Monaco! Endlich. Für mich eines der Rennen des Jahres, vielleicht DAS Rennen. Es ist auch die einzige Strecke, auf der ich selber rumgelatscht bin. Monaco ist ein faszinierendes, wenn auch ein sehr abgedrehtes Land.
Anfang April 2004 war ich da, als schon allerhand für das Rennen vorbereitet wurde und das hat mich erstaunt. Es war schon ein Erlebnis das zu sehen. Weil das hier ja ein anspruchsvolles Forum ist, habe ich eine kurze
Reportage geschrieben, über den Mythos Monaco und so'n Kram. Ich teile das mal in drei Abschnitte. Zuerst ein bisschen Geschichte, dann wasm an so in Monaco erlebt als Normalsterblicher und schleißlich Formel 1 bezogen. Wer gerade nix besseres zu tun hat, kann sich das ja mal zu Gemüte führen, sonst überspringt das hier.
Der Mythos Monaco
Eigentlich müsste man nicht viel zum Mythos Monaco sagen. Monaco, allein schon dieser Name hat eine magische Wirkung auf viele Menschen. Jeder behauptet ihn zu kennen, den Mythos der Reichen und Schönen, den des Steuerparadieses und des Mittelmeers. Aber macht das wirklich einen Mythos aus?
Es begann mit einem Felsen, den die Griechen sehr früh als strategisch günstig ansahen und die Handelsniederlassung Monoikos gründeten. Wie jedoch die gesamte Provence ging sie später an die Römer.
Die nächste Spur des Ortes Monaco findet sich erst viel später. Durch den Adligen Franceso Grimaldi, der der Sage nach aus Genua verbannt wurde, fiel die Burg in einer Nacht und Nebelaktion an ihn. Es war die erstaunliche Hartnäckigkeit und die Willenskraft, die trotz widriger Umstände und Umwege Monaco bis heute in der Hand der Grimaldi ließen. Doch diese Charaktereigenschaften brachten auch Negatives mit sich: Im Laufe der Jahrhunderte verlor Monaco 95% seines Terretoriums, Roquebrune und Menton, alle einst in Fürstenhand, kamen zu Frankreich, der souveräne Staat wurde mehr und mehr eingeengt, die Bevölkerung litt. Nur das Glück - im wahrsten Sinne des Wortes- konnte Monaco retten: Man nutze die günstige Umgebung und baute ein prachtvolles Casino, machte so aus Monaco schnell ein Paradies für reiche Briten und Pariser und schon lag das Geld auf der Straße.
Der Fürst des 20. Jahrhunderts war zweifellos Rainier III. Er modernisierte den Staat zur rechten Zeit, machte aus ihm das "Hongkong des Mittelmeers". Doch damit hat er auch den Mythos zerstört, den er zunächst durch seine glamouröse Heirat mit Grace Kelly aufrecht zu erhalten schien. Statt Belle Époque-Villen reihten sich nun moderne Hochhäuser aneinander, um, Platz zu schaffen für alle.
Seitdem st es dunkler geworden in den Straßen Monacos. Es gibt vielleicht mer Luxus als je zuvor, aber die Pracht, der Glanz, scheint gewichen zu sein einem Monstrum, das den Menschen in den Hintergrund stellt. Lebt auch Monaco nur noch vom Schatten des Mythos? Ist es wirklich nur noch der Klang des Namens, der diesen ausmacht?
Monaco ist erschwinglich geworden. Es gibt sie, diese furchtbaren Boutiquen mit Schaufenstern aus Panzerglas, daneben existieren aber auch Supermärkte der normalen Art. Tiefkühlpizza und Plastiklöffel sind nicht viel teurer als sonst wo. Wird Monaco seriös?
Es gibt keine Prachtpromenade, keine Croisette, keine Promenade des Anglais. Am Hafen stehen Pinien statt Palmen. Die Parkhäuser sind geheizt (fühlt sich so an), der Boden frisch gebohnert und Touristenkarten gibt es in Massen wie Klopapier. Man ist unter sich, Touristen und Touristen. Sie gehen in das Ozanografische Museum, man trifft sich im Fahrstuhl, der nach Babykacke stinkt und man trifft sich im Postamt, wo sie Briefmarken kaufen und sich dann schreibend auf die Treppenstufen setzen. Japaner lassen sich mit Europäern fotografieren und alle zusammen vor den festbetonierten Kanonenkugeln auf dem Place du Palais.
Bereits Wochen vor dem Ereignis des Jahres liegen Rollen von Drahtzäunen auf den Gehwegen, teils neu, teils schon älter, Stahlkonstrukte ziehen sich den Quai Albert 1er entlang, die einmal Boxen werden sollen. Kleine Jungs setzen sich strahlend in den den steinernen Rennwagen auf der Verkehrsinsel. Juan Manuel Fangio steht daneben und greift ins Lenkrad. Mit Fantasie erkennt man noch Reifenspuren dort, wo sich vor Jahren mal der Jordan verbremst hat. Der Löschschaum von Räikkönen' s Motoschaden klebt noch an der Wand kurz vorm Tunnel, in dem es auch einen Souvenirladen gibt.
Der Mythos der Formel 1 ist die Geschwindigkeit, die Spannung, die Tradition, die Leidenschaft und das Risiko. Der Mythos Monaco jedoch ist die Erinnerung genauso wie der Traum, dass hier alles besser ist. Die Formel1 in Monaco nun bestärkt ihren eigenen Mythos, die Stadt steuert nur die Erinnerung bei. Es gab keine Reifenspuren und keinen Löschschaum, Fangio ist nur ein Relikt aus alter Zeit. Und doch, Monaco hat die Gabe einen glauben zu lassen, man träume. Das ist kein Vorwurf, es ist vielmehr eine Erklärung der Bewunderung. Happy End.