Wie seht ihr das?
Es war abzusehen, dass es zwischen den Herstellern Streit um die Einfrierung der Motorenentwicklung geben wird. Zur Erinnerung: Von 2006 bis 2013 durfte an den V8-Motoren keine Entwicklung stattfinden, nur im Umfeld des Motors, der Verbrenner selbst war eingefroren. Hersteller wie Honda und Renault hinkten hinterher – und durften via Ausnahmeregelungen nachrüsten, um etwas mehr Fairness ins Kräfteverhältnis zu bringen. Die Motoren unterschieden sich daher nur geringfügig, Kritiker gingen sogar so weit zu behaupten: Es waren Einheitsmotoren mit marginalen Unterschieden – der größte war der Herstellername der einzelnen Motoren.
Vor der aktuellen Saison wurde die Motor-Formel geändert und komplizierte Hybrid-Turbos eingeführt. Um nicht die gleichen Fehler wie 2006 zu machen, darf an den Motoren durchaus entwickelt werden. Es herrscht also quasi Motoreinfrierung light. Währernd der Saison darf nur in Ausnahmefällen (Zuverlässigkeit, Sicherheit) an den Motoren entwickelt werden, es gibt aber noch ein paar freie Bereiche wie die Software. Zwischen den einzelnen Saisons darf aber sehr wohl entwickelt werden, aber auch nur nach einer bestimmten Regelung. Der Motor ist in verschiedenen Komponenten auf, jede Komponente erhält eine gewisse Wertigkeit/Punktzahl. Über den Winter darf nur eine bestimmte Menge an Komponenten und eine bestimmte Menge an Punktzahlen überarbeitet werden. Für 2015 sind das beispielsweise 32 dieser so genannten Tokens. Jeden Winter verringert sich die Anzahl der Tokens. Die Motoren werden also schrittweise eingefroren, den Herstellern bleibt also zumindest in den ersten Jahren durchaus noch etwas Spielraum, grobe Fehler und Performance-Nachteile auszubessern.
Doch den hinterherhinkenden Herstellern Renault und Ferrari ist das nicht genug. Sie fordern eine Lockerung bei der Motorentwicklung. Vor allem bei der Begründung werden sich den Rennsportpuristen die Nackenhaare aufstellen: Sie fordern eine Angleichung der Leistung der Motoren! Es soll keine großen Performance-Unterschiede geben – dabei war über Jahrzehnte genau das die Kunst, sich einen Vorteil gegenüber dem Gegner zu verschaffen.
Hinter den Kulissen wird längst diskutiert, wie eine Lockerung aussehen könnte. Am wahrscheinlichsten ist derzeit die Option, dass die Hersteller nicht bis zum Auftakt im März entwickeln dürfen, sondern bis Juli. Ferrari fordert laut “Auto, Motor und Sport” außerdem noch zusätzliche acht Tokens (also 40 statt 32). Mercedes-Motorsportchef Toton Wolff rechnet vor, dass dies zehn Millionen Euro höhere Kosten verursachen würde. Kosten, die von den Herstellern wohl auf die Kundenteams mitübertragen werden. Die hecheln eh schon unter den deutlich höheren Motorkosten im Vergleich zum Vorjahr. F1-Boss Bernie Ecclestone soll daher angeblich schon bei Cosworth einen Turbomotor in Auftrag gegeben haben, der billiger sein soll – und daher den kleinen Teams entgegenkommen könnte.
Vor allem Renault und Ferrari haben Nachholbedarf beim Motor. Nach Informationen von “Auto, Motor und Sport” braucht Ferrari einen größeren Turbolader, eine bessere Auspuffverpackung und mehr Power aus dem Generator für thermische Energie. Bei Renault steht auf der To-do-Liste die Reduzierung der Schwingungen, das Kürzen des Auspuffs, mehr Power aus dem Generator für thermische Energie und die Trennung von Turbine und Verdichter, um die Temperatur zu senken.
Bei Renault sollen übrigens erste Teile des Motors schon am Prüfstand laufen. McLaren hat von Mercedes außerdem angeblich eine Freigabe erhalten, schon bei den Testfahrten in Abu Dhabi den Honda-Motor erstmals zu testen.
Was sind die Lehren aus dem Streit um die Motorhomologation? Die Kosten müssen gedeckelt werden, die Technik dafür wieder freigegeben werden, sowohl was die Entwicklung betrifft, als auch beim Konzept an sich. Eine Budgetobergrenze wäre sinnvoll, denkbar ist aber auch, die Preise für Motoren an Kundenteams zu begrenzen, so dass Kundenteams etwa für maximal zehn Millionen Euro Motoren bekommen müssen.