Wir schreiben das Jahr 2011 und die Formel 1 ist wohl die populärste Rennserie der Welt. Sie gilt als die Königsklasse des Motorsports. Der Rennkalender umfasst 19 Rennen verteilt auf fünf Kontinenten. Man fährt auf den modernsten Strecken, in Städten, im fernen Osten in brütender Hitze und neuerdings sogar unter Flutlicht. Die besten Rennfahrer der Welt treffen aufeinander in den schnellsten Rundstreckenfahrzeugen der Welt. Was für ein Bild. Nur noch eine Momentaufnahme oder auch zukünftig?
Die Formel 1 verkommt vielen Zuschauern immer mehr zur Show anstelle eines echt packendem Motorsportevents. Reifen, die besonders schnell verschleißen, um die Fahrer in Fehler zu drängen, der Zwang zwei verschiedene Reifentypen verwenden zu müssen, eine Überholhilfe, das sogenannte DRS (drag-reduction-system), das nur von dem angreifenden Fahrer aktiviert werden darf, sofern er im Messbereich innerhalb einer Sekunde hinter seinem Vordermann ist. Zahlreiche Beschränkungen: u.a. Motorenentwicklungsverbot, Aerodynamikbeschneidungen. Wo ist da der Kampf zwischen den Sportlern, den Technikern?
IndyCars – Früher der wohl schärfste Konkurrent nach dem Niedergang der Sportwagen-WM (Gruppe C). Rennen auf den verschiedensten Streckentypen: Rundkurse, Stadtkurse, Flughafenkurse und natürlich Ovale. Ein Kampf am Limit 90 Minuten nahezu immer über Tempo 300. Zwar wurde aus dem schärfsten Konkurrenten eine Randserie nach der Teilung in ChampCars und Indy Racing League, jedoch befinden sich die IndyCars unter der Leitung von Randy Bernard auf dem Weg sich in eine zukunftsträchtige Position zu rücken. Noch vor der Formel 1 einigte man sich auf einen V6 Turbo, allerdings Ethanol betrieben. Die Autos bestechen nicht durch Aerodynamikauswüchse wie (frühere) F1-Boliden, doch sollen auch sie sollen mehr Individualität vorweisen trotz eines Einheitschassis. Jedes Team kann sich ein sogenanntes Aero-Kit für 70.000 US Dollar zulegen oder selbst sogar Geld verdienen, wenn sie ein gutes entwickeln und Interessenten finden. Effizienz ist das Credo. Schon 2012 treten drei Motorenhersteller an: Honda, Chevrolet und Lotus (Judd).
Oder ist die für 2012 neu ausgerufene Langstrecken-Weltmeisterschaft eine noch ernstzunehmendere Konkurrenz? Sie hat den Segen der FIA wie die Formel 1. Auch sie verfügt über zwei große Automobilhersteller mit Audi und Peugeot. Für 2014 haben sich zudem Jaguar und Porsche gemeldet, um sich u. a. beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans zu messen. Zukunftstechnologien sollen unterstützt und diese serientauglich gemacht werden. Hybridtechnik ist ab 2012 erlaubt und Niederquerschnittsreifen werden seit Jahren eingesetzt. Innovative Konzepte wie das Delta-Wing-Fahrzeug sollen sich beteiligen. Technische Einschränkungen gibt es kaum (da kenne ich mich leider nicht aus).
Kann sich die Formel 1 dagegen behaupten? Sie ist rein gar nicht an die Serie angelehnt. Technologietransfer findet in sehr geringem Maße statt. Aerodynamik? Nein. Reifen? Nein. Motoren? Nein. Energierückgewinnung? Ja. Fahrassistenzsysteme? Früher die Traktionskontrolle.
Zwar erwachsen nun weitere möglicherweise wieder internationale Rennserien neben der Formel 1, dennoch sollte man nicht vergessen, dass auch aus der Formel 1 Technologien kamen, die wir heute schon in Serienautos sehen: Traktionskontrolle (Williams), Wippenschaltung (Ferrari). Technische Raffinessen, die den Motorsport maßgeblich geprägt haben, wie z.B. der Diffusor, das Kohlefasermonocoque, die aktive Radaufhängung sollten nicht vergessen werden, zeigen sie doch die Innovationskraft der Formel 1.
Gegenüber den IndyCars ist die Formel 1 im Moment relativ deutlich überlegen, denke ich, sowohl auf technischer Seite, schließlich entwickeln die Teams in ihren Werken selbst das ganze Auto und kaufen kein Chassis ein, als auch hinsichtlich des Könnens der Piloten. Wie viele entlassene F1 Fahrer sind von Anfang an konkurrenzfähig: Justin Wilson, Sebastien Bourdais, Takuma Sato.
Da könnte die Langstrecken-WM die größere Gefahr darstellen, denn wie schon zuvor erwähnt wird Wert auf Langlebigkeit, Förderung von Zukunftstechnologien und Seriennähe ausgelegt. Motorsport in ursprünglicher Form ist das Ideal, ohne Showelemente wie DRS, stark verschleißende Reifen, überholfreundliche Aerodynamik.
Abgesehen von einzelnen (show)technischen Schwächen der Formel 1 ist die mediale Aufmerksamkeit im Moment so groß, dass andere Rennserien kaum gegen sie in Konkurrenz treten können. Lediglich bei den überteuerten F1-Eintrittspreisen könnten die Langstrecken-WM und die IndyCars im Vorteil sein.
Was denkt ihr?