wird mein Jahr! Ich fühle mich besser als je zuvor.“ Noch sind seine Ankündigung aber mehr leere Worte, nachdem ihn Teamkollege Vettel (mit dem er am Abend zuvor im Kino war, um das Betriebsklima zu verbessern) in der Qualifikation 3,9 Sekunden abnimmt und auch im Rennen nach der zweiten Kurve außer Sichtweite für den frenetisch angefeuerten Australier ist.
Michael Schumacher startet holprig in die Saison. In nahezu auswegloser Situation und mit Blick auf Schumachers Vorliebe für ungerade Zahlen entschießt sich Teamchef Ross Brawn zusammen mit seinem Lieblingspiloten zu einer gewagten 7-Stopp-Strategie, um wenigstens am Caterham von Heikki Kovalainen vorbei auf Platz 18 zu kommen. Und tatsächlich: Der Plan geht auf. Als dem Rekord-Weltmeister allerdings die Reifensätze auszugehen drohen, bedient sich die Boxencrew am Pirelli-Vorrat von Nico Rosberg, der daraufhin - souverän in Führung liegend - aufgrund fehlender Pneus entnervt aufgeben muss. Den Sieg erbt Rückkehrer Kimi Raikkönen, der sich von der ganzen Aufregung unbeeindruckt zeigt. Ferrari kann unterdessen nicht am Rennen teilnehmen: Nach einem Radikalumbau des Fahrzeugs in der Woche vor dem Grand Prix hatte man die erforderlichen Crash-Tests nicht bestanden.
GP Malaysia
Pirelli kündigt aufgrund des recht mauen Auftakts mit nur 276 Überholmanövern an, zum nächsten Lauf in China neue Reifenmischungen liefern zu wollen, um endlich für etwas mehr Action zu sorgen - sehr zur Freude von Bernie Ecclestone, der sogar anregt, an jedem Auto einmal im Rennen nur drei Reifen zu montieren, um erstens die wahren Fertigkeiten der Fahrer hervorheben zu können und um zweitens dem horrenden Gummi-Verschleiß Herr zu werden. Solche Probleme hätte Ferrari gern: Alonso und Massa sind abermals zum Zuschauen verdammt, da der wichtigste Lieferant der Lego-Baukastenteile einen Engpass beklagt. Tatenlos müssen sie zusehen, wie Raikkönen seinen zweiten Saisonsieg holt. Der Lotus-Pilot behält im Glutofen von Malaysia als Einziger kühlen Kopf und jubelt entsprechend seinem Naturell auf dem Podium wie üblich ausgelassen - Beobachter wollen nämlich erkannt haben, wie sich der rechte Mundwinkel des Finnen beim Anblick der Champagner-Flasche um 0,6 Zentimeter nach oben bewegt haben soll.
GP China
Shanghai sieht neue Rekorde und schwer beschäftigte Statistiker: Diese kommen mit dem Notieren aller Vorkommnisse kaum nach. Am Ende sind 972 Boxenstopps, 1.239 Überholmanöver und 160 Führungswechsel zu verzeichnen. Keiner weiß, wer gewonnen hat, aber Chefvermarkter Ecclestone ist ob dieser brutalen Eintönigkeit über die Attraktivität der Formel 1 besorgt und philosophiert öffentlich: „Wir müssen die Show verbessern.“
GP Bahrain
Gesagt, getan: Weil im Wüstenstaat Bahrain nichts anderes als eine Prozessionsfahrt anzunehmen ist, flutet der clevere Ecclestone am Renntag die Piste so sehr, dass alles unter Wasser steht. Felipe Massa gewinnt. Erstmals war Ferrari im Stande gewesen, mit einem notdürftig geflickten Auto anzutreten. Weil kein Team die Pirelli-Regenreifen mitgenommen hatte, kreiseln alle Konkurrenten von der Piste. Nur Massa ist so langsam unterwegs, dass er selbst auf Trockenreifen nicht ins Rutschen kommt. Im Ziel mischen sich Tränen und Wasser zu einem flüssigen Gemisch zusammen. Von seinen Emotionen übermannt, schluchzt der überglückliche Brasilianer: „Ich habe immer an mich geglaubt!“
GP Spanien
Da darf dessen Stallgefährte natürlich nicht nachstehen. Mit einer einzigartigen Sensationsfahrt im Qualifying, die nur einem wahren Meister wie ihm gelingen konnte, elektrisiert Fernando Alonso vor heimischer Kulisse die Massen: „Das war die beste Runde meines Lebens“, jubiliert der Lokalmatador euphorisch. Um 0,002 Sekunden kann der Doppelweltmeister einen der beiden HRTs distanzieren und sich auf einem - für Ferrari-Verhältnisse - nie erwarteten 23. Startplatz einfinden. Von derartigen Heldentaten restlos begeistert und da eine weitere Steigerung schlicht an den Grenzen der Fahrphysik scheitern würde, entscheidet sich der Nationalheld für das vorzeitige Ende seiner ruhmreichen Laufbahn und wird tags darauf zum Nachfolger des spanischen Königs Juan Carlos ernannt. Daraufhin sagt die FIA das Rennen in Barcelona ab - ein möglicher Sieger könnte dem neuen Regenten Alonso nicht zur Ehre gereichen.
GP Monaco
Daniel Ricciardo überholt in der Loews-Haarnadelkurve auf einen Schlag Vettel und Hamilton und verfehlt seinen Premierensieg nur deswegen, weil ihm schon nach drei Runden die Gänge zwei bis fünf ausgefallen sind. Der talentierte Australier wird schließlich Zweiter - hinter Vettel. Red Bull-Berater Dr. Helmut Marko hat die Zornesröte im Gesicht: „Das ist einfach kein Siegfahrer!“ Mark Webber erreicht indes einen formidablen neunten Platz, verlässt Monte Carlo aber vor allem deswegen mit ausgezeichneter Laune, weil er beim gemeinsamen Bootsfahren mit Vettel alle Sorgen und Nöte wunderbar vergessen konnte. Alonsos Platz bei Ferrari ist weiterhin vakant, weil sich kein adäquater Ersatzmann von der Qualität des Spaniers finden lässt. Nick Heidfeld gibt sein Bewerbungsschreiben zwar persönlich bei Stefano Domenicali ab (im irrtümlichen Glauben, es handele sich noch immer um den Ferrari-Teamchef) und möchte mit angebrachtem Selbstvertrauen Eindruck schinden („Ich will Weltmeister werden“), doch Domenicali ist selbst bereits seit dem GP Malaysia entlassen. Adrian Sutil fällt als potentieller neuer Pilot ebenfalls durch, das nächste Rennen überschneidet sich mit seinem Termin in der JVA München. Auch Massa ist nach dem Bahrain-Triumph zurück auf dem Boden der Realität. Er überbietet die Pole-Zeit von Vettel um 214 Prozent und wird nicht zum Rennen zugelassen. In seiner Verzweiflung denkt Präsident Luca di Montezemolo an unlautere Mittel. Zwei Tage später stellt er Flavio Briatore als neuen Teamchef vor...
GP Kanada
Lewis Hamilton, angetrieben von der nahenden Hochzeit mit Nicole Scherzinger, blüht auf wie zu besten Zeiten und geht vom Start weg in Führung, als er nach wenigen Kilometern auf den zu überrundenden Ferrari von Felipe Massa aufläuft. Weil dieser einen für Hamilton viel zu frühen Bremspunkt wählt (etwa auf Mitte der Gerden), ist der obligatorische Unfall zwischen den beiden guten Freunden leider nicht zu vermeiden. Massa, der einem verlorenen, möglichen 19. Platz hinterhertrauert, wettert gegen den Briten: „Er hat mein Rennen zerstört!“ Das sehen die Rennstewards genauso und ziehen den McLaren-Rambo daraufhin aus dem Verkehr. Hamilton verliert seine Super-Lizenz und bald darauf auch seine Pussycat, die - entrüstet über so viel Loser-Mentalität - die bereits aufwendig und pompös geplante Vermählung platzen lässt. Webber schlägt dafür Vettel vor, einen Kurztrip nach Paris zu unternehmen. Unbestätigten Gerüchten zufolge erreicht der Deutsche das europäische Festland als Erster...
GP Europa
Christian Danner und Gerhard Berger gründen kurz vor der Hafenrundfahrt in Valencia den ersten offiziellen Anti-Michael-Schumacher-Fanclub. Als man davon auf der Insel Wind bekommt, schnellen die Mitgliedszahlen schlagartig in die Höhe. An Prominenz mangelt es nicht: Stirling Moss, Jackie Steward, Eddie Jordan und Damon Hill treten noch am selben Tag bei. Der Altmeister aber zeigt sich unbeeindruckt und liefert wie gewohnt seine Qualifikationsperformance ab - Startplatz 14.
Die Sperre von Hamilton bringt McLaren in Zugzwang. In ihrer Not holen sie David Coulthard aus der DTM zurück in die Formel 1. Der Schotte legt einen Einstand nach Maß hin: Gleich im ersten Freitagstraining zeigt er Schumacher, der ihn behindert haben soll, den Autofahrergruß.
Luca di Montezemolo, inzwischen italienischer Ministerpräsident, gelingt es, das dritte Auto durchzusetzen. Allerdings besagt eine Vertragsklausel, dass einzig die Scuderia Ferrari befugt ist, einen weiteren Wagen einzusetzen, um die Chance auf Punkte und damit die Konstrukteurs-WM zu erhöhen. Nach zähen Verhandlungen wird Eddie Irvine als neuer Pilot präsentiert. Das komplizierte Fahrverhalten des Ferrari bringt den Nordiren jedoch selbst mit 1,7 Promille im Blut an seine Grenzen. Massa, Irvine und der ebenfalls reaktivierte Jacky Ickx (im Ex-Alonso-Wagen) platzieren sich einträchtig am Ende des Feldes. Immerhin: Der Begriff „rote Laterne“ bekommt dadurch eine ganz neue Bedeutung.
GP England
Wie im Vorjahr eskaliert die Debatte um (verbotene) HIlfsmittel am Wochenende des Silverstone-Grand Prix. Design-Genie Adrian Newey hatte sich wieder etwas Neues einfallen lassen und ein revolutionäres Luftleitsystem entwickelt. Dabei erzeugt der Fahrer durch permanentes Pusten in ein Rohr, dass durch den Helm auf die Schulterblätter führt und von dort durch rythmisches Rückwärtsrotieren in Richtung Heckflügel umgeleitet wird, den nötigen Anpressdruck. Red Bull betreibt es in Perfektion und nimmt der Konkurrenz drei Sekunden pro Runde ab. Kein Wunder, dass die Weltmeister-Truppe alles versucht, durch Verwenden von Tüten, die sofort nach Stehen der Fahrzeuge über die Köpfe der Fahrer gestülpt werden, so wenig wie nur möglich preiszugeben. Am Renntag verbietet die FIA den Einsatz. Vettel und Webber sind erleichtert. Endlich können sie sich ihre Energiereserven für gemeinsames Karaoke-Singen aufsparen.
Unterdessen hat sich di Montezemolo zum neuen deutschen Bundespräsidenten ernennen lassen und steuert vom Schloss Bellevue aus die Geschicke der Scuderia. Der stolze Italiener unterstützt sein Team nach Kräften und kauft mit dem im Voraus ausgezahlten Ehrensold von 200.000 Euro jedem der Ferrari-Mitarbeiter einen großen Eisbecher - als kleine Motivationshilfe. Darüber hinaus bestimmt er: Das vierte Auto kommt. Das vierte rote.
GP Deutschland
Pünktlich zum Heimspiel auf dem Hockenheimring hat Mercedes neben sechs weiteren Technikchefs auch endlich neues Personal für das Marketing eingestellt. Dieser Input zahlt sich sofort aus: Um sein Firmen-Image weiter aufzubessern, engagieren die Sternträger Christian Wulff für repräsentative Zwecke. Dafür muss Nico Rosberg gehen. Er passe mit seiner jugedlichen und erfrischenden Art einfach nicht mehr ins Konzern-Schema, gibt ein sichtlich geknickter Norbert Haug zu Protokoll. Ersatz aber ist schnell gefunden: Mercedes macht Mika Häkkinen ein Silber-Comeback mit der wahrlich verlockenden Aussicht schmackhaft, der Finne dürfe die hauseigenen Sauna-Räume als Einziger benutzen, wann immer er wolle. Logisch, dass Häkkinen bei solch einem Angebot nicht lange überlegen braucht. Einzig die doch recht beklemmende Enge im Cockpit bereitet dem ehemaligen Champion ein wenig Sorge - zu Unrecht, wie sich schnell zeigt. Beim Deutschland-Grand Prix erreicht Mika einen hervorragenden zwölften Platz, direkt hinter seinem Teamkollegen. Haug hat feuchte Augen, als die Mercedes-Truppe im RTL-Interview zum moralischen Sieger erklärt wird und träumt mit seinen beiden Nachwuchspiloten vom WM-Titel 2018.
GP Ungarn
Kurz vor der Sommerpause melden sich einige bekannte Gesichter zurück: Hamilton ist wieder da! Der heißblütige Brite hat einen neuen Job. Weil er sich in den Tagungsräumen der Regelhüter schon so heimisch fühlt, fungiert der Ex-Rennfahrer von nun an selbst als Rennsteward. Gleich bei seinem Debüt auf dem Hungaroring verhängt der stets um die Einhaltung der Vorschriften bemühte Hamilton elf Durchfahrts - und vier Stop-and-Go-Strafen - jeweils gegen Michael Schumacher, der im Zweikampf mit Sergio Perez die Linie etwas zu abrupt gewechselt und so die Sorgfaltspflicht im Umgang mit Kindern im schulpflichtigen Alter verletzt haben soll. Sportgesetz ist Sportgesetz, argumentiert der neue, unabhängige Rennkommissar.
Ferrari verpflichtet derweil Jody Scheckter und hofft auf die Trendwende.
Auch Nico Rosberg ist wieder im Geschäft: Der bei Mercedes geschasste Superstar ergattert einen frei gewordenen Platz bei Marussia. Der Optimismus des noch immer sieglosen Deutschen scheint ungebrochen: „Ich werde Rennen gewinnen, brauche nur das richtige Auto dazu. Jetzt habe ich gute Chancen!“
GP Belgien
Schumacher kann es noch: Im strömenden Regen siegt er auf seiner Hausstrecke mit zwei Runden Vorsprung und versetzt seine begeisterten Anhänger spätestens mit dem gekonnten Dirigieren der deutschen Hymne in Ekstase. Da er nun den passende Zeitpunkt als gekommen erachtet, gibt der nunmehr 92-fache Grand-Prix-Sieger anschließend die mit Spannung erwartete Entscheidung über seine Zukunft bekannt. Der neue Fahrervertrag umfasst eine Laufzeit von 15 weiteren Jahren bis einschließlich 2027 und beinhaltet zudem die Option auf eine Verlängerung bis 2030. „Ich habe einfach tierisch Spaß“, schwadoniert Schumacher, noch berauscht vom vielen Champagner (dieses Gefühl kannte er schließlich lange nicht) und gibt als neues Etappenziel 200 Rennsiege sowie 10 Weltmeistertitel aus.
GP Italien
Luca di Montezemolo ist in seinem Geltungsdrang ungebremst. Durch eine Revolte hat er den Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, trotz dessen einwandfreier Staatsangehörigkeit gestürzt. Der Schritt sei ununmgänglich gewesen, beteuert der neue EZB-Präsident, Draghi habe einfach zu wenig Interesse an der Formel 1 gezeigt und darüber hinaus die Notwendigkeit eines fünften Autos für Ferrari nicht erkennen wollen - was Emerson Fittipaldi ein Comeback unmöglich gemacht hätte.
RTL hat ein Problem: Weil sich Christian Danner partout weigert, die großartige fahrerische Leistung des Führenden Michael Schumacher zu kommentieren, ist Kollege Heiko Wasser ohne die fachkundige Expertise des ehemaligen, erfolgreichen Formel 1-Fahrers auf sich allein gestellt und verzweifelt wie nicht anders zu erwarten war daran, dem RTL-Zuschauer die Bedeutung von „Grip“ näherzubringen. Der Sender reagiert und unterbricht die Werbepausen nur kurz, um Live-Rennszenen zu zeigen. Als Schumacher triumphierend mit Siegerfaust die Ziellinie überquert, läuft gerade der Programmhinweis zu „Schwiegertochter gesucht“.
GP Singapur
Obwohl sich Frank Williams vor der Saison aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hatte, gelingt ihm ein wahrer Transfer-Coup: Nach den Körperfett-bedingten Absagen des Kolumbianers Montoya und des Briten Mansell kann der Rollstuhl-General anstelle der wegen chronischer Erfolglosigkeit gefeuerten Maldonado und Senna das Ehepaar Ralf und Cora Schumacher am frühen Samstagnachmittag als neue Fahrer gewinnen. Bernie Ecclestone wähnt sich am Ziel seiner Träume: „Endlich eine Frau in der Formel 1!“
Eine Stunde später sitzt Ralf bereits im Auto und nimmt bei seinem ersten Qualifying seit 2007 dem besten Ferrari rund 0,8 Sekunden ab. Cora indes kann nicht am Zeittraining teilnehmen. Sie ist mit der Farbgebung des Williams nicht einverstanden. In der Nacht von Singapur würde man den dunklen Wagen gar nicht richtig wahrnehmen können, meint sie. Die Umlackierung in zartes Rosa dauert allerdings zu lange, sodass Cora aus der Boxengasse starten und nach einem Unfall mit Ralf in Kurve drei enttäuscht aufgeben muss. Ralf wütet: „Sie hat mir keinen Platz gelassen!“ So ist der Weg frei für den ersten Sauber-Sieg in der Geschichte der Königsklasse. Peter Sauber hatte sich vom allgemeinen Trend inspirieren lassen und anstatt des ungestümen, jungen Kobayashi den ungestümen, älteren Jean Alesi ein Auto anvertraut. Erfahrung zahlt sich eben aus.
GP Japan
Da Alexander Wurz als Fahrer-Flüsterer bei Williams (jetzt erst recht) weder Zeit noch Kapazität aufbringen kann, auch noch für das ORF zu kommentieren, wid kurzerhand Reporter-Legende Heinz Prüller - bei Sky unglücklich - zurück ans heimische Mikrofon geholt. Doch bei der montäglichen Analyse der Einschaltquoten zeigt sich Erschreckendes: Weil Prüller wie gewohnt nach drei Runden den späteren Sieger vorhersagen konnte, ist ein dramatischer Abfall der Zuschauergunst ab 08:06 zu beobachten. Alle diejenigen, die dennoch dran geblieben waren, erleben Historisches: Wie von Prüller prophezeit, gewinnt Cora Schumacher, die in der Zielkurve ihren (Noch-)Mann mit einem unvermeidlichen Schubser gegen dessen Seitenkasten in die Barriere befördert. Im Parc fermé wird allerdings festgestellt, dass ihr Williams mit zwei Kilogramm Übergewicht unterwegs war - Cora wollte einfach nicht auf so viel Make-up verzichten. Die FIA greift knallhart durch und ernennt den völlig überraschten Nico Rosberg - mittlerweile zu HRT gewechselt - zum Sieger. Der Deutsche, von seinem ersten Grand-Prix-Erfolg völlig überwältigt, erklärt, sich die Haare wieder wachsen lassen zu wollen und gleicht Cora Schumacher nach einer kosmetischen Operation alsbald wie ein Doppelgänger - eine Hommage an diejenige, die ihm zu einem echten Siegertypen hat werden lassen.
GP Südkorea
Bernie sei Dank: Die Formel 1 in Korea boomt. Im Kartenvorverkauf werden gigantische Dimensionen erreicht: 27 abgesetzte Tickets. Das kommt freilich nicht von ungefähr - Yeongam hat sich gemausert und kräftig in die Infrastruktur investiert. Zwar umgibt die wunderschöne Natur-Rennstrecke jetzt nicht wie ursprünglich geplant eine Monte-Carlo-Light-Version, sondern aufgeschüttete Müllberge, Gebrauchtwagenhändlerstände und Schrottplätze, doch man kann schließlich nicht alles haben. Iceman Raikkönen gelingt es natürlich, das fantastische Ambiente der atemberaubenden Umgebung auszublenden und sich, zumindest während des Rennens, fast ausschließlich auf`s Autofahren zu konzentrieren. Dem dritten Saisonsieg steht somit nichts im Wege - bis auf Toro-Rosso-Pilot Jean-Eric Vergne, der mit unterlegenem Material lange Zeit erbitterten Widerstand leistet, seine Führungsposition abzugeben, erst fünf Runden vor Schluss mit rauchendem Motor alle Chancen einbüßt, aber noch als Vierter das Ziel erreicht. Dr. Marko kann über soviel Unvermögen nur noch den Kopf schütteln und löst ob der für jedermann sichtbaren Sinnlosigkeit dieses Rennstalls das Toro-Rosso-Team mit sofortiger Wirkung auf.
GP Indien
Mika Häkkinen und Michael Schumacher sind das Duo der Stunde. Der kühle Finne kommt immer besser in Fahrt und liegt im Qualifying-Duell mit 8:0 vorne. Schumacher kontert mit seiner bekannten Stärke am Start und hat schon nach zwei Kurven neun Autos überholt. Schließlich erreichen die beiden hoffnungsvollen Talente die Plätze zwei und drei hinter Rennsieger Coulthard. Auch Mark Webbers besondere Stärken liegen im Zeittraining. Als er mit neuen, superweichen Pirellis nur um den Wimpernschlag von 2,1 Sekunden hinter Sebastian Vettels bester Runde auf gebrauchten, harten Reifen zurückbleibt, verkündet der 36-jährige stolz: „Not bad for a Number-Two-Driver!“
Eddie Jordan ist derweil wieder auf den Geschmack gekommen und kauft mit dem Geld, das er als BBC-Kommentator für seine Schumacher-feindlichen Aussagen einstreicht, das ehemalige Toro-Rosso-Team auf. Weil der gewiefte Ire durch seine gewissenhafte Tätigkeit beim Fernsehen stets auf dem Laufenden gehalten wurde, setzt er klarerweise auf Routine und verpflichtet sein 99er Erfolgsgespann Heinz-Harald Frentzen / Damon Hill.
Luca di Montezemolo fühlt sich als italienischer Ministerpräsident, Chef der EZB und Wulff-Nachfolger nicht richtig ausgelastet und erwägt eine Kandidatur für das amerikanische Präsidentschaftsamt.
GP Abu Dhabi
Nico Rosberg ist am Tiefpunkt angekommen: Er wechselt zu Ferrari und pilotiert dort das sechste Auto. Di Montezemolo konnte sich im Wahlkampf gegen Barack Obama durchsetzen und hat darüber als erste Amtshandlung verfügt. Das HRT-Team fürchtet durch diese ungeheuerliche Wettbewerbsverzerrung um den vorletzten Platz in der Konstrukteurswertung und reicht beim obersten Sportgerichtshof eine Klage ein. Die wird abgeschmettert: Würde man die Fahrzeuge drei bis sechs untersagen, hätte Ferrari andernfalls einen klaren Nachteil zu erleiden, lautet die Begründung. Frentzen profitiert bei der Rückkehr von seiner Sprit sparenden Fahrweise, sodass der Tank nur halb gefüllt werden musste und entsprechend weniger Gewicht mit an Bord ist. Doch für den Sieg reicht es nicht ganz. Coulthard lässt Schumacher beim Überrunden zwar übel auflaufen, doch anders als anno 1998 erreicht der Schotte diesmal nicht, was er im Sinn hatte. Der Mercedes, durch den heftigen Aufprall um den Höcker in der Nase bereinigt, fährt mit glatter Frontpartie und spürbarer aerodynamischer Effizienz eine Rekordrunde nach der anderen und gewinnt. Coulthard wird daraufhin von McLaren wieder vor die Tür gesetzt. Er habe das in ihn gesetzte Vertrauen nicht rechtfertigen können.
GP USA
Flavio Briatore zieht alle Register. Sein Fahrer-Sextett um Massa, Irvine, Ickx, Scheckter, Fittipaldi und Rosberg erscheint dem Italiener nicht ausreichend Klasse zu besitzen, um Ferrari zurück auf die Siegesstraße zu führen. Briatore beschließt nach einer genauen Datenanalyse, einen weiteren Fahrertausch vorzunehmen. Es trifft Massa. Renningenieur Rob Smedley versucht den untröstlichen WM-Zweiten von 2008 aufzumuntern, indem er ihm die Fakten nennt: „Lauda is faster than you. Can you confirm that you`ve understood this message? Good boy. Sorry.“
Ganz Italien fleht nach Niki Lauda. Der Österreicher lässt sich überreden. Ins Lego-Chassis muss eine Ausbuchtung für den Wohlstandsbauch des Österreichers gebaut werden, dann gibt Lauda Gas. Auf der neuen Strecke in Austin gelingt es ihm auf Anhieb, Sebastian Vettels Pole-Position-Serie zu beenden. In Italien brechen alle Dämme. Lauda glaubt, seine Schuldigkeit getan zu haben und erklärt seinen Rücktritt. Michael, Ralf und Cora Schumacher toppen das Indianapolis-Foto-Finish von 2002 und rollen alle zeitgleich über die Ziellinie. Auf dem Podest bleiben die Plätze links und rechts leer. Die FIA einigt sich nach achtwöchiger Beratung auf den Sieger Schumacher.
GP Brasilien
Jenson Button hat zwar im ganzen Jahr noch kein Rennen gewonnen, war aber jedes Mal schlechtestenfalls Vierter und geht als WM-Führender in das Saisonfinale. Sein Rivale heißt Michael Schumacher. Der Anti-Schumacher-Fanclub ist geschlossen angetreten und trägt T-Shirts mit dem Konterfei Buttons. In der ersten Runde saugt sich Schumacher im Windschatten an Club-Mitglied Hill heran, schert dann aus und überholt den Engländer in einem spektakulären Manöver auf der Außenbahn. Rennkommissar Lewis Hamilton tut angesichts dieses eindeutigen Regelverstoßes, was er tun muss und lässt dem Mercedes-Piloten die schwarze Flagge zeigen, die dieser zunächst ignoriert und erst auf mehrmalige Intervention von Ross Brawn in die Boxenstraße abbiegt. Schumacher hofft noch darauf, wie damals in Silverstone die Ziellinie imaginär überquert zu haben und macht sich schon zum Jubeln bereit, als er darüber informiert wird, dass noch 67 Runden zu fahren sind. Häkkinen rettet wenigstens die Mercedes-Ehre und siegt.
Nachwuchsfreuden im Hause Sky: Die langjährigen Kommentatoren Jacques Schulz und Marc Surer werden Eltern einer gesunden Tochter. Tanja heißt die Kleine. Sie ist ein Wunderkind: Eineinhalb Stunden auf der Welt, also nach Ende der ersten Renndistanz, kann sie bereits sprechen. Ihre ersten beiden Worte: „Keep racing...“