stuephi hat geschrieben:
Bei Schumacher war eigentlich klar nachzuweisen, dass es Absicht war ...
Tja,
"eigentlich". Nur ist außer
"da ist übrigens auch ein Fahrer von den Rennkommissaren nachträglich bestraft worden" für mich keine Übereinstimmung mit dem jetzigen Sachverhalt zu sehen. (Natürlich, in irgendeiner Diskussion auf Schumacher ablenken geht gefühlt
immer.)
Im Gegensatz zum Qualifying jetzt in Ungarn gab es in Monaco 2006 zu
keinem Zeitpunkt irgendwelche Indizien oder Beweise, dass Ferrari Schumacher angeordnet habe, seine Auto zu parken -
geschweige denn sogar eine öffentliche Erklärung des Ferrari-Teamchefs, dass das lange Stehenbleiben in der Rascasse strategisch notwendig gewesen sei, womöglich noch sogar quasi allgemein aufgrund von
"procedural issues there on qualifying".
Eine Verantwortung des Teams war damals sachlich überhaupt nicht anzunehmen und wurde folgerichtig auch nicht untersucht, ganz im Gegensatz zum aktuellen Sachverhalt.
stuephi hat geschrieben:
Hier in diesem Fall scheint sich die FIA der Sache aber selbst nicht so sicher wer die Schuld daran trägt ...
Nö. Sie sieht nur offenbar in diesem Fall sowohl eine Verantwortung bei Alonso als Fahrer als auch bei McLaren als Team. In der zum Beispiel auf 'autosport' auch im englischsprachigen Original einsehbaren Erklärung der Stewards of the meeting ist zunächst mal deutlich zu lesen, dass man Alonso bestraft, weil man der Meinung ist, dass er einen anderen Fahrer, nämlich Hamilton, unnötigerweise behindert habe:
FIA Stewards of the Meeting hat geschrieben:
Because of the delay caused by Alonso, Hamilton was unable to complete his pit stop in time sufficient to enable him also to complete a flying lap.
Die Unnötigkeit dieser Behinderung samt ihrer Folgen erklärt man dann deswegen für gegeben, weil man dem
Team McLaren seine angegebene
Begründung für diese Verzögerung Alonsos, nämlich, dass man über Funk angewiesen habe, auf eine angebliche Lücke im Verkehr auf der Strecke zu warten, in diesem Fall nicht abkauft, denn:
FIA Stewards of the Meeting hat geschrieben:
Reference to the circuit map shows that at the time Alonso was told he would be held for 20 seconds there were but 4 cars on the circuit, his own and those of Fisichella, Hamilton and Raikkonen. All but Raikkonen entered the pits such that there can have been no necessity to keep Alonso in the pits for 20 seconds waiting for a convenient gap in traffic in which to leave.
Damit ist natürlich nicht "bewiesen", dass Alonso absichtlich länger stehen geblieben ist, "weil er wollte", dass Hamilton keine Qualifyingrunde mehr fahren könne. Es ist natürlich damit auch nicht "bewiesen", dass McLaren Alonso angewiesen hat, länger stehen zu bleiben, "um Hamilton zu benachteiligen". Darum geht es aber auch überhaupt nicht! Es geht darum, ob es für die gesehene Behinderung Hamiltons durch Alonso eine glaubhafte Erklärung gibt oder nicht. Und nach Sichtung der Beweise bzw. "Fakten", um es mit Ron Dennis zu sagen, kamen die Rennkommissare zu dem Schluss, dass die Erklärung
McLarens für
Alonsos Verzögerung nicht glaubwürdig sei.
Wenn das festgestellt wird bzw. wurde, ist die einzig logische Schlussfolgerung die, dass a)
Alonso, indem Hamilton keine gezeitete Runde mehr fahren konnte und er selbst sich in der letzten Runde die Pole holte, unfairerweise profitiert hat davon, dass b)
McLaren unnötigerweise das Resultat des Qualifyings maßgeblich beeinflusst hat.
Gerade Letzteres ist wiederum ein Paradebeispiel für die praktische Relevanz des die Tage schon diskutierten und nachgefragten Artikels 151c des International Sporting Code. In Bezug darauf heißt es zum Ende der Erklärung der Stewards hin auch ausdrücklich:
FIA Stewards of the Meeting hat geschrieben:
The actions of the team in the final minutes of Qualifying are considered prejudicial to the interests of the competition and to the interests of motor sport generally.
Bei dieser Sachlage empfinde ich die in diesem Fall von den Rennkommissaren ausgesprochenen Strafen durchaus als gerechtfertigt.
Ganz von dieser quasi-juristischen Seite abgesehen finde ich es unschön, dass gerade ein Teamchef, der in seiner Selbstdarstellung so viel Wert auf Teamgeist zu legen scheint, in seiner Äußerung nach dem Qualifying die Ruhe weg hat, Hamilton dafür indirekt die Schuld zu geben, als hätte er durch seine Weigerung, Alonso am Beginn von Q3 vorbei zu lassen diesen bestenfalls konfusen Boxenstopp des Teams verursacht. Es ist doch eigentlich nicht so unrealistisch, von einem Team, das die WM gewinnen will, zu erwarten, dass es ein Qualifying organisatorisch reibungslos über die Bühne bekommt; erst recht, wenn noch nicht mal besonders chaotische äußere Umstände wie Wolkenbrüche, plötzlich aus dem Nichts materialisierende Safety-Cars oder Ähnliches im Spiel sind.