Viel wird über die neue Formel-1 diskutiert. Doch für mich stecken dahinter Grundsatzdebatten. Wo soll sich die Formel-1 positionieren. Der Rennsport hat sich schon immer verändert, das liegt schon alleine daran, dass sich auch die technik weiterentwickelt. Im Fußball wird ein Ball immer rund bleiben und ein Tor immer eckig. Aber bei Autos verbessert sich die Technik, damit verändert sich auch die Art und Weise des Rennsports. Zu den bisherigen GP-Epochen kann man hier was lesen:
historisches-f7/die-gp-epochen-seit-1906-t18645.html
Was ist eure Meinung zu den Grundsatzdebatten?
1. Soll die Formel-1 umweltfreundliche Technologien einsetzen?
Pro: Die Formel-1 sollte dem Zeitgeist folgen und auch an modernen Antriebstechnologien feilen. Was bringt es, wenn die Formel-1 mit total veralterten Konzepten fährt? Möglicherweise verlieren dann auch die Hersteller das Interesse an der Formel-1. Renault wäre ohne den Umstieg auf Turbos ausgestiegen, Mercedes wohl auch. Natürlich hätte es dann eben Hersteller wie Cosworth gegeben - aber will man wirklich wieder eine Formel-1 sehen, in der Ferrari gegen Cosworth und vielleicht noch Pure (ein Motorprojekt von Craig Pollock)? Gab's in den 70er Jahren natürlich schon mal, aber wer will das wirklich wieder sehen?
Contra: Moderne Antriebstechnologien heißt: Weniger Sound, weniger Benzingeruch, mehr Elektronik, mehr Hybrid. Einigen Puristen gefällt das nicht. Auch der Sound ist für viele Fans - das zeigt die aktuelle Debatte - ein großes Problem.
2. Soll die Formel-1 technisch die Nummer eins sein? Oder soll der Hauptaugenmerk auf Racing gelegt werden?
Pro: Immer wieder heißt es: Die Formel-1 soll technisch die Spitze bilden. Doch das tut sie seit Jahren mitnichten. Heute verbietet das Reglement, dass verschiedene Konzepte (etwa verschiedene Motor-Konzepte) gegeneinander antreten und das bessere setzt sich durch. Das war lange noch anders: 1966 beim Italien GP gab es von vier bis 16 Zylinder alle Varianten:
4-Zylinder: Bob Anderson mit dem alten Climax
6-Zylinder: GianCarlo Baghetti mit dem Dino Ferrari
8-Zylinder: z.B. die Repco-Brabhams
12-Zylinder: Eagle, Ferrari, Cooper-Maserati, Honda...
16-Zylinder: Lotus-BRM, die Werks-BRM
Den Technikern war damals auf Motor-, wie auf Chassisseite quasi keine innovativen Grenzen gesetzt. Heute werden hunderte von Millionen dafür ausgegeben, ein Zusatzkieme am Flügel etwas weiter nach rechts zu rücken oder ein Loch in der Motorabdeckung etwas anders zu formen. Gerade dieser offener technischer Wettbewerb war doch sehr reizvoll an der Formel-1.
Contra: Das Problem am offenen technischen Wettbewerb: Er ist teuer, irgendwo muss man auch aus Sicherheitsgründen Grenzen ziehen und vor allem: Racing wäre so wohl etwas schwerer möglich. Heute sind die Fahrzeuge doch sehr eng beisammen, das war früher noch ganz anders. Mehr überholt als heute wurde auch nicht. Über die ersten beiden Argumente lässt sich noch streiten: Inzwischen fragen sich schon viele, ob nicht die technisch gravierenden Grenzen derzeit die Kosten noch mehr in die Höhe treiben, weil es einfach mehr Aufwand bedarf, sich heute noch vom Rest abzusetzen. Früher genügte da schon eine geniale Idee. Die Sicherheit ist inzwischen an den Strecken (Stichwort Auslaufzonen) und an den Wagen auch schon so gut, dass ein bisschen Wettbewerb durchaus möglich wäre. Nur die Abstände würden da wohl wieder etwas variieren. Außerdem sind die Arbeitsweisen der F1-Teams heute so professionell, dass es wohl gar nicht mehr so viele unterschiedliche Konzepte geben würde. Kommt eben auch drauf an, wie eng man das Reglement schreibt. Beim 24-Stundenrennen von Le Mans versucht man alle Konzepte in etwa die gleiche Chance einzuräumen, aber da ist natürlich aufgrund der Länge des Rennens viel mehr Spielraum möglich.
3. Soll es in der Formel-1 Kundenchassis geben?
Pro: Kundenfahrzeuge waren eigentlich schon immer erlaubt. Anfangs war das nie ein Thema, weil in den ersten GP-Rennen vor mehr als 100 Jahren ohnehin nur Automobilhersteller selbst gefahren sind. Dann kauften sich bald reiche Leute diese Fahrzeuge und setzten sie selbst ein, dann entstanden mit der Zeit auch immer mehr richtige Rennteams. Seit Jahren muss ein Team ein GP-Fahrzeug selbst konstruieren, damit wenigstens noch ein bisschen technischer Wettbewerb herrscht. keiner will, dass die Formel-1 eine Einheitsserie wird. Kundenfahrzeuge würden auch neue Teams in die Formel-1 locken, weil damit billiger und einfacher GP-Sport möglich wäre.
Contra: Vor allem besteht die Gefahr, dass durch solche Regelungen politische Abhängigkeiten entstehen. Die gibt es aber wohl schon heute, bei nur noch drei Motorherstellern. Kundenchassis würden den technischen Wettbewerb noch weiter einschränken, wobei es den Teams ja auch nicht verboten wäre, die Kundenfahrzeuge weiterzuentwickeln. Nur ist die Formel-1 eben auch als Konstrukteurs-WM ausgeschrieben, man müsste diese Wertung zu einer Teammeisterschaft umfunktionieren.
4. Soll es in der Formel-1 eine Budgetobergrenze geben?
Pro: Viele F1-teams stehen mit dem Rücken zur Wand. Es muss sich was ändern, sonst verlieren wir noch mehr Teams. Neue Teams zeigen kaum Interesse, das letzte Team, das in die Formel-1 eingestiegen und auch halbwegs mithalten konnte, war Super Aguri 2006 - aber 2008 gingen bei den Japanern auch schon wieder die (finanziellen) Lichter aus. Formel-1 muss also wieder einigermaßen leistbar und wirtschaftlich werden. Das ist eigentlich nur durch Einheitschassis oder einer Budgetobergrenze machbar.
Contra: Damit schneidet man natürlich den Wettbewerb etwas ein. Es gab ja schon viele Maßnahmen für Kostenreduzierung, wie etwa das verbot der Testfahrten während der Saison. Aber das Geld wurde eben an anderer Stelle ausgegeben. Auch die Überprüfbarkeit ist so kaum mehr möglich.
5. Soll es Show oder Sport sein?
Motorsport ist eben nicht so spannend wie Fußball. Bei Fußball begeistert die Spannung, das Zusammenspiel der Spieler, aber nur selten die Ballatletik einzelner Spieler. Rennsport ist Sport auf hohem Niveau, aber es lässt sich eben schwer dem Zuschauer vermitteln, wie schwer es ist, die Kurven präzise anzubremsen, zu nehmen und den Wagen immer kontrolliert und vor allem schnell auf den Strecken zu lassen. Motorsport ist außerdem auch technischer Wettbewerb, nicht nur fahrerischer. Das ist eben nicht unbedingt immer spannend.
Um die Zuschauer trotzdem zu unterhalten, wurden über die Zeit immer mehr Showeffekte eingeführt. Da gibt es Überholknöpfe, schnell abbauende Reifen, DRS-Flügel und andere Spielereien. Dadurch rückt allerdings auch der Sport in den Hintergrund. Doch man braucht solche Elemente aber wohl, um den Zuschauer zu unterhalten.
Ein Kompromiss wäre irgendwie gut: Den DRS-Flügel darf zum beispiel nur der Hintermann einsetzen, das ist Wettbewerbsverzerrung. Besser wäre es, jeden Fahrer diesen Flügel im Rennen sagen wir 10 Mal einsetzen zu lassen, damit hat der Vordermann theoretisch auch die Chance, sich zu verteidigen. Es darf für den Zuschauer außerdem auch nicht zu unübersichtlich werden.
6. Ein paar Grundsätzliche Dinge, die die Formel-1 verbessern könnte
1. Verbot des Boxenfunks: Damit könnten Fahrer nicht so leicht fern gesteuert werden.
2. Umfragen für Fans: Regelmäßig auch anhören, was die Fans bewegt.
3. Die Bestrafungen müssen anders erfolgen: Rückversetzungen in der Startaufstellung sind unbefriedigend, wie wäre es mit Punktabzüge?
4. Regeln müssten klarer, übersichtlicher und in überschaubarerem Umfang formuliert werden.
5. Es müsste wieder mehr Strecken geben, auf denen auch überholt werden kann, die auch eine gewisse Herausforderung darstellen.
Wer hat noch ein paar Vorschläge?
Kann sein, dass ich die Liste hier noch mal etwas vervollständigen werde.