Schöner Artikel auf AMS, der erklärt warum Ferrari vorne ist, während Red Bull Probleme hat und Mercedes seinen Vorsprung verloren hat:
Der Erfolg von Ferrari hat viele Väter. Sie kommen alle erst nach und nach ans Licht. Und in einigen Mosaiksteinen des Puzzlespiels muss sich die Konkurrenz fragen lassen, ob sie da nicht etwas verschlafen hat. Zum Beispiel bei den 24 Testtagen für Pirellis breite Reifen im Herbst letzten Jahres. Nur Mercedes, Ferrari und Red Bull hatten das Geld, die Ressourcen und die Mannschaft, auf Basis eines 2015er Autos einen Testträger zu bauen, der aufgerüstet werden durfte, um die 2017er Abtriebszahlen zu simulieren.
Die FIA machte strenge Vorgaben, in welchem Umfang die Autos zum Zweck von mehr Anpressdruck veränderten werden durften. Die Maßnahmen waren nur in den Bereichen Frontflügel, Heckflügel und Unterboden gestattet. Mercedes, Ferrari und Red Bull gingen dabei unterschiedliche Wege. Heute weiß man: Nur Ferrari machte es richtig.
Dabei soll der aufgerüstete Ferrari SF15-T nach Pirelli-Informationen den geringsten Abtrieb der drei Mulettos geliefert haben. Aber darauf kam es den Technikern aus Maranello vermutlich gar nicht an. Sie wollten maximal viel über das 2017er Auto und die 2017er Reifen lernen.
Beim Auto veränderte Ferrari hauptsächlich die Partien des Fahrzeugs, die mit Blickrichtung 2017 die größten Erkenntnisse abwerfen würden. Der SF15-T war der einzige Testträger, der mit einem breiten Heckflügel im 2017er Format ausgerüstet wurde. Er war das einzige Auto, das den Diffusorbereich konsequent verbreiterte, um die 2017 erlaubte Expansion so realitätsnah wie möglich zu simulieren. Das einzige, das die Leitbleche vor den Seitenkästen tiefer setzte. Und das einzige, das am Frontflügel zusätzliche Flaps und vertikale Strömungshilfen einzog, die dem heutigen Konzept nicht ganz unähnlich sind. Außerdem wurde der Anstellwinkel deutlich vergrößert, um so für die Zukunft zu üben. Dazu variierte Ferrari die Länge seitlicher Schürzen.
Red Bull und Mercedes begnügten sich im Vergleich zu Ferrari mit Maßnahmen, die zwar mehr Abtrieb brachten, mit Blickrichtung 2017 zum Teil aber völlig sinnlos waren. Red Bull montierte unter den 2015er Heckflügel ein tiefes Element, um mehr Anpressdruck im Heck zu generieren und den Diffusor zu unterstützen. Der so genannte „beam wing“ ist aber im aktuellen Reglement gar nicht erlaubt. Dazu Schürzen an den Flanken des Unterbodens, um ihn besser zur Straße hin abzudichten. Auch das wäre illegal.
Mercedes operierte ebenfalls mit einem Unterflügel im Heck und einer stärkeren Anstellung und seitlichen Abdichtleisten. Aber offenbar brachte das Experiment zu wenig Erkenntnisse, um sich auf dieses Territorium zu wagen. Mercedes suchte Abtrieb lieber über ein längeres Auto.
Im Rückblick wird klar, dass Mercedes und Red Bull in Bezug auf das 2017er Auto von ihrem Muletto wenig lernen konnten. Ferrari dagegen schon. So ergaben die Modifikationen am Frontflügel, an der Position der Leitbleche, der größere Diffusor und der Heckflügel im 2017er Format durchaus Hinweise auf die zu erwartenden Strömungsverhältnisse. Quasi ein Abgleich mit den Windkanaldaten des richtigen 2017er Modells. Es fällt auf, dass Ferrari als eines der wenigen Teams nicht über Korrelationsprobleme zwischen Labor und Rennstrecke klagte. Vielleicht, weil man sie schon während der Pirelli-Testphase entdeckte und abstellte.
Interessant ist der Punkt mit dem Heckflügel. Die beim GP SpanienHier geht's zu passenden Produkten auf Amazon.de! 2016 veröffentlichten Richtlinien der FIA für die Pirelli-Testautos sahen im Bereich des Heckflügels eigentlich nur einen Punkt vor: „Erlaubt ist eine beliebig große Anzahl von Flügelelementen und Geometrien in einem Bereich zwischen 300 und 950 Millimeter über der Referenzebene.“
Offenbar interpretierte Ferrari das Wort „Geometrie“ dahingehend, im oberen Teil gleich den ganzen Flügel auf die neuerdings erlaubten 95 Zentimeter zu verbreitern. Und weiter unten ziehen sich die Endplatten exakt so ein wie bei den heute üblichen Heckflügeln. Diese Regelauslegung spricht auch für den mutigeren Ansatz in Ferraris Designbüro. Man traut sich mehr zu.